Lübeck - Stadtumbau West
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Lübeck - Stadtumbau West
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Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh<br />
2003 - 2007<br />
Vorgelegt von<br />
Bereich Stadtplanung<br />
Mühlendamm 12<br />
23539 <strong>Lübeck</strong><br />
Abschlussbericht<br />
Erstellt durch
VerfasserIn<br />
Stefan Kreutz / steg Hamburg mbH<br />
Karen Hartmann / steg Hamburg mbH<br />
Unter Mitarbeit der Steuerungsrunde für das Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh<br />
Gudrun Habeck / Hansestadt <strong>Lübeck</strong> – Bereich Soziale Sicherung<br />
Sabine Kling / Innenministerium Schleswig-Holstein - Städtebauförderung<br />
Matthias Rasch / Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Christiane Schlonski / Hansestadt <strong>Lübeck</strong> – Bereich Stadtplanung<br />
30. Juni 2007
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
1. Ausgangslage und Rahmenbedingungen ............................................... 1<br />
1.1 Lage des Projektgebietes im Stadtgebiet.................................................................1<br />
1.2 Bevölkerungsstruktur und -entwicklung ...................................................................2<br />
1.3 Siedlungsstruktur und -entwicklung .........................................................................3<br />
1.4 Sozialstruktur ...........................................................................................................5<br />
1.5 Wohnungsbestand und Wohnungsmarkt .................................................................7<br />
1.6 Soziale Infrastruktur ...............................................................................................11<br />
1.7 Herausforderungen für die Stadtteilentwicklung und den <strong>Stadtumbau</strong> ..................12<br />
1.8 Fazit zur Ausgangslage und den Rahmenbedingungen ........................................14<br />
2. Städtebauliche Entwicklungskonzepte im <strong>Stadtumbau</strong>....................... 15<br />
2.1 Beschreibung und Analyse des erarbeiteten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes.15<br />
2.2 Erfahrungen mit dem städtebaulichen Entwicklungskonzept.................................20<br />
2.3 Empfehlungen für städtebauliche Entwicklungskonzepte ......................................20<br />
3. Impulsprojekte im <strong>Stadtumbau</strong> .............................................................. 22<br />
3.1 Beschreibung der geplanten und umgesetzten Impulsprojekte .............................22<br />
3.2 Verortung der Impulsprojekte im Projektgebiet und Verzahnung mit dem<br />
Gesamtprozess......................................................................................................39<br />
3.3 Erfahrungen mit der Umsetzung von Impulsprojekten ...........................................39<br />
3.4 Empfehlungen zur Konzeption und Umsetzung von Impulsprojekten....................40<br />
4. Prozesse im <strong>Stadtumbau</strong> ........................................................................ 42<br />
4.1 Gestaltung des Prozesses .....................................................................................42<br />
4.2 Organisationsstruktur des Prozesses ....................................................................46<br />
4.3 Einbindung von Akteuren/innen in den Prozess ....................................................47<br />
4.4 Prozesserfahrungen...............................................................................................48<br />
4.5 Empfehlungen für kommunale <strong>Stadtumbau</strong>prozesse ............................................50<br />
5. Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit im <strong>Stadtumbau</strong> ...................... 51<br />
5.1 Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit ......................................................................51<br />
5.2 Konzeption der BürgerInnenbeteiligung.................................................................53<br />
5.3 Erfahrungen mit der Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit ..................................57<br />
5.4 Empfehlungen für die kommunale Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit ............58<br />
6. Kosten, Finanzierung und Förderung im <strong>Stadtumbau</strong> ......................... 59<br />
6.1 Kosten- und Finanzplanung ...................................................................................59<br />
Endbericht steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
6.2 Förderkulisse..........................................................................................................61<br />
6.3 Finanzierungsformen (und kommunale Förderprogramme) ..................................62<br />
6.4 Innovative Träger- und Fördermodelle...................................................................62<br />
6.5 Erfahrungen mit Finanz- und Förderaspekten im <strong>Stadtumbau</strong> ..............................63<br />
6.6 Empfehlungen für die <strong>Stadtumbau</strong>finanzierung .....................................................63<br />
7. Städtebauliche Instrumente im <strong>Stadtumbau</strong>......................................... 64<br />
7.1 Einsatz des städtebaulichen Instrumentariums......................................................64<br />
7.2 Städtebauliche Leitbilder und Zielvorstellungen.....................................................66<br />
7.3 Erfahrungen mit dem städtebaulichen Instrumentarium im <strong>Stadtumbau</strong> ...............67<br />
7.4 Empfehlungen für den Einsatz des städtebaulichen Instrumentariums im<br />
<strong>Stadtumbau</strong>............................................................................................................67<br />
8. Beobachtungssysteme im <strong>Stadtumbau</strong>................................................. 68<br />
8.1 Gestaltung des Beobachtungssystems..................................................................68<br />
8.2 Erfahrungen mit dem Beobachtungssystem ..........................................................69<br />
8.3 Empfehlungen für Monitoring und Evaluation im <strong>Stadtumbau</strong> ...............................69<br />
9. Gesamtfazit .............................................................................................. 71<br />
ANHANG.............................................................................................................. 74<br />
I. Adressen, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner..................... 75<br />
II. Quellen und Literatur .............................................................................. 76<br />
Endbericht steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
1. Ausgangslage und Rahmenbedingungen 1<br />
1.1 Lage des Projektgebietes im Stadtgebiet<br />
Die Hansestadt <strong>Lübeck</strong>, am Fluss Trave und der <strong>Lübeck</strong>er Bucht gelegen, befindet sich<br />
im Osten des Bundeslandes Schleswig-Holstein unmittelbar an der Grenze zu Mecklenburg<br />
Vorpommern. Mit rund 214.000 Einwohnern/innen ist <strong>Lübeck</strong> mit einer Fläche von<br />
ca. 214 km 2 nach der Landeshauptstadt Kiel die zweitgrößte Stadt des Bundeslandes. Die<br />
Hansestadt ist eine kreisfreie Stadt, siedlungsstrukturell als Kernstadt der Region <strong>Lübeck</strong><br />
(insgesamt ca. 419.000 Einwohner/innen) und landesplanerisch als Oberzentrum eingestuft.<br />
<strong>Lübeck</strong> steht im interkommunalen Wettbewerb mit einigen Mittelzentren und wird insbesondere<br />
durch die Sogkraft der Metropole Hamburg (65 Kilometer) beeinflusst. Die Oberzentren<br />
Kiel (80 Kilometer), Schwerin (70 Kilometer) und Rostock (120 Kilometer) begrenzen<br />
die Ausstrahlung der<br />
Stadt nach Norden und Osten.<br />
Lage des Stadtteils Buntekuh im Stadtgebiet<br />
Quelle: Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
Der Stadtteil Buntekuh zählt<br />
zu den flächenmäßig kleineren<br />
der insgesamt zehn <strong>Lübeck</strong>er<br />
Stadtteile und liegt im<br />
<strong>West</strong>en des Stadtgebietes.<br />
Das <strong>Stadtumbau</strong>gebiet liegt<br />
ca. fünf Kilometer südwestlich<br />
der <strong>Lübeck</strong>er Altstadt. Gemeinsam<br />
mit den Gebieten<br />
Kücknitz - Roter Hahn und<br />
Moisling zählt Buntekuh zu<br />
den <strong>Lübeck</strong>er Wohnsiedlungen,<br />
die zwischen 1950 und<br />
1970 entstanden sind. Buntekuh<br />
ist die jüngste dieser „am<br />
Reißbrett“ geplanten Stadterweiterungen.<br />
Das Projektgebiet<br />
umfasst nicht den gesamten<br />
Stadtteil Buntekuh,<br />
sondern nur den homogenen<br />
Siedlungsbereich rund um das Einkaufszentrum Buntekuh, der von den überörtlichen<br />
Straßen Ziegelstraße, Buntekuhweg und Moislinger Allee (B 75) sowie den Gleisanlagen<br />
der Deutschen Bahn im Osten des Gebietes abgegrenzt wird (siehe Abbildung).<br />
1 Einleitend muss darauf hingewiesen werden, dass viele statistische Angaben zum Projektgebiet<br />
Buntekuh entweder überhaupt nicht erhoben oder nicht auf der räumlichen Ebene des Projektgebietes<br />
ausgewertet werden.<br />
Abschlussbericht<br />
1<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
1.2 Bevölkerungsstruktur und -entwicklung<br />
Von 1955 (229.345 EW) bis 1969 (243.121 EW) hat die Einwohnerzahl der Hansestadt<br />
<strong>Lübeck</strong> kontinuierlich zugenommen 2 . Nachdem die Zahl der Einwohner/innen zwischen<br />
1970 und 1987 um 11 % von knapp 242.000 auf 207.707 gesunken ist, gab es in Folge<br />
der deutschen Wiedervereinigung zunächst aufgrund großer Zuzüge wieder einen Anstieg<br />
bis auf knapp 220.000 Einwohner/innen im Jahr 1992. Seit dieser Zeit waren die Bevölkerungszahlen<br />
wieder rückläufig, haben sich aber seit 2000 bei ca. 214.000 Einwohner/innen<br />
mehr oder weniger stabilisiert (31.12.2005: 213.983).<br />
27 Prozent der <strong>Lübeck</strong>er/innen waren Ende 2002 älter als 60 Jahre, aber nur 16 Prozent<br />
waren jünger als 18 Jahre. Während der Anteil der Über 65-jährigen seit Ende der 1990er<br />
Jahre deutlich zunimmt (1998: 40.823 / 2005: 46.604) ist der Anteil der Unter 15-jährigen<br />
im selben Zeitraum rückläufig (1997: 29.989 / 2005: 27.969).<br />
Der Anteil der Einwohner/innen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit liegt in der Gesamtstadt<br />
bei 8,1 Prozent (17.311 Einwohner/innen). Hiervon sind Türkinnen und Türken<br />
die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe (6.351) gefolgt von Polinnen und Polen<br />
(1.657) und Staatsangehörigen aus dem ehemaligen Jugoslawien (749). Die absoluten<br />
Zahlen der Bevölkerung mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit sind seit 1997 rückläufig<br />
(1997: 20.989 / 2005: 17.311). Die natürliche Bevölkerungsentwicklung ist in <strong>Lübeck</strong> seit<br />
1970 negativ, ebenso der Wanderungssaldo bezogen auf das nähere Umland der Stadt,<br />
der in 2001 erstmals wieder ausgeglichen gewesen ist. Letzteres ist ein deutlicher Indikator<br />
für Suburbanisierungsprozesse. So gab es bezogen auf die 18 unmittelbar angrenzenden<br />
Gemeinden zwischen 1995 und 2001 jährlich etwa 300 mehr Fortzüge als Zuzüge<br />
in die Hansestadt. Der seit 1993 negative Außenwanderungssaldo insgesamt lag in 2001<br />
erstmals wieder im positiven Bereich bei +756 und in 2002 bei + 566. Die absoluten Zahlen<br />
der jährlichen regionalen Fortzüge nehmen seit Anfang der 1990er Jahre kontinuierlich<br />
zu (1991: 8.902 / 2005: 11.859).<br />
Die Folgen derartiger Suburbanisierungsprozesse und der sich damit verstärkenden Segregationstendenzen<br />
innerhalb bestimmter Stadtteile sind bekannt: Die Belastungen für<br />
den öffentlichen Haushalt bleiben eigentlich konstant (Transferleistungen, soziale Infrastruktur)<br />
steigen aber relativ, da die Einnahmen der Kommune gleichzeitig sinken (Einkommenssteuer,<br />
Gewerbesteuer). Der Raumordnungsbericht 1999 für Schleswig-Holstein<br />
3 stellt <strong>Lübeck</strong> und Kiel aufgrund dieser Entwicklungen als „klare Verlierer“ der Stadt-<br />
Umland-Beziehungen in den 1990er Jahren dar, während die Umlandgemeinden im selben<br />
Zeitraum deutlich profitiert haben.<br />
Die Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2007 für <strong>Lübeck</strong> 4 prognostiziert, dass die Bevölkerung<br />
von rund 215.300 im Jahre 2000 auf knapp 208.000 im Jahre 2020 zurückgehen<br />
wird. Dies entspricht einer Bevölkerungsabnahme von knapp fünf Prozent. Das Ergebnis<br />
dieser Prognose ist jedoch bei Weitem nicht so dramatisch wie das Ergebnis der 9. koordinierten<br />
Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Landesamtes Schleswig-<br />
Holstein, die für 2015 lediglich 192.380 Einwohner/innen prognostiziert.<br />
2<br />
Alle in diesem Kapitel gemachten statistischen Angaben sind mit Stand 31.12.2005, wenn nicht<br />
anders angegeben. Quelle: Angaben des Fachbereichs Statistik der Hansestadt <strong>Lübeck</strong>.<br />
3<br />
Ministerpräsidentin Schleswig-Holsteins: Raumordnungsbericht 1999:29.<br />
4<br />
Bevölkerungsprognose für die Bevölkerung der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> von 2000 – 2020.<br />
Statistisches Landesamt / Gerhard Bender. www.luebeck.de/stadt_politik/statistik.<br />
2<br />
Abschlussbericht steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Bevölkerungsverluste sind sowohl in der Gesamtstadt <strong>Lübeck</strong> als auch im Projektgebiet<br />
bereits seit Längerem festzustellen – allerdings mit zeitlichen Schwankungen. So gab es<br />
nach der Wiedervereinigung Ende der 1980er Jahre vorübergehend eine Bevölkerungszunahme<br />
in der Gesamtstadt. Seit 1993 sind die Zahlen wieder rückläufig. Im Pilotgebiet<br />
sind diese Entwicklungen in wesentlich ausgeprägterer Form festzustellen (siehe hierzu<br />
die Angaben in Kapitel 1.4).<br />
1.3 Siedlungsstruktur und -entwicklung<br />
Die Siedlung Buntekuh ist heute noch sehr<br />
eindeutig als ein Produkt ihrer Entstehungszeit<br />
in den 1960er und 1970er Jahren erkennbar.<br />
Das planerische Ideal der „gegliederten<br />
und aufgelockerten Stadt“ und das<br />
Ziel, „Licht, Luft und Sonne“ in einer „modernen<br />
Gartenstadt“ zu bieten, sind in der gesamten<br />
Siedlung nachzuvollziehen. Aufgrund<br />
der geringen baulichen Eingriffe seit<br />
der Erstellung der Siedlung, die zu keiner<br />
wesentlichen Veränderung des Städtebaus<br />
geführt haben, sind diese Planungsziele des<br />
Stadterweiterungsgebietes auf der grünen<br />
Wiese heute noch nahezu idealtypisch erhalten<br />
- mit all den sich hieraus ergebenen<br />
Problemen und Defiziten (siehe 1.6), aber<br />
auch Chancen.<br />
Idealtypischer Städtebau – Modell aus der<br />
Entstehungszeit der Siedlung<br />
Quelle: Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
Vier unterschiedliche Gebäudetypen (eingeschossige<br />
Kettenhäuser, zweigeschossige Reihenhäuser, viergeschossige Zeilenbauten<br />
und neun- bis zwölfgeschossige Wohnhochhäuser) sind in sich stets wiederholender<br />
Kombination zusammengesetzt und bieten Wohnraum für unterschiedliche Bedürfnisse<br />
und Möglichkeiten. Die Ausbildung der ursprünglich sechs Wohnhochhäuser als städtebauliche<br />
Dominanten an exponierten Stellen des Gebietes (an den Eingängen und im<br />
Zentrum) ist deutlich erkennbar. Von diesen Hochhäusern wurde das neungeschossige<br />
Gebäude am Pinassenweg im Rahmen des Pilotprojektes abgerissen.<br />
Ebenso auffällig ist der autogerechte Aufbau der Siedlung mit großzügigen, tlw. überdimensionierten<br />
Straßenquerschnitten und einer Vielzahl von privaten Stellplätzen für Pkw<br />
sowie Wohnstraßen, die als Sackgassen ausgebildet sind. Mit dem Straßennetz korrespondiert<br />
in Teilbereichen ein gesondertes, straßenunabhängig geführtes Fuß- und Radwegenetz.<br />
Das großzügige Angebot an privaten, halb-öffentlichen und öffentlichen Frei-<br />
und Grünflächen rundet die städtebauliche Charakteristik der Siedlung ab und stellt ein<br />
besonderes Entwicklungspotenzial für die Zukunft Buntekuhs dar – auch wenn viele Flächen<br />
derzeit wenig attraktiv gestaltet sind und nur gering genutzt werden.<br />
Auch die klare Funktionstrennung zwischen den Teilbereichen des Gebietes ist idealtypisch<br />
und noch fast vollständig erhalten: Gewerbeflächen sowie Sportflächen am südlichen<br />
Rand des Gebietes, Zentrumsfunktionen (Einkaufszentrum, Wochenmarkt, Ärzte-<br />
Abschlussbericht<br />
3<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
haus, Schulen und Kirche) in der räumlichen und funktionalen Stadtteilmitte sowie reine<br />
Wohngebiete über das gesamte Gebiet verteilt. Verbindende Elemente zwischen den<br />
Teilbereichen sind die Straßen und die öffentlichen Grünzüge.<br />
Individuelle Aneignungen und Gestaltungen von Gebäuden und Freiflächen finden sich<br />
nur im Bereich der ca. 300 Reihenhäuser, die sich in privatem Einzeleigentum befinden.<br />
Ansonsten sind gestalterische Variationen oder gar Abweichungen im Gebiet kaum zu<br />
finden. Auch die halb-öffentlichen und privaten Grünflächen wurden bislang nicht individuell<br />
gestaltet oder genutzt.<br />
Luftbild des Stadtteils Buntekuh<br />
Quelle: Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
Die Gebäude sind teilweise industrialisiert<br />
(Wohnhochhäuser) oder in relativ schlichter<br />
Bauweise ausgeführt (Zeilenbauten und<br />
Reihenhäuser). Hieraus resultieren erforderliche<br />
Sanierungs- und Modernisierungsbedarfe<br />
zur Bestandssicherung sowie zur<br />
Anpassung an die heutigen technischen<br />
Anforderungen und die veränderten Wohnbedürfnisse.<br />
Im privaten Immobilienbestand<br />
wurden solche Maßnahmen von den Eigentümern/innen<br />
bei Bedarf durchgeführt,<br />
im Geschosswohnungsbau bislang nicht flächendeckend.<br />
Der südliche Grünzug schließt den eigentlichen<br />
Siedlungskern nach Süden hin ab,<br />
auch wenn die beiden räumlich isolierten<br />
Wohnhochhäuser am Pinassenweg und am<br />
Schaluppenweg ursprünglich den Siedlungsrand<br />
betonen sollten.<br />
Die funktionalen Ansprüche und die<br />
Gestaltungselemente des Städtebaus der 1960er und 70er Jahre führen heute zu verschiedenen<br />
Schwierigkeiten, da z.B. die großflächigen Grünflächen sehr pflegeintensiv<br />
sind und die großzügigen Straßenquerschnitte sowie die Stellplatzanlagen nicht mehr den<br />
heutigen gestalterischen und städtebaulichen Ansprüchen genügen. Einige der städtebaulich<br />
dominanten Wohnhochhäuser haben sich zu Negativ-Symbolen entwickelt, die<br />
das Image der Siedlung nach innen und außen prägen.<br />
Daher hat der Umgang mit diesen Objekten besondere Bedeutung für die zukünftige<br />
Stadtteilentwicklung. So wurde das Wohnhochhaus Fregattenstraße 30-34 vom Gemeinnützigen<br />
Bauverein <strong>Lübeck</strong> bereits vor einigen Jahren umfangreich saniert und modernisiert,<br />
um auf die veränderten Ansprüche zu reagieren und die Vermietbarkeit des Objektes<br />
zu verbessern. Das Wohnhochhaus Pinassenweg 28-38 wurde hingegen im Jahr<br />
2005 mit Mitteln aus dem ExWoSt-Forschungsfeld abgerissen. Das Wohnhochhaus Karavellenstraße<br />
1-5 dominiert als vierzehngeschossiges markantes Gebäude an der höchsten<br />
Stelle des Projektgebietes die gesamte Siedlung und wurde im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s<br />
immobilienwirtschaftlich untersucht (vgl. hierzu ausführlich Kapitel 3 - Impulsprojekte<br />
im <strong>Stadtumbau</strong>).<br />
Abschlussbericht<br />
4<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Einkaufszentrum und Hochhaus Karavellenstraße<br />
(in der Stadtteilmitte)<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
1.4 Sozialstruktur<br />
In der Stadtteilmitte (Korvettenstraße-Karavellenstraße)<br />
sind verschiedene zentrale<br />
Funktionen und Infrastrukturen angesiedelt:<br />
Einkaufszentrum, Wochenmarkt, Ärztehaus,<br />
zwei Schulen und eine Kirche. In diesem<br />
Bereich bestehen sowohl vielfältige gestalterische<br />
als auch angebotsbezogene Entwicklungsbedarfe<br />
und -möglichkeiten, die<br />
von den im <strong>Stadtumbau</strong> beteiligten Akteuren/innen<br />
nachdrücklich gewünscht werden.<br />
Obwohl das Einkaufszentrum 1996 modernisiert<br />
und erweitert wurde, besteht hier<br />
dringender Handlungsbedarf, um eine attraktive<br />
wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung<br />
auch zukünftig zu garantieren.<br />
Die sozio-demographischen Angaben für das Projektgebiet mit seinem hohen Anteil an<br />
geförderten Wohnungen zeigen eine als problematisch zu bezeichnende Sozialstruktur,<br />
z.B. eine hohe Arbeitslosigkeit, eine Vielzahl von Haushalten, die auf Transfereinkommen<br />
angewiesen sind sowie einen hohen Anteil an Migranten/innen.<br />
Das Projektgebiet musste zwischen 1981 und 2005 einen Bevölkerungsrückgang von<br />
9.780 auf 7.392 Einwohner/innen hinnehmen (- 23,1 %), während die Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
im selben Zeitraum nur 2,5 % ihrer Bevölkerung verloren hat. Ursache für diesen massiven<br />
Rückgang waren im Wesentlichen Fortzüge aus Buntekuh in andere <strong>Lübeck</strong>er Stadtteile.<br />
Von den 3.634 Haushalten mit Hauptwohnsitz im Gebiet waren 2005 knapp 40 Prozent<br />
Ein-Personen-Haushalte (HL: 50,1 %) und 34 Prozent Zwei-Personen-Haushalte<br />
(HL: 27,9 %). Somit liegt der Anteil der kleinen Haushalte unter dem städtischen Durchschnitt.<br />
Hieraus lässt sich erkennen, dass in Buntekuh überdurchschnittlich viele Familien<br />
bzw. größere Haushalte wohnen.<br />
14,5 % der Einwohner/innen waren 2005 jünger als 15 Jahre (HL: 13,1 %). Auch deshalb<br />
kann noch von einem familiengeprägten Stadtteil gesprochen werden. Allerdings waren<br />
auch 22,4 % der Einwohner/innen zu diesem Zeitpunkt älter als 65 Jahre (HL: 21,8 %),<br />
wobei besonders viele Senioren/innen in den Reihenhausgebieten in Buntekuh leben. So<br />
waren Ende 2003 z.B. in der Loggerstraße 47 %, in der Briggstraße 36 % und im Galeonenweg<br />
35 % aller Bewohner/innen älter als 65 Jahre. Hier läuft bereits ein Generationenwechsel<br />
bei den Eigentümern/innen.<br />
Der Anteil der Migranten/innen mit ausländischer Staatsangehörigkeit lag Ende 2005 mit<br />
10,5 % deutlich über dem städtischen Durchschnitt (8,1 %). Nach der Innenstadt ist dies<br />
der zweithöchste Wert in der Hansestadt <strong>Lübeck</strong>. Auch der Anteil der Sozialhilfeempfänger/innen<br />
an der Bevölkerung lag in Buntekuh 2003 mit 15,3 % doppelt so hoch wie im<br />
<strong>Lübeck</strong>er Durchschnitt und war damals der höchste Wert in der Hansestadt. Auch das<br />
durchschnittliche Haushaltseinkommen liegt deutlich unter dem städtischen Durchschnitt.<br />
Die Einwohner/innen in Buntekuh haben im Schnitt ca. ein Drittel weniger Geld zur Verfügung<br />
als der gesamtstädtische Durchschnitt.<br />
Abschlussbericht<br />
5<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Die in 2004 erstellte Wohnungsmarktanalyse und -prognose prognostiziert für den Stadtteil<br />
Buntekuh bei unveränderten Rahmenbedingungen einen Rückgang der Haushalte um<br />
17 % bis 2020. Dies ist der stärkste prognostizierte Rückgang im <strong>Lübeck</strong>er Stadtteilvergleich.<br />
Demnach schrumpft der Stadtteil in allen Haushaltsgrößen, besonders stark jedoch<br />
bei den 3-Personen-Haushalten und den größeren Haushalten ab 4 Personen, aber<br />
auch bei Single-Haushalten.<br />
Im Gegensatz zu diesem statistischen Angaben haben die zu Beginn des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
geführten Gespräche mit Expertinnen und Experten aus dem Stadtteil ein eher<br />
positives Bild der Siedlung gezeigt: Buntekuh sei ein gutes Wohngebiet mit einzelnen Problemen.<br />
Einhellig wurde betont, dass die Siedlung besser sei als ihr Ruf in der Gesamtstadt.<br />
Die Ausstattung mit sozialen Einrichtungen und Grünflächen wurde gelobt, der<br />
“dörfliche“ Charakter hervorgehoben. Ziel sollte es daher aus Sicht der Befragten sein,<br />
Buntekuh als einen multikulturellen, vielfältigen und bunten Stadtteil weiter zu entwickeln.<br />
Es sollten insbesondere Wohnraumangebote für besser verdienende Bevölkerungsgruppen<br />
geschaffen werden. Fehlende Angebote für Jugendliche, das schlechte Image<br />
der Siedlung und einzelne problematische Standorte (Wohnhochhäuser Pinassenweg und<br />
Karavellenstraße) wurden von allen Befragten als Negativmerkmale bzw. Defizite genannt.<br />
Ebenso wurde eine Attraktivitätssteigerung der Stadtteilmitte gewünscht.<br />
Abschlussbericht<br />
6<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Kenndaten<br />
1.5 Wohnungsbestand und Wohnungsmarkt<br />
Gesamtstadt Stadtteil<br />
Buntekuh<br />
Projektgebiet<br />
Buntekuh<br />
Bevölkerung (Hauptwohnsitz) 2005 213.983 EW 10.783 EW 7.392 EW<br />
Davon: unter 15-jährige 13,07 % 15,56 % 14,50 %<br />
Davon: 65-jährige und älter 21,78 % 21,15 % 22,38 %<br />
Davon: mit nicht-dt. Staatsbürgerschaft 8,09 % 12,05 % 10,54 %<br />
Wanderungssaldo 2005 898 EW - 41 EW k.A. EW<br />
Bev.-Entwicklung 1990 – 2005 - 1,66 % - 13,21 % k.A. %<br />
Entw. des Anteils der unter 15-jährigen<br />
1990 – 2005<br />
+ 0,04 % - 19,87 % k.A. %<br />
Entw. des Anteils der über 65-jährigen<br />
+ 11,96 % + 52,88 % k.A. %<br />
1990 – 2005<br />
Entw. des Anteils der Bev. mit nicht-dt.<br />
Staatsbürgerschaft 1990 – 2005<br />
- 5,31 % - 6,55 % k.A. %<br />
Gebietsfläche 2005 214,134 km 2<br />
490 ha 102,5 ha<br />
Wohnbauflächenpotential FNP 2005<br />
73 ha 7 ha 7 ha<br />
Wohngebäudebestand 2005 40.502 GB k.A. GB k.A. GB<br />
Davon: Altbau bis 1948 k.A. % k.A. % k.A. %<br />
Davon: Fertigstellung seit 1990 9,09 % k.A. % k.A. %<br />
Wohnungsbestand 2005<br />
Leer stehende Wohnungen 2005<br />
113.010 WE<br />
k.A. %<br />
k.A. WE<br />
k.A. %<br />
k.A. WE<br />
k.A. %<br />
Arbeitslosenquote 2005 13,3 % 17,7 % 18,3 %<br />
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am<br />
Wohnort 2005<br />
58.861 EW 2.706 EW 1.919 EW<br />
Entw. der sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten am Wohnort 1990 – 2005<br />
- 10,51 % - 20,97 % - 23,24 %<br />
Empfänger von laufender Hilfe zum<br />
Lebensunterhalt 2005<br />
465 EW 42 EW k.A. EW<br />
Wohngeldempfänger 2005 3.590 EW 250 EW k.A. EW<br />
Empfänger von ALG II zum 31.12.2005<br />
30.292 EW 2.601 EW 1.682 EW<br />
Quelle: Angaben der Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
Blick vom Wohnhochhaus Pinassenweg<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Die Eigentumsverhältnisse im Gebiet haben<br />
sich nach dem Verkauf der Neuen Heimat,<br />
der ursprünglich der Geschosswohnungsbestand<br />
in Buntekuh gehörte, durch die<br />
Aufteilung der Bestände auf verschiedene<br />
Eigentümer/innen verändert. Diese Entwicklung<br />
scheint eine Segregation innerhalb der<br />
Siedlung verstärkt zu haben. Während sich<br />
einzelne Lagen und Bestände nach dem<br />
