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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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108<br />

2. Kapitel<br />

film, bei dem eine Tonspur mitläuft, die in keinerlei Beziehung zu der<br />

gerade visuell erlebten Konversation steht. Jackendoff schreibt über die<br />

Rolle unbewußter kognitiver Operationen für die Vereinheitlichung sepa<br />

rater Bewußtseinsmodalitäten:<br />

. . . : How is it that entities detected in multiple modalities can be experienced<br />

as unified? For instance, when I look at something and handle it at the same<br />

time, how can I experience it as the same object, if my awareness is disunified<br />

into visual and haptic modalities?<br />

The answer comes from the character of processing. The visual and haptic<br />

representations that support awareness of the object are each in registration<br />

with 3D model and conceptual structures that encode the shape, identity, and<br />

category of the object. If it so happens that they are in registrations with the<br />

same 3D model and conceptual structure, then the two modalities will be<br />

<strong>und</strong>erstood and experienced as simultaneous manifestations of the same ob<br />

ject. In other words, <strong>und</strong>erstanding again parses out experience, this time<br />

across modalities. 163<br />

Aus Untersuchungen neuronaler Informationsverarbeitung <strong>und</strong> dem Stu<br />

dium von Diskonnektions Syndromen ergibt sich allmählich ein überzeu<br />

gendes wissenschaftliches Bild der Integration multimodaler Information<br />

im phänomenalen Bewußtsein. Aber kann dieses Bild auch intuitiv befrie<br />

digend sein? Schließlich erleben wir weder Objekte in unserer Umgebung<br />

noch subjektive, innere Zustände jemals als mentale Modelle. Dies gelingt<br />

uns auch dann nicht, wenn wir die hier skizzierte Theorie des Geistes für<br />

richtig halten: Die betreffenden Operationen sind kognitiv nicht penetra<br />

bel. 164 Das bedeutet, daß die Konstruktion mentaler Modelle weitgehend<br />

auf unbewußten Prozessen beruht, die absichtlich eingeleiteten mentalen<br />

Operationen nicht zugänglich sind. Es ist aber gerade jene homogene Ver<br />

knüpfung der durch unterschiedliche Transduktoren <strong>und</strong> Module abgebil<br />

deten Eigenschaften von Repräsentanda, die uns schon vor aller theoreti<br />

schen Reflexion zu naiven Realisten werden läßt. Der naive Realismus ist<br />

nämlich genau die Theorie, die den phänomenalen Gehalt unseres menta<br />

len Modells der Welt unter den Standardbedingungen nicht pathologi<br />

scher Wachzustände erläutert. Das soll heissen: Gerade weil das mentale<br />

Modell diesesBuches die Trennung (etwa der haptischen<strong>und</strong> der visuellen)<br />

Modalitäten bei gleichzeitiger Integration der gelieferten Information auf<br />

rechterhält, entsteht die Illusion, daß wir es direkt mit einem externen<br />

Objekt zu tun haben <strong>und</strong> nicht mit einem komplexen mentalen Repräsen<br />

tat. Dadurch, daß eine homogene mentale Struktur simultan durch ver<br />

schiedene Repräsentationssubsysteme zum Beispiel durch mit taktiler<br />

<strong>und</strong> mit visueller Information arbeitenden gegeben ist, entsteht auf der<br />

phänomenalen Ebene der Eindruck, es mit einem auf verschiedene Weisen<br />

gegebenen Individuum zu tun zu haben.<br />

163 Vgl. Jackendoff 1987: 300f.<br />

164 Der Begriff der cognitive impenetrability stammt von Zenon Pylyshyn. Vgl.<br />

Pylyshyn 1980, 1984.

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