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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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100<br />

2. Kapitel<br />

voraussetzt, setzt sie schon das voraus, was sich in Wirklichkeit erst in der<br />

Beziehung auf sich konstituieren soll. 144<br />

Könnte eine naturalistische Theorie des Bewußtseins sich in einen ähnli<br />

chen Zirkel verstricken wie die idealistischen Theorien des Selbstbewußt<br />

seins? Man könnte dies meinen, wenn man „Meta Repräsentation“ als<br />

einen „reinen“ also im Gr<strong>und</strong>e: nicht natürlichen Vorgang der Wissens<br />

gewinnung interpretiert, der sich nun selbstzum Objekt wird. Diese Gefahr<br />

besteht im begrifflichen Rahmen einer naturalistischen Theorie des Geistes<br />

jedoch deshalb nicht, weil erstens „Repräsentation“ <strong>und</strong> „Meta Repräsen<br />

tation“ als distinkte Prozesse gedacht werden, die räumlich <strong>und</strong> zeitlich<br />

getrennt im Gehirn eines biologischen Organismus ablaufen. Das Material<br />

der empirischen Forschung legt eine solche Sichtweise nahe. Die empiri<br />

sche Forschung zeigt uns nämlich, daß es ein grober phänomenologischer<br />

Fehlschluß wäre, von der erlebten „Instantanität“ oder „Spontaneität“ phä<br />

nomenalen Bewußtseinsauf eine Unmittelbarkeit der ihm zugr<strong>und</strong>eliegen<br />

den höherstufigen Repräsentationsvorgänge im Gehirn zu schliessen. Re<br />

präsentat <strong>und</strong> Repräsentandum sind dem naturalistischen Modell zufolge<br />

nicht identisch.<br />

Phänomenales Bewußtsein ist darüber hinaus jedoch zweitens ein episte<br />

misches Phänomen: In ihm wird etwas gewußt. Das „Gewußte“ ist jedoch<br />

keinepropositionaleWahrheit<strong>und</strong>esliegtganz im Gegensatz zum klassi<br />

schen „Reflexionsmodell“ auch keine Identität von <strong>Subjekt</strong> <strong>und</strong> Objekt<br />

vor. Denn der epistemische Agent (das „<strong>Subjekt</strong> metarepräsentationaler<br />

Erkenntnis“) ist das jeweilige System als Ganzes. Das, was erkannt wird<br />

(das „Objekt metarepräsentationaler Erkenntnis“), sind gewisseinnereAb bildungsvorgänge, die zum Beispiel im Gehirn eines Menschen ablaufen.<br />

Dadurch, daß sie von höherstufigen Abbildungsvorgängen noch einmal<br />

erfaßt werden, entsteht eine neue psychologische Eigenschaft: Bewußtheit.<br />

Diese neue psychologische Eigenschaft können wir besser verstehen, indem<br />

wir uns um überzeugende Instantiierungserklärungen 145 bemühen. Solche<br />

Erklärungen werden eine gründliche Systemanalyse mit einer Untersu<br />

chung der funktionalen Zustände, die zu der speziellen repräsentationalen<br />

Struktur des Systems führen, verbinden. Wir finden bei MRTalso nicht das<br />

von den Kritikern der traditionellen Denkfigur des „Reflexionsmodells“<br />

diagnostizierte „Ineinanderschieben der Wissens <strong>und</strong> der Identitätsrela<br />

tion“. 146 Im folgenden Kapitel wird deutlich werden, daß dies auch für das<br />

naturalistische Modell des Selbstbewußtseins gilt, weil die zugr<strong>und</strong>elie<br />

gende Denkfigur nicht die am optischen Modell des geistigen Auges orien<br />

144 Vgl. Tugendhat 1989 (1979): 62. Vgl. ebenfalls Frank 1991, Kapitel I.1, II.2 <strong>und</strong> II.3.<br />

Frank weist darauf hin, daß im Gedanken des <strong>Subjekt</strong>s als eines Sich selbst Vorstellens „die<br />

frühabendländische Metapher vom Bewußtsein als geistigem Schauen ihren Einstand feiert“<br />

(1991: 24) <strong>und</strong> daß das widersprüchliche Reflexionsmodell des Selbstbewußtseins immer noch<br />

der Figur des Gegenstandsbewußtseins verhaftet bleibt.<br />

145 Vgl. etwa Cummins 1983, Eimer 1990.<br />

146 Vgl. etwa Frank 1991 <strong>und</strong> Tugendhat 1979.

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