Verkauf gut entwickelt haben, kumulierten in<br />
anderen Beständen die Probleme. So hatte<br />
die städtische Grundstücks-Gesellschaft<br />
„Trave“ mbH mit zwei Objekten, die sie nach<br />
dem Verkauf der Neuen Heimat aufgrund<br />
politischer Entscheidungen übernehmen musste (Wohnhochhäuser Pinassenweg und<br />
Abschlussbericht<br />
7<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Karavellenstraße), von Anfang an schwierigere Ausgangsbedingungen als private Wohnungsunternehmen.<br />
Derzeit befinden sich rund 25 % der Wohnungen in Einzeleigentum, die restlichen 75 %<br />
verteilen sich auf zehn Eigentümer/innen, darunter sieben Wohnungsunternehmen.<br />
Größte Einzelvermieterin im Projektgebiet ist die städtische Grundstücks-Gesellschaft<br />
„Trave“ mbH, der bis zum Abbruch des Wohnhochhauses am Pinassenweg Anfang 2005<br />
rund 1.200 Wohnungen gehörten. Durch den Abriss des Objektes sind 171 vor allem<br />
große Wohnungen rückgebaut worden. Die „Trave“ besitzt heute noch gut 1.000 Wohnungen<br />
im Projektgebiet.<br />
Insgesamt gibt es ca. 5.200 Wohneinheiten im Bestand, von denen gut 25 Prozent (1.340<br />
Wohneinheiten) mit öffentlicher Förderung entstanden sind. Bis 2008 laufen ungefähr ein<br />
Fünftel der Bindungen bei diesen geförderten Wohnungen aus. Die bislang günstige Situation<br />
für die preislich adäquate Versorgung einkommensschwacher Haushalte mit Wohnraum<br />
könnte sich hierdurch merklich verschlechtern. Der <strong>Lübeck</strong>er Mietenspiegel ordnet<br />
sämtliche Wohnungen in Buntekuh der „einfachen Lage“ zu.<br />
Die in 2004 parallel zum Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept, aber unabhängig<br />
vom <strong>Stadtumbau</strong>prozess erstellte Wohnungsmarktanalyse und -prognose 5 für die Hansestadt<br />
<strong>Lübeck</strong> bestätigt ein negatives Außen-Image des Stadtteils mit einer sehr hohen<br />
Abwanderungsquote von 6,9 % Einwohner/innen für Buntekuh zwischen 1995 und 2002<br />
(im Vergleich zu 0,4 % in der Gesamtstadt). Bei Fortsetzung dieses Trends würde sich bis<br />
2020 ein weiterer Verlust von 17 % der Haushalte für Buntekuh ergeben (im Vergleich zu<br />
minus 7 % in der Gesamtstadt). Demgegenüber prognostiziert ein alternatives Szenario<br />
für Buntekuh eine Abwanderung von “nur“ 9 % der Haushalte bis 2020. Als notwendige<br />
Vorraussetzungen für eine Verbesserung der Perspektiven werden in dem Konzept eine<br />
Reihe von wohnungswirtschaftlichen Handlungsempfehlungen genannt sowie weitere<br />
integrierte Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Siedlung eingefordert. Diese<br />
Empfehlungen sind in die <strong>Stadtumbau</strong>strategie für Buntekuh eingeflossen.<br />
5<br />
Wohnungsmarktanalyse und -prognose für die Hansestadt <strong>Lübeck</strong>, InWIS Forschung & Beratung<br />
GmbH, Bochum, Mai 2004.<br />
Abschlussbericht<br />
8<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Wohnungsmarktanalyse und -prognose<br />
Im April 2002 hat die <strong>Lübeck</strong>er Bürgerschaft einige Fragen zur Beantwortung an die Verwaltung<br />
gegeben, die sich u.a. auf eine Wohnungsmarktprognose zur Ausweisung von<br />
Wohnbauland und auf den sozialen Wohnungsmarkt bezogen. Zuständig für die Beantwortung<br />
sollten der Bereich Wohnen und der Bereich Stadtplanung sein. Es stellte sich<br />
jedoch schnell heraus, dass die gewünschte Beantwortung der umfangreichen Fragen<br />
mit „Bordmitteln“ nicht möglich gewesen wäre.<br />
Landesweit gibt es das Instrument der „Wohnungsmarktbeobachtung in Schleswig-Holstein“.<br />
Hier werden jährlichen Informationen hinsichtlich lokaler Wohnungsmärkte (Wohnungsbestände<br />
im sozialen Wohnungsbau, Leerstände, Anzahl von ausgestellten<br />
Wohnberechtigungsscheinen, Wohnungssuchende usw.) gesammelt. Träger ist die Investitionsbank<br />
Schleswig-Holstein. Die Daten werden von Kommunen und Wohnungsunternehmen<br />
geliefert. Dieses Instrument, das für ganz Schleswig-Holstein konzipiert<br />
wurde, dient der Beobachtung der Wohnungsmärkte. Als ein „Frühwarnsystem“ ist dieses<br />
Instrument auch für die Hansestadt <strong>Lübeck</strong> nützlich, kann aber nicht auf Stadtteilebene<br />
heruntergebrochen werden.<br />
Im September 2002 hat das Innenministerium Schleswig-Holstein in einem Schreiben<br />
ein soziales Wohnraumversorgungskonzept gefordert, um die Fördermittel, die grundsätzlich<br />
mit Belegungs- und Mietbindungen verbunden sind, dem örtlichen Versorgungsanspruch<br />
entsprechend bedarfsgerecht und in sozial verträglicher Mischung einsetzen<br />
zu können. Dieses Schreiben wurde mit Blick auf den Bürgerschaftsauftrag zum Anlass<br />
genommen, mit der <strong>Lübeck</strong>er Wohnungswirtschaft in Verhandlungen zur Mitfinanzierung<br />
eines extern zu vergebenden Gutachtens über eine Wohnungsmarktanalyse und -prognose<br />
zu treten. Da auch die meisten <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsunternehmen die Wichtigkeit<br />
eines solchen Gutachtens für ihre zukünftigen Planungen bezüglich weiterer Investitionen<br />
sahen, erklärten sich sieben Unternehmen bereit, die Hälfte der Kosten zu übernehmen.<br />
Die andere Hälfte wurde aus städtischen Mitteln gedeckt. Als Gegenleistung<br />
konnten Fragestellungen aus Sicht der Wohnungsunternehmen in das Gutachten mit<br />
einfließen. Es entwickelte sich im Laufe des Verfahrens immer mehr eine fruchtbare und<br />
einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Wohnungswirtschaft, die<br />
sich für alle Beteiligten nutzbringend auswirkt.<br />
Die InWIS Forschung & Beratung GmbH wurde mit der Erstellung einer Wohnungsmarktanalyse<br />
und -prognose beauftragt. Für die Analyse und Prognose der Entwicklungen<br />
auf dem <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsmarkt wurde von den Gutachtern ein Methoden-Mix<br />
aus sekundärstatistischen Analysen und Primärerhebungen angewendet. Bei den sekundärstatistischen<br />
Analysen stand insbesondere die Aufbereitung und Auswertung der<br />
von der Stadtverwaltung <strong>Lübeck</strong>, Bereich Wohnen, geführten Datei zum sozial gebundenen<br />
Wohnungsbestand im Vordergrund. In die sekundärstatistische Auswertung von<br />
amtlichen Daten wurden zudem auch Ergebnisse aus der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
der Investitionsbank Schleswig-Holstein und des Gutachtens des Instituts für Stadtforschung<br />
und Strukturpolitik IfS zur Wohnungsmarktentwicklung für Schleswig-Holstein bis<br />
2015 herangezogen. Die Primärerhebungen umfassten folgende Zielgruppen und Zielsetzungen:<br />
Abschlussbericht<br />
9<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
• eine Durchführung von leitfadengestützten Interviews mit ausgewählten ExpertInnen<br />
des <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsmarktes,<br />
• eine standardisierte Befragung von Wohnungsunternehmen, die in <strong>Lübeck</strong> größeren<br />
Wohnungsbestand haben,<br />
• eine Erhebung von wohnungsbezogenen Daten bei <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsunternehmen.<br />
Es wurde Material für das gesamte Stadtgebiet gesammelt. Da der Auftrag eine differenziertere<br />
Untersuchung von fünf ausgewählten Stadtteilen enthielt, wurden auch<br />
Informationen und Einschätzungen speziell für diese Stadtteile, darunter auch Buntekuh,<br />
erhoben.<br />
Es wurden die wirtschaftliche Situation in der Region <strong>Lübeck</strong> sowie die Entwicklung des<br />
Grundstücksmarktes und des Wohnungsbestandes einbezogen. Ebenso wurden die Bevölkerungsstruktur<br />
und -entwicklung unter Berücksichtigung der Wanderungsbewegungen<br />
untersucht, da diese Faktoren wesentlich den Wohnungsmarkt beeinflussen. Außerdem<br />
fanden die von der Stadt ausgewiesenen Baulandflächen Berücksichtigung.<br />
Da die Inhalte des fertigen InWIS-Gutachtens sehr weit reichend sind, konnten auf dieser<br />
Grundlage das soziale Wohnraumversorgungskonzept für die Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
entwickelt und das <strong>Lübeck</strong>er Wohnbaulandkonzept fortgeschrieben werden.<br />
Die Wohnungsmarktanalyse und -prognose von InWIS war ein hilfreiches Instrument im<br />
<strong>Stadtumbau</strong>prozess. Das gilt umso mehr, da die <strong>Lübeck</strong>er Wohnungswirtschaft sich an<br />
der Erarbeitung des Gutachtens aktiv beteiligt hat und insofern eine konstruktive Zusammenarbeit<br />
zwischen Stadt und Wohnungsunternehmen auch bei der Umsetzung der<br />
Ergebnisse erwartet werden kann.<br />
Die Erstellung des Gutachtens unter aktiver Mitwirkung der <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsunternehmen<br />
hat sich als sehr positiv herausgestellt und ist für diese bereits jetzt ein handhabbarer<br />
Handlungsleitfaden. Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch die konstruktive<br />
Zusammenarbeit der unterschiedlichen städtischen Fachbereiche im Rahmen der Bearbeitung.<br />
Eine Kooperation zwischen Stadt und Wohnungsunternehmen wäre wohl ohne die<br />
Tatsache, dass das schleswig-holsteinische Innenministerium den Grundstock durch<br />
den Erlass bezüglich des sozialen Wohnraumversorgungskonzeptes gelegt hat, mitunter<br />
schwieriger und mühsamer verlaufen.<br />
Abschlussbericht<br />
10<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
1.6 Soziale Infrastruktur<br />
Baltic-Gesamtschule<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Im Projektgebiet befindet sich eine Vielzahl<br />
von öffentlichen Einrichtungen und Angeboten<br />
der sozialen Infrastruktur. Verglichen<br />
mit anderen Stadtteilen kann die soziale Infrastruktur<br />
in Buntekuh mit Einschränkungen<br />
als befriedigend bezeichnet werden.<br />
So gibt es drei Kindertagesstätten (Klipperstraße,<br />
Briggstraße und Schaluppenweg) im<br />
Gebiet. Die Versorgungsquote mit Kindertagesstätten<br />
liegt mit ca. 90 % über dem<br />
städtischen Durchschnitt von 83 %. Ebenso<br />
gibt es drei Schulen (Grund- und Hauptschule<br />
Otto-Passarge-Schule in der Brigg-<br />
straße, Grundschule am Koggenweg, Baltic-Gesamtschule in der Karavellenstraße) mit<br />
gut 1.200 Schüler/innen im Schuljahr 2005/2006. Die Baltic-Gesamtschule nimmt zwar<br />
Schüler/innen aus der ganzen Stadt auf, versteht sich aber ausdrücklich als Stadtteilschule.<br />
Außerhalb des Projektgebietes, aber in direkter Nähe liegen ein Gymnasium und<br />
eine Grund- und Hauptschule mit großzügigen Sportanlagen.<br />
Für Jugendliche aus dem Projektgebiet gab es bis zum Jahresende 2003 den Pinassenclub<br />
im Hochhaus Pinassenweg. Da nach dem Abriss des Gebäudes kein Ersatzstandort<br />
im Stadtteil gefunden werden konnte, musste die Einrichtung geschlossen werden.<br />
Die Personalstellen wurden in 2005 vom zuständigen Bereich Jugendarbeit in einen<br />
anderen <strong>Lübeck</strong>er Stadtteil verlegt. Daher fehlen seither spezielle Angebote für Jugendliche<br />
im Projektgebiet. Angrenzend an das Projektgebiet befindet sich der Bauspielplatz an<br />
der Fregattenstraße, der intensiv genutzt wird. Ebenso befinden sich im benachbarten<br />
Wohngebiet Hudekamp verschiedene soziale Angebote.<br />
Die Bugenhagen-Kirchengemeinde an der<br />
Karavellenstraße bietet neben den originären<br />
kirchlichen Aufgaben eine breite Palette<br />
an Begegnungs- und Beschäftigungsangeboten<br />
für alle Altersgruppen (Kinder, Jugendliche,<br />
Erwachsene und Senioren/innen)<br />
in unterschiedlichen Gruppen<br />
(z.B. Angebote für Mutter und Kind, Männerkreis,<br />
Senioren/innen).<br />
Der Seniorenwohnsitz Quellenhof im<br />
Buntekuhweg, eine Einrichtung des Johanniterordens,<br />
bietet insbesondere pflegebedürftigen<br />
Menschen ein Zuhause. Für die<br />
älteren Bewohner/innen der Siedlung bietet<br />
er zudem einen Menü-Service an.<br />
Bugenhagen-Kirche<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Abschlussbericht<br />
11<br />
steg Hamburg mbH
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Ärztehaus in der Stadtteilmitte<br />
Quelle: steg Hamburg mbh<br />
Der Sportverein SC Buntekuh hat sein Vereinshaus<br />
am Koggenweg. Angrenzend stehen<br />
eine Sporthalle und mehrere Sportplätze<br />
zur Verfügung. Der Verein leistet einen<br />
wichtigen Beitrag zur Freizeitgestaltung<br />
im Stadtteil. Ungefähr 450 der 750 Vereinsmitglieder<br />
kommen aus Buntekuh, davon<br />
sind ca. 350 Kinder und Jugendliche. Die<br />
Handballerinnen des SC Buntekuh sind<br />
bundesweit bekannt, da sie bereits in der 1.<br />
Bundesliga gespielt haben. Da die vorhandenen<br />
Hallen im Stadtteil hierfür zu klein<br />
sind, nutzen sie die Hansehalle.<br />
Im Ärztehaus Korvettenstraße neben dem<br />
Einkaufszentrum waren drei Arztpraxen,<br />
eine Krankengymnastikpraxis und die<br />
Sozialberatungsstelle Buntekuh/St. Lorenz-<br />
Süd der Stadt <strong>Lübeck</strong> untergebracht. Inzwischen<br />
befinden sich in dem Gebäude, das<br />
an die Nutzer/innen verkauft werden soll,<br />
nur noch Arztpraxen. Daneben gibt es mehrere<br />
Arztpraxen in Wohngebäuden an verschiedenen<br />
Standorten im Gebiet, z.B. im<br />
Erdgeschoss des Wohnhochhauses an der<br />
Karavellenstraße.<br />
Sportplatz (im Hintergrund Wohnhochhaus<br />
Pinassenweg)<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Der Anwohnerverein Buntekuh e.V. wurde<br />
bereits in der Entstehungszeit der Siedlung im Februar 1966 von engagierten Einwohner/innen<br />
gegründet. Der Verein hat ca. 300 Mitglieder. Seine Aktivitäten sind sehr breit<br />
gestreut. So vertritt der Verein die Bewohner/innen beim Runden Tisch der Stadt sowie<br />
mit vielen einzelnen Anliegen und Anregungen bei den verschiedenen Fachämtern der<br />
Stadt. Auch im <strong>Stadtumbau</strong>prozess hat sich der Verein punktuell engagiert. Ein regelmäßiger<br />
Beitrag, der alle Haushalte im Stadtteil Buntekuh erreicht, ist die Stadteilzeitung<br />
„Fregatte“. Der Anwohnerverein veröffentlicht die Zeitung viermal jährlich.<br />
1.7 Herausforderungen für die Stadtteilentwicklung und den <strong>Stadtumbau</strong><br />
Zusammenfassend lassen sich die Herausforderungen für die Stadtteilentwicklung und den<br />
<strong>Stadtumbau</strong> in Buntekuh wie folgt darstellen:<br />
Bauliche Defizite und Probleme<br />
Bauliche Probleme (Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarfe) gibt es im Projektgebiet<br />
in verträglichem Maße. Viele der erforderlichen Maßnahmen werden kontinuierlich<br />
von den Eigentümern/innen vorgenommen. Von besonderer Bedeutung sind die Anpas-<br />
Abschlussbericht<br />
12<br />
steg Hamburg mbH
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sungsbedarfe der Wohnungsbestände an die sich verändernden Wohnwünsche und<br />
Haushaltsstrukturen.<br />
Städtebauliche Defizite und Probleme<br />
Auch wenn die Lage und Anbindung des Gebietes als zufrieden stellend bewertet werden<br />
können, finden sich gravierende städtebauliche Probleme. Defizitär sind in erster Linie die<br />
unattraktiven Eingangssituationen zum Gebiet, die Barrierewirkung der östlichen Gebietsgrenze<br />
(Fregattenstraße und Bahnanlagen), die fehlende räumliche Fassung der Straßen<br />
sowie die städtebaulichen Dominanten (Wohnhochhäuser).<br />
Funktionale Defizite und Probleme<br />
Funktionale Mängel werden in dem Bereich der beschränkten Funktionen der räumlichen<br />
und funktionalen Stadtteilmitte, dem gestaltungs- und nutzungsarmen halböffentlichen<br />
Wohnumfeld, dem lückenhaften Fuß- und Radwegenetz sowie dem fehlenden vernetzten<br />
Spielangebot festgestellt.<br />
Gestalterische Defizite und Probleme<br />
Die oben genannten Defizite haben ihre Entsprechungen auch in gestalterischen Mängeln,<br />
die das negative Erscheinungsbild des Projektgebietes fördern. Beispielhaft genannt<br />
werden sollen hier die Straßenräume und die Flächen für den ruhenden Verkehr sowie die<br />
Gestaltung und Pflege der Grün- und Freiflächen - vor allem der öffentlichen Flächen, z.B.<br />
hinsichtlich der Beleuchtung, Möblierung sowie der Gestaltungs- und Nutzungsvielfalt.<br />
Auch bezüglich der Gestaltung der Rad- und Fußwegeverbindungen sowie der Qualität<br />
der Spielplätze bestehen Handlungsbedarfe.<br />
Wirtschaftliche Defizite und Probleme<br />
Wohnungswirtschaftliche Probleme gibt es in Buntekuh in unterschiedlichem Ausmaß. So<br />
ist das städtische Wohnungsunternehmen Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH durch<br />
strukturelle Leerstände in Teilen seiner Objekte erheblich belastet. Die Gründe hierfür liegen<br />
teilweise in den nicht mehr bedarfsgerechten Grundrissen der Wohnungen bzw. in<br />
den sehr geringen Wohnungsgrößen (420 Klein- und Kleinstwohnungen im Karavellenhochhaus),<br />
teilweise in der problematischen Mieterstruktur in einigen öffentlich geförderten<br />
Beständen (Pinassenhochhaus).<br />
Wirtschaftliche Probleme gibt es auch im Einkaufszentrum, das sowohl unter der Konkurrenz<br />
außerhalb des Gebietes und den veränderten Kaufgewohnheiten als auch unter der<br />
niedrigen Kaufkraft im Gebiet leidet. Daher kommt es immer wieder zu Leerständen und<br />
einer relativ hohen Fluktuation im EKZ.<br />
Image-Probleme<br />
Buntekuh hat in <strong>Lübeck</strong> außerhalb des Stadtteils ein negatives Image als sozial belasteter<br />
und unattraktiver Stadtteil. Hierunter hat z.B. auch die Gesamtschule gelitten, die deswegen<br />
ihren Namen von Integrierte Gesamtschule Buntekuh in Baltic-Gesamtschule geändert<br />
hat.<br />
Strategische Defizite<br />
Die notwendige Entwicklung innerhalb des Gebietes hat in den vergangenen Jahrzehnten<br />
nur sehr punktuell und nicht unter gemeinsam erarbeiteten sowie verbindlich geltenden<br />
Abschlussbericht<br />
13<br />
steg Hamburg mbH
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Zielvorstellungen stattgefunden. Häufig wurden nur unzusammenhängende Einzelmaßnahmen<br />
realisiert. Eine stadtplanerisch integrierte Weiterentwicklung der ursprünglichen<br />
Konzeption der Siedlung als Ganzes ist unterblieben.<br />
Der <strong>Stadtumbau</strong>prozess und die in diesem Rahmen geschaffenen konzeptionellen<br />
Grundlagen sowie die umgesetzten Maßnahmen bilden eine gute Basis dafür, dass die<br />
zukünftige Stadtteilentwicklung in Buntekuh koordinierter und zielgerichteter verläuft.<br />
1.8 Fazit zur Ausgangslage und den Rahmenbedingungen<br />
Wenn man die spezifischen strukturellen Problemlagen in <strong>Lübeck</strong> und im Projektgebiet<br />
Buntekuh zusammenfassend betrachtet, so müssen die folgenden Punkte auf jeden Fall<br />
genannt werden:<br />
• Räumliche Konzentration von öffentlich gefördertem Wohnungsbau in bestimmten<br />
Siedlungen an eher peripheren Standorten, so auch in <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh.<br />
• Strukturelle Leerstände im Wohnungsbestand in problematischen Lagen.<br />
• Zunehmende Segregation durch die Konzentration von benachteiligten Haushalten<br />
in zumeist geförderten Wohnungsbeständen aus den 1960er und 1970er Jahren.<br />
• Verlust an wohnungspolitischen Steuerungsmechanismen aufgrund in großer Zahl<br />
auslaufender Bindungen in den kommenden Jahren.<br />
• Hohe Modernisierungs- und Instandsetzungsbedarfe in den Wohnungsbeständen<br />
der 1950er bis 1970er Jahre erzeugen wirtschaftlichen Handlungsdruck für die Eigentümer/innen.<br />
• Unterhalt und Pflege von Grün- und Freiflächen sowie Sportflächen wird zunehmend<br />
reduziert, da die Haushaltsmittel für diese Aufgaben gekürzt werden. Hierdurch<br />
werden diese Angebote zunehmend unattraktiv.<br />
• Soziale Infrastruktur in der Stadt und in den Stadtteilen gerät angesichts der<br />
kommunalen Finanzsituation unter Druck bzw. ist gefährdet. So wurden in Buntekuh<br />
in den vergangenen Jahren zwei soziale Einrichtungen geschlossen.<br />
• Kein bzw. kaum Entwicklungsdruck sowie sinkende Boden- und Immobilienpreise in<br />
den Stadtteilen im <strong>Lübeck</strong>er Südwesten, in denen auch das Pilotgebiet Buntekuh<br />
liegt.<br />
• Prognostizierte massive Bevölkerungsverluste im Projektgebiet in den kommenden<br />
10 bis 15 Jahren bei unveränderten Rahmenbedingungen.<br />
Aufgrund dieser Problemlagen und Herausforderungen gehörte <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh im Rahmen<br />
des ExWoSt-Forschungsfeldes zu den Pilotstädten des Typs 2 „Wohnquartiere mit<br />
hohem Leerstand“.<br />
Abschlussbericht<br />
14<br />
steg Hamburg mbH
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2. Städtebauliche Entwicklungskonzepte im <strong>Stadtumbau</strong><br />
2.1 Beschreibung und Analyse des erarbeiteten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes<br />
Als nicht öffentliche konzeptionelle Arbeitsgrundlage für den <strong>Stadtumbau</strong>prozess in <strong>Lübeck</strong>-<br />
Buntekuh wurde zu Beginn des Verfahrens ein städtebauliches Entwicklungskonzept erarbeitet.<br />
Die wichtigsten Erkenntnisse des Konzeptes und der daran anschließenden Diskussionen<br />
über die <strong>Stadtumbau</strong>strategie wurden Anfang 2006 in einem so genannten “Gebietsportrait“<br />
veröffentlicht.<br />
Das im Herbst 2004 vorgelegte integrierte Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept<br />
(StE+HK) für das Projektgebiet Buntekuh führt erstmalig für dieses Gebiet verschiedene<br />
räumliche und inhaltliche Themenkomplexe sowie Fragestellungen zusammen und betrachtet<br />
diese integriert. Hierzu zählen vor allem die Themen Wohnen, Freiflächen, Gewerbe,<br />
Verkehr und soziale Infrastruktur. Mit diesem Konzept wurden zu Beginn des<br />
<strong>Stadtumbau</strong>prozesses Arbeitsgrundlagen geschaffen, die dazu gedient haben, zu<br />
gesamtstädtisch vertretbaren Entscheidungen bezüglich der zukünftigen Entwicklung des<br />
Projektgebietes zu kommen. Das Konzept soll ebenfalls dazu dienen, auf Grundlage der<br />
Erkenntnisse sowie der entwickelten Zielsetzungen des Konzeptes sowohl die Aktivitäten<br />
der kommunalen Verwaltung strategisch zu orientieren als auch privates Kapital für den<br />
Stadtteil zu aktivieren, um Maßnahmen auch umsetzen zu können. Denn die zur Verfügung<br />
stehenden <strong>Stadtumbau</strong>-Mittel selbst reichen nur für einen kleinen Teil der vorgeschlagenen<br />
erforderlichen Maßnahmen aus.<br />
Zur Vorbereitung des Konzeptes hat die <strong>Lübeck</strong>er Steuerungsrunde, die bereits den Antrag<br />
zur Aufnahme in das ExWoSt-Forschungsfeld erarbeitet hat, die Grundlagen und<br />
Leistungsprofile für die Erarbeitung des Stadtteilentwicklungskonzeptes und der Projektforschung<br />
formuliert. Die Ausschreibung für diese Leistungen erfolgte im Februar 2003.<br />
Die Steuerungsrunde hat als Arbeits- und Entscheidungsgremium die Erstellung des<br />
Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzeptes kontinuierlich begleitet (siehe hierzu auch<br />
Kapitel 4). Zu einzelnen Fragen und Schwerpunkten wurden gezielt die jeweils betroffenen<br />
Fachbereiche der Stadtverwaltung einbezogen. Ebenso wurden im Rahmen der Bestandsaufnahme<br />
Interviews mit Experten/innen aus dem Stadtteil geführt.<br />
Nutzungsplan aus dem<br />
Stadtteilentwicklungs- und<br />
Handlungskonzept StE+HK<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Abschlussbericht<br />
15<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Die Stadtentwicklungs- und Stadterneuerungsgesellschaft steg Hamburg mbH wurde von<br />
der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> zum einen mit der Aufgabe der Projektforschung im Rahmen des<br />
ExWoSt-Forschungsfeldes beauftragt, zum anderen auch mit der Erarbeitung des Stadtteilentwicklungs-<br />
und Handlungskonzeptes. Ziel bei der Beauftragung eines Gutachters<br />
mit beiden unterschiedlichen Aufgaben war die Bearbeitung dieser beiden <strong>Stadtumbau</strong>aufgaben<br />
“aus einer Hand“, um Informationsverluste zu vermeiden und den Abstimmungsaufwand<br />
zu begrenzen.<br />
Das Konzept ist nach folgenden Kapiteln gegliedert: Bestandsaufnahme, Defizitanalyse,<br />
Entwicklungsszenarien, Zielvorstellungen und Maßnahmenvorschläge sowie Impulsprojekte.<br />
Methodisch wurden u. a. Interviews mit Experten/innen im Rahmen der Bestandsaufnahme<br />
durchgeführt, die Wohnungsmarktprognose für Buntekuh ausgewertet sowie<br />
relevante Experten/innen für die Prüfung bestimmter Fragestellungen einbezogen.<br />
Räumliche Bezugsebene des Konzeptes ist das Projektgebiet Buntekuh (Teilgebiet des<br />
Stadtteils Buntekuh) unter Berücksichtigung gesamtstädtischer Belange. Der Zeithorizont<br />
bei der Bestandsaufnahme und Analyse ist vor allem die Gegenwart mit Bezügen zurück<br />
bis zur Entstehung der Siedlung Mitte bis Ende der 1960er Jahre. Für die Konzeption wird<br />
ein Zeithorizont bis 2020 zugrunde gelegt, auf den sich auch die vorliegende Prognose für<br />
die Entwicklung des Wohnungsmarktes bezieht.<br />
Im StE+HK werden die sektoralen Schwerpunkte bzw. Sachgebiete Wohnen und Wohnumfeld,<br />
Gewerbe, Grün- und Freiflächen, Öffentliche Einrichtungen und soziale Infrastruktur,<br />
Verkehr analysiert und bewertet. Eine Differenzierung der Darstellung erfolgt u.a.<br />
nach den im Stadtteil vorhandenen Gebäudetypen (Einfamilien- und Reihenhäuser, Zeilenbauten,<br />
Wohnhochhäuser). Damit orientiert sich das Konzept an der klaren städtebaulichen<br />
Struktur und der vorhandenen Gebäudetypologie im Stadtteil. Das Baualter ist bei<br />
allen Gebäuden (mit wenigen Ausnahmen) nahezu gleich. Gesondert betrachtet und detailliert<br />
bearbeitet werden darüber hinaus die beiden Impulsprojekte des <strong>Stadtumbau</strong>s<br />
„Wohnhochhaus Pinassenweg“ sowie „Aufwertung und Neuordnung Wohnen und Wohnumfeld“<br />
mit verschiedenen Schwerpunkten, z.B. die Entwicklung der Stadtteilmitte.<br />
Zentrale Grundlage für die Erarbeitung von zwei Entwicklungsszenarien im StE+HK war<br />
die prognostizierte demographische Entwicklung (auf Grundlage der Wohnungsmarktanalyse<br />
und -prognose – siehe Kapitel 1). Die Handlungsempfehlungen wurden zudem<br />
aus den vorhandenen baulich-räumlichen Strukturen, den identifizierten Standortpotenzialen<br />
und -defiziten sowie den festgestellten Bedarfen im Stadtteil und in der Gesamtstadt<br />
abgeleitet.<br />
Das Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept Buntekuh wurde im September 2004<br />
fertig gestellt. Nach der Abstimmung der Ergebnisse in der Steuerungsrunde erfolgte im<br />
November 2004 die Präsentation des StE+HK vor verschiedenen verantwortlichen Verwaltungsbereichen<br />
(Stadtplanung, Stadtgrün und Friedhöfe, Schule und Sport, Verkehr,<br />
Liegenschaften sowie Naturschutz). Innerhalb der Steuerungsrunde wurde anschließend<br />
eine Zusammenstellung der zukünftigen Handlungsschwerpunkte und Maßnahmenvorschläge<br />
auf Grundlage des StE+HK erarbeitet. Anschließend wurden die Ergebnisse und<br />
Maßnahmenvorschläge des Konzeptes Ende 2005 mit der Wohnungswirtschaft diskutiert.<br />
Ebenso wurden die Ergebnisse und Vorschläge zum weiteren Vorgehen auf einer öffentlichen<br />
