Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Mentale Repräsentation <strong>und</strong> phänomenale Zustände 109<br />
Dieser Eindruck einer Konfrontation mit phänomenalen Individuen<br />
liegt vielen unserer cartesianischen Intuitionen zugr<strong>und</strong>e, behaupte ich.<br />
Wir können die Eigenschaft der Multimodalität unserer mentalen Reprä<br />
sentate nicht als konstruiert erleben, weil die zugr<strong>und</strong>eliegenden Prozesse<br />
der Formatintegration auf unbewußten (= nicht meta repräsentationsfähi<br />
gen) neuronalen Mechanismen zu beruhen scheinen. Als psychologische<br />
<strong>Subjekt</strong>e sind wir mit komplexen mentalen Repräsentaten konfrontiert, die<br />
sowohl erlebnismäßig unfragmentiert, als auch ganz offensichtlich durch<br />
verschiedene Informationsquellen gegeben sind. Sind diese komplexen Re<br />
präsentate Elemente unseres Modells der Welt, dann gewinnen sie durch<br />
eben diese charakteristische Kombination die Qualität der Objekthaftig<br />
keit. Sind sie Elemente unseres mentalen Modells unserer selbst, dann<br />
erhalten sie dadurch den ebenso unhintergehbaren Charakter der phäno<br />
menalen Meinigkeit.<br />
Die Multimodalität komplexer mentaler Repräsentate ist eine wichtige<br />
Ursache für das philosophisch sehr interessante Phänomen, daß wir sie<br />
nicht als solche erkennen können. Auf diese Weise ist nämlich ein sehr<br />
einfacher <strong>und</strong> direkter Realismus in unser vorphilosophisches Welterleben<br />
eingebaut. Dieser unserem im Wachzustand von unseren Gehirnen kon<br />
struierten mentalen Modell der Wirklichkeit inhärierende intuitive Realis<br />
mus ist eines der wesentlichen Hindernisse bei theoretischen Bemühungen<br />
bezüglich des Wesens geistiger Prozesse: Für uns alle ist die Versuchung<br />
sehr groß, einfach immer kurz hinzuschauen. 165<br />
(2) Mentale Modelle sind analoge Datenstrukturen.<br />
Die Typen von internen Repräsentaten, die ein informationsverarbeiten<br />
des System zur Wissensgewinnung einsetzt, bestimmen wesentlich seinen<br />
Typ von Intentionalität, die Art des „Auf die Welt Gerichtetseins“ des Sy<br />
stems. Sie bestimmen wie Information verarbeitet <strong>und</strong> intern dargestellt<br />
werden kann. Außerdem haben sie einen direkten Einfluß auf die psycholo<br />
gischen Eigenschaften, die das System mit ihrer Hilfe instantiiert. Ich<br />
werde in Abschnitt 2.2.1 einige Bemerkungen über den Unterschied zwi<br />
schen „digitalen“ <strong>und</strong> „analogen“ Codes als epistemischen Instrumenten<br />
machen. An dieser Stelle ist nur der Hinweis wichtig, daß analoge mentale<br />
Repräsentate empirisch besser belegte <strong>und</strong> explanatorisch wesentlich po<br />
tentere Entitäten sind als linguistische interne Symbolketten à la Fodor<br />
zumindest, wenn wir phänomenales Bewußtsein erklären wollen. Analoge<br />
Strukturen weiseneine Isomorphie zu ihren Repräsentanda auf sie ähneln<br />
ihnen in ganz bestimmten Hinsichten. Das bedeutet: Von den Eigenschaf<br />
ten der Repräsentate sind Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Reprä<br />
sentanda möglich. Für digitale Repräsentate gilt dies nicht. 166<br />
165 Wir laufen deshalb immer Gefahr, zu Arnauldianern zu werden, weil wir beim intro<br />
spektiven Hinschauen doch immer nur durch die Repräsentate hindurchschauen: Die Schnel<br />
ligkeit der zugr<strong>und</strong>eliegenden neuronalen Mechanismen macht uns zu direkten Realisten.<br />
166 Digitale mentale Repräsentate hatten ihren ersten Auftritt in der abendländischen