Veranstaltung des Anwohnervereins Buntekuh interessierten Einwohner/innen im<br />
November 2005 präsentiert. Auch die <strong>Lübeck</strong>er Politik wurde über die Ergebnisse infor-<br />
Abschlussbericht<br />
16<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Plan der Zielvorstellungen und Maßnahmenvorschläge aus dem<br />
Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
miert. Ende März 2006 wurden<br />
die mit der Verwaltung<br />
und der Wohnungswirtschaft<br />
bereits vorabgestimmten Zielsetzungen<br />
sowie die Handlungsschwerpunkte<br />
und Maßnahmenvorschläge<br />
auf einem<br />
Workshop im Stadtteil Akteuren/innen<br />
aus Bevölkerung,<br />
Politik, Wohnungswirtschaft<br />
und Verwaltung präsentiert,<br />
diskutiert, ergänzt und mit<br />
Prioritäten versehen. Die<br />
Umgestaltung der Stadtteilmitte<br />
wurde von den TeilnehmerInnen<br />
des Workshops<br />
als erste Priorität festgelegt.<br />
Weiterhin wurden folgende neun Handlungsfelder für die weitere Stadtteilentwicklung<br />
festgelegt:<br />
• Entwicklung des Grundstücks Pinassenweg;<br />
• Zukünftiger Umgang mit dem Wohnhochhaus Karavellenstraße;<br />
• Aufwertung und Entwicklung der Stadtteilmitte;<br />
• Aufwertung des Geschosswohnungsbaus;<br />
• Umgang mit den öffentlichen und halböffentlichen Grün- und Freiflächen;<br />
• Schaffung von neuen Wohnungsangeboten für bestimmte Nachfragegruppen;<br />
• Straßenraumgestaltung;<br />
• Sicherung und Verbesserung der sozialen Infrastruktur;<br />
• Ausbau des Kulturangebotes.<br />
Die Möglichkeiten der Umsetzung und der Finanzierung von Maßnahmen werden im Konzept<br />
aufgrund der geringen verfügbaren Fördermittel im Forschungsfeld nicht oder nur am<br />
Rande berücksichtigt. Es werden jedoch konkrete Vorschläge zum weiteren Vorgehen<br />
gemacht, um die entwickelten Maßnahmen zu konkretisieren und umzusetzen. Hierzu<br />
zählen auch Vorschläge zur Finanzierung bzw. zur Beantragung von Fördermitteln für den<br />
Stadtteil. Die in 2006 erfolgte Festlegung des Gebietes als Programmgebiet „Soziale<br />
Stadt“ resultiert unter anderem aus den Ergebnissen des StE+HK.<br />
Elemente für eine Fortschreibung und eine Wirkungsanalyse sind im StE+HK für Buntekuh<br />
nicht enthalten. Daher werden entsprechende Elemente und Strukturen zu Beginn der<br />
Fortführung der Stadtteilentwicklung im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ geschaffen<br />
(vgl. hierzu auch Kapitel 8).<br />
Gesamtstädtische Entwicklungskonzepte liegen in <strong>Lübeck</strong> z.B. für Gewerbe- und Wohnraumentwicklung<br />
vor. Es existiert bisher kein gesamtstädtisches Stadtentwicklungskon-<br />
Abschlussbericht<br />
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steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
zept, das über die Ebene des Flächennutzungsplans hinausgeht und z.B. Vorgaben zur<br />
gewünschten gesamtstädtischen Funktion und Bedeutung von Buntekuh machen würde.<br />
Entsprechende Aussagen und abgestimmte Vorgaben wären hilfreich, um sich bei der<br />
Entwicklung von kleinräumigen Handlungs- und Maßnahmenvorschlägen für den Stadtteil<br />
an übergeordneten Vorgaben zu orientieren. Voraussichtlich wird die Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
in das Regelprogramm <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> 2007 aufgenommen; damit verbunden ist die<br />
Erarbeitung eines gesamtstädtischen Integrierten Entwicklungskonzeptes.<br />
Abschlussbericht<br />
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Zeitplan Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept StE+HK<br />
Januar 2003 • Ausschreibung der Beauftragung<br />
März 2003 • Auswahl der steg Hamburg mbH zur Beauftragung<br />
April 2003 • Beginn der Bearbeitung des StE+HK<br />
April - Juli 2003 • Bearbeitung des Handlungsschwerpunktes Pinassenweg<br />
• Durchführung von Gesprächen mit Experten/innen<br />
August 2003 • Umfangreiche Bestandsaufnahme und Defizitanalyse des ge-<br />
- Februar 2004<br />
samten Projektgebietes Buntekuh<br />
März 2004 • Workshop der Steuerungsrunde: Präsentation der<br />
Zwischenergebnisse als Grundlage für die Diskussion von<br />
Zielvorstellungen und Maßnahmenvorschlägen<br />
März - Juni 2004 • Erarbeitung von Zielvorstellungen und Maßnahmenvorschlägen<br />
für die zukünftige Entwicklung des Gesamtstadtteils sowie<br />
das zweite Impulsprojekt „Aufwertung und Neuordnung Wohnen<br />
und Wohnumfeld“ in zwei Entwicklungsvarianten<br />
August 2004 • Vorlage des Entwurfs für das gesamte StE+HK und Abstimmung<br />
mit der Steuerungsrunde<br />
September 2004 • Abgabe des fertigen Stadtteilentwicklungs- und<br />
Handlungskonzeptes an die Stadt<br />
November 2004 • Präsentation und Diskussion des StE+HK in einer<br />
verwaltungsinternen Runde mit verschiedenen Fachbereichen<br />
März 2005 • Erarbeitung eines Katalogs von Handlungsschwerpunkten für<br />
die zukünftige Entwicklung von Buntekuh durch die Steuerungsrunde<br />
Herbst 2005 • Diskussion der Ergebnisse im Rahmen des Wohnungsbaustammtisches<br />
mit der Wohnungswirtschaft<br />
• Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse auf einer öffentlichen<br />
Veranstaltung des Anwohnervereins Buntekuh<br />
• Information der Politik über die Ergebnisse<br />
März 2006 • Vorstellung und Diskussion der zentralen Ergebnisse (Zielvorstellungen,<br />
Handlungsschwerpunkte und Maßnahmenvorschläge)<br />
auf einem öffentlichen Workshop im Stadtteil Buntekuh<br />
Abschlussbericht<br />
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2.2 Erfahrungen mit dem städtebaulichen Entwicklungskonzept<br />
Das vorliegende StE+HK erfüllt verschiedene Funktionen für die weitere Stadtteilentwicklung<br />
im Projektgebiet im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses und darüber hinaus:<br />
• Erstmalige Zusammenstellung von Informationen, Grundlagen und Bewertungen über<br />
das Projektgebiet in einem integrierten Konzept;<br />
• Schaffung einer mit den relevanten Projektpartnern/innen abgestimmten Planungsgrundlage<br />
für den weiteren <strong>Stadtumbau</strong>prozess und darüber hinaus;<br />
• Schaffung einer Grundlage für die Diskussionen über die Zukunft des Stadtteils in Verwaltung,<br />
Politik, Wohnungswirtschaft und Stadtteilöffentlichkeit;<br />
• Entscheidungshilfe für das zukünftige (Verwaltungs-)Handeln im Stadtteil.<br />
Der zentrale Unterschied zu früheren Stadt(teil)entwicklungskonzepten liegt in der starken<br />
Ausrichtung des StE+HK auf die Fragen des prognostizierten Bevölkerungsverlustes und<br />
der wohnungswirtschaftlichen Herausforderungen. Diese Rahmenbedingungen stehen bei<br />
<strong>Stadtumbau</strong>prozessen deutlich im Vordergrund, ebenso der vorhandene Handlungsdruck,<br />
aktiv zu werden, um eine weitere Negativentwicklung im Stadtteil zu verhindern.<br />
Somit erfüllt das Konzept u.a. die zentrale Aufgabe, auf fachlicher Ebene ein fundiertes<br />
Problembewusstsein für den Stadtteil und die sich abzeichnenden Entwicklungen und<br />
Herausforderungen (vor allem des demographischen Wandels) zu schaffen. Das <strong>Lübeck</strong>er<br />
Konzept ist somit weniger ein Instrument für die Vorbereitung und direkte Umsetzung<br />
von Maßnahmen als vielmehr eine Diskussions- und Planungsgrundlage für die weitere<br />
konzeptionelle Strategieentwicklung sowie die Gewinnung von Partnern/innen für diesen<br />
Prozess. Diese Funktion hat das Konzept im <strong>Stadtumbau</strong>prozess auch erfolgreich erfüllt.<br />
2.3 Empfehlungen für städtebauliche Entwicklungskonzepte<br />
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus Buntekuh lassen sich folgende grundsätzliche<br />
Empfehlungen für die Erarbeitung von städtebaulichen Entwicklungskonzepten formulieren:<br />
• Beauftragung eines Auftragnehmers mit breitem Erfahrungshintergrund, sowohl planerisch<br />
als auch wohnungswirtschaftlich, für die Erarbeitung. Denkbar ist hier auch die<br />
Bildung von Arbeitsgemeinschaften zur Bündelung von Kompetenzen.<br />
• Erkenntnisse und Ergebnisse des Konzeptes sollten strategisch genutzt werden, um<br />
Aufmerksamkeit zu erzielen, Politik und Verwaltung zu überzeugen sowie Partner/innen<br />
für die Umsetzung zu gewinnen<br />
• Vor der Fertigstellung des Entwicklungskonzeptes sollten die Ergebnisse und Vorschläge<br />
breit mit verschiedenen Akteuren/innen (z.B. Stadtteil, Wohnungswirtschaft,<br />
Verwaltung) diskutiert werden, um Anregungen und Erfahrungen aufzunehmen und so<br />
ein bereits konsensual abgestimmtes Konzept zu erhalten, mit dessen Umsetzung zügig<br />
begonnen werden kann. Akzeptiert und berücksichtigt werden muss bei solchen<br />
Prozessen, dass sie ausreichend Zeit brauchen, um die Einbindung aller Akteur/innen<br />
zu gewährleisten.<br />
Abschlussbericht<br />
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• Beteiligungsprozesse im Rahmen der Erarbeitung von Entwicklungskonzepten sind<br />
problematisch, da zunächst Zeit für die Erarbeitung von Grundlagen und die erforderliche<br />
Klärung der Rahmenbedingungen benötigt wird. Eine zu frühe Beteiligung von<br />
Akteuren/innen, insbesondere von Bewohnerinnen und Bewohnern, kann falsche Erwartungen<br />
wecken bzw. demotivieren, wenn die Grundlagen und Rahmenbedingungen<br />
noch nicht geklärt sind.<br />
Abschlussbericht<br />
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3. Impulsprojekte im <strong>Stadtumbau</strong><br />
3.1 Beschreibung der geplanten und umgesetzten Impulsprojekte<br />
Die im ersten Kapitel dargestellten städtebaulichen und sozialen Probleme in <strong>Lübeck</strong> und<br />
im Stadtteil Buntekuh haben sich in einem Objekt im Projektgebiet besonders verdichtet:<br />
dem Anfang 2005 abgerissenen Wohnhochhaus im Pinassenweg. Dieses Objekt sowie<br />
weitere problematische Wohnungsbestände standen daher von Beginn des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
an im Mittelpunkt der Betrachtung, Analyse und Bearbeitung - sie waren auch<br />
Auslöser für die Beantragung der Aufnahme in das ExWoSt-Forschungsfeld.<br />
Impulsgebende Ansatzpunkte für die zukünftige Entwicklung des Projektgebietes Buntekuh<br />
sowie Aussagen für den Umgang mit vergleichbaren Problemlagen in der Gesamtstadt<br />
wurden vom erfolgten Abriss des Wohnhochhauses am Pinassenweg einschließlich<br />
der stadtteilverträglichen Nachnutzung des Grundstückes erwartet (Impulsprojekt 1),<br />
ebenso von den im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses umgesetzten Maßnahmen zur<br />
Neuordnung und Aufwertung des Wohnungsbestandes und Wohnumfeldes im gesamten<br />
Projektgebiet (Impulsprojekt 2) sowie den in diesen Rahmen vorbereiteten Maßnahmen.<br />
Somit wurden im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses in Buntekuh zwei gegensätzliche<br />
Strategien verfolgt: Einerseits der Abriss eines Wohngebäudes mit anschließender Neuverwertung<br />
und Nachnutzung des Grundstücks sowie andererseits die angestrebte qualitative<br />
Aufwertung und Verbesserung der Wohnqualität im Bestand.<br />
Impulsprojekt 1: Wohnhochhaus Pinassenweg<br />
Das Wohnhochhaus am Pinassenweg war ein neungeschossiges Gebäude mit sechs<br />
Treppenhäusern, das 1970 in Montagebauweise mit Vorhangfassade am Rande des Gebietes<br />
errichtet wurde. Mit öffentlicher Förderung wurden hier 171 große Wohnungen mit<br />
3, 3½ und 4 Zimmern zwischen 74 und 89 Quadratmetern geschaffen.<br />
Blick auf das Wohnhochhaus Pinassenweg (vom<br />
Wohnhochhaus Karavellenstraße)<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Bereits gegen Ende der 1970er Jahre gab<br />
es erste Leerstände in diesem Objekt. Gegen<br />
Mitte der 1980er Jahre verschärfte sich<br />
diese Situation, entspannte sich aber aufgrund<br />
der Verengung des Wohnungsmarktes<br />
in Folge der Wiedervereinigung vorübergehend.<br />
Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich<br />
die soziale Problematik am Pinassenweg erneut<br />
verschärft. Darauf hat die Eigentümerin<br />
in 2000 reagiert.<br />
Die Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
beauftragte damals das Büro KOM PLAN<br />
(Sozialplanung) mit einer Befragung der<br />
Mieter/innen, um sich ein genaueres Bild von der Lage im Haus zu machen. Die Struktur<br />
der Mieter/innen Ende 2000 lässt sich wie folgt charakterisieren 6 : 71,2 % der Bewoh-<br />
6 KOM PLAN: Mieterbefragung / Stand Dezember 2000.<br />
Abschlussbericht<br />
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ner/innen in den damaligen 124 Haushalten kamen nicht aus Deutschland sondern aus<br />
insgesamt 23 verschiedenen Herkunftsländern. 50 % hatten keine deutsche Staatsangehörigkeit.<br />
Nur 16 % aller Bewohner/innen des Hochhauses waren erwerbstätig. Allerdings<br />
waren knapp die Hälfte aller Bewohner/innen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.<br />
Ungefähr zwei Drittel der Haushalte waren Empfänger/innen von Transferleistungen.<br />
Ab 2000 nahmen die dauerhaften Leerstände noch zu und Ende 2002 waren über ein<br />
Drittel der Wohnungen im Gebäude nicht mehr vermietet. Allerdings wurden damals bereits<br />
die freiwerdenden Wohnungen nicht mehr neu vergeben. Da die Zukunft des Objektes<br />
ungewiss war, wurde mit der Umsetzung der Mieter/innen in neue Wohnungen begonnen.<br />
Neben den finanziellen Einbußen durch den Rückgang der Mieteinnahmen, die<br />
eine rentierliche Bewirtschaftung des Gebäudes unmöglich machten, sah sich die städtische<br />
Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH als Eigentümerin zudem mit einem umfangreichen<br />
Modernisierungsbedarf des Gebäudes aufgrund von Bau- und Gestaltungsmängeln<br />
konfrontiert, z.B. Betonsanierung, Wärmeschutz, Aufzüge. Die Kosten für diese Modernisierung<br />
wurden von der Eigentümerin auf ca. 9,7 Millionen Euro geschätzt.<br />
Da es sich auch aus Sicht der Stadt bei diesem Objekt um einen „sozialen Brennpunkt<br />
von gesamtstädtischer Dimension“ handelte, wurde in 2001 der Abriss des Hochhauses<br />
am Pinassenweg von der Eigentümerin beschlossen. Seit diesem Zeitpunkt liefen parallel<br />
zur Antragsstellung für die Aufnahme in das ExWoSt-Forschungsfeld auch die Vorbereitungen<br />
für den Rückbau des Gebäudes. Hierbei ist zunächst vor allem die Organisation<br />
des Umzuges der Mieter/innen zu nennen. Fast alle Mietparteien wurden von der „Trave“<br />
im Rahmen eines Umzugsmanagements im eigenen Wohnungsbestand der Gesellschaft<br />
umgesetzt - allerdings kaum innerhalb des Stadtteils Buntekuh sondern in den benachbarten<br />
Stadtteil St. Lorenz und in weitere <strong>Lübeck</strong>er Stadtteile. In St. Lorenz befindet sich<br />
ein größerer Siedlungsbereich, der teilweise durch Modernisierung, teilweise durch Abriss<br />
kurzfristig Neubaupotenziale für den erforderlichen Ersatzwohnraum bot. Ebenso musste<br />
der Pinassenclub für Jugendliche seine Räumlichkeiten im Gebäude zum Beginn des Jahres<br />
2004 aufgeben.<br />
Abschlussbericht<br />
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Umzugsmanagement bei Rückbau<br />
An dieser Stelle werden die Erfahrungen der Grundstücks-Gesellschaft "Trave" mbH<br />
dargestellt, die als Eigentümerin des im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s abgerissenen<br />
Wohnhochhauses am Pinassenweg das Umzugsmanagement durchgeführt hat.<br />
Geleistet wurde das Umzugsmanagement von zwei Mitarbeitern der GG Trave, von denen<br />
einer als Wohn- und Sozialberater des Unternehmens vorrangig die Konzeption der<br />
Belegung der Ersatzwohnungen und die Erstansprache der mehrheitlich ausländischen<br />
Miethaushalte (25 Nationen, Sprachproblem!) übernommen hatte. Beide Mitarbeiter waren<br />
über einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahren mit etwa einem Drittel ihrer Arbeitszeit mit<br />
dem Umzugsmanagement beschäftigt.<br />
Das Umzugsmanagement der GG Trave hat von der ersten Ansprache der umzuziehenden<br />
Personen bis zur Betreuung nach dem Einzug in die Ersatzwohnungen die Miethaushalte<br />
umfassend betreut und alle mit dem Umzug zusammenhängenden administrativen<br />
Prozesse im und tlw. auch außerhalb des Unternehmens (z.B. Ummeldung)<br />
übernommen. Dazu gehörte ebenfalls die Organisation der Umzüge mit einer Umzugsfirma,<br />
sofern der Umzug nicht gegen Zahlung einer Pauschale in eigener Verantwortung<br />
der Miethaushalte durchgeführt wurde.<br />
Als relativ zeitintensiv hat sich dabei insbesondere der Aufwand für die Auswahl und die<br />
Besichtigung der Ersatzwohnungen erwiesen, bei dem je Haushalt tlw. bis zu fünf verschiedene<br />
Wohnungen gezeigt werden mussten. Das Umzugsmanagement hat zudem<br />
die Herrichtung und Ausstattung der Ersatzwohnungen nach Wunsch der umzuziehenden<br />
Miethaushalte organisiert und die Ausführung kontrolliert.<br />
Der finanzielle Aufwand je Mieter kann zusätzlich zum personellen Aufwand mit ca.<br />
2.000,- Euro veranschlagt werden, sofern die Umzüge nicht in eigener Regie erfolgten<br />
(dann ca. 1.500,- Euro). Die Kosten für neue Ausstattungen in den Ersatzwohnungen<br />
sind hierbei nicht berücksichtigt, da sie in den meisten Fällen auch bei anderweitiger<br />
Vermietung dieser Wohnungen angefallen wären.<br />
Eine Beteiligung der Bewohner/innen an der Entscheidung zum Rückbau des Wohnhochhauses<br />
konnte nicht erfolgen, da diese Entscheidung auf Seiten der GG Trave aus<br />
betriebswirtschaftlichen Gründen unausweichlich war. Allerdings hatten die Bewohner/innen<br />
ca. ein Jahr vor der Abbruchentscheidung im Rahmen einer Wohnzufriedenheits-Befragung<br />
mehrheitlich ihren Auszugswillen bekundet, so dass mit Widerständen<br />
kaum zu rechnen war. Letztlich waren die Ergebnisse der Befragung zudem ausschlaggebend<br />
für die negative betriebswirtschaftliche Prognose.<br />
Als erfolgreich hat sich die aufsuchende Einzelansprache aller Miethaushalte erwiesen.<br />
Diese erfolgte frühzeitig und diente neben der Information zugleich der Ermittlung der<br />
Bedarfe nach Ersatzwohnraum. Die Mitarbeiter erfragten hierbei z.B. Standortpräferenzen,<br />
die finanziellen Möglichkeiten des Haushalts sowie die Anzahl der umziehenden<br />
Personen; viele ältere Jugendliche wählten z.B. mit dem Umzug eigene Wohnungen.<br />
Auf der Basis der vollständigen Erhebungen wurden Belegungskonzepte für die im Bestand<br />
vorhandenen sowie die ca. 50 neu gebauten Ersatzwohnungen im Nachbarstadtteil<br />
St. Lorenz-Nord erstellt.<br />
Abschlussbericht<br />
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Auf dieser Basis wurde dann die zweite Mieteransprache zum konkreten Umzug vorgenommen.<br />
Auszugsprämien oder vergleichbare Geld- oder Sachleistungen wurden in<br />
keinem Fall gewährt. Vorrangig versuchte das Umzugsmanagement, Anreize mit einer<br />
individuellen Ausstattung der Ersatzwohnung zu schaffen, da diese Ausgaben zugleich<br />
Investitionen in den eigenen Wohnungsbestand darstellten, die auch bei späteren Vermietungen<br />
noch wirksam werden können. In begründeten Fällen wurden aber Entschädigungsleistungen<br />
in Geld für jüngere Ausstattungsanschaffungen gewährt (z.B. Teppiche<br />
oder passgenaue Einbaumöbel).<br />
Für die Umzüge selbst wurde entweder ein Umzugsunternehmen beauftragt (für den<br />
Miethaushalt kostenfrei) oder eine Umzugspauschale in Geld gewährt. Diese Pauschale<br />
wurde in vielen Fällen von den Miethaushalten in Anspruch genommen, um dann in Eigeninitiative<br />
den Umzug günstiger durchzuführen. Ob dieser Anreiz für Transferleistungsempfänger/innen<br />
höher war, kann nicht festgestellt werden.<br />
Zum Zeitpunkt der Entscheidung zur Aufgabe des Wohnhochhauses Pinassenweg 28-<br />
38 wohnten noch ca. 120 Miethaushalte im Haus. Davon wurden ca. 80 aktiv in den<br />
Trave-Wohnungsbestand umgezogen, ca. 45 davon in im Nachbarstadtteil St. Lorenz-<br />
Nord mit Hilfe der sozialen Wohnraumförderung neu gebaute große Ersatzwohnungen<br />
(4/5-Zimmer-Wohnungen).<br />
Der gesamte Leerzug des Gebäudes mit ursprünglich 171 Wohnungen dauerte etwa<br />
anderthalb bis zwei Jahre. Es wurde gegen Ende versucht, den Großteil der Miethaushalte<br />
konzertiert in die neu gebauten Ersatzwohnungen umzuziehen, um eine letzte Betriebsphase<br />
des Gebäudes mit nur wenigen verbliebenen Bewohner/innen bei hohen<br />
Betriebskosten (z.B. Vorhalten von Aufzügen und Treppenhausreinigung) zu vermeiden.<br />
Nennenswerte Verzögerungen beim Umzugsmanagement waren nicht zu verzeichnen.<br />
Parallel zu den Umzugsangeboten wurden alle noch nicht mieterseitig gekündigten Mietverträge<br />
entsprechend der individuellen Kündigungsfristen zusätzlich formell von Seiten<br />
der „Trave“ gekündigt, um mögliche Konfliktfälle rechtzeitig herauszulösen. Lediglich im<br />
Falle eines Miethaushaltes, der aufgrund von Zahlungsrückständen gekündigt und später<br />
geräumt werden sollte, ist es zu einer ca. einmonatigen Verzögerung des Leerzuges<br />
gekommen. Eine juristische Eskalation sollte hier vermieden werden, so dass letztlich<br />
auch diesem Miethaushalt kurz vor einer bereits angesetzten Gerichtsverhandlung eine<br />
Ersatzwohnung angeboten wurde.<br />
Aufgrund der oben geschilderten Erfahrungen ist dringend zu empfehlen, mögliche Konfliktfälle<br />
vor dem eigentlichen Leerzug zu identifizieren und gesondert zu bearbeiten, um<br />
spätere Verzögerungen und damit eine Verschlechterung der eigenen Position zu vermeiden.<br />
Dabei sollten deutliche Grenzen aufgezeigt werden, um für das Unternehmen<br />
nachteilige Präzedenzfälle zu vermeiden. So sollten z.B. keine Auszugsprämien gewährt<br />
werden, denn nichts spricht sich schneller unter den Miethaushalten herum, die dann<br />
nicht selten eine einmalige Chance für schnell „verdientes“ Geld wittern.<br />
Leider konnten keine Kooperationen mit anderen Unternehmen bzw. Eigentümern<br />
eingegangen werden, da es trotz entsprechender Anfrage der GG Trave bei anderen<br />
Unternehmen bedauerlicher Weise keine Bereitschaft zur Übernahme von Miethaushalten<br />
aus dem Wohnhochhaus Pinassenweg gab.<br />
Abschlussbericht<br />
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Nach der vollständigen Entmietung des Gebäudes<br />
Pinassenweg im Sommer 2004<br />
wurde die konkrete Vorbereitung des Abbruchs<br />
gestartet. Hierzu wurden u.a. zunächst<br />
im Rahmen eines aus <strong>Stadtumbau</strong>mitteln<br />
finanzierten Gutachtens alternative<br />
Rückbaumöglichkeiten geprüft (Demontage,<br />
Sprengung, Abbruch mit Abbruchzange),<br />
um z.B. die ökologischen Auswirkungen<br />
des Abrisses zu prüfen. Auf<br />
Grundlage der Ergebnisse wurde für einen<br />
Abbruch mit der Zange entschieden. Nach<br />
erfolgter Schadstoffentsorgung und dem<br />
Ausbau von einzelnen weiter verwendba-<br />
Rückbau des Wohnhochhauses Pinassenweg<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
ren Elementen (z.B. Fenster) wurde am 21. Januar 2005 mit dem Abbruch begonnen.<br />
Anfang April 2005 war die Gebäudehülle vollständig gefallen.<br />
Illumination des Wohnhochhauses vor dem<br />
Rückbau beim „Abschiedsfest“ vom Hochhaus<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Der Abbruch wurde mit einem Abschiedsfest<br />
gestartet, an dem viele Gäste aus der Gesamtstadt<br />
und dem Stadtteil teilgenommen<br />
haben. Hierbei wurde u. a. das Gebäude<br />
künstlerisch illuminiert und farbig ein letztes<br />
Mal in Szene gesetzt. Die Demontage selbst<br />
wurde von der Presse und anderen Medien<br />
auch überregional begleitet, u. a. durch eine<br />
ausführliche TV-Reportage auf SAT 1<br />
(Spiegel TV).<br />
Die Maßnahmen der Vorbereitung und<br />
Durchführung des Abbruchs des Wohnhochhauses<br />
wurden insgesamt mit 460.700<br />
Euro aus dem Forschungsfeld gefördert. Dies sind ca. 49 % aller Gesamtkosten der<br />
Rückbau-Maßnahme. Die „Trave“ hat den restlichen Anteil der Kosten getragen (vgl.<br />
hierzu Kapitel 6).<br />
Bezüglich der Nachnutzung und Neuverwertung des Grundstückes nach dem Abbruch<br />
des Wohnhochhauses wurden im Rahmen der Erarbeitung des StE+HK vorbereitende<br />
Grundlagen geschaffen. Dabei ging es um die Entwicklung und Bewertung von möglichen<br />
Nutzungsvarianten für das Grundstück nach dem Abriss. Im Schwerpunkt untersucht wurden<br />
die Varianten Gewerbenutzung, Wohnnutzung sowie eine grundlegende Neuordnung<br />
des Grundstücks inkl. angrenzender Flächen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in<br />
die weiteren Diskussionen in der Steuerungsrunde über die Nachnutzung der Fläche eingeflossen<br />
und dienten als Entscheidungshilfe für die Eigentümerin und die Stadt <strong>Lübeck</strong>.<br />
Fest stand von Beginn, dass die „Trave“ das Grundstück auf jeden Fall verkaufen und hier<br />
nicht mehr selber investieren wollte.<br />
Abschlussbericht<br />
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Im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
wurden zwei Entwicklungsvarianten für das<br />
geräumte Grundstück (siehe Foto) intensiver<br />
untersucht. So wurden die Rahmenbedingungen<br />
für einen möglichen Flächentausch<br />
mit einem angrenzenden Grundstück<br />
(Variante 1), das derzeit für Sportflächen<br />
genutzt wird, von den verantwortlichen<br />
Fachbereichen der Stadtverwaltung<br />
geprüft. Im Ergebnis dieser Prüfung hat<br />
sich herausgestellt, dass ein solcher Flächentausch<br />
zwar attraktive Wohnbauflächen<br />
in einer Lage direkt am Grünzug<br />
schaffen würde, jedoch nur mit hohen<br />
Geräumtes Grundstück nach vollständigem<br />
Rückbau<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Kosten (ca. 1,5 Millionen Euro) zu realisieren wäre, die von der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> nicht<br />
getragen werden können. Eine Nachfrage von Wohnungsunternehmen oder anderen<br />
Investoren/innen an diesem Standort Wohnungsbau zu realisieren, war zudem nicht erkennbar.<br />
Ein exemplarisch angefragter Bauträger, der derzeit im Wohnungsbau an unterschiedlichen<br />
Standorten in <strong>Lübeck</strong> sehr aktiv ist, brachte klares Desinteresse an diesem<br />
Standort zum Ausdruck. Zudem würde eine Verlagerung der Sportflächen auf das Pinassenweg-Grundstück<br />
zu Flächenverlusten führen, da die Größe und der Zuschnitt des<br />
Grundstückes für die Sportanlage ungünstiger sind. Eine Aufgabe dieser Sportflächen<br />
kam jedoch für die Stadt nicht in Frage. Die Variante Flächentausch wurde auf Grundlage<br />
der Ergebnisse dieser Prüfungen nicht weiter verfolgt.<br />
Bezüglich einer gewerblichen Nachnutzung des Grundstücks unter Berücksichtigung der<br />
Belange des Stadtteils Buntekuh (Variante 2) hat die Verwaltung im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
Vorgaben entwickelt, welche gewerblichen Ansiedlungen auf dieser<br />
Fläche (stadtteil-)verträglich und somit zulässig sind und welche nicht. Diese Variante<br />
würde das Grundstück sozusagen aus dem Siedlungskern von Buntekuh herauslösen, um<br />
andere Nutzungen als Wohnen an diesem Standort zu realisieren. Voraussetzung für eine<br />
gewerbliche Nachnutzung ist, dass sie keinesfalls mit Nutzungen im restlichen Projektgebiet<br />
konkurriert - dies betrifft vor allem den Einzelhandel, speziell im Einkaufszentrum. Für<br />
eine gewerbliche Nachnutzung müsste zudem das Planungsrecht geändert werden.<br />
Nach dem Willen der Eigentümerin sollte ursprünglich noch im Sommer 2003 mit Unterstützung<br />
durch ein Interessenbekundungsverfahren über die Möglichkeiten der Neuentwicklung<br />
des Grundstückes nach dem Abriss entschieden werden. Hierbei stand eindeutig<br />
der wirtschaftliche Handlungsdruck im Vordergrund, da der Abriss hohe Kosten verursacht<br />
hat, die nur zum Teil aus den <strong>Stadtumbau</strong>mitteln des Bundes gedeckt wurden. Da<br />
die erhoffte Nachfrage nach einer Neuentwicklung dieses Standortes jedoch lange Zeit<br />
nicht erkennbar war, wurde das geplante Interessenbekundungsverfahren nicht veröffentlicht.<br />
Ende 2005 fanden auf Initiative des <strong>Lübeck</strong>er Bausenators Gespräche mit allen Eigentümer/innen<br />
aus der Nachbarschaft des geräumten Grundstücks statt. Hierbei ging es um<br />
die Klärung der Möglichkeiten einer gewerblichen Entwicklung und Neuordnung eines<br />
größeren Entwicklungsbereiches. Im Rahmen dieser Gespräche konnten nicht nur die<br />
Abschlussbericht<br />
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Rahmenbedingungen und Zielsetzungen der Stadt geklärt werden (stadtteilverträgliche<br />
Nutzung, keine zentrenrelevanten Angebote), sondern es wurde auch ein interessierter<br />
Projektentwickler gefunden. Anfang 2006 hat die „Trave“ mit diesem Projektentwickler einen<br />
vorbehaltlichen Kaufvertrag über den Verkauf der 2,5 ha großen Fläche am Pinassenweg<br />
geschlossen. Der Entwickler plant, auf dieser Fläche und benachbarten<br />
Grundstücken einen großflächigen Bau- und Gartenmarkt sowie evtl. eine Wohnbebauung<br />
zu errichten. Da hierzu noch weitere Verkaufsverhandlungen mit Nachbareigentümer/innen<br />
erforderlich sind, hat der Kaufvertrag eine aufschiebende Wirkung bis Herbst<br />
2007. Ebenso müssen die baurechtlichen Voraussetzungen noch geschaffen werden. Die<br />
Realisierung der Maßnahme wird sich daher noch hinziehen und frühestens ab 2008 erfolgen.<br />
An diesem Punkt wird eines der Kernprobleme beim Rückbau bzw. Abriss von Wohngebäuden<br />
deutlich: Für die Eigentümer/innen rechnet sich der Abriss nie, da hierdurch<br />
Werte vernichtet werden (Restbuchwert des Gebäudes Pinassenweg rund 4,26 Millionen<br />
Euro am Stichtag 31.12.2003) und gleichzeitig hohe Kosten für den Abriss und das Umzugsmanagement<br />
entstehen, die nur durch eine hochwertige Nachnutzung des Grundstückes<br />
refinanziert werden können. Die mit dem Abriss einhergehende Vernichtung von<br />
unattraktivem Wohnraum kann zwar neue Impulse für den gesamtstädtischen Wohnungsmarkt,<br />
bzw. für lokale Wohnungsteilmärkte bedeuten, produziert für die Eigentümer/innen<br />
der Abrissobjekte aber vor allem Kosten und wirtschaftliche Nachteile. Die Erwartungen<br />
an eine hochwertige und ökonomisch profitable Neuverwertung des geräumten<br />
Grundstückes stehen häufig im Konflikt mit den realen Marktbedingungen, den städtebaulichen<br />
Zielen, den gesamtstädtischen Interessen sowie den Bedarfen des Umfeldes.<br />
Zeitplan für das Impulsprojekt 1: Wohnhochhaus Pinassenweg<br />
Ende Juni 2003 • Entwicklungsalternativen für die Nachnutzung des Grundstücks<br />
Pinassenweg aus dem Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept<br />
liegen vor<br />
2. Halbjahr 2003 • Präzisierung und Prüfung der Realisierungsmöglichkeiten von<br />
zwei Entwicklungsvarianten<br />
• Fortsetzung des Umzugsmanagements<br />
1. Halbjahr 2004 • Fortsetzung der Prüfung der Entwicklungsvarianten<br />
• Vorbereitungen für den Abbruch des Gebäudes<br />
2. Halbjahr 2004 • Abschluss des Umzugsmanagements / Vollständige Entmietung<br />
• Vorbereitung eines Interessenbekundungsverfahrens für eine gewerbliche<br />
Nachnutzung des Grundstücks<br />
• Gutachten für die Gebäudeanalyse, die Abbruchvarianten und<br />
Vorbereitung des Abbruchs<br />
• Ausschreibung und Vergabe der Abbrucharbeiten<br />
1. Halbjahr 2005 • Durchführung des Abbruchs mit Abbruchzange<br />
Abschlussbericht<br />
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ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
• Anschließend Einebnung der gesamten Fläche<br />
2. Halbjahr 2005 • Bildung eines größeren Entwicklungsbereiches durch Verknüpfung<br />
mit benachbarten Gewerbegrundstücken an der Moislinger<br />
Allee<br />
• Zwei Treffen aller betroffenen Eigentümer/innen auf Einladung des<br />
Bausenators zur Klärung der Möglichkeiten<br />
• Identifizierung eines Projektentwicklers<br />
Anfang 2006 • Verkauf des Grundstücks der „Trave“ an einen Projektentwickler<br />
(Kaufvertrag mit aufschiebender Wirkung bis Herbst 2007)<br />
Ab Mitte 2006 –<br />
Herbst 2007<br />
• Weitere Verkaufsverhandlungen des Projektentwicklers mit den<br />
Nachbareigentümer/innen<br />
• ggf. vorbereitende Bauleitplanung für die Realisierung<br />
ca. in 2008 • Bei Erfolg der Verhandlungen in 2007: voraussichtlich Neuerschließung<br />
und Neuentwicklung des Grundstücks zur Realisierung<br />
u. a. eines Bau- und Gartenmarktes<br />
Impulsprojekt 2: Neuordnung und Aufwertung des Wohnungsbestandes<br />
Im Rahmen des zweiten Impulsprojektes „Neuordnung und Aufwertung des Wohnungsbestandes“<br />
standen im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses vor allem der zukünftige Umgang<br />
mit dem Wohnhochhaus Karavellenstraße 1-5, die Sicherung, Aufwertung und Stärkung<br />
des Einkaufszentrums Buntekuh sowie der gesamten Stadtteilmitte und die Modernisierung<br />
von Zeilenbaubeständen im Mittelpunkt der <strong>Stadtumbau</strong>strategie.<br />
Wohnhochhaus Karavellenstraße<br />
Städtebauliche Dominante: Wohnhochhaus<br />
Karavellenstraße<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Beim Wohnhochhaus Karavellenstraße<br />
handelt es sich um ein vierzehngeschossiges<br />
Wohnhochhaus mit drei Aufgängen in<br />
Montagebauweise, das 1967 von der<br />
„Neuen Heimat“ im Zentrum von Buntekuh<br />
fertig gestellt worden ist. Das städtebaulich<br />
markante Gebäude steht an der höchsten<br />
Stelle des Projektgebietes und ist somit ein<br />
weithin sichtbares Merkmal für den gesamten<br />
Stadtteil. Das Gebäude bietet 420 freifinanzierte<br />
Kleinst- und Kleinwohnungen in<br />
drei Wohnungstypen mit 32 bis 52<br />
Quadratmetern Wohnfläche. Aus fast allen<br />
Wohnungen gibt es einen Panoramablick<br />
nach Norden Richtung <strong>Lübeck</strong>er Innenstadt und nach Süden Richtung grüner Stadtrand.<br />
Abschlussbericht<br />
29<br />
steg Hamburg mbH
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Trotz überdurchschnittlicher Fluktuation<br />
war die Struktur der Mieter/innen bis Mitte<br />
der 1990er Jahre weitgehend unproblematisch.<br />
Noch heute gibt es einen hohen Anteil<br />
an Altmieter/innen im Objekt. Nachdem<br />
es seit Anfang 2001 auch zunehmende<br />
Leerstände, speziell bei den 1-Zimmer-<br />
Wohnungen, gegeben hat, hat sich die<br />
Vermietung seit 2004/2005 wieder verbessert.<br />
Dennoch stellen Leerstände und<br />
Fluktuation die Eigentümerin „Trave“ vor<br />
wirtschaftliche Herausforderungen. Zudem<br />
gibt es im Objekt eine steigende Anzahl<br />
von Haushalten mit individuellen sozialen<br />
Problemlagen.<br />
Laubengang im Wohnhochhaus<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
1996/97 wurden von der „Trave“ 6,5 Millionen DM in die Teilmodernisierung des Gebäudes<br />
investiert, z.B. für die Laubengänge. Die Eigentümerin hat darüber hinaus im zweiten<br />
Halbjahr 2003 neue Fahrstühle sowie neue Klingel- und Briefkastenanlagen installiert.<br />
Diese Investitionen waren technisch dringend erforderlich und mussten daher erfolgen,<br />
bevor eine weitere Entscheidung über die grundsätzliche Zukunft des Gebäudes getroffen<br />
wurde. Und es besteht auch weiterhin umfangreicher Modernisierungsbedarf, z.B. an der<br />
rückwärtigen Fassade mit Balkonen, bezüglich des Wärmeschutzes und der Fenster.<br />
Vor diesem Hintergrund hat die Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH als Eigentümerin<br />
im Dezember 2003 im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses in enger Abstimmung mit der<br />
Steuerungsrunde eine immobilienwirtschaftliche Analyse des Gebäudes in Auftrag gegeben,<br />
um drei mögliche Entwicklungsalternativen unter baulichen, architektonischen,<br />
technischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren und zu bewerten:<br />
Vollständige Sanierung/Vollmodernisierung inkl. Entwicklung neuer Nutzungskonzepte,<br />
einfache Modernisierung und Teilrückbau oder vollständiger Rückbau des Hochhauses<br />
Karavellenstraße. Die Untersuchung hat sowohl den Modernisierungsbedarf als<br />
auch die denkbaren Umbaumöglichkeiten (z.B. Grundrisse, Statik) geprüft. Von Interesse<br />
war in diesem Zusammenhang auch die Prüfung von möglichen neuen Nutzungsperspektiven<br />
für das Gebäude, um das Objekt ggf. am <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsmarkt neu zu positionieren.<br />
Geprüft wurden in diesem Zusammenhang z.B. die horizontale oder vertikale Zusammenlegung<br />
von Kleinstwohnungen (Schaffung von Maisonette-Wohnungen), die Entwicklung<br />
von Boarding-House und/oder Concierge-Konzepten, die Schaffung barrierefreier<br />
Altenwohnungen, die Integration von Kleingewerbe in den Erdgeschosszonen etc.<br />
Hierbei spielten aber auch die Prognosen für den <strong>Lübeck</strong>er Wohnungsmarkt eine Rolle,<br />
da sich hieraus die zu erwartende Nachfrage nach dem Standort Karavellenstraße und<br />
den möglichen Wohnformen ableiten lässt bzw. ggf. die zu erwartende Wohnraumnachfrage<br />
gezielt bedient werden könnte.<br />
Abschlussbericht<br />
30<br />
steg Hamburg mbH
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Das Ende 2004 vorgelegte Gutachten<br />
kommt zu dem Ergebnis, dass eine technische<br />
und qualitative Aufwertung des Wohnhochhauses<br />
durchaus möglich ist, diese<br />
aber sehr kostenintensiv und angesichts<br />
der realisierbaren Mieteinnahmen wirtschaftlich<br />
nicht tragfähig wäre. Da die evtl.<br />
Abbruchkosten ebenfalls immens gewesen<br />
wären, kommt eigentlich nur die Variante<br />
Sicherung und reduzierte Instandhaltung in<br />
Frage. Vor diesem Hintergrund hat der Aufsichtsrat<br />
der „Trave“ entschieden, bis auf<br />
weiteres nur in die erforderliche Instandhaltung<br />
des Objektes zu investieren. Eine<br />
weitergehende Grundsatzentscheidung soll<br />
erst in einigen Jahren getroffen werden.<br />
Eingangssituation des Wohnhochhauses<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Die immobilienwirtschaftliche Analyse des Karavellenhochhauses wurde mit 49.750 Euro<br />
vollständig aus den <strong>Stadtumbau</strong>mitteln finanziert.<br />
Abschlussbericht<br />
31<br />
steg Hamburg mbH
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Gute Erfahrungen:<br />
Prüfung von immobilienwirtschaftlichen Handlungsoptionen<br />
Das Wohnhochhaus „Karavellenstraße 1-5“ mit 420 kleinen Wohnungen (31 - 52 qm)<br />
stand bereits vor Aufnahme in das Programm „<strong>Stadtumbau</strong>-<strong>West</strong>“ im Fokus der wohnungswirtschaftlichen<br />
Betrachtung durch die Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH als<br />
Eigentümerin, da strukturell bedingte, dauerhafte Leerstände sowie ein erheblicher außerordentlicher<br />
Instandhaltungsbedarf strategische Überlegungen zur mittelfristigen<br />
Entwicklung des Gebäudes erforderlich machten. Bereits im Jahr 2001 hatte die „Trave“<br />
als Grundlage weiterer Überlegungen eine schriftliche BewohnerInnenbefragung zur<br />
Wohnzufriedenheit im Wohnhochhaus durchführen lassen<br />
Im Sommer 2004 wurde von der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> und der Grundstücks-Gesellschaft<br />
„Trave“ gemeinsam ein Aufgabenprofil für eine „Immobilienwirtschaftliche Analyse“ zu<br />
den Chancen und Risiken einer Neupositionierung des Wohnhochhauses am <strong>Lübeck</strong>er<br />
Wohnungsmarkt und zu den wirtschaftlichen Handlungsalternativen erarbeitet. In einem<br />
Auswahlverfahren wurde unter sechs Angeboten die Bochumer InWIS Forschung und<br />
Beratung GmbH ausgesucht und der Auftrag von der „Trave“ vergeben. Da InWIS kurze<br />
Zeit zuvor im Auftrag von der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> und sieben Wohnungsunternehmen<br />
eine Wohnungsmarktanalyse- und -prognose für die Gesamtstadt bis 2020 erstellt hatte,<br />
konnten zahlreiche Daten zum Teilwohnungsmarkt Buntekuh und zur Haushalts- und<br />
Nachfrageentwicklung einbezogen werden.<br />
„Trave“ und InWIS definierten zunächst gemeinsam mit dem für den technischen Teil<br />
der Untersuchung beauftragten Architekturbüro Pesch & Partner aus Herdecke zentrale<br />
Beurteilungsdimensionen für Qualität und Wettbewerbsposition des Wohnhochhauses<br />
sowie auf dieser Basis Handlungsoptionen von der umfassenden Modernisierung bis<br />
hin zur Aufgabe und Abbruch des Gebäudes.<br />
Beurteilungsdimensionen:<br />
Wohnungsangebot<br />
• Wohnungsgrößen und Wohnungszuschnitt<br />
• Ausstattung und Modernisierungsgrad<br />
Gebäudemerkmale<br />
• Eingangssituation / direktes Wohnumfeld<br />
• Gebäudestruktur und Erscheinungsbild<br />
• Anzahl der Geschosse und Wohneinheiten<br />
Wohnumfeldqualitäten<br />
• Bauliches Umfeld<br />
• Infrastrukturelle Ausstattung<br />
• Image des Standortes / des Stadtteils<br />
Abschlussbericht<br />
32<br />
steg Hamburg mbH
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Mieterstruktur<br />
• Sozialer Status<br />
Nachfrage am (lokalen) Wohnungsmarkt<br />
• Wohnform<br />
• Wohnungstypen / Eignung für Zielgruppen<br />
• Standort<br />
Handlungsoptionen:<br />
a) Reine Instandsetzung<br />
b) Modernisierung (fünf Varianten mit veränderten Grundrissen / Balkonen)<br />
c) Abriss<br />
d) Teilabriss<br />
Die vier Handlungsoptionen wurden anhand folgender wesentlicher Teilaspekte ausführlich<br />
auf ihre Realisierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Marktorientierung untersucht:<br />
• Kurz- sowie mittelfristiger Instandsetzungsbedarf an relevanten Bauteilen (z.B.<br />
Außenwände) des Gebäudes inkl. Abschätzung der Kosten (Untersuchung durch<br />
Pesch & Partner)<br />
• Möglichkeit der Zusammenlegung von Kleinwohnungen zu neuen Wohnungstypen<br />
(u. a. Maisonette) und der Vergrößerung der Balkone inkl. Abschätzung der Kosten<br />
in fünf untersuchten Varianten (Untersuchung durch Pesch & Partner)<br />
• Entwicklung der Wohnungsnachfrage in der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> und im Stadtteil<br />
Buntekuh unter Berücksichtigung der potenziellen Zielgruppen (Untersuchung InWIS<br />
unter Einbeziehung der Wohnungsmarktprognose <strong>Lübeck</strong> 2020)<br />
• Etablierung von Sondernutzungen im Wohnhochhaus (z.B. Kleingewerbe, Boarding-<br />
House, Altenwohnen) (Untersuchung InWIS)<br />
• Vorgefundene Finanzierungsbelastungen des Gebäudes (z.B. Erbbaurecht, Hypothek)<br />
sowie Finanzierbarkeit weiterer Investitionen sowie die damit verbundenen zukünftigen<br />
Liquiditätseffekte (Untersuchung InWIS)<br />
Nachfolgend wurden die erwarteten Wirkungen der Handlungsoptionen auf unterschiedliche<br />
Weise abgeschätzt: Bezogen auf die Bevölkerungs- und Haushaltsstruktur im<br />
Stadtteil Buntekuh wurden zwei Szenarien entwickelt, die sich an die parallel von InWIS<br />
für die Hansestadt <strong>Lübeck</strong> erarbeitete Wohnungsmarktanalyse und –prognose anlehnten<br />
(Trend- und Alternativszenario).<br />
Bezogen auf die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen wurde das Instrument des Vollständigen<br />
Finanzplanes (VoFi) gewählt, der als Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung<br />
eine hohe Transparenz und Sicherheit über den gesamten Nutzungszeitraum<br />
einer Immobilie bietet. In den Berechnungsmodellen konnten wichtige Parameter wie zu<br />
erwartende Mieten, Instandhaltungskosten und Leerstandsquoten variiert werden, so<br />
dass letztlich für jede Handlungsoption eine Vielzahl unterschiedlicher Szenarien gerechnet<br />
werden konnte. Diese Szenarien mit jeweils individuellen Vermögensendwerten<br />
Abschlussbericht<br />
33<br />
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(VoFi-Methode) bzw. die Bewertung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit bildeten die Grundlage<br />
für die letztlich gefundene Entscheidung im Umgang mit dem Wohnhochhaus.<br />
Bei der Entscheidung für die letztlich umgesetzte Strategie spielten politische Erwägungen<br />
nur eine untergeordnete Rolle, da das Wohnhochhaus bislang nur im geringen<br />
Maße im Fokus von Politik und Öffentlichkeit stand. Gestalterisch wird das Wohnhochhaus<br />
zwar als Missstand wahrgenommen, bildet aber städtebaulich eine wichtige Dominante<br />
im Gesamtentwurf der 1960er-Jahre-Großwohnsiedlung Buntekuh. Allein diese<br />
Aspekte hätten also nicht zu der intensiven Beschäftigung mit den Handlungsoptionen<br />
geführt und waren daher auch nicht bestimmend für die Entscheidung.<br />
Das Ergebnis der „Immobilienwirtschaftlichen Analyse“ von InWIS war, dass sowohl eine<br />
umfassende Modernisierung als auch eine aufwändige Instandsetzung des Gebäudes<br />
aufgrund der in beiden Fällen hohen Investitionen und der fehlenden Marktgerechtigkeit<br />
der Wohnungen nicht rentierlich hätten gestaltet werden können (deutlich negative Vermögensendwerte<br />
nach der VoFi-Methode). Die Empfehlung der Gutachter war deshalb,<br />
das Wohnhochhaus mit einem moderaten Aufwand zunächst weiter zu betreiben und<br />
nach ca. 5-10 Jahren (Rückgang der Haushaltszahlen in Buntekuh / steigender Instandsetzungsaufwand)<br />
einen Abbruch oder Teilabbruch des Gebäudes zu erwägen.<br />
Wesentliche Kriterien für diesen mittelfristigen Erhalt des Gebäudes waren zum einen<br />
die nur unter erheblichen finanziellen Aufwand ersetzbare Funktion der Versorgung des<br />
Stadtteils Buntekuh bzw. der Gesamtstadt mit 420 günstigen Kleinwohnungen, zum anderen<br />
die nicht rentierlichen Investitionen bei einer Modernisierung bzw. der noch erhebliche<br />
Realwert und Buchwert des Gebäudes, der bei einer sofortigen Aufgabe des Gebäudes<br />
umgehend abgeschrieben werden müsste. Selbst die denkbare Deckung der<br />
Abbruchkosten durch einen Grundstücksverkauf war auszuschließen, da das Gebäude<br />
auf einem Erbbaurechtsgrundstück mit noch über 60-jähriger Laufzeit steht. Erbbaurechtsgeber<br />
ist ein privater Eigentümer. Bestimmend für die Entscheidung waren damit<br />
vorrangig betriebswirtschaftliche Kriterien, ergänzt durch das Kriterium der Versorgung<br />
einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen mit bezahlbarem Wohnraum.<br />
Folgende abschließenden Empfehlungen können in Bezug auf Entscheidungsprozesse<br />
und Kriterien bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Handlungsoptionen gegeben<br />
werden:<br />
Meistens ist für den Umgang mit einer Immobilie schnell der Fächer der realistisch erscheinenden<br />
Handlungsoptionen gefunden und auch inhaltlich definiert. Die Entscheidung<br />
für eine dieser Optionen kann aber seriös nur auf der Basis einer intensiven betriebswirtschaftlichen<br />
(und ggf. bei <strong>Stadtumbau</strong>programmen mit Förderung auch volkswirtschaftlichen)<br />
Betrachtung unter abschließender Einbeziehung aller Folgelasten bzw.<br />
-erlöse über einen ausreichend langen Prognosezeitraum getroffen werden. Hierzu<br />
stehen statische und dynamische Investitionsrechnungsverfahren zur Verfügung, die<br />
eine flexible Handhabung der Annahmen und damit einfach vergleichbare Ergebnisse<br />
ermöglichen. Der Vorteil der dynamischen Investitionsrechnung besteht in der besseren<br />
Abbildung der Entwicklungen im Prognosezeitraum, da sie z.B. singuläre Ereignisse wie<br />
Teilverkäufe, einmalige Investitionen oder veränderte Erlös- oder Zahlungskonditionen<br />
berücksichtigen kann und damit ohne großen Aufwand die Untersuchung verschiedener<br />
Szenarien ermöglicht.<br />
Abschlussbericht<br />
34<br />
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Auf jeden Fall muss in eine Untersuchung über die Wirtschaftlichkeit von Handlungsoptionen<br />
auch die individuelle Situation des Handelnden bzw. des Eigentümers einfließen,<br />
die erheblich die künftige Liquiditätssituation (Mischkalkulation mit anderen Immobilien<br />
möglich?) oder individuell erreichbare Zinssätze für Fremdkapital beeinflussen kann,<br />
dies insbesondere vor dem Hintergrund des Immobilien- und Unternehmensrating durch<br />
finanzierende Banken.<br />
Sicherung, Aufwertung und Stärkung des Einkaufszentrums<br />
Zur Sicherung, Aufwertung und Stärkung des Einkaufszentrums Buntekuh als Nahversorgungseinrichtung<br />
und Stadtteilmittelpunkt ist es im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
gelungen, einen Lebensmittel-Discounter im Zentrum anzusiedeln. Hierdurch kann die<br />
Angebotspalette des Einkaufszentrums verbessert und die Attraktivität erhöht werden. Die<br />
Stadtverwaltung hat sich in entsprechenden Verhandlungen zwischen dem EKZ-Betreiber<br />
und dem Discounter-Unternehmen engagiert und für eine Ansiedlung eingesetzt.<br />
Einkaufszentrum Buntekuh (in der Stadtteilmitte)<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Aufwertung der Stadtteilmitte – Ideen für die Mitte<br />
Die hierfür erforderliche Baumaßnahme hat<br />
der Eigentümer in 2006/07 realisiert. Die<br />
hierdurch erhoffte Stärkung des EKZ könnte<br />
ggf. auch dazu beitragen, die Perspektiven<br />
für das Wohnhochhaus Karavellenstraße zu<br />
verbessern. Die Stadtteilmitte Buntekuhs<br />
wird durch diese Ansiedlung auf jeden Fall<br />
gestärkt. Die Finanzierung der Ansiedlung<br />
wurde ohne Förderung aus dem <strong>Stadtumbau</strong><br />
vollständig vom EKZ-Eigentümer übernommen.<br />
Zum Jahreswechsel 2006/07 hat die Hansestadt <strong>Lübeck</strong> unter der Überschrift „Ideen für<br />
die Mitte“ ein innovatives, mehrstufiges Verfahren zur Entwicklung von Vorschlägen für<br />
Maßnahmen zur Umgestaltung der funktional und gestalterisch unbefriedigenden Stadtteilmitte<br />
von Buntekuh gestartet. Dieses Beteiligungsverfahren ist die Fortsetzung bzw.<br />
Folge des Workshops vom März 2006, in dem die Umgestaltung der Stadtteilmitte von<br />
den Teilnehmenden mit der ersten Priorität versehen wurde. Im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s<br />
wurden zum Ende der Projektlaufzeit auch erste Maßnahmen umgesetzt.<br />
Das Verfahren wurde unter der Schirmherrschaft des <strong>Lübeck</strong>er Bausenators und unter<br />
Federführung des Bereichs Stadtplanung der Verwaltung durchgeführt. Die Stadt hat vier<br />
fachübergreifende Arbeitsgemeinschaften aus ArchitektInnen, LandschaftsplanerInnen<br />
und KünstlerInnen zu dem kooperativen Verfahren eingeladen, das aus drei Arbeitsschritten<br />
bestand:<br />
Abschlussbericht<br />
35<br />
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I. Eröffnungsveranstaltung<br />
Zum Start des Verfahrens wurden neben Politik und Verwaltung auch Initiativen, Vereine<br />
und Einrichtungen, Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Projektgebiet sowie die Eigentümer/innen<br />
der Wohnungsbestände in Buntekuh zu einer Auftaktveranstaltung eingeladen.<br />
Auch Bewohner/innen aus Buntekuh nahmen an der Veranstaltung teil, die mit<br />
gut 80 Teilnehmer/innen sehr gut besucht war.<br />
Bei diesem Termin wurde über das Verfahren und dessen Ziele informiert, und es bestand<br />
die Gelegenheit für die Arbeitsgemeinschaften, sich vorzustellen. Im Anschluss an die<br />
Veranstaltung haben die Arbeitsgemeinschaften begonnen, sich erste Gedanken für die<br />
Umgestaltung der Stadtteilmitte zu machen. Wichtig war ein erstes Kennenlernen und die<br />
gemeinsame Diskussion, um Ansätze für die weitere Gestaltung des Gebiets zu entwickeln.<br />
II. Beteiligungsforum “Wochenendwerkstatt“<br />
Einen Monat nach der Eröffnungsveranstaltung trafen sich die beteiligten Akteure/innen<br />
mit den Arbeitsgemeinschaften für eine Wochenendwerkstatt im Stadtteil. Hierbei wurden<br />
vier Arbeitsgruppen analog zu den vier Profi-Teams gebildet, die einen Tag lang gemeinsam<br />
Aussagen sowohl zu Nutzungen als auch zur Gestaltung entwickelten. Auf diese<br />
Weise mussten Profis und Laien zusammenarbeiten und gemeinsame Ideen erarbeiten.<br />
Am zweiten Tag haben die professionellen Arbeitsgemeinschaften die gesammelten<br />
Ideen tagsüber aufbereitet und abends allen Beteiligten vorgestellt. Nach einer Diskussion<br />
wurden die vorgestellten Entwürfe von allen TeilnehmerInnen mit Ausnahme der Profi-<br />
Teams bewertet und drei Entwürfe zur Weiterbearbeitung ausgewählt. Nach diesem Verfahrensschritt<br />
war für eine Arbeitsgemeinschaft das Verfahren beendet, da deren Ideen<br />
keine breite Zustimmung fanden.<br />
III. Ausstellung der Ergebnisse / Abschlussforum<br />
Die am Ende der Wochenendwerkstatt ausgewählten Entwürfe sind von den Arbeitsgemeinschaften<br />
weiterbearbeitet worden und wiederum einen Monat später der Öffentlichkeit<br />
präsentiert worden.<br />
Alle Arbeiten, auch die weiter vertieften, wurden der breiten Öffentlichkeit im Rahmen<br />
einer Ausstellung im Stadtteil vorgestellt.<br />
Ein Auswahlgremium, bestehend aus Bausenator, Stadtbildpfleger, baupolitischen Sprechern<br />
und einer Vertreterin des Innenministeriums Schleswig-Holstein suchten unter den<br />
drei ausgewählten und weiter bearbeiteten Ideen diejenige aus, die noch im Rahmen von<br />
<strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> realisiert werden soll. Diese Auswahl erfolgte durch eine Jury, begleitet<br />
durch eine öffentliche Diskussion mit allen Beteiligten. 7<br />
7<br />
siehe Seite 52<br />
Abschlussbericht<br />
36<br />
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Aufwertung der Wohnungsbestände und des Wohnumfeldes<br />
Im Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept wurden alle Wohnungsbestände im Gebiet<br />
bewertet sowie Potenziale für eine Aufwertung und Neuordnung des Bestandes identifiziert.<br />
Hieraus wurden konkrete Maßnahmenvorschläge zur Entwicklung einzelner Bestände<br />
erarbeitet. Festzustellen ist, dass es vielfältige Potenziale im Stadtteil gibt, die zur<br />
Aufwertung des Standortes genutzt werden könnten. Hierzu zählen auch die vorhandenen<br />
Freiraumqualitäten im Bereich des südlichen Grünzuges, das breite Angebot an Kinderspielplätzen,<br />
die vorhandene soziale Infrastruktur und die große Anzahl an Reihenhäusern<br />
im Privatbesitz (ca. 25 % des Wohnungsbestandes).<br />
Nach Aussage der befragten Wohnungsunternehmen und Eigentümer/innen gibt es in<br />
den Beständen nur einen relativ geringen Modernisierungsbedarf, da entsprechende<br />
Maßnahmen kontinuierlich durchgeführt werden. Als problematisch wurden in den Gesprächen<br />
in der Regel die beiden o.g. Wohnhochhäuser am Pinassenweg und der Karavellenstraße<br />
sowie der Zustand der öffentlichen Flächen benannt. Ein weiteres<br />
Wohnhochhaus im Projektgebiet ist erst vor wenigen Jahren, unabhängig vom <strong>Stadtumbau</strong>,<br />
vollständig modernisiert worden. Hierbei wurden auch die Außenanlagen und die<br />
Eingangsbereiche neu gestaltet. Diese umfassende Maßnahme kann durchaus als Vorbild<br />
für den Umgang mit vergleichbaren Objekten im Gebiet dienen.<br />
Typisierte Zeilenbauten in Buntekuh<br />
Quelle: Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
Die Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
hat in 2006/07 mit Fördermitteln aus dem<br />
<strong>Stadtumbau</strong> Maßnahmen in ihren Zeilenbau-Beständen<br />
in der Ewerstrasse durchgeführt.<br />
Der erste Bauabschnitt (1a) in den<br />
beiden Blöcken Nr. 1-13 (56 Wohnungen)<br />
und (1b) in den Blöcken 39-53 (64 Wohnungen)<br />
wird in 2007 fertig gestellt und wieder<br />
bezogen. Hier wurde die komplette Modernisierung<br />
und Sanierung zweier Zeilen mit<br />
insgesamt 120 Wohneinheiten (z.B. Fassaden,<br />
Fenster und Balkone) durchgeführt.<br />
Grundrissveränderungen waren nicht geplant.<br />
Ab 2008 folgen die Bauabschnitte 2<br />
(Ewerstr. 17-25, 40 Wohnungen) und 3 (Ewerstr. 29-37, 40 Wohnungen), wobei diese<br />
auch den Abbruch und Neubau der Gebäudeköpfe mit neuen Wohnungsgrößen und –<br />
grundrissen enthalten. Die Baukosten für den ersten Bauabschnitt (1a+b) liegen bei elf<br />
Mio Euro. Von den 120 Wohnungen sind 38 Wohnungen öffentlich gefördert (u.a. mit den<br />
dem Programm <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> zugeordneten Mitteln) und 82 Wohnungen freifinanziert,<br />
wobei für die Finanzierung auch Mittel aus dem KfW-CO2-Gebäudesanierungsprogramm<br />
eingesetzt werden. Die Gesamtkosten für diese Maßnahme, stehen zum Zeitpunkt<br />
der Berichtslegung noch nicht fest.<br />
Mit dem <strong>Lübeck</strong>er Bauverein, der unabhängig vom <strong>Stadtumbau</strong> bereits das Wohnhochhaus<br />
Fregattenstraße modernisiert hat, plant eine weitere Wohnungsgesellschaft ihre Bestände<br />
in Buntekuh zu modernisieren. Die Planungen für die Zeilenbauten in der Korvettenstraße<br />
befinden sich zum Zeitpunkt der Beendigung des <strong>Stadtumbau</strong>-Projektes jedoch<br />
noch in der Abstimmung.<br />
Abschlussbericht<br />
37<br />
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Nach Vorlage aller im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses erarbeiteten Untersuchungen<br />
und Gutachten (Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept, Immobilienwirtschaftliche<br />
Analyse Karavellenhochhaus sowie Wohnungsmarktanalyse und -prognose) konnten auf<br />
dieser breiten Basis abgestimmte Entscheidungen über die Strategien zur zukünftigen<br />
Entwicklung des Stadtteils Buntekuh von der Verwaltung, der Politik und den Eigentümern/innen<br />
getroffen werden. Hierzu war und ist auch weiterhin die intensive Diskussion<br />
der Beteiligten erforderlich, um zu einvernehmlichen und abgestimmten Entscheidungen<br />
zu kommen. Dieser Prozess wird im Rahmen des Projektes „Soziale Stadt“ weiter geführt<br />
worden.<br />
Zeitplan Impulsprojekt Aufwertung und Neuordnung des Wohnungsbestandes<br />
2. Halbjahr 2003 • Bestandsaufnahme und Defizitanalyse des Wohnungsbestandes<br />
und des Wohnumfeldes im Projektgebiet<br />
• Erste Aussagen des Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzeptes<br />
zum Hochhaus Karavellenstraße und zum Einkaufszentrum<br />
• Beauftragung der immobilienwirtschaftlichen Analyse ’Entwicklungsperspektiven<br />
für das Hochhaus Karavellenstraße’<br />
1. Halbjahr 2004 • Erarbeitung der immobilienwirtschaftlichen Analyse „Karavelle“<br />
• Erarbeitung von Zielvorstellungen und Maßnahmenvorschlägen<br />
zum Umgang mit den Wohnungsbeständen und zur Entwicklung<br />
des Wohnumfeldes im Rahmen des StE+HK<br />
• Entwicklung von Perspektiven und Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung<br />
des Einkaufszentrums<br />
2. Halbjahr 2004 • Vorlage des StE+HK<br />
• Vorlage der immobilienwirtschaftlichen Analyse „Karavelle“<br />
• Vorlage der Wohnungsmarktanalyse und -prognose (außerhalb<br />
des Forschungsfeldes)<br />
• Erneute Gespräche zur Ansiedlung eines Discounters im EKZ<br />
1. Halbjahr 2005 • Erarbeitung von Handlungsschwerpunkten der zukünftigen Entwicklung<br />
von Buntekuh durch die Steuerungsrunde<br />
• Erfolgreicher Abschluss der Gespräche zur Ansiedlung eines<br />
Discounters im EKZ<br />
2. Halbjahr 2005 • Abstimmung der Ergebnisse mit Wohnungswirtschaft und Politik<br />
sowie Entscheidung für eine Strategie zur zukünftigen Entwicklung,<br />
incl. Festlegung konkreter Maßnahmen<br />
1. Halbjahr 2006 • Beginn der Modernisierung von Zeilenbauten in der Ewerstraße<br />
Abschlussbericht<br />
38<br />
steg Hamburg mbH
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2. Halbjahr 2006 • Abschluss der ersten Modernisierungsmaßnahmen in der Ewerstrasse<br />
• Beginn der Umbaumaßnahmen im EKZ<br />
1. Halbjahr 2007 • Durchführung des Werkstattverfahrens “Ideen für die Mitte“<br />
• Realisierung von ausgewählten Maßnahmen aus dem Werkstattverfahren<br />
• Eröffnung des Discounters im EKZ<br />
• Abschluss aller im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong> geförderten Maßnahmen<br />
3.2 Verortung der Impulsprojekte im Projektgebiet und Verzahnung mit dem Gesamtprozess<br />
Eine Verzahnung der Impulsprojekte und des Stadtentwicklungskonzeptes ist im Rahmen<br />
des <strong>Stadtumbau</strong>s erfolgt, auch wenn gesagt werden muss, dass aufgrund der tlw. bereits<br />
vorliegenden Entscheidungen zu Beginn des Prozesses und der Konzepterarbeitung (Abbruch<br />
des Wohnhochhauses am Pinassenweg) sowie der parallel erfolgten Sondergutachten<br />
zum Wohnungsmarkt und zum Umgang mit dem Wohnhochhaus Karavellenstraße<br />
die Verzahnung nicht immer einfach gewesen ist. Die Erarbeitung des StE+HK als Entscheidungs-<br />
und Handlungsgrundlage zu einem früheren Zeitpunkt hätte es vermutlicht<br />
ermöglicht, auf dieser Grundlage die nächsten Schritte zu vereinbaren. Als Basisgrundlage<br />
sollten zu Beginn eines <strong>Stadtumbau</strong>prozesses zudem gesamtstädtische Informationen<br />
und Prognosen zum Wohnungsmarkt und zur Wohnungsnachfrage vorliegen oder<br />
zügig erarbeitet werden.<br />
3.3 Erfahrungen mit der Umsetzung von Impulsprojekten<br />
Die Impulsvorhaben hatten eine zentrale Bedeutung für den gesamten <strong>Stadtumbau</strong>prozess<br />
in Buntekuh. So war der geplante Rückbau des Wohnhochhauses Pinassenweg der<br />
entscheidende Anstoß für die Beantragung der Aufnahme in das Forschungsfeld. Die<br />
Durchführung dieser Maßnahme hat im Rahmen der Diskussionen über den <strong>Stadtumbau</strong><br />
und der Aktivitäten in Buntekuh eine große Rolle gespielt. Auch das zweite Impulsprojekt<br />
(Aufwertung und Neuordnung Wohnen und Wohnumfeld) war von großer Bedeutung, obwohl<br />
hier im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses nur einige wenige sichtbare Ergebnisse<br />
im Gebiet erzielt werden konnten. Dies liegt darin begründet, dass im Rahmen des Forschungsfeldes<br />
vor allem konzeptionelle Grundlagen für die Entscheidungsfindung und<br />
Strategiefestlegung erarbeitet wurden. Die Umsetzung von Maßnahmen, die im Rahmen<br />
des <strong>Stadtumbau</strong>s entwickelt worden sind, muss nun im Rahmen des „Soziale Stadt“ Projektes<br />
erfolgen.<br />
Abschlussbericht<br />
39<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
3.4 Empfehlungen zur Konzeption und Umsetzung von Impulsprojekten<br />
Das <strong>Lübeck</strong>er Projekt hat im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses umfangreiche Analysen<br />
und Grundlagenuntersuchungen zum Wohnungsbestand, zum Wohnumfeld und zu einzelnen<br />
Objekten erstellt. Neben der detaillierten objektbezogenen Analyse des Wohnhochhauses<br />
Karavellenstraße (mit tlw. sicher verallgemeinerbaren Ergebnissen für vergleichbare<br />
Objekte) wurde im Rahmen des StE+HK der gesamte Stadtteil ausführlich<br />
analysiert und bewertet sowie Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Die seit Ende 2004 vorliegenden<br />
Ergebnisse dienten als eine geeignete und fundierte Grundlage für die Entwicklung<br />
von Maßnahmenvorschlägen zu den Impulsprojekten, speziell zur Neuordnung<br />
und Aufwertung des Wohnungsbestandes in Buntekuh. Eine Umsetzung von Maßnahmen<br />
war im Rahmen des Forschungsfeldes aufgrund der begrenzten zeitlichen und finanziellen<br />
Ressourcen jedoch nur bedingt möglich.<br />
Vor der Umsetzung von Maßnahmen bedarf es immer grundsätzlicher politischer Entscheidungen<br />
über den zukünftigen Umgang mit einem Stadtteil. Die entsprechenden Diskussionen<br />
wurden in der <strong>Lübeck</strong>er Politik auf Grundlage der o.g. Untersuchungsergebnisse<br />
geführt und haben Ende 2005 zur erfolgreichen Anmeldung des Projektgebietes für<br />
das Programm „Soziale Stadt“ geführt. Die entsprechende Einbindung der Politik in das<br />
Verfahren war ebenso bedeutsam wie die engere Einbindung der Eigentümer/innen bzw.<br />
Wohnungsgesellschaften in den <strong>Stadtumbau</strong>prozess. Aufgrund verschiedener Wahlkämpfe<br />
(Kommunalwahl 2003, Landtagswahl 2005, Bürgermeisterwahl 2005) gestaltete<br />
die Einbindung der Politik sich jedoch zeitweise schwierig.<br />
Die angespannte Haushaltslage der Hansestadt hatte allerdings Auswirkungen auf die<br />
möglichen Handlungsschwerpunkte und konkreten Maßnahmen im Rahmen des zweiten<br />
Impulsprojektes, da hier sinnvollerweise im <strong>Stadtumbau</strong> nur Maßnahmen vorgeschlagen<br />
werden konnten, die auch konkrete Realisierungschancen hatten. Dieses Dilemma zwischen<br />
Potenzialen und Bedarfen einerseits und den konkreten Handlungsspielräumen<br />
andererseits hat die Suche nach kreativen Lösungen im Rahmen des gesamten Prozesses<br />
begleitet. Dies wird auch nach der Aufnahme Buntekuhs in das Programm „Soziale<br />
Stadt“ fortgesetzt werden müssen. Vor diesem Hintergrund bleibt die Zielsetzung, im Rahmen<br />
der Stadtteilentwicklung auch privates Kapital für den Stadtteil zu aktivieren, weiterhin<br />
von zentraler und elementarer Bedeutung.<br />
Die Beteiligung weiterer Wohnungsunternehmen und Einzeleigentümer/innen in den<br />
<strong>Stadtumbau</strong>prozess in Buntekuh, über das kommunale Wohnungsunternehmen „Trave“<br />
hinaus, hat sich besonders in der Anfangsphase als schwierig dargestellt. Wichtigste Akteurin<br />
seit Beginn des Prozesses war und blieb die städtische Grundstücks-Gesellschaft<br />
„Trave“ mbH, die als größte Wohnungseigentümerin eine bedeutsame Rolle im Stadtteil<br />
spielt und zudem die derzeit problematischsten Wohnungsbestände im Projektgebiet verwaltet.<br />
Durch die Zusammenarbeit einiger großer Wohnungsunternehmen mit der Stadt im Rahmen<br />
der Erarbeitung der Wohnungsmarktanalyse und -prognose wurde bei diesen Wohnungsunternehmen<br />
das Problembewusstsein für die Herausforderungen deutlich geschärft,<br />
und der Handlungsdruck in Buntekuh ist erkennbar geworden. Hierdurch hat sich<br />
die Bereitschaft zur Mitarbeit im Rahmen der Stadtteilentwicklung sowie zur Realisierung<br />
von Investitionen in den Stadtteil erhöht.<br />
Abschlussbericht<br />
40<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Die Grundsatzentscheidungen über den zukünftigen Umgang mit dem Stadtteil Buntekuh<br />
und einzelnen Objekten wurden sehr stark auch von den Ergebnissen der Wohnungsmarktanalyse<br />
und -prognose beeinflusst. Dieses Gutachten prognostiziert eine zunehmende<br />
Schrumpfung des Stadtteils bis 2015 und sieht nur relativ geringe Entwicklungspotenziale.<br />
Welche Auswirkungen diese Einschätzungen sowohl auf die Investitionsentscheidungen<br />
der Wohnungsunternehmen als auch auf die politischen Entscheidungen<br />
haben, ist derzeit jedoch noch nicht endgültig absehbar. Es deutet sich jedoch an, dass<br />
die Ergebnisse dazu führen, konzentrierte gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen,<br />
um ein weiteres „Abrutschen“ von Buntekuh zu verhindern. Das stärkere Engagement der<br />
Wohnungswirtschaft zum Ende des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses ist hierfür ein klares Zeichen.<br />
Abschlussbericht<br />
41<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
4. Prozesse im <strong>Stadtumbau</strong><br />
4.1 Gestaltung des Prozesses<br />
Die <strong>Stadtumbau</strong>strategie für <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh zielt im Kern darauf, den durch Bevölkerungsverluste,<br />
Negativimage und soziale Polarisierung gefährdeten Wohnstandort Buntekuh<br />
durch aufwertende und die Attraktivität steigernde Maßnahmen im Wohnungsbestand,<br />
im Wohnumfeld sowie bezüglich der sozialen und gewerblichen Infrastruktur zu<br />
sichern und als familienfreundlichen integrierten Wohnstandort zu stärken. Das visionäre<br />
Leitbild für die angestrebte Stadtteilentwicklung heißt: „Buntekuh - eine moderne Gartenstadt<br />
2020“. Die hierzu verfolgten Handlungsschwerpunkte (vgl. Seite 13) reichen vom<br />
erfolgten Abriss des mit einem extremen Negativimage belasteten Wohnungsbestandes<br />
im Hochhaus Pinassenweg über die Neuordnung und Aufwertung des Wohnungsbestandes<br />
und Wohnumfeldes (öffentliche und private Freiräume) bis zur Stärkung des Stadtteileinkaufzentrums<br />
durch eine Verbesserung der Angebotsstruktur (Ansiedlung eines Discounters)<br />
und die Attraktivitätssteigerung der Stadtteilmitte.<br />
Vor diesem Hintergrund sollen im Stadtteil Maßnahmen realisiert werden, die im Rahmen<br />
der Erstellung des Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzeptes (StE+HK) und der<br />
anschließenden Diskussionen erarbeitet bzw. konkretisiert wurden. Ein besonderes<br />
Augenmerk liegt hierbei auf Begleitmaßnahmen im Wohnumfeld. So wird die Aufwertung<br />
der Spielplätze, Abstandsflächen und Grünflächen im Projektgebiet sowohl von der Stadt<br />
als auch von der Bevölkerung gewünscht. Denkbar sind darüber hinaus als weitere Maßnahmen<br />
z.B. die Neugestaltung des Grünzuges, die Schaffung von zusätzlichen attraktiven<br />
Angeboten für Kinder und Jugendliche und eine Imagekampagne für das Quartier.<br />
Die Realisierung der Handlungsschwerpunkte (siehe Seite 16) und der vielfältigen Maßnahmenvorschläge<br />
aus dem Prozess hängt jedoch insbesondere von der Finanzierbarkeit<br />
ihrer Umsetzung ab. Da im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes nur begrenzte finanzielle<br />
Mittel zur Verfügung stehen, können außer den o. g. Impulsprojekten viele Maßnahmen<br />
nicht im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses durchgeführt werden. Da die Hansestadt<br />
<strong>Lübeck</strong> festgestellt hat, dass zwar Handlungsbedarf besteht, dieser aber aus<br />
ExWoSt-Mitteln nicht zu leisten ist, wurde ein Antrag auf Aufnahme des Gebiets in das<br />
Bund-Länder-Programm “Soziale Stadt“ gestellt. Die nachfolgende Aufnahme des Projektgebietes<br />
in dieses Programm ist daher von großer Bedeutung. Dies hat zur Folge,<br />
dass die im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s geschaffenen konzeptionellen Grundlagen und die<br />
teilweise bereits mit den verschiedenen Akteuren/innen abgestimmten Maßnahmenvorschläge<br />
in Teilen auch wirklich umgesetzt werden können.<br />
Formuliert ist die <strong>Stadtumbau</strong>strategie in den Programmunterlagen für das Projekt sowie<br />
im Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept. Auf der gesamtstädtischen Ebene gibt<br />
es noch keine entsprechende programmatische Verankerung dieser Zielsetzungen. Von<br />
einer Absicherung der Strategie in der Stadtpolitik kann daher nur in Bezug auf den Antrag<br />
für die Aufnahme in das Programm „Soziale Stadt“ gesprochen werden. Dieser Antrag<br />
mit den darin enthaltenen Zielsetzungen für die zukünftige Stadteilentwicklung wurde<br />
sowohl von der Verwaltung als auch der <strong>Lübeck</strong>er Politik ausdrücklich unterstützt.<br />
Die inhaltlichen Zielsetzungen für den <strong>Stadtumbau</strong>prozess zielen vor allem auf die Stabilisierung<br />
und Stärkung des Wohnstandortes Buntekuh, um die weitere Schrumpfung zu<br />
Abschlussbericht<br />
42<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
stoppen und eine Negativentwicklung des Stadtteils zu verhindern. Die prozeduralen Zielsetzungen<br />
betreffen zunächst vor allem die enge und abgestimmte Zusammenarbeit von<br />
verschiedenen Verwaltungsabteilungen bezogen auf den Stadtteil. Durch diese verwaltungsinterne<br />
Kooperation sollen Entscheidungen und Maßnahmen der Verwaltung frühzeitig<br />
aufeinander abgestimmt werden, um in Buntekuh gemeinsam „an einem Strang“ zu<br />
ziehen. Daher wurden die konkreten Zielsetzungen für die zukünftige Entwicklung des<br />
Stadtteils Anfang 2005 auf der Grundlage der o.g. Gutachten und Analysen zunächst innerhalb<br />
der Steuerungsrunde erarbeitet und festgelegt. Anschließend erfolgte die verwaltungsinterne<br />
Abstimmung hierüber. Im 2. Halbjahr 2005 wurde zunächst mit der Wohnungswirtschaft<br />
und anschließend mit der Politik und den Akteuren/innen aus dem Stadtteil<br />
darüber diskutiert. So konnte im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s Einigkeit über die Ziele<br />
und die Handlungsfelder für die zukünftige Stadtteilentwicklung erreicht werden.<br />
Wichtigste Partnerin aus dem Sektor der Wohnungsunternehmen war von Beginn an die<br />
städtische Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH, die eng in den <strong>Stadtumbau</strong>prozess<br />
eingebunden ist. Dies ist bereits im Rahmen der Antragstellung geschehen. Weitere<br />
Wohnungsunternehmen und Eigentümer/innen mit Beständen in Buntekuh wurden im<br />
Laufe des Verfahrens beteiligt, um sie in die Entwicklung von Zielen einzubinden sowie an<br />
der Umsetzung einzelner Maßnahmen zu beteiligen bzw. zur Durchführung zu motivieren.<br />
Die externe Begleitung des Prozesses sowie die Erarbeitung des Stadtteilentwicklungs-<br />
und Handlungskonzeptes wurden von der steg Hamburg mbH als externem Dienstleister<br />
gewährleistet. Alle genannten Partner/innen arbeiteten eng in der Steuerungsrunde für<br />
das Pilotprojekt zusammen (siehe Schaubild auf Seite 46). Ein wichtiger weiterer Partner,<br />
der seit dem 2. Halbjahr 2003 durch persönliche Teilnahme direkt in die Steuerungsrunde<br />
eingebunden war, ist das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein / Bereich<br />
Städtebauförderung. Durch diesen engen Kontakt konnten die Entscheidungen vor Ort<br />
frühzeitig mit den Zielen und Fördermöglichkeiten des Landes abgestimmt werden.<br />
Zentrale inhaltliche Grundlage für den <strong>Stadtumbau</strong>prozess in <strong>Lübeck</strong> war das Stadtteilentwicklungs-<br />
und Handlungskonzept für Buntekuh, das seit 2004 vorliegt und konkrete<br />
Handlungsempfehlungen zu den Impulsprojekten und den weiteren Handlungsschwerpunkten<br />
beinhaltet. Auf dieser Grundlage und auf Basis der genannten weiteren Gutachten<br />
wurden im Rahmen des Prozesses alle Maßnahmen entwickelt und das weitere Vorgehen<br />
abgestimmt. Dem Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept kommt dabei eine<br />
wesentliche Bedeutung als Instrument für den <strong>Stadtumbau</strong>prozess zu, da hier das gesamte<br />
Projektgebiet betrachtet und die Ergebnisse der anderen Gutachten, zumindest teilweise,<br />
berücksichtigt wurden - z.B. die Wohnungsmarktanalyse und -prognose. Auch wenn<br />
das Konzept nicht veröffentlicht wurde, dient es doch als entscheidende Arbeitsgrundlage<br />
für die weitere Strategieentwicklung und die Gespräche mit verschiedenen Akteuren/innen.<br />
Die weiteren inhaltlichen Grundlagen für die Arbeit vor Ort bildeten die gesamtstädtische<br />
Wohnungsmarktanalyse und -prognose mit einem Betrachtungsschwerpunkt Buntekuh<br />
sowie die immobilienwirtschaftliche Analyse zu den „Entwicklungsperspektiven für das<br />
Wohnhochhaus Karavellenstraße“. Auch aus den Ergebnissen dieser beiden Untersuchungen<br />
haben sich Handlungsempfehlungen für den weiteren <strong>Stadtumbau</strong>prozess in<br />
Buntekuh ergeben bzw. ließen sich Maßnahmen konkretisieren.<br />
Im Rahmen des <strong>Lübeck</strong>er <strong>Stadtumbau</strong>prozesses ging es darum, die Ergebnisse dieser in<br />
ihrem räumlichen Bezug abgestuften Gutachten (Gesamtstadt - Projektgebiet - Einzel-<br />
Abschlussbericht<br />
43<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
objekt) zusammenzuführen, um hieraus eine zwischen Verwaltung, Politik, Wohnungswirtschaft<br />
und Stadtteile abgestimmte integrierte Strategie für die Stadtteilentwicklung abzuleiten<br />
und abzustimmen.<br />
Zeitplan für den <strong>Stadtumbau</strong>prozess <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh<br />
2003 Start des Prozesses und der Erarbeitung von Grundlagen<br />
1. Halbjahr 2003 • Beauftragung der Begleitforschung und Erarbeitung des Stadtteilentwicklungs-<br />
und Handlungskonzeptes (StE+HK)<br />
• Etablierung der Steuerungsrunde (monatliche Sitzungen)<br />
• Erarbeitung von Entwicklungsvarianten für das Wohnhochhaus<br />
Pinassenweg (Nachnutzung des Grundstücks)<br />
2. Halbjahr 2003 • Bestandsaufnahme und Defizitanalyse StE+HK<br />
• Gespräche mit Experten/innen und Akteuren/innen aus dem<br />
Stadtteil sowie den Wohnungsunternehmen<br />
2004 Fortsetzung der Erarbeitung von Grundlagen und Vorbereitung<br />
der Umsetzung von ersten <strong>Stadtumbau</strong>maßnahmen<br />
1. Halbjahr 2004 • Fortsetzung der Erarbeitung des StE+HK<br />
• Erarbeitung der gesamtstädtischen Wohnungsmarktanalyse und<br />
-prognose mit einem Betrachtungsschwerpunkt Buntekuh<br />
• Erarbeitung einer Immobilienwirtschaftlichen Analyse des Wohnhochhauses<br />
Karavellenstraße<br />
• Erste Gespräche mit EKZ-Betreibern und der Firma ALDI über<br />
die Möglichkeiten einer Ansiedlung des Discounters<br />
2. Halbjahr 2004 • Vorlage aller Gutachten und Analysen: StE+HK Buntekuh, Gesamtstädtische<br />
Wohnungsmarktanalyse und -prognose sowie<br />
Analyse des Wohnhochhauses Karavellenstraße<br />
• Konkretisierung der Rahmenbedingungen für eine Discounter-<br />
Ansiedlung im EKZ<br />
2005 Festlegung der Strategie für die zukünftige Stadtteilentwicklung<br />
und Umsetzung von ersten <strong>Stadtumbau</strong>maßnahmen<br />
1. Halbjahr 2005 • Abriss des Wohnhochhauses am Pinassenweg<br />
• Abstimmung von Zielen, Handlungsfeldern und Maßnahmenvorschlägen<br />
für die weitere Stadtteilentwicklung innerhalb der Steuerungsrunde<br />
Abschlussbericht<br />
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2. Halbjahr 2005 • Abstimmung von Zielen, Handlungsfeldern und Maßnahmenvorschlägen<br />
für die weitere Stadtteilentwicklung innerhalb der Verwaltung,<br />
der Wohnungswirtschaft und des Stadtteils (u.a. Termine<br />
mit Wohnungsgesellschaften und Anwohnerverein)<br />
• Vorbereitung von Einzelmaßnahmen auf Grundlage der Ergebnisse<br />
aus 2004/2005 (Aufwertung des EKZ und Modernisierung<br />
von Zeilenbauten)<br />
• Antragstellung für Aufnahme des Projektgebietes in das Bund-<br />
Länder-Programm „Soziale Stadt“<br />
• Gespräche mit Grundeigentümer/innen über die Möglichkeiten<br />
einer gewerblichen Entwicklung des Bereiches Pinassenweg/Moislinger<br />
Allee<br />
2006 Umsetzung weiterer Maßnahmen und Überleitung in ein neues<br />
Verfahren<br />
1. Halbjahr 2006 • Workshop zur zukünftigen Stadtteilentwicklung mit Stadtteil,<br />
Wohnungswirtschaft, Politik und Verwaltung, Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern<br />
• Beginn der Modernisierung der Zeilenbauten Ewerstraße<br />
• Durchführung der Ansiedlung eines Discounters im EKZ<br />
• Verkauf des Grundstücks Pinassenweg an einen Projektentwickler<br />
(Kaufvertrag mit aufschiebender Wirkung)<br />
• Antrag auf Verlängerung der Laufzeit des Pilotprojektes bis zum<br />
30.06.2007<br />
2. Halbjahr 2006 • Positive Entscheidung über die Aufnahme des Projektgebietes in<br />
das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“<br />
• Abschluss der ersten Modernisierungsmaßnahmen in den Zeilenbauten<br />
Ewerstraße<br />
• Beginn der Baumaßnahmen im EKZ zur Ansiedlung eines Discounters<br />
• Vorbereitung des Werkstattverfahrens “Ideen für die Mitte“<br />
2007 Abschluss des <strong>Stadtumbau</strong>projektes (zum 30.06.2007)<br />
1. Halbjahr 2007 • Durchführung des Werkstattverfahrens “Ideen für die Mitte“ zur<br />
Entwicklung der Stadtteilmitte<br />
• Realisierung von ersten Maßnahmen aus dem Verfahren<br />
• Eröffnung des Discounters im EKZ<br />
• Fortsetzung der Modernisierung von Zeilenbauten in der<br />
Ewerstraße<br />
• Dokumentation der Ergebnisse<br />
• Überleitung in das Programm „Soziale Stadt“<br />
Abschlussbericht<br />
45<br />
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4.2 Organisationsstruktur des Prozesses<br />
Verantwortliche Projektträgerin des <strong>Stadtumbau</strong>s ist die Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Bereich<br />
Stadtplanung. Die Federführung des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses und die Umsetzung der<br />
<strong>Stadtumbau</strong>strategie vor Ort wurden von Beginn an von der <strong>Lübeck</strong>er Steuerungsrunde<br />
koordiniert. Aufgaben dieser Runde waren die Steuerung des Projektes in der Hansestadt,<br />
die inhaltliche Diskussion und Abstimmung des Vorgehens und der Umsetzung sowie<br />
die Vorbereitung der Entscheidungen für die Hansestadt.<br />
In der Steuerungsrunde waren die relevanten Akteure/innen sowie Entscheidungsträger/innen<br />
vertreten: Die Bereiche Stadtplanung und Wohnen der Stadt, die Grundstücks-<br />
Gesellschaft „Trave“ mbH als Eigentümerin der beiden zu Beginn des Prozesses besonders<br />
betroffenen Wohnhochhäuser und weiterer Wohnungsbestände in Buntekuh, das<br />
Innenministerium Schleswig-Holstein / Städtebauförderung als verantwortliche Landesbehörde<br />
sowie die steg Hamburg als Auftragnehmerin für die Erarbeitung des Stadtteilentwicklungs-<br />
und Handlungskonzeptes und die Begleitforschung im Rahmen des Forschungsfeldes.<br />
Diese Kerngruppe wurde bei Bedarf im Laufe des Verfahrens um relevante<br />
Akteure/innen aus der Verwaltung und / oder dem Stadtteil erweitert.<br />
Die Vergabe der beiden externen Bausteine Projektforschung sowie Stadtteilentwicklungs-<br />
und Handlungskonzept an nur eine Auftragnehmerin diente dazu, eine gute und<br />
möglichst reibungslose Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Beteiligten so<br />
weit wie möglich zu garantieren.<br />
Steuerungsrunde STUW Buntekuh<br />
Aufgaben<br />
Steuerung des Projekts in HL<br />
Inhaltliche Diskussion + Abstimmung<br />
Vorbereitung von Entscheidungen für HL<br />
Beteiligte<br />
• Innenministerium Schleswig-Holstein<br />
• HL - Stadtplanung<br />
• HL - Wohnen<br />
• GG Trave<br />
• Projektforschung / steg Hamburg<br />
o (erweiterbar nach Themen)<br />
Innenministerium<br />
Schleswig-Holstein<br />
über Steuerungsrunde hinaus<br />
BBR +<br />
FORUM Oldenburg<br />
(Forschungsagentur auf<br />
Bundesebene)<br />
Andere Pilotstädte<br />
im Forschungsfeld<br />
Abstimmung mit / Beteiligung von<br />
Bevölkerung im Stadtteil / Interessensgruppen,<br />
politischen Entscheidungsträger/innen,<br />
weiteren im Gebiet ansässigen Wohnungsunternehmen bzw. -eigentümer/innen,<br />
potenziellen Investor/innen.<br />
Abschlussbericht<br />
46<br />
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4.3 Einbindung von Akteuren/innen in den Prozess<br />
Durch Gespräche mit Schlüsselpersonen aus dem Stadtteil und aus den verantwortlichen<br />
bzw. betroffenen Fachbereichen der Stadtverwaltung wurde im Rahmen der Erarbeitung<br />
des Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzeptes frühzeitig mit der Einbeziehung von<br />
Akteuren/innen außerhalb der Steuerungsrunde begonnen. Hierzu zählten neben Informationsgesprächen<br />
mit den städtischen Verwaltungsbereichen Stadtgrün und Friedhöfe<br />
sowie Schule und Sport vor allem Interviews mit Vertretern/innen der Schulen, der Kirchengemeinde,<br />
des Anwohnervereins und des Sportvereins sowie den Betreibern des<br />
Einkaufszentrums.<br />
Die Einbeziehung dieser und weiterer relevanter Akteure/innen aus dem Stadtteil und der<br />
Gesamtstadt in den <strong>Stadtumbau</strong>prozess wurde ab der zweiten Jahreshälfte 2005 intensiviert.<br />
So hat es eine öffentliche Diskussionsveranstaltung beim Anwohnerverein Buntekuh<br />
gegeben, auf der über das <strong>Stadtumbau</strong>projekt, die Ergebnisse des StE+HK sowie die geplanten<br />
Maßnahmen und das weitere Vorgehen informiert und diskutiert wurde. Diese<br />
Diskussion ist auf breiterer Ebene mit einem Workshop zur zukünftigen Stadtteilentwicklung<br />
Ende März 2006 fortgeführt worden. Hieran haben neben relevanten Akteuren/innen<br />
sowie Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Stadtteil auch Politik, Verwaltung und<br />
Wohnungswirtschaft aktiv teilgenommen. Da dieser Workshop zum Ergebnis hatte, dass<br />
die Zentrumsentwicklung aus Sicht des Stadtteils besondere Priorität haben sollte, war ein<br />
weiterer Baustein der aktiven Beteiligung das Verfahren „Ideen für die Mitte“ zur Entwicklung<br />
von Maßnahmen für die Gestaltung der Stadtteilmitte zu Beginn des Jahres 2007.<br />
Die Einbeziehung der Wohnungsgesellschaften bzw. Hauseigentümer/innen erfolgte zu<br />
Beginn über Einzelgespräche sowie im Rahmen der Erarbeitung der stadtweiten Wohnungsmarktanalyse<br />
und -prognose. Die Kommunikation wurde jedoch im Laufe des Prozesses<br />
intensiviert, vor allem durch die Nutzung des regelmäßigen „Wohnungsbaustammtisches“<br />
beim <strong>Lübeck</strong>er Bausenator. Darüber hinaus gab es beim Senator zwei<br />
Treffen der Eigentümer/innen aus dem Entwicklungsbereich Pinassenweg / Moislinger<br />
Allee, um die mögliche Entwicklung dieses Bereiches nach dem Abriss des Wohnhochhauses<br />
zu besprechen und abzustimmen.<br />
Die Information und Beteiligung der Politik erfolgte in unterschiedlicher Form, z.B. durch<br />
eine Erstinformation der zuständigen Ausschüsse, über den Aufsichtsrat der städtischen<br />
Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ (hier sind alle Fraktionen der <strong>Lübeck</strong>er Bürgerschaft<br />
vertreten) sowie über den o. g. Workshop im März 2006. Eine intensivere Befassung der<br />
Politik mit Buntekuh ist in 2005/2006 im Rahmen der Antragstellung für eine Aufnahme in<br />
das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ erfolgt. Grundsätzlich hat sich die Einbindung<br />
der <strong>Lübeck</strong>er Politik in den Prozess jedoch als schwierig gestaltet. Neben der in der Hansestadt<br />
noch nicht so ausgeprägten <strong>Stadtumbau</strong>problematik haben hierzu sicherlich die<br />
verschiedenen Wahlkämpfe beigetragen, die den <strong>Stadtumbau</strong>prozess von Beginn an begleitet<br />
haben (Kommunalwahl 2003, Landtagswahl 2005 sowie Bürgermeisterwahl 2005).<br />
Abschlussbericht<br />
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4.4 Prozesserfahrungen<br />
Die Einteilung des <strong>Lübeck</strong>er <strong>Stadtumbau</strong>prozesses in einzelne Phasen kann schematisch<br />
wie folgt dargestellt werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es natürlich zu<br />
Überschneidungen zwischen den Phasen gekommen ist, da sich diese nicht linear hintereinander<br />
anschließen, sondern auch tlw. parallel laufen.<br />
• Erste Phase: Grundlagenerarbeitung und Konzeptentwicklung (z.B. StE+HK Buntekuh,<br />
Wohnungsmarktanalyse und -prognose sowie weitere Gutachten),<br />
• Zweite Phase: Abstimmung und Festlegung von Zielen, Handlungsfeldern und Maßnahmen<br />
(z.B. Schwerpunkt Wohnen und Wohnumfeld, räumlicher Fokus auf Stadtteilmitte)<br />
• Dritte Phase: Strategiefestlegung und Beginn der Beteiligung (z.B. Wer ist für welche<br />
Maßnahmen verantwortlich? Welche Maßnahmen werden wie finanziert?)<br />
• Vierte Phase: Umsetzung von Maßnahmen (z.B. Rückbau des Wohnhochhauses Pinassenweg,<br />
Ansiedlung eines Discounters im EKZ, Modernisierung von Zeilenbauten)<br />
Idealerweise sollte sich am Ende des Prozesses eine fünfte Phase Exit-Strategie bzw.<br />
Überleitung / Verankerung und Fortschreibung anschließen. In Buntekuh wurde dieser<br />
Weg mit der Anmeldung des Projektgebietes zum Programm „Soziale Stadt“ verfolgt.<br />
Bezüglich der Zeitdauer der einzelnen Phasen kann pauschal gesagt werden, dass bei<br />
dem viereinhalbjährigen Prozess in <strong>Lübeck</strong> die erste Phase ca. anderthalb Jahre gedauert<br />
hat, die zweite und dritte Phase zusammen ca. ein Jahr und die vierte Phase ca. zwei<br />
Jahre. Allerdings stand z.B. der Abriss des Wohnhochhauses Pinassenweg frühzeitig fest<br />
und wurde daher von Beginn an vorbereitet. Zudem muss gesagt werden, dass in <strong>Lübeck</strong><br />
die Erarbeitung von konzeptionellen Grundlagen einen großen Schwerpunkt des <strong>Stadtumbau</strong>s<br />
ausmachten, da zu Beginn des Verfahrens keine Grundlagen vorhanden waren.<br />
Die Umsetzung von Maßnahmen hatte aufgrund des knappen Projektbudgets einen geringeren<br />
Stellenwert.<br />
Eine Hürde im <strong>Lübeck</strong>er <strong>Stadtumbau</strong>prozess waren (und sind) die langen Entscheidungswege<br />
in der Stadt. Ursache hierfür ist u.a., dass die Schrumpfungsthematik noch<br />
nicht so gravierend ausgeprägt ist und daher bislang nicht auf der Agenda der Politik<br />
steht. <strong>Lübeck</strong> ist in einer frühen Phase des demographischen Wandels eingestiegen, um<br />
frühzeitig Segregations- und Abwanderungstendenzen in dem voraussichtlich am stärksten<br />
vom Wandel betroffenen Stadtteil Buntekuh gegenzusteuern. Diese Ausgangssituation<br />
macht es jedoch schwierig, die Akteure aus Politik und Wohnungswirtschaft einzubinden<br />
bzw. zu überzeugen, da der Handlungsdruck noch nicht so offensichtlich ist und das<br />
Thema bislang nicht auf der Tagesordnung steht. Andere Themen sind in <strong>Lübeck</strong> derzeit<br />
dringlicher und werden von der Politik mit Priorität gesehen (z.B. Einzelhandelsentwicklung<br />
Innenstadt, Entwicklung des <strong>Lübeck</strong>er Hafens, Entwicklung des Stadtteils Travemünde).<br />
Hieraus ergibt sich eher geringes Interesse der Politik - und in Teilen auch der<br />
Wohnungswirtschaft - an der Thematik und dem Projektgebiet. Die extrem angespannte<br />
kommunale Haushaltslage führt zudem dazu, dass Finanzmittel für die Umsetzung von<br />
Maßnahmen kaum zur Verfügung stehen. Es ist jedoch im Rahmen des Prozesses gelungen,<br />
ein stärkeres Bewusstsein für die Herausforderungen und für das Projektgebiet zu<br />
schaffen. Deutlicher Ausdruck hierfür ist der Antrag für die Aufnahme Buntekuhs in das<br />
Abschlussbericht<br />
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Förderprogramm „Soziale Stadt“, der mit klarer politischer Unterstützung auf den Weg gebracht<br />
werden konnte. So haben alle verantwortlichen Fachausschüsse und die Bürgerschaft<br />
im Mai 2006 dem Antrag ausdrücklich zugestimmt.<br />
Bezüglich der Zusammenarbeit mit Privaten verfügt das <strong>Lübeck</strong>er Projekt vor allem über<br />
Erfahrungen mit einem „Quasi-privaten Partner“, der städtischen Grundstücks-Gesellschaft<br />
„Trave“. In dieser Zusammenarbeit gibt es sowohl formale Formen (Verträge und<br />
Vereinbarungen für die Verwendung von Fördermitteln) als auch informelle Formen<br />
(Kommunikation, Mitarbeit in der Steuerungsrunde). So wurde zwischen der Hansestadt<br />
und der „Trave“ zu Beginn des Verfahrens eine Vereinbarung geschlossen, welche die<br />
Zusammenarbeit im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses, die formale Abwicklung sowie<br />
die Rechte und Pflichten der Vertragspartnerinnen regelt. Um den förderrechtlichen Vorgaben<br />
zu entsprechen, wurden auch für einzelne Maßnahmen schriftliche Vereinbarungen<br />
zwischen der Stadt und dem Wohnungsunternehmen getroffen.<br />
Im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses hat die Stadt zudem eng mit der Betreibergesellschaft<br />
des EKZ kommuniziert und sich für die Ansiedlung eines Discounters im Einkaufszentrum<br />
erfolgreich eingesetzt. Ebenso fanden zwei Gesprächsrunden mit den Eigentümer/innen<br />
des Entwicklungsbereiches Pinassenweg / Moislinger Allee beim Bausenator<br />
statt, um die Möglichkeiten einer Entwicklung des Gebietes nach dem Abriss des Wohnhochhauses<br />
Pinassenweg zu klären.<br />
Wenn <strong>Lübeck</strong> heute mit dem <strong>Stadtumbau</strong> noch einmal von vorn beginnen könnte, müsste<br />
mehr Zeit für die Antragstellung des Projektes zur Verfügung stehen (in <strong>Lübeck</strong> waren es<br />
nur drei Wochen), um inhaltliche Herausforderungen sorgfältig zu belegen und diese mit<br />
Politik und Betroffenen quasi als Einstieg in eine Beteiligung zu diskutieren und abzustimmen.<br />
Aus heutiger Sicht wünschenswert wären ebenso ein größeres Interesse und eine stärkere<br />
Einbindung der Wohnungswirtschaft von Beginn an sowie eine enge Zusammenarbeit<br />
mit der Politik, zumindest die kontinuierliche Information der Politik, um Unterstützung<br />
und Mitarbeit zu sichern. Um die Akteure/innen zu einer Zusammenarbeit zu motivieren,<br />
sind jedoch auch sichtbare Projekte und umsetzbare Maßnahmen von Bedeutung. Hierzu<br />
reichen die zur Verfügung stehenden Fördermittel jedoch kaum aus. Darüber hinaus<br />
mussten zunächst die Grundlagen geschaffen werden, um der Politik und der Wohnungswirtschaft<br />
den Handlungsdruck in Buntekuh zu verdeutlichen.<br />
Auch eine bessere zeitliche Abstimmung der Erarbeitung von Grundlagen wäre wünschenswert,<br />
d.h. zunächst die Erarbeitung von übergeordneten Gutachten (StE+HK Buntekuh<br />
sowie Wohnungsmarktanalyse) und die Ableitung von Handlungsfeldern und Maßnahmen<br />
aus diesen Grundlagen. Hierfür wäre jedoch eine größere zeitliche Flexibilität der<br />
Programmstrukturen erforderlich.<br />
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass Beteiligungsverfahren in der Regel sehr viel Zeit<br />
in Anspruch nehmen und in der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> die Möglichkeit vorhanden war, eine<br />
entsprechende Zeit in solche Verfahren zu investieren.<br />
Abschlussbericht<br />
49<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
4.5 Empfehlungen für kommunale <strong>Stadtumbau</strong>prozesse<br />
Am Beispiel der Diskussionen über den Abriss des Wohnhochhauses und die Nachnutzung<br />
des Grundstückes Pinassenweg wurde eine Kontroverse deutlich, die das Projekt<br />
(und das Thema <strong>Stadtumbau</strong> grundsätzlich) auch in Zukunft begleiten wird: Die Berücksichtigung<br />
von Interessen und spezifischen Bedarfen des Stadtteils vor dem Hintergrund<br />
gesamtstädtischer Interessen und Entwicklungen sowie wirtschaftlicher Zwänge von Eigentümern/innen<br />
und Investoren/innen. Einen Ausgleich zwischen diesen unterschiedlichen<br />
und tlw. gegensätzlichen Positionen der beteiligten Akteure/innen herzustellen,<br />
bleibt eine große Herausforderung im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s.<br />
Eine große Hürde noch in der Antragsphase des Pilotprojektes war die Sicherstellung der<br />
Finanzierung für das Vorhaben. Aufgrund der dramatischen Haushaltslage der Hansestadt<br />
<strong>Lübeck</strong> konnte eine städtische Komplementärfinanzierung der Bundesmittel nicht<br />
erfolgen. Aufgrund des Pilotcharakters des Vorhabens hat das Land Schleswig-Holstein<br />
die Komplementärfinanzierung in Form von Wohnungsbauförderungsmitteln übernommen.<br />
Da auch andere betroffene Kommunen immer geringere finanzielle Spielräume haben,<br />
ist eine weitere Herausforderung im <strong>Stadtumbau</strong>, neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />
zu erschließen, z.B. durch die Gewinnung und Einbindung privater Partner/innen. Hierfür<br />
bedarf es jedoch auch entsprechender Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten dieser<br />
Partner/innen im Rahmen der Stadtteilentwicklung sowie der Akzeptanz verschiedener<br />
Motive und Ziele.<br />
Die Durchführung einer breiten Beteiligung von Akteuren/innen im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s<br />
hängt unter anderem von der Realisierbarkeit von Maßnahmen und Projektideen ab<br />
- und damit also wieder von der Finanzierung (vgl. hierzu auch Kapitel 5.).<br />
Als Schwierigkeit bei der Finanzierung des <strong>Stadtumbau</strong>s in Buntekuh wird u.a. gesehen,<br />
dass die Forschungsmittel des Bundes und die Wohnungsbauförderungsmittel des Landes<br />
Schleswig-Holstein ursprünglich zeitlich parallel und in ihrer Höhe entsprechend verwendet<br />
werden sollten. Gleichzeitig gibt es aber unterschiedliche Verantwortlichkeiten bei<br />
der Beantragung und der Vergabe sowie beim Einsatz der Fördermittel. Im Rahmen des<br />
ExWoSt-Forschungsprojektes war eine Flexibilisierung dieser Rahmenbedingungen bei<br />
der Verwendung der Fördermittel jedoch möglich. Wünschenswert wäre aus Sicht der <strong>Lübeck</strong>er<br />
Erfahrungen, dass solche flexiblen Rahmenbedingungen auch in der regulären<br />
Programmförderung der Städtebauförderung möglich wären.<br />
Abschlussbericht<br />
50<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
5. Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit im <strong>Stadtumbau</strong><br />
5.1 Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit<br />
Der <strong>Stadtumbau</strong>prozess in Buntekuh legt einen großen inhaltlichen Schwerpunkt auf die<br />
Entwicklung von konzeptionellen Grundlagen und der Abstimmung von Handlungsfeldern<br />
und Maßnahmenvorschlägen als Vorbereitung für die zukünftige Stadtteilentwicklung. An<br />
diesem Prozess wurden verschiedene Akteure/innen beteiligt (siehe 5.2). Auf eine kontinuierlich<br />
informierende und aktivierende Öffentlichkeitsarbeit wurde im Rahmen des Prozesses<br />
jedoch zu Beginn verzichtet, da es hierfür sichtbarer Maßnahmen und konkreter<br />
Projekte bedurft hätte. Abstrakte und eher strategische Grundsatzdiskussionen eignen<br />
sich weniger für PR-Maßnahmen. Aufbruchstimmung kann nur durch sichtbare Ergebnisse<br />
des <strong>Stadtumbau</strong>s erzeugt werden. Und ein Imagewandel des Quartiers kann nur<br />
durch erkennbare Veränderungen befördert werden.<br />
Hinweisschild zum Rückbau des<br />
Wohnhochhauses Pinassenweg<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
So wurde lediglich der Abbruch des Wohnhochhauses<br />
am Pinassenweg Anfang 2005<br />
(Impulsprojekt 1) als deutlich sichtbares Signal<br />
für den Beginn der Veränderungen in Buntekuh<br />
und für den Start einer gezielten Stadtteilentwicklung<br />
mit verschiedenen Formen von<br />
Öffentlichkeitsarbeit begleitet: Es gab ein kleines<br />
Abschiedsfest zum ersten Baggerbiss auf<br />
dem Grundstück mit Vertreter/innen aus dem<br />
Stadtteil, BewohnerInnen, der Politik und Verwaltung<br />
sowie der Wirtschaft. Darüber hinaus<br />
wurde intensiv in der lokalen Presse sowie im<br />
Fernsehen über den Rückbau berichtet.<br />
Verantwortlich für die Organisation, Durchführung<br />
und Finanzierung dieser Aktivitäten war<br />
die „Trave“ als Eigentümerin des Gebäudes.<br />
Über den <strong>Stadtumbau</strong> und die geplante zukünftige<br />
Entwicklung Buntekuhs wurde in die-<br />
sem Rahmen jedoch nur am Rande informiert. So wurde das ExWoSt-Forschungsfeld als<br />
Förderkulisse zwar erwähnt, jedoch nicht die programmatischen Zielsetzungen für den<br />
Stadtteil. Dies liegt u.a. daran, dass die Umsetzung weiterer Maßnahmen zum Zeitpunkt<br />
des Abrisses noch nicht absehbar war. Die am Prozess Beteiligten waren sich einig, dass<br />
keine falschen Erwartungen geweckt werden sollten, die anschließend nicht erfüllt werden<br />
können.<br />
Der Fortgang des Projekts mit dem Workshop zur Stadtteilentwicklung Buntekuh am<br />
29.03.2006 und dem Verfahren zur Zentrumsentwicklung „Ideen für die Mitte“ Anfang<br />
2007 wurde jedoch von einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit begleitet.<br />
Darüber hinaus sind im Laufe des Prozesses in der Stadtteilzeitung „Fregatte“ des Anwohnervereins<br />
Buntekuh mehrere Artikel über den <strong>Stadtumbau</strong> erschienen. Die Zeitung<br />
erscheint viermal pro Jahr und wird kostenlos an alle Haushalte in Buntekuh verteilt. Auf<br />
diese Weise wurde zumindest in begrenztem Maße eine größere Öffentlichkeit im Stadt-<br />
Abschlussbericht<br />
51<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
teil für den <strong>Stadtumbau</strong>prozess hergestellt. Auch der jährlich tagende Runde Tisch Buntekuh<br />
mit Akteuren/innen aus dem Stadtteil ist über den <strong>Stadtumbau</strong> informiert worden.<br />
Illumination des Wohnhochhauses vor dem<br />
Rückbau<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
transportiert werden.<br />
Grundsätzlich kann zum Thema Öffentlichkeitsarbeit<br />
folgende Aussage gemacht werden:<br />
Ein frühes Ergebnis im Rahmen der Erarbeitung<br />
des Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzeptes<br />
für Buntekuh war die Feststellung,<br />
dass das Image des Stadtteils in der Gesamtstadt<br />
wesentlich negativer ist als die<br />
Selbstwahrnehmung der Bewohner/innen sowie<br />
der Akteure/innen im Stadtteil. Hierzu tragen<br />
z.B. nahezu ausschließlich negative Presseberichte<br />
über Buntekuh in den <strong>Lübeck</strong>er Medien<br />
bei. Um diese Situation zu verändern und<br />
das Image zu verbessern, wäre eine stadtweite<br />
außenorientierte Öffentlichkeitsarbeit im Sinne<br />
eines Stadtteilmarketings für Buntekuh sinnvoll<br />
und erforderlich. Hiermit könnten sowohl die<br />
vorhandenen Qualitäten und Potenziale des<br />
Stadtteils als auch die vorgesehenen bzw. die<br />
ggf. bereits angelaufenen Maßnahmen zur<br />
Verbesserung der Situation in die Gesamtstadt<br />
Auch ein gemeinsames Wohnstandortmarketing von Wohnungsunternehmen ist in diesem<br />
Zusammenhang denkbar, um die Attraktivität des Wohnstandortes Buntekuh besser<br />
zu transportieren. Im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses wurden derartige Aktivitäten aus<br />
den o.g. Gründen jedoch nicht realisiert. Da es aber zu einer Fortführung der Stadtteilentwicklung<br />
im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ kommen wird - und dann der<br />
Schwerpunkt auch auf der Umsetzung von Maßnahmen liegt -, wird die Öffentlichkeitsarbeit<br />
einen großen Stellenwert einnehmen. Neben der regelmäßigen Information innerhalb<br />
des Quartiers (z.B. durch eine Stadtteilzeitung) wird es hier neben partizipatorischen<br />
Strategien im Rahmen der Stadtteilentwicklung auch um Image verbessernde Maßnahmen<br />
gehen, die den Ruf des Stadtteils in der Gesamtstadt verbessern und die Nachfrage<br />
nach dem Wohnstandort Buntekuh erhöhen sollen (z.B. Stadtteilfest, Wohnstandortmarketing,<br />
aktive Pressearbeit).<br />
Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s muss zudem auch die Zielgruppen aus<br />
Politik und Verwaltung erreichen. Hierbei geht es sowohl um die Sensibilisierung für die<br />
<strong>Stadtumbau</strong>thematik allgemein als auch um die Darstellung des konkreten Prozesses vor<br />
Ort und der geplanten Maßnahmen. Vorstellbar wäre in diesem Zusammenhang z.B. die<br />
Durchführung einer Fachveranstaltung zum <strong>Stadtumbau</strong> mit Erfahrungsberichten aus anderen<br />
Städten und Hintergrundinformationen zur Thematik gewesen. Aufgrund der spezifischen<br />
<strong>Lübeck</strong>er Situation ist hierauf jedoch verzichtet worden. Dies liegt auch daran,<br />
dass die Herausforderungen, die sich durch den demographischen Wandel und die prognostizierten<br />
Schrumpfungsprozesse ergeben, in <strong>Lübeck</strong> noch nicht so dramatisch sichtbar<br />
und spürbar sind wie in etlichen anderen <strong>Stadtumbau</strong>-Pilotstädten.<br />
Abschlussbericht<br />
52<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
5.2 Konzeption der BürgerInnenbeteiligung<br />
Eine strategische und kontinuierliche BürgerInnenbeteiligung hat es im Rahmen des<br />
<strong>Stadtumbau</strong>prozesses in <strong>Lübeck</strong> ebenfalls nicht gegeben. Jedoch wurden zu gegebener<br />
Zeit punktuell Aktivitäten ergriffen, wenn es entsprechende Maßnahmen vorzustellen oder<br />
Strategien (z.B. Zielsetzungen, Handlungsfelder und Maßnahmen) abzustimmen galt.<br />
Im Rahmen der Erarbeitung des StE+HK Buntekuh wurden von den Gutachtern Expertengespräche<br />
mit ausgewählten Akteuren/innen aus dem Stadtteil stellvertretend für die<br />
Bewohner/innen durchgeführt. Hierzu zählten die sozialen Einrichtungen (Schulen, Kirche,<br />
Sportverein), der etablierte Anwohnerverein Buntekuh sowie die wirtschaftlichen Akteure/innen<br />
(Wohnungswirtschaft und Betreiber des EKZ). Im Rahmen der Gespräche wurden<br />
Informationen und Anregungen gesammelt, die in das Konzept eingeflossen sind.<br />
Zur weiteren Information der Stadtteilakteure/innen wurden die bereits bestehenden<br />
Strukturen genutzt. So wurde der jährlich tagende Runde Tisch Buntekuh, bei dem alle<br />
Fragen der Stadtteilentwicklung diskutiert werden, zur Information über den <strong>Stadtumbau</strong><br />
durch den verantwortlichen Bereich Stadtplanung genutzt. Ebenso wurden zielgerichtet<br />
die vielfältigen Aktivitäten und Kontakte des Anwohnervereins genutzt. So wurden auf<br />
Einladung des Anwohnervereins Ende 2005 die bisherigen Ergebnisse sowie die weiteren<br />
Planungen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses vom Bereich Stadtplanung und der Projektforschung<br />
öffentlich vorgestellt und diskutiert. In der Stadtteilzeitung „Fregatte“ des Vereins<br />
wurde zudem mehrfach über den <strong>Stadtumbau</strong> berichtet.<br />
Wichtigste Veranstaltungen im Rahmen der BürgerInnenbeteiligung waren der Workshop<br />
zur zukünftigen Stadtteilentwicklung, der Ende März 2006 vor Ort in der Baltic-Gesamtschule<br />
durchgeführt wurde, sowie das Verfahren „Ideen für die Mitte“ Anfang 2007.<br />
Workshop zur künftigen Stadtteilentwicklung (im<br />
März 2006)<br />
Quelle: steg Hamburg mbH<br />
Auf persönliche Einladung des Bausenators<br />
der Hansestadt haben sich im März 2006<br />
Akteure/innen aus dem Stadtteil, der Wohnungswirtschaft<br />
sowie Politik und Verwaltung<br />
getroffen, um gemeinsam über die zukünftige<br />
Entwicklung zu diskutieren. Im<br />
Mittelpunkt standen dabei die Priorisierung<br />
von Handlungsfeldern und die Erarbeitung<br />
von konkreten Maßnahmenvorschlägen. Die<br />
erarbeiteten Ergebnisse werden im Rahmen<br />
des weiteren <strong>Stadtumbau</strong>prozesses genutzt<br />
und weiterbearbeitet.<br />
Im Vorfeld des Workshops wurde ein Dokument<br />
erstellt, das alle wichtigen Informati-<br />
onen und den Stand der Entwicklungen bzw. Diskussionen darstellt. Dieses Gebietsportrait<br />
wurde mit der Einladung zum Workshop verschickt. Das Papier sollte allen<br />
Interessierten einen gemeinsamen Kenntnisstand vermitteln. Ebenso wurde eine Dokumentation<br />
der Veranstaltungsergebnisse veröffentlicht und an die Teilnehmer/innen verschickt.<br />
Abschlussbericht<br />
53<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Innovative Formen der BürgerInnenbeteiligung<br />
Im Rahmen des Projekts <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> <strong>Lübeck</strong> Buntekuh wurde vom Bereich Stadtplanung<br />
der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> zum Jahreswechsel 2006/07 unter der Überschrift „Ideen<br />
für die Mitte“ ein innovatives Verfahren entwickelt, mit dem unter intensiver Beteiligung<br />
der Akteurinnen und Akteure aus dem Gebiet Ideen für das funktional und gestalterisch<br />
unbefriedigende Zentrum entwickelt wurden. Dieses Verfahren ist die Fortsetzung bzw.<br />
Folge des Stadtteil-Workshops vom März 2006, in dem die Umgestaltung der Stadtteilmitte<br />
von den Teilnehmenden mit der ersten Priorität versehen wurde.<br />
Unter dem Namen „Ideen für die Mitte“ wurde das Verfahren vom Bereich Stadtplanung<br />
erarbeitet und in enger Kooperation mit Prof. Hans-Günther Burkhardt (Büro PPL, Hamburg)<br />
durchgeführt. Die „Schirmherrschaft“ wurde durch den <strong>Lübeck</strong>er Bausenator, Herrn<br />
Boden, wahrgenommen.<br />
Das Verfahren gliederte sich über drei Arbeitsschritte:<br />
1. Eröffnungsveranstaltung<br />
2. Beteiligungsforum „Wochenendwerkstatt“<br />
3. Ausstellung/Abschlussforum<br />
Neben den ModeratorInnen (PPL und Bereich Stadtplanung HL) gab es drei beteiligte<br />
Gruppen, die jeweils unterschiedliche Aufgaben innerhalb des Verfahrens hatten:<br />
Professionelle Teams<br />
Es wurden vier professionelle fachübergreifende Arbeitsgemeinschaften (ArchitektInnen,<br />
LandschaftsplanerInnen, KünstlerInnen) eingeladen, deren Aufgabe in der ersten Stufe<br />
des Verfahrens in der Entwicklung von Ideen und ersten Maßnahmeansätzen bestand.<br />
Wichtig war dabei die Bereitschaft der professionellen Arbeitsgemeinschaften, sich auf ein<br />
offenes und kooperatives Verfahren mit unterschiedlichen Interessengruppen einzulassen.<br />
In der zweiten Stufe sollten die Planung sowie Kostenschätzung für die ausgearbeiteten<br />
und -gewählten Maßnahmen vorgenommen werden.<br />
Akteurinnen und Akteure<br />
Zu den AkteurInnen zählten alle, die mit dem Gebiet Buntekuh befasst waren, wie BewohnerInnen,<br />
Institutionen, große WohnungseigentümerInnen, verschiedene Verwaltungsbereiche,<br />
PolitikerInnen (mit Ausnahme der für das Auswahlgremium vorgesehenen<br />
Personen).<br />
Auswahlgremium<br />
Das Auswahlgremium bestand aus dem Bausenator, einer Vertreterin des Landes<br />
Schleswig-Holstein und den baupolitischen SprecherInnen der im Bauausschuss vertretenen<br />
Fraktionen. Dem Auswahlgremium oblag die Auswahl und Empfehlung an die Politik,<br />
welche Ideen realisiert werden sollen.<br />
Das Verfahren wurde durch Öffentlichkeitsarbeit begleitet.<br />
Abschlussbericht<br />
54<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Eröffnungsveranstaltung<br />
Erster Schritt des Verfahrens war die Eröffnungsveranstaltung, die am 09.01.2007 von<br />
16.00 bis 20.00 Uhr in der Baltic-Gesamtschule in Buntekuh stattfand.<br />
Ziel dieser Veranstaltung war die Information über das Verfahren, den Ablauf sowie die<br />
Erläuterung der einzelnen Termine. Die professionellen Arbeitsgemeinschaften stellten<br />
sich persönlich sowie ihr Arbeitsprofil vor und wurden über den Auftrag / die Aufgabe informiert.<br />
Zudem erhielten sie von den AkteurInnen Informationen über das Gebiet und bekamen<br />
die notwendigen Unterlagen/Pläne etc. ausgehändigt. Am Schluss der Veranstaltung<br />
konnten die TeilnehmerInnen einen Wunsch äußern, in welcher der vier Arbeitsgruppen<br />
sie beim Wochenendworkshop mitarbeiten wollten.<br />
In einem ersten Arbeitsschritt wurden mit den Anwesenden über „Negativfragen“ verschiedene<br />
Problempunkte ermittelt (z.B. zu viel LKW-Parkverkehr, überbreite Straßen,<br />
Zäune und Hecken, Hochhaus Karavellenstraße, Anordnung der Stellplatzanlagen/Garagenhöfe).<br />
In einem weiteren Schritt wurde ermittelt, welche Entwicklung des Gebiets<br />
Buntekuh den Anwesenden nicht wünschenswert erschien (z.B. noch mehr Parkplätze,<br />
Gewerbepark, noch mehr größere Verkaufsflächen, kompletter Rückbau von Straßen,<br />
Disco, weitere Versiegelung, weitere Hochhäuser).<br />
In der weiteren Diskussion über eine wünschenswerte Zentrumsentwicklung stellten sich<br />
folgende Themenbereiche heraus – durchgehend mit starker bis fast einstimmiger Zustimmung<br />
aller TeilnehmerInnen:<br />
Nutzungen/Einrichtungen mit baulichem Bedarf:<br />
Einrichtung eines Bürgerhauses bzw. eines Veranstaltungsraumes<br />
Einrichtung einer öffentlichen Bibliothek und Mediathek<br />
Einrichtung eines Stadtteilcafés (<strong>Lübeck</strong>er Tafel)<br />
Räume für Jugendliche (Kraftsport, Musikübungsräume etc.)<br />
Seniorentreff und -beratung<br />
Raum für Polizei, Soziale Beratung, Stadtteilbüro, öffentliche Dienste, private Beratungsdienste<br />
etc.<br />
Freiraum / Landschaftsgrün:<br />
Umgestaltung Marktplatz<br />
Umgestaltung der (bisherigen) Umzäunungen<br />
Gebäude / Architektur<br />
Verbesserung des architektonischen Erscheinungsbildes<br />
Verkehr<br />
Verhinderung des LKW-Parkens<br />
Reduzierung des Durchgangsverkehrs<br />
mehr Radabstellplätze, schwellenlose Zugänge zum Einkaufszentrum<br />
Sicherheit<br />
sozial kontrollierbare, sichere Wege<br />
Abschlussbericht<br />
55<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Image<br />
vertiefende Definition des Leitbildes „Gartenstadt“<br />
Verbesserung der positiven Außenwirkung durch Durchführung von Stadtteilmarketing-<br />
Maßnahmen<br />
Weiterhin wurden die Ziele des Verfahrens geklärt:<br />
Für den ersten Realisierungsschritt stand ein auf 200.000 Euro begrenzter Betrag zur<br />
Verfügung. Das zu realisierende Startprojekt sollte eingebettet sein in eine städtebauliche,<br />
landschaftsplanerische und organisatorische Weiterentwicklung des zentralen Bereichs<br />
und sollte darüber hinaus ein positives Signal für den Beginn des Programms „Soziale<br />
Stadt“ sein.<br />
In der nach der Eröffnungsveranstaltung folgenden Zeit bis zum Beteiligungsforum entwickelten<br />
die professionellen Arbeitsgemeinschaften eine grundsätzliche Idee, die dem<br />
Stadtteil eine Identifikation ermöglicht und dem Zentrum zu neuer Zentralität und Aufmerksamkeit<br />
– möglichst auch über den Stadtteil hinaus – verhelfen soll.<br />
Beteiligungsforum Wochenendwerkstatt „Ideen für die Mitte“<br />
Die Wochenendwerkstatt fand am 10./11.02.2007 ebenfalls in der Baltic-Gesamtschule<br />
statt.<br />
Zunächst wurden die von den Arbeitsgemeinschaften entwickelten Grundideen in den Arbeitsgruppen<br />
vorgestellt, diskutiert und gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren<br />
weiter bearbeitet. Dazu wurden vier Arbeitsgruppen mit jeweils einem Profi-Team gebildet,<br />
die Aussagen sowohl zu Nutzungen als auch zur Gestaltung entwickeln sollten. Mittags<br />
wurden die Ergebnisse/Zwischenstände durch eine/n SprecherIn im Plenum vorgestellt.<br />
Danach wurde bis zum Schluss der Veranstaltung weiter gearbeitet.<br />
Am zweiten Tag der Wochenendwerkstatt fanden sich alle TeilnehmerInnen um 16.00 Uhr<br />
wieder in der Baltic-Gesamtschule ein. In der Zwischenzeit waren die Ergebnisse des<br />
Vortags von den Arbeitsgruppen für eine Präsentation aufgearbeitet worden und wurden<br />
im Plenum vorgestellt. Bei der anschließenden Nachfragerunde wurden inhaltliche Ergänzungen<br />
sowohl von den Profi-Teams als auch den anderen Beteiligten der Wochenendwerkstatt<br />
geliefert. Am Ende der Veranstaltung entschieden die AkteurInnen, ohne die<br />
Profis, per Abstimmung, welche Arbeitsgruppen weiter arbeiten sollten und welche nicht.<br />
Die erreichten Punkte pro Arbeit entschieden darüber, dass drei der beteiligten Arbeitsgruppen<br />
weiter arbeiten sollten, während eine Arbeitsgruppe nicht die notwendige Unterstützung<br />
der Teilnehmenden erhielt und daher ausschied. Die verbleibenden drei Arbeitsgruppen<br />
arbeiteten ihre Vorschläge bis zur Ausstellung/zum Abschlussforum vertiefend<br />
aus.<br />
Ausstellung/Abschlussforum<br />
Ab 12. März 2007 wurden alle Arbeiten in Form einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.<br />
Das Auswahlgremium (bestehend aus einer Vertreterin des Landes Schleswig-<br />
Holstein, dem Bereichsleiter Stadtplanung der Hansestadt <strong>Lübeck</strong>, den baupolitischen<br />
Sprechern, dem Stadtbildpfleger sowie dem Geschäftsführer der Grundstücks-Gesellschaft<br />
„Trave“ mbH) entschied sich unter den ausgestellten Arbeiten für die Durchführung<br />
des Entwurfs des Teams Steffens, Meyer, Franck, Architekten, Büro Haberkorn, Landschaftsarchitektur,<br />
Thomas Jaspert, Landart, sowie Tim Adam, Dipl. Designer und Künst-<br />
Abschlussbericht<br />
56<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
ler. Vorbehaltlich der noch im Detail zu klärenden Baurechts- und Grundstücksfragen sollen<br />
der Vorplatz des Einkaufszentrums, der Bereich um die Bushaltestellen und die als<br />
Marktplatz genutzte Fläche umgestaltet werden. Auch die Idee, eine Fläche mit „Kuhflecken“<br />
zu gestalten, soll für den Bereich vor dem Einkaufszentrum geprüft werden. Das<br />
Gremium war sich einig, dass die vorgeschlagenen kurzfristig zu realisierenden Ideen<br />
nicht die gewünschte Außen- wie Innenwirkung für Buntekuh erreichen würden. Aus diesem<br />
Grund wurde der Fokus auf die Gestaltung des zentralen Bereichs vor dem Einkaufszentrum<br />
gelegt, auch wenn hier deutlich mehr als 200.000 Euro für die Ausführung<br />
benötigt werden und die Realisierung nicht in den nächsten Monaten erfolgen kann. Im<br />
Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ sollen Mittel für das Projekt zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
Nach Auffassung der Jury enthielten alle drei vorliegenden Arbeiten sehr gute Ideen für<br />
die zukünftige Entwicklung Buntekuhs, die bei der zukünftigen Diskussion um die Entwicklung<br />
des Gebiets weiter berücksichtigt werden sollten, wie z.B. die vom Team 2 vorgeschlagene<br />
Idee einer ökologischen Orientierung des Stadtteils und die Gestaltung der<br />
Wegeachse Innenstadt – Kamelbrücke – Buntekuh – Traveniederung, ebenso die vom<br />
Team 4 vorgeschlagene Veränderung des Raumes um die Baltic-Gesamtschule herum,<br />
insbesondere der Wege und Straßenflächen.<br />
Gemeinsam mit vielen Akteur/innen aus dem Stadtteil wurde ein Stadtteilfest vorbereitet,<br />
das am 9. Juni 2007, von 13.00 bis 15.00 Uhr im zentralen Bereich vor dem Einkaufszentrum<br />
durchgeführt wird. Durch die Überleitung des Prozesses in das Programm „Soziale<br />
Stadt“ werden die Aktivitäten der Beteiligung auf jeden Fall intensiviert. Hier ist z.B. die<br />
Realisierung von Projekten mit Partner/innen vor Ort geplant, etwa den Einrichtungen der<br />
sozialen Infrastruktur.<br />
Verantwortlich für die inhaltlich-konzeptionelle Beteiligungsarbeit im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
ist der Bereich Stadtplanung der Verwaltung. Auch wenn einzelne der<br />
o.g. Aktivitäten von beauftragten Gutachtern durchgeführt wurden, ist dies immer in enger<br />
Abstimmung mit der Projektleitung des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses erfolgt, um ein möglichst<br />
neutrales Verfahren zu gewährleisten.<br />
5.3 Erfahrungen mit der Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit<br />
Wie oben bereits erwähnt, ist eine intensive Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit<br />
schwierig, wenn nur in geringem Umfang konkrete und sichtbare Maßnahmen umgesetzt<br />
werden können. Abstrakte und strategische Themen eignen sich kaum für eine breite Debatte<br />
und lassen sich häufig auch nur schwer verständlich vermitteln. Um Akteure/innen<br />
zunächst inhaltlich für eine aktive Beteiligung zu qualifizieren, ist ein hoher Personal-, Finanz-<br />
und Zeitaufwand erforderlich, der in der Regel nicht vorhanden ist.<br />
Viele Akteure/innen wollen wissen, welche Finanzen zur Verfügung stehen und welche<br />
Maßnahmen umgesetzt werden können, bevor sie sich aktiv beteiligen. Grundlagenarbeiten<br />
und Vorbereitungen werden hingegen „gerne“ den Experten/innen überlassen. Um<br />
keine falschen Erwartungen zu wecken und Akteure/innen nicht zu frustrieren, muss daher<br />
vermieden werden, zu frühzeitig in die Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit<br />
Abschlussbericht<br />
57<br />
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einzusteigen. Denn auch der Zeithorizont spielt eine wichtige Rolle. Interesse, Aufmerksamkeit<br />
und Engagement über einen mehrjährigen Zeitraum aufrecht zu erhalten kann<br />
nur gelingen, wenn ausreichende Mittel zur Verfügung stehen und kontinuierlich sichtbare<br />
Maßnahmen realisiert werden.<br />
5.4 Empfehlungen für die kommunale Öffentlichkeits- und Beteiligungsarbeit<br />
Hierzu sind unter Punkt 5.3. bereits alle relevanten Aspekte aus Sicht des <strong>Lübeck</strong>er Projektes<br />
genannt worden.<br />
Abschlussbericht<br />
58<br />
steg Hamburg mbH
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6. Kosten, Finanzierung und Förderung im <strong>Stadtumbau</strong><br />
6.1 Kosten- und Finanzplanung<br />
Im Rahmen der Antragstellung für die Aufnahme in das ExWoSt-Forschungsfeld hat die<br />
Stadt in enger Absprache mit der Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ 2002 eine vorläufige<br />
und überschlägige Kostenschätzung für die avisierten Maßnahmen, speziell die wohnungsbaubezogenen<br />
Impulsprojekte, bzw. für die Durchführung des gesamten <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
in Höhe von ca. 4.5 Mio. EUR vorgenommen. Zur Finanzierung der Kosten<br />
wurden Fördermittel aus dem ExWoSt-Forschungsfeld beantragt und in einem Volumen<br />
von mind. 1,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.<br />
Übersicht über die im Pilotprojekt zur Verfügung stehenden Mittel laut Antrag<br />
(Städtebauförderungs-)Mittel des Bundes (ExWoSt) 800 TEUR<br />
Wohnraumförderungsmittel des Landes Schleswig-Holstein<br />
mind. 1.000 TEUR 8<br />
Mittel der Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH ca. 2.700 TEUR<br />
Summe der zur Verfügung stehenden Mittel: ca. 4.500 TEUR<br />
zzgl. Mittel von privaten Investoren in unbekannter Höhe für<br />
die Aufwertung des Einkaufszentrums<br />
Zum Zeitpunkt der Berichtslegung Mitte 2007 lassen sich die realen Kosten bezogen auf<br />
die durchgeführten Konzept-, Begleit- und Impulsmaßnahmen, wie folgt darstellen 9 :<br />
8<br />
Damit die vom Land eingebrachten Mittel einem Barwert von mindestens 1.000.000 Euro<br />
entsprechen, werden/wurden Wohnraumförderungsdarlehen in Höhe von rund 1.500.000 Euro<br />
eingesetzt.<br />
9<br />
Die Schlussabrechnung ist zum Zeitpunkt der Berichtslegung noch nicht erfolgt.<br />
59<br />
Abschlussbericht steg Hamburg mbH
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Übersicht über die Verteilung der tatsächlich eingesetzten Mittel auf<br />
Konzeptions-, Begleit- und Impulsmaßnahmen 10<br />
Stadt(teil)entwicklungs- und Handlungskonzept StE+HK ca. 70 TEUR<br />
Projektberichte und Forschungsfeldkooperation ca.35 TEUR<br />
Impulsprojekt 1:<br />
Wohnhochhaus Pinassenweg<br />
u. a. Vorbereitung (z.B. Umzugsmanagement und Gutachten) sowie<br />
Durchführung des Rückbaus des Wohnhochhauses und die<br />
Erstellung von Ersatzwohnraum<br />
Impulsprojekt 2:<br />
Neuordnung und Aufwertung des Wohnungsbestandes<br />
u. a. Immobilienwirtschaftliche Analyse des Wohnhochhauses Karavellenstraße,<br />
Aufwertung Einkaufszentrum, Modernisierung von<br />
Zeilenbauten in der Ewerstraße, Ideensammlung und Planung für<br />
die Entwicklung der Stadtteilmitte<br />
ca. 10.360 TEUR<br />
ca. 12.600 TEUR<br />
Summe der Kosten: ca. 23.065 TEUR<br />
Grundsätzlich sollen zur Kosten- und Finanzplanung folgende Anmerkungen gemacht<br />
werden: Kosten für einzelne konkrete Maßnahmen können zwar realistisch eingeschätzt<br />
werden, ob sich die entsprechende Maßnahme dann jedoch auch tatsächlich realisieren<br />
lässt, ergibt sich sehr häufig erst im Verlauf des Projekts. Rahmenbedingungen wie die<br />
Bedarfsstrukturen eines Gebiets, notwendig zu beteiligende Akteure/innen oder politische<br />
Prioritäten ändern sich häufig kurzfristig und haben somit auch Einfluss auf die Finanzplanung<br />
bzw. die real anfallenden Kosten.<br />
So ist auch die realistische Einschätzung von Kosten einer Gesamtmaßnahme „<strong>Stadtumbau</strong><br />
<strong>West</strong>“ oder „Soziale Stadt" über einen längeren Zeitraum nur schwer möglich. Es ist<br />
nach Einschätzung der <strong>Lübeck</strong>er Projekterfahrungen kaum möglich, in der Anfangsphase<br />
- d.h. wenn tatsächlich noch keine konkreten Vorstellungen bzw. kaum Grundlagen oder<br />
Konzepte vorhanden sind - eines so breit angelegten Projekts wie dem <strong>Stadtumbau</strong> Kosten<br />
realistisch einzuschätzen, da in der Regel frühzeitig noch keine genauen Kenntnisse<br />
darüber vorhanden sind, welche Projekte tatsächlich in die Umsetzung gelangen.<br />
Hier besteht ein grundlegendes Problem: Konkrete Finanzplanungen sind für die Anträge<br />
notwendig und auch für die Projektdurchführung sinnvoll, aufgrund der derzeitig oft sehr<br />
schnell wechselnden (i.d.R. politisch-gesellschaftlichen) Rahmenbedingungen und der<br />
zudem an vielen Stellen auftretenden Finanzknappheit lassen sich die Planungen jedoch<br />
oft nur in Teilen entsprechend der ursprünglichen Planung / Kalkulation umsetzen. Diese<br />
Situation hat auch das Land erkannt und darauf entsprechend reagiert: eine flexible Verwendung<br />
der Fördermittel in den Regelprogrammen „<strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong>“ und „Soziale<br />
10 Zu berücksichtigen ist auch hier, dass die vom Land eingebrachten Mittel als<br />
Wohnraumförderungsdarlehen eingesetzt wurden (siehe Fußnote 8). Die dargestellten Mittel<br />
umfassen auch alle privaten Mittel, die z.B. zur Erstellung von Ersatzwohnraum außerhalb des<br />
Projektgebiets sowie zur Modernisierung von Zeilenbauten in der Ewerstraße eingesetzt wurden.<br />
Abschlussbericht<br />
60<br />
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ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
Stadt“ ist in Schleswig-Holstein möglich, da es sich um „lernende bzw. sich entwickelnde<br />
Programme“ handelt. Selbstverständlich müssen jedoch die haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen<br />
immer berücksichtigt werden - und hier kommt es oft zu Problemen mit<br />
den starren Fristen innerhalb derer die Fördermittel abgerufen und verausgabt werden<br />
müssen.<br />
6.2 Förderkulisse<br />
Bei der Förderung des Pilotprojekts in <strong>Lübeck</strong> bestand von Beginn an eine Besonderheit:<br />
Da es der Hansestadt aufgrund ihrer desolaten Haushaltslage nicht möglich war, kommunale<br />
Eigenmittel für den <strong>Stadtumbau</strong> zur Verfügung zu stellen, wurde zwischen dem Bund<br />
und dem Land abgesprochen, dass Schleswig-Holstein die im Rahmen des Pilotprojekts<br />
eingesetzten Bundesmittel durch Wohnraumförderungsmittel des Landes in vergleichbarer<br />
Höhe kofinanziert. So gibt es in Buntekuh eine Finanzierung aus zwei unterschiedlichen<br />
Förderbereichen. Diese unterliegen jeweils unterschiedlichen Regelungen - nicht nur<br />
im Hinblick auf Zuschuss einerseits und Darlehen andererseits, sondern beispielsweise<br />
auch hinsichtlich ihrer Beantragung und ihrer Einsatzmöglichkeiten. Anfangs wurde davon<br />
ausgegangen, dass die Mittel aus beiden Programmen parallel abgerufen und eingesetzt<br />
werden sollten. Da sich dies in der Praxis jedoch als kaum praktizierbar erwies, hat das<br />
Land eine Entkoppelung der Mittel für das Projekt erwirkt. Lediglich am Ende des Projekts<br />
müssen die zur Verfügung stehenden Mittel aus beiden Förderprogrammen ausgeschöpft<br />
und gemäß ihren Bestimmungen verwendet worden sein.<br />
Dieses war eine wichtige Erfahrung dahingehend, dass bei der Verwendung von unterschiedlichen<br />
Fördermitteln in einem Projekt Spielräume ausgenutzt und möglicherweise<br />
auch ggf. neu geschaffen werden müssen. Sonst laufen die Projekte in ihrer praktischen<br />
Umsetzung vor Ort Gefahr, finanziell nicht mehr handhabbar zu sein. Als sehr hilfreich hat<br />
sich in diesem Fall die enge Abstimmung zwischen den beteiligten Akteuren/innen bzw.<br />
Fördermittelgebern/innen erwiesen. Die Flexibilität bei der Verwendung von Fördermitteln<br />
ist von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Projektverlauf und entspricht den Realitäten<br />
vor Ort.<br />
Es gab keine Probleme hinsichtlich der Förderfähigkeit einzelner Vorhaben, was u. a.<br />
durch die enge und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Land begründet ist - beispielsweise<br />
durch die Einbindung der Abteilung Städtebauförderung in die Steuerungsrunde.<br />
<strong>Lübeck</strong>er Erfahrungen aus anderen Förderprogrammen haben allerdings leider gezeigt,<br />
dass Schwierigkeiten oft erst bei der Abrechnung gegen Ende der jeweiligen Projekte<br />
sichtbar wurden.<br />
An dieser Stelle soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass ein flexibler Mittelabruf<br />
im Rahmen der Stadtteilentwicklung erforderlich ist, da eine verbindliche Kostenangabe<br />
über längere Zeiträume nicht kalkulierbar ist. Diese Projektrealität vor Ort widerspricht jedoch<br />
häufig den haushaltsrechtlichen Modalitäten des Bundes und der Länder. Im Modellprojekt<br />
Buntekuh war es jedoch erfreulicherweise möglich, die Fördermittel nach Bedarf<br />
in Anspruch zu nehmen, ohne dass die Kommune z.B. Zinsen zahlen musste.<br />
Abschlussbericht<br />
61<br />
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ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
6.3 Finanzierungsformen (und kommunale Förderprogramme)<br />
Im <strong>Lübeck</strong>er <strong>Stadtumbau</strong>prozess lassen sich drei unterschiedliche Finanzierungsformen<br />
finden:<br />
Öffentlich finanziert wurden vor allem die nicht investiven <strong>Stadtumbau</strong>maßnahmen der<br />
Konzepterarbeitung (StE+HK, Analyse des Wohnhochhauses Karavellenstraße sowie<br />
Voruntersuchung Abriss Wohnhochhaus Pinassenweg), Begleitforschung sowie der Forschungsfeldkooperation,<br />
Beteiligungsverfahren (Workshop 29.03.2006 und „Ideen für die<br />
Mitte“).<br />
Öffentlich-privat finanziert wurden in Buntekuh die Vorbereitung und Durchführung der<br />
investiven Rückbau- und Modernisierungsmaßnahmen im Wohnungsbestand (z.B. Abriss<br />
des Wohnhochhauses Pinassenweg, Umzugsmanagement Pinassenweg, die Modernisierung<br />
der Zeilenbauten in der Ewerstraße sowie der Bau von Ersatzwohnraum für Bewohnerinnen<br />
und Bewohner des rückgebauten Wohnhochhauses Pinassenweg). Ebenfalls<br />
von der Stadt und der Wohnungswirtschaft zu gleichen Teilen finanziert wurde die Erstellung<br />
der Wohnungsmarktanalyse und -prognose (außerhalb des <strong>Stadtumbau</strong>s). Hierfür<br />
wurden kommunale Mittel der Hansestadt verwendet.<br />
Privat finanziert wurden keine weiteren Maßnahmen, mit Ausnahme der investiven Maßnahmen<br />
im Einkaufszentrum Buntekuh (Umbau für die Ansiedlung eines Discounters).<br />
Einen Lastenausgleich zwischen öffentlichen und privaten oder zwischen privaten Akteuren/innen<br />
wird in <strong>Lübeck</strong> nicht durchgeführt.<br />
Es hat sich als hilfreich erwiesen, für alle mit Verwendung von Fördermitteln finanzierten<br />
Maßnahmen verbindliche Vereinbarungen bzw. Verträge über Rechte und Pflichten der<br />
Vertragspartner/innen sowie über die maximale Summe, die an Fördermitteln für die jeweilige<br />
Maßnahme zur Verfügung steht, abzuschließen.<br />
In Buntekuh wurden mit Ausnahme der o.g. Kofinanzierung der Städtebauförderungsmittel<br />
durch Landesmittel der Wohnraumförderung bisher keine Fördermittel aus anderen Programmen<br />
eingesetzt. Auf die mit den beiden Förderkulissen verbundenen Schwierigkeiten<br />
wird bereits oben unter 6.2 eingegangen.<br />
Es gibt in <strong>Lübeck</strong> keine kommunalen Förderprogramme für <strong>Stadtumbau</strong>vorhaben. Daher<br />
kann hier auch über keine Erfahrungen berichtet werden. Es wird lediglich versucht, die<br />
regulären kommunalen Haushaltsmittel zu nutzen, um Investitionen in Buntekuh durchzuführen.<br />
6.4 Innovative Träger- und Fördermodelle<br />
Im <strong>Lübeck</strong>er <strong>Stadtumbau</strong>projekt wurden bislang keine neuen Träger- und / oder Finanzierungsmodelle<br />
erprobt. Daher kann diesbezüglich über keine Erfahrungen berichtet werden.<br />
Die <strong>Lübeck</strong>er Erfahrungen machen jedoch deutlich, dass der <strong>Stadtumbau</strong> ohne öffentliche<br />
Förderung nicht möglich ist. Da die Kommune zudem über sehr geringe eigene finanzielle<br />
Spielräume verfügt, ist sie also sowohl auf öffentliche als auch private Partner/innen angewiesen,<br />
um den anstehenden <strong>Stadtumbau</strong> erfolgreich durchzuführen.<br />
Abschlussbericht<br />
62<br />
steg Hamburg mbH
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
6.5 Erfahrungen mit Finanz- und Förderaspekten im <strong>Stadtumbau</strong><br />
Im <strong>Lübeck</strong>er <strong>Stadtumbau</strong>projekt wurden über die in den vorhergehenden Kapiteln (6.1<br />
Kosten- und Finanzplanung, 6.2 Förderkulisse) beschriebenen Finanz- und Förderaspekte<br />
hinaus keine neuen Modelle erprobt, so dass diesbezüglich über keine weiteren Erfahrungen<br />
berichtet werden kann.<br />
6.6 Empfehlungen für die <strong>Stadtumbau</strong>finanzierung<br />
Da konkrete Finanzplanungen für die Förderanträge zwar notwendig, aufgrund der oft<br />
sehr schnell wechselnden Rahmenbedingungen und der an vielen Stellen auftretenden<br />
Finanzknappheit aber schwierig umsetzbar sind, sollte eine flexible Verwendung der Fördermittel<br />
– unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen – möglich<br />
sein. In Schleswig-Holstein ist ein flexibler Einsatz der Fördermittel in den Regelprogrammen<br />
„<strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong>“ und „Soziale Stadt“ möglich, da es sich um „lernende bzw.<br />
sich entwickelnde Programme“ handelt.<br />
Abschlussbericht<br />
63<br />
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7. Städtebauliche Instrumente im <strong>Stadtumbau</strong><br />
7.1 Einsatz des städtebaulichen Instrumentariums<br />
In <strong>Lübeck</strong> wurden im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s nur in sehr begrenztem Umfang städtebauliche<br />
Rechtsinstrumente eingesetzt, da es sich im Schwerpunkt um die Erarbeitung<br />
konzeptioneller Grundlagen gehandelt hat. Daher sind vielmehr informelle Instrumente<br />
zum Einsatz gekommen, z.B. das Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept oder die<br />
Gutachten zum Abriss des Wohnhochhauses am Pinassenweg sowie die immobilienwirtschaftliche<br />
Analyse des Wohnhochhauses in der Karavellenstraße.<br />
Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Analysen, Gutachten, Konzepte ist das städtebauliche<br />
Instrumentarium bei der Vorbereitung und Durchführung von Entwicklungsmaßnahmen<br />
zum Einsatz gekommen. So hat die Stadt im Zuge der Diskussionen über die Neuentwicklung<br />
des geräumten Grundstücks am Pinassenweg entschieden, für einen größeren<br />
Bereich entlang der Moislinger Allee, d.h. mehrere Grundstücke, Aufstellungsbeschlüsse<br />
für die Änderung des Flächennutzungsplans sowie des betroffenen Bebauungsplans<br />
zu fassen. Dies ist Anfang 2005 erfolgt. In diesem Rahmen wurde der Entwicklungsbereich<br />
auch mit einer Veränderungssperre belegt, um nicht erwünschte gewerbliche<br />
Entwicklungen in diesem Bereich zu unterbinden und das Einkaufszentrum Buntekuh<br />
nicht zu gefährden. Stattdessen soll zunächst eine Konzeption für den ganzen Entwicklungsbereich<br />
erarbeitet werden. Anschließend wird hierfür im Rahmen der Bauleitplanung<br />
das erforderliche Baurecht geschaffen. Ein Projektentwickler hat Anfang 2006 damit begonnen,<br />
den gesamten Entwicklungsbereich zu überplanen. Hierfür sind zunächst jedoch<br />
umfangreiche Grundstückskäufe erforderlich. Für den Herbst 2007 wird mit dem Abschluss<br />
dieser Planungen gerechnet. Bereits vor der beschlossenen Veränderungssperre<br />
wurde eine Bauanfrage für Einzelhandelsnutzungen in diesem Bereich zurückgestellt. Auf<br />
Grundlage der in Kraft getretenen Veränderungssperre wurde ein Bauantrag für die Errichtung<br />
eines Lebensmittelmarktes abgelehnt.<br />
Zur Stabilisierung und Stärkung des vorhandenen Einkaufszentrums in Buntekuh hat sich<br />
die Stadt aktiv und erfolgreich um die Ergänzung der Zentrumsfunktion mit einem Discounter<br />
bemüht (siehe hierzu 3.1). Nicht zuletzt aufgrund des Sicherungsinstrumentes<br />
Veränderungssperre ist es gelungen, einen entsprechenden Anbieter als Mieter für das<br />
EKZ zu gewinnen. Zur Ansiedlung dieses Unternehmens waren Umbau- und Ergänzungsmaßnahmen<br />
durch den Eigentümer des EKZ erforderlich, die einen kleinräumigen<br />
Flächenerwerb zur Arrondierung des Zentrumsbereichs erforderlich machten.<br />
Die Rückbaumaßnahme am Pinassenweg konnte einvernehmlich zwischen der Stadt und<br />
der Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ vorbereitet und durchgeführt werden, da die Initiative<br />
für den Abriss von der Eigentümerin selbst ausgegangen ist. Hierbei ist eine vertragliche<br />
Regelung über die Verwendung der Fördermittel erfolgt.<br />
Ansonsten fanden keine Instrumente des allgemeinen oder besonderen Städtebaurechts<br />
im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s in <strong>Lübeck</strong> Anwendung.<br />
Auch die neuen <strong>Stadtumbau</strong>-Instrumente (§ 171 a-d BauGB) sind im Rahmen des <strong>Lübeck</strong>er<br />
Pilotprojekts nicht zur Anwendung gekommen, da hierfür kein Bedarf gesehen<br />
wurde. So wurde eine förmliche Festlegung des Stadtteils oder von Teilflächen als Stadt-<br />
Abschlussbericht<br />
64<br />
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ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
umbaugebiet für das Forschungsprojekt als nicht erforderlich gesehen. Ebenso war es<br />
nicht notwendig, <strong>Stadtumbau</strong>verträge nach § 171c BauGB zu schließen.<br />
Da die Leerstandsproblematik im Quartier in erster Linie objektbezogen war (Pinassenhochhaus/Karavellenhochhaus),<br />
ist durch den Rückbau des Pinassenhochhauses ein Teil<br />
der Leerstandsproblematik gelöst worden. In dem vierzehngeschossigen Wohnhochhaus<br />
Karavellenstraße mit 420 Klein- und Kleinstwohnungen hat sich die Leerstandssituation<br />
seit 2004/2005 deutlich verbessert. Die im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses in Auftrag<br />
gegebene immobilienwirtschaftliche Analyse des Gebäudes ergab, dass sowohl eine<br />
technische und qualitative Aufwertung des Hochhauses als auch ein Rückbau sehr kostenintensiv<br />
und angesichts der realisierbaren Mieteinnahmen wirtschaftlich nicht tragfähig<br />
wäre. Bis auf weiteres soll daher nur in die erforderliche Instandhaltung des Objektes investiert<br />
werden. Ein weiteres wichtiges Thema des Stadumbaus, das Flächenrecycling<br />
bzw. die Flächennachnutzung, spielt im Projektgebiet nur eine untergeordnete Rolle, und<br />
zwar im erweiterten Umfeld des abgerissenen Pinassenhochhauses. Hier gibt es derzeit –<br />
wie berichtet – eine Initiative des Investors in Kooperation mit den PrivateigentümerInnen<br />
der Flächen und somit keinen akuten Handlungsbedarf von Seiten der Kommune. Vor<br />
diesem Hintergrund sind die konkret vorhandenen <strong>Stadtumbau</strong>bedarfe in Buntekuh einerseits<br />
vorerst beseitigt und andererseits nicht von drängender Problematik.<br />
Im Rahmen der intensiven Beschäftigung mit dem Gebiet im Verlauf des <strong>Stadtumbau</strong>-Pilotprojekts<br />
wurde jedoch immer deutlicher, dass Defizite und Probleme im sozialen Bereich<br />
(Bevölkerungsstruktur) wie auch in Bezug auf das Stadtteilimage, ebenso wie funktionale<br />
Mängel z.B. im halböffentlichen Wohnumfeld, im fehlenden vernetzten Spielplatzangebot,<br />
in der Quantität des Angebots an offener Jugendarbeit usw. bestehen blieben.<br />
Die flexiblere Handhabung des Programms Soziale Stadt mit seiner Ausrichtung auf Bürgerbeteiligung<br />
und –mitwirkung sowie den Möglichkeiten, andere Förderungen bzw.<br />
Programme aus Töpfen für Maßnahmen zur Verbesserung weicher Standortfaktoren zu<br />
akquirieren, hat daher die Hansestadt <strong>Lübeck</strong> bewogen, für die Fortsetzung des<br />
Stadtteilentwicklungsprozesses in Buntekuh einen Antrag auf Förderung in diesem Programm<br />
zu stellen.<br />
Für die in 2006 erfolgte Aufnahme in das Programm „Soziale Stadt“ ist die Festlegung des<br />
Projektgebietes nach § 171e BauGB erfolgt.<br />
Abschlussbericht<br />
65<br />
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7.2 Städtebauliche Leitbilder und Zielvorstellungen<br />
Blick vom Wohnhochhaus Karavellenstraße auf<br />
die <strong>Lübeck</strong>er Altstadt<br />
Quelle: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Im Rahmen der Diskussionen über den<br />
<strong>Stadtumbau</strong> und die zukünftige Stadtteilentwicklung<br />
in <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh hat das Leitbild<br />
der „modernen Gartenstadt 2020“ aus<br />
dem StE+HK große Zustimmung gefunden,<br />
nachdem es sowohl beim Workshop 2006<br />
als auch beim Verfahren „Ideen für die Mitte“<br />
vorgestellt wurde. Neben der positiven Begrifflichkeit<br />
greift dieses Leitbild die vorhandenen<br />
Qualitäten des Stadtteils auf und<br />
zeigt, dass mit einer konsequenten Weiterentwicklung<br />
dieser Qualitäten - vor allem der<br />
Freiräume und der differenzierten Wohnungsangebote<br />
- eine zukunftsfähige<br />
Stadtteilentwicklung in Buntekuh möglich ist. Auch die Wohnungswirtschaft hat sich überwiegend<br />
positiv zu diesem Leitbild geäußert.<br />
Auch wenn dieses Leitbild zur Steuerung des Prozesses bislang nicht ausreichend definiert<br />
wurde, verdeutlicht die Vision doch den erforderlichen Paradigmenwechsel angesichts<br />
der faktischen und der prognostizierten Schrumpfung des Stadtteils: Weg von der<br />
verdichteten und eher monofunktionalen Großsiedlung mit vielgeschossigen städtebaulichen<br />
Dominanten hin zur durchgrünten Wohnsiedlung mit familienfreundlicher Infrastruktur<br />
und einer lebendigen Stadtteilmitte. Besonderer Wert wird dabei in <strong>Lübeck</strong> auf die<br />
Stärkung der vorhandenen baulich-räumlichen Qualitäten gelegt und nicht auf einen flächendeckenden<br />
Rückbau oder Umbau.<br />
Das im StE+HK entwickelte alternative, jedoch nicht weiter verfolgte Leitbild „Buntekuh -<br />
ein schrumpfender Stadtteil“ wurde im Konzept mit verschiedenen schematischen Rückbauszenarien<br />
unterlegt. Ziel war es dabei, das Volumen zu visualisieren, das im Falle der<br />
negativen Bevölkerungsprognose zurückgebaut werden müsste. Auf diese Weise ist es<br />
gelungen, den Handlungsdruck anschaulich zu machen und die betroffenen Akteure/innen<br />
dazu zu bewegen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese Entwicklungen zu verhindern.<br />
Diesen Prozess hat die Visualisierung der vorstellbaren Rückbauszenarien sehr<br />
unterstützt und befördert.<br />
Diese Variante ist jedoch deshalb inhaltlich nicht weiter verfolgt worden, da sie derzeit als<br />
nicht realistisch eingeschätzt wird. Gründe hierfür sind, u.a. dass die Leerstände im Wohnungsbestand<br />
bislang noch eher gering bzw. punktuell sind, dass es einen Bedarf an<br />
günstigem Wohnraum gibt, der die Nachfrage nach Wohnungen in Buntekuh voraussichtlich<br />
sichert und der umfangreiche Rückbau zudem unter den heutigen Rahmenbedingungen<br />
wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Hinzu kommt, dass die Thematisierung eines möglichen<br />
flächenhaften Rückbaus in der Öffentlichkeit für große Unruhe gesorgt und so möglicherweise<br />
einer Destabilisierung des Gebiets Vorschub geleistet hätte.<br />
Abschlussbericht<br />
66<br />
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7.3 Erfahrungen mit dem städtebaulichen Instrumentarium im <strong>Stadtumbau</strong><br />
Auch wenn in <strong>Lübeck</strong> wie dargestellt das zur Verfügung stehende städtebauliche Instrumentarium<br />
für den <strong>Stadtumbau</strong> in Buntekuh kaum angewendet worden ist, werden hier<br />
einige grundsätzliche Anmerkungen dazu gemacht.<br />
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die zur Verfügung stehenden städtebaulichen<br />
Instrumente ausgereift sind und auch für die Herausforderungen des <strong>Stadtumbau</strong>s geeignet<br />
scheinen. So kann z.B. bei Bedarf das Sanierungsrecht in Teilen zur Veranlassung<br />
und Steuerung des Rückbaus angewendet werden. Das vorhandene städtebauliche Instrumentarium<br />
lässt durchaus Spielräume bzw. Sonderregelungen für den Bedarfsfall zu,<br />
so auch für den Umgang mit schrumpfenden Stadtteilen. Diese Spielräume werden aber<br />
in Zeiten knapper kommunaler bzw. öffentlicher Kassen häufig nur in Richtung der kommerziell<br />
und wirtschaftlich effektivsten Möglichkeit ausgeschöpft. Das Allgemeinwohl bzw.<br />
die Stadtteilinteressen kommen dabei ggf. zu kurz.<br />
Es muss grundsätzlich berücksichtigt werden, dass das vorhandene Instrumentarium für<br />
die Steuerung von städtischen Wachstumsprozessen und den Umgang mit der Steigerung<br />
von Bodenwerten erarbeitet worden ist. Die Dämpfung von Wertverlusten, die beim<br />
<strong>Stadtumbau</strong> im Vordergrund steht, ist hingegen nicht das originäre Ziel. Gerade der Lastenausgleich<br />
unter den betroffenen Eigentümern/innen ist aber von entscheidender Bedeutung<br />
im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s, auch wenn hierzu in Buntekuh keine Erfahrungen<br />
gesammelt werden konnten.<br />
Anwendungsbeispiele für städtebauliche Instrumente, die sich im Rahmen des <strong>Lübeck</strong>er<br />
Pilotprojektes bewährt haben, können aus den o. g. Gründen ebenso wenig gemacht<br />
werden wie Problembeispiele für unzureichende städtebauliche Instrumente.<br />
7.4 Empfehlungen für den Einsatz des städtebaulichen Instrumentariums im<br />
<strong>Stadtumbau</strong><br />
Auch wenn im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s in <strong>Lübeck</strong> das städtebauliche Instrumentarium<br />
kaum angewendet wurde, sollen hier abschließend einige Anmerkungen gemacht werden.<br />
Die Novelle des BauGB, insbesondere der § 171 a-d zum <strong>Stadtumbau</strong>, scheint aus <strong>Lübeck</strong>er<br />
Sicht sinnvoll, da hierdurch ein flexibles Steuerungsinstrument für die Aushandlungsprozesse<br />
zwischen Kommune und privaten Akteuren/innen, z.B. der Wohnungswirtschaft<br />
bereitgestellt wird. Die Möglichkeiten der Umsetzung vor Ort werden jedoch von den lokalen<br />
Handlungsspielräumen und der Flexibilität der beteiligten Partner/innen entscheidend<br />
geprägt. Der neue Paragraph orientiert sich in Teilen an den städtebaulichen Verträgen,<br />
die bereits heute nach geltendem Recht geschlossen werden können und für<br />
vielfältige Handlungsanforderungen geeignet sind.<br />
Aus Sicht der <strong>Lübeck</strong>er Erfahrungen wäre es sinnvoll, wenn altbewährte Instrumente der<br />
Städtebauförderung bzw. das Planungsrecht auf die sich schnell verändernden Rahmenbedingungen<br />
der Planung (in diesem Fall zu verstehen als einen Spiegel der gesellschaftlichen<br />
Entwicklungen, z.B. der demographische Wandel) reagieren könnten. Hierbei ist<br />
jedoch wichtig, eine klare Grenze zwischen Flexibilität und Beliebigkeit zu ziehen und<br />
diese nicht zu überschreiten.<br />
Abschlussbericht<br />
67<br />
steg Hamburg mbH
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8. Beobachtungssysteme im <strong>Stadtumbau</strong><br />
8.1 Gestaltung des Beobachtungssystems<br />
Für die Begleitung und das Monitoring des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses in <strong>Lübeck</strong> Buntekuh<br />
existiert kein gesondertes System und die Einrichtung eines solchen ist auch nicht vorgesehen.<br />
Dies liegt vor allem darin begründet, dass sich der <strong>Stadtumbau</strong> in Buntekuh auf<br />
die Umsetzung nur von einigen wenigen Maßnahmen bezieht und stärker auf die Entwicklung<br />
von konzeptionellen Grundlagen sowie die Vorbereitung einer Stadtteilentwicklungsstrategie<br />
abzielt. Sollte <strong>Lübeck</strong> mit anderen Maßnahmen in das Regelprogramm<br />
<strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> aufgenommen werden, wird ein entsprechendes Monitoring-Verfahren<br />
umgesetzt, um eine Sicherheit hinsichtlich Erfolgen und Leistungsschritten zu erhalten,<br />
damit die auf dem Weg gesetzten Ziele erreicht werden. Da <strong>Lübeck</strong> bisher kein gesamtstädtisches<br />
integriertes Entwicklungskonzept (ISEK) hat, sind solche Ziele zukünftig zu<br />
definieren. Analysierende Gespräche mit Expert/innen und Anwohner/innen, die im Vorfeld<br />
der Programmaufnahme in das Förderprogramm Soziale Stadt durchgeführt werden,<br />
können Grundlage des Soziale-Stadt-Monitorings sein.<br />
Abgesehen von der Projektforschung im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes durch<br />
die steg Hamburg, gibt es keine Dokumentation und Analyse der Entwicklungsprozesse<br />
und Projektfortschritte. Die Projektforschung vor Ort dokumentiert die Entwicklungen und<br />
Entscheidungen durch Protokolle der monatlichen Steuerungsrunden inkl. einer Darstellung<br />
der entsprechenden Sachstände. Darüber hinaus werden in den Quartalsberichten<br />
und den jährlichen Zwischenberichten für das BBR, vertreten durch die FORUM GmbH,<br />
die Entwicklungen und Fortschritte des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses dokumentiert.<br />
Dennoch sollen hier einige allgemeine Anmerkungen zu dieser Thematik gemacht werden,<br />
die bei der Überleitung des Projektgebietes in das Programm „Soziale Stadt“ berücksichtigt<br />
werden müssen. Entsprechende Anregungen hat das <strong>Lübeck</strong>er Projekt auch auf<br />
einer Projektwerkstatt im Rahmen des Forschungsfeldes erhalten.<br />
Ein möglicher Nutzen von Monitoring-Systemen für die Kommunen ist, dass diese als<br />
Frühwarnsystem sowie als Grundlage für politische Entscheidungen fungieren können.<br />
Voraussetzung hierfür ist jedoch die kontinuierliche Beobachtung, Bearbeitung und Bewertung,<br />
z.B. bezogen auf statistische Datenerhebungen. Nur so könnten Veränderungen<br />
festgehalten werden.<br />
Grundsätzlich sollten aus <strong>Lübeck</strong>er Sicht Stadt(teil)entwicklungskonzepte und -strategien<br />
so angelegt sein, dass sie eine Fortschreibung ermöglichen. Mögliche quantitative Elemente<br />
einer einfachen Fortschreibung bzw. eines Monitorings der weiteren Entwicklung<br />
könnten z.B. sein:<br />
• Beobachtung der Einwohner/innenentwicklung durch kontinuierliche Datenauswertung<br />
kommunaler Daten (Schrumpfung, Stagnation oder Wachstum?)<br />
• Verfolgung von sozio-demographischen Entwicklungstendenzen durch kontinuierliche<br />
Datenauswertung kommunaler Daten, z.B. der Wanderungsbewegungen, der<br />
Altersstrukturen, der Bevölkerungsstruktur;<br />
Abschlussbericht<br />
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• Leerstandsmonitoring, z.B. durch stromzählergestützte Verfahren, inkl. der<br />
Identifizierung von räumlichen Schwerpunkten bei Leerständen;<br />
• Fluktuationsmonitoring durch Daten der Wohnungswirtschaft, inkl. der Identifizierung<br />
von räumlichen Schwerpunkten bei der Fluktuation;<br />
• Beobachtung der Wertentwicklung von Immobilien bzw. Grundstücken, z.B. durch<br />
Auswertung von Informationen bezüglich der Bodenrichtwerte.<br />
Da in der Praxis keines dieser Elemente bisher umgesetzt wurde, fehlen zur genaueren<br />
Einschätzung entsprechende Erfahrungen. Für diese einzelnen o.g. Bereiche müssten im<br />
Rahmen einer Fortschreibung entsprechende Schwellenwerte festgesetzt werden, um<br />
Entwicklungen beurteilen und ggf. Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.<br />
Qualitative Indikatoren können durch regelmäßige Befragungen / Längsschnittuntersuchungen<br />
erhoben werden, z.B. bezüglich der Wohnzufriedenheit oder der Umzugsabsichten.<br />
Entscheidende Voraussetzung für eine Wirkungsbeobachtung ist die eindeutige Definition<br />
von Zielsetzungen inkl. der Bildung von messbaren Indikatoren, um Veränderungen bzw.<br />
Entwicklungen feststellen zu können. Dies ist bei der Konkretisierung von Zielsetzungen<br />
zu beachten und muss nach Möglichkeit zu Beginn eines Verfahrens festgelegt werden.<br />
Aufgrund des vorliegenden Konzeptes wären ggf. sinnvoll zu untersuchende Elemente die<br />
Zuzüge/Wegzüge sowie Veränderungen der Einkommenssituation.<br />
8.2 Erfahrungen mit dem Beobachtungssystem<br />
Das <strong>Lübeck</strong>er Pilotprojekt kann über keine Erfahrungen berichten, da hier im <strong>Stadtumbau</strong><br />
kein Beobachtungssystem installiert worden ist.<br />
8.3 Empfehlungen für Monitoring und Evaluation im <strong>Stadtumbau</strong><br />
Da aufgrund der mangelnden <strong>Lübeck</strong>er Erfahrungen keine Empfehlungen zu dieser Thematik<br />
gegeben werden können, sollen abschließend nur einige grundsätzliche Anmerkungen<br />
gemacht werden, die im Zusammenhang mit Monitoring und Evaluation berücksichtigt<br />
werden müssen:<br />
Grundsätzlich problematisch ist die Bewertung von direkten Ursache-Wirkung-Zusammenhängen<br />
bei Maßnahmen. Denn diese sind häufig nicht klar erkennbar oder eindeutig<br />
festzustellen.<br />
Beim Abbruch des Wohnhochhauses Pinassenweg ist die Frage, wie groß die Auswirkung<br />
des Rückbaus von 170 Wohneinheiten bei einem Gesamtbestand von über 5.000 Wohneinheiten<br />
im Projektgebiet sein kann und wie sich eine solche Wirkung feststellen lässt.<br />
Bisher lassen sich durch den Abriss quantitativ eine Abnahme der Bevölkerung im Projektgebiet<br />
feststellen, sowie qualitativ ein Imagegewinn, da durch den Rückbau ein Zeichen<br />
gesetzt wurde, dass etwas passiert. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein<br />
messbares Kriterium.<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass sich durch die veränderte Sozialgesetzgebung in den<br />
vergangenen Jahren die Datengrundlagen verändert haben (Stichwort Zusammenlegung<br />
Abschlussbericht<br />
69<br />
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von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe) und daher derzeit Langzeitbeobachtungen nur noch<br />
erschwert bzw. gar nicht möglich sind.<br />
Bezüglich des Themas Imagewandel ist es schwierig, das Image eines Gebietes oder<br />
Objektes überhaupt festzumachen. Befragungen ergeben hier in der Regel nur sehr subjektive<br />
Meinungs- und Stimmungsbilder und sind daher nicht Ziel führend, um Veränderungen<br />
zu beobachten. Und auch hier ist wieder der Zusammenhang von Ursache<br />
und Wirkung nur schwer festzustellen.<br />
Abschlussbericht<br />
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ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotprojekt <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh 2003 - 2007<br />
9. Gesamtfazit<br />
Am Ende des viereinhalbjährigen Pilotprojektes <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh kann vor dem Hintergrund<br />
der gemachten kommunalen Praxiserfahrungen folgendes Gesamtfazit gezogen<br />
werden.<br />
Die <strong>Stadtumbau</strong>thematik und die neuen Handlungserfordernisse waren für die beteiligten<br />
Akteurinnen und Akteure in der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> zu Beginn des Projektes Neuland.<br />
Weder die kommunale Verwaltung, die Lokalpolitik noch die Wohnungswirtschaft und<br />
auch die städtische Öffentlichkeit hatten zum damaligen Zeitpunkt den <strong>Stadtumbau</strong> als ein<br />
zukunftsweisendes Thema für <strong>Lübeck</strong> auf der Agenda. Bevölkerungsrückgang, Alterung<br />
der Gesellschaft, Rückbau von Wohnungsbeständen waren eher abstrakte und ferne<br />
Schlagworte und weniger konkrete Rahmenbedingungen für die eigene Stadtentwicklung.<br />
Im Rahmen der unterschiedlichen Debatten über den <strong>Stadtumbau</strong> und das Projektgebiet<br />
Buntekuh ist es jedoch im Laufe der Jahre gelungen, die Dringlichkeit dieser Thematik zu<br />
vermitteln und die Schlagworte mit konkreten Inhalten zu füllen. Im Ergebnis wurde in der<br />
Stadt damit begonnen, sich gemeinsam auf die Suche nach neuen Entwicklungsstrategien<br />
und Projektansätzen zu machen. In dieser Hinsicht ist das Pilotprojekt <strong>Stadtumbau</strong><br />
<strong>West</strong> ein Erfolg gewesen, denn es hat zur Einleitung eines Perspektivenwechsels bei den<br />
kommunalen Akteurinnen und Akteuren geführt, zumindest für Buntekuh.<br />
Gleichzeitig ist die <strong>Lübeck</strong>er Stadtentwicklung nach wie vor geprägt von übergeordneten<br />
Wachstumszielen. Dies wird deutlich bei der Entwicklung von neuen Stadtteilen wie dem<br />
Hochschulstadtteil oder dem Wohngebiet Bornkamp. Aber die dringende Notwendigkeit,<br />
sich auch stärker um Bestandsquartiere zu kümmern und hierfür Strategien zu entwickeln<br />
wurde ebenfalls erkannt. So hat das Projektgebiet Buntekuh von dem ExWoSt-Projekt auf<br />
jeden Fall profitiert. Denn im Rahmen des Projektes wurden Maßnahmen umgesetzt, die<br />
ohne das Programm voraussichtlich nicht möglich gewesen wären – hierzu zählt vor allem<br />
der Abbruch des Wohnhochhauses am Pinassenweg, die Diskussion über den zukünftigen<br />
Umgang mit dem Wohnhochhaus an der Karavellenstraße aber auch die Entwicklung<br />
von neuen Ideen für die Stadtteilmitte im Rahmen eines anspruchsvollen und kreativen<br />
Werkstattverfahrens.<br />
Insbesondere die Erarbeitung umfassender konzeptioneller Grundlagen als Basis für das<br />
Handeln von Verwaltung, Politik und Wohnungswirtschaft wäre für diesen Stadtteil vermutlich<br />
ohne das <strong>Stadtumbau</strong>projekt nicht möglich gewesen. Die Überleitung in ein Programmgebiet<br />
„Soziale Stadt“ ist ebenfalls auf die im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>prozesses<br />
geführten Debatten sowie auf die dort geschaffenen Grundlagen und die dort gewonnenen<br />
Erkenntnisse zurückzuführen. Der <strong>Stadtumbau</strong> hat in <strong>Lübeck</strong> somit einen eher aus<br />
dem Blick verlorenen Stadtteil wieder auf die Tagesordnung von Verwaltung, Politik und<br />
Wohnungswirtschaft gesetzt. Dies ist ein erster notwendiger Schritt, um anschließend<br />
Kräfte und Ressourcen für die Entwicklung des Stadtteils zu bündeln.<br />
Gerade der modellhafte Charakter des Projektes hat es ermöglicht, im Rahmen der Erarbeitung<br />
von konzeptionellen Grundlagen und Planungsvoraussetzungen innovative neue<br />
Wege auszuprobieren, bzw. mit verschiedenen Methoden zu experimentieren und Erfahrungen<br />
zu sammeln.<br />
So wurden im Stadtteilentwicklungs- und Handlungskonzept beispielsweise schematische<br />
Rückbauvarianten für den Stadtteil erarbeitet, um die eher abstrakten Zahlen der vorge-<br />
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legten negativen Bevölkerungsprognose für Buntekuh in ihren möglichen räumlichen<br />
Auswirkungen plastisch und drastisch darzustellen. Diese Darstellungsform hat besonders<br />
in den Diskussionen mit Akteuren/innen aus der Wohnungswirtschaft dazu geführt, dort<br />
initiativ zu werden und sich wieder stärker für Buntekuh zu engagieren und im Stadtteil zu<br />
investieren – was allerdings einige Wohnungsunternehmen auch zuvor bereits getan haben.<br />
Die Untersuchungen von Rückbauvarianten für das Wohnhochhaus am Pinassenweg haben<br />
es ermöglicht, hier verschiedene Alternativen zu prüfen und zu bewerten, um eine<br />
fundierte Entscheidung über den Rückbau treffen zu können und den Rückbau entsprechend<br />
durchzuführen. Die umfangreiche immobilienwirtschaftliche Analyse des Wohnhochhauses<br />
in der Karavellenstraße hat dazu geführt, der Eigentümerin konkrete Informationen<br />
über die Möglichkeiten und Kosten der verschiedenen Varianten für den Umgang<br />
mit diesem Objekt zur Verfügung zu stellen und eine Entscheidung über den mittelfristigen<br />
Erhalt des Gebäudes zu treffen. Derartig breit angelegte Voruntersuchungen wären<br />
ohne den experimentellen Charakter des Forschungsprojektes vermutlich aus Kostengründen<br />
unterblieben.<br />
Die Durchführung innovativer Formen der Bürgerbeteiligung wie das Verfahren „Ideen für<br />
die Mitte“ ermöglichte zum einen die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger des<br />
Stadtteils in die konkrete Planung zur zukünftigen Entwicklung des Stadtteils, zum anderen<br />
wurde hier ein Impulsprojekt entwickelt, das den Beginn der Gebietsentwicklung im<br />
Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ positiv einleitete und darüber<br />
hinaus zu einer Imageverbesserung für den Stadtteil führte.<br />
Auch bezüglich der Kooperation mit der Wohnungswirtschaft und den Grundeigentümern<br />
konnten im Rahmen des Projektes neue Erfahrungen gesammelt werden und die Kooperationsbeziehungen<br />
der Stadtverwaltung mit diesem Sektor intensiviert werden.<br />
Grundsätzlich neu am <strong>Stadtumbau</strong> ist neben der dargestellten veränderten Perspektive<br />
auf die zukünftige Stadtentwicklung (Weniger Gestaltung von Wachstum als zukunftsfähige<br />
Gestaltung von Stagnation oder Schrumpfung) die erforderliche engere Kooperation<br />
mit privaten Akteuren. Im Rahmen des <strong>Stadtumbau</strong>s von Wohnquartieren wie Buntekuh<br />
spielt hier insbesondere die Wohnungswirtschaft eine ganz zentrale Rolle. Daher bedarf<br />
es zukünftig in der Stadtteilentwicklung neuen Kooperationsformen zwischen den Beteiligten,<br />
also zwischen Kommune, Wohnungs- und Grundeigentümer/innen und den Akteuren<br />
vor Ort (Mieter/innen, Initiativen etc.).<br />
Das sich zunehmend ausdifferenzierende Instrumentarium der Städtebauförderung und<br />
auch der Wohnraumförderung bietet hier mittlerweile neue Möglichkeiten, derartige verbindliche<br />
Kooperationen zu schmieden. So wurden im Rahmen der Regelungen zum<br />
<strong>Stadtumbau</strong> im BauGB entsprechende Möglichkeiten geschaffen. Insbesondere die im<br />
Rahmen der jüngsten Novelle geschaffene Öffnungsklausel für private Initiativen zur<br />
Stadtteilentwicklung (§ 171 f BauGB) bietet hier große Chancen. Allerdings muss dafür<br />
zunächst noch entsprechendes Landesrecht geschaffen werden, um z.B. Instrumente wie<br />
die aktuell in der Diskussion befindlichen Housing Improvement Districts zu ermöglichen.<br />
Ein in diesem Zusammenhang wichtiges neueres Instrument sind auch die Kooperationsverträge<br />
nach Wohnraumförderungsgesetz (§§ 14 und 15 des Gesetz über die soziale<br />
Wohnraumförderung). In solchen Verträgen können u.a. „die Übernahme von wohnungs-<br />
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wirtschaftlichen, baulichen und sozialen Maßnahmen, insbesondere von solchen der Verbesserung<br />
des Wohnumfeldes, der Behebung sozialer Missstände und der Quartiersverwaltung“<br />
vereinbart werden. Angestrebt werden dabei eine Verbesserung der Wohnverhältnisse<br />
sowie die Schaffung oder Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen. Die<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> und die Investitionsbank Schleswig-Holstein haben auf dieser gesetzlichen<br />
Grundlage in 2006 einen sehr weit reichenden Kooperationsvertrag mit dem <strong>Lübeck</strong>er<br />
gemeinnützigen Bauverein eG geschlossen. Dieser Vertrag könnte Vorbildfunktion<br />
für weitere Maßnahmen und Projekte haben.<br />
Zusammenfassend lässt sich aus Sicht der <strong>Lübeck</strong>er Erfahrungen und Einschätzungen<br />
sagen, dass es mittlerweile verschiedene Möglichkeiten zur Ausgestaltung von Stadtentwicklungsprozessen<br />
gibt, die auf die veränderten Rahmenbedingungen und die neuen<br />
Herausforderungen des <strong>Stadtumbau</strong>s reagieren. Grundsätzlich stellt sich hier natürlich<br />
immer die Frage nach der Anwendung und konkreten Ausgestaltung vor Ort. In <strong>Lübeck</strong><br />
wurden nun erste Erfahrungen gesammelt, welche die beteiligten Akteure/innen ermutigen<br />
sollten, neue Formen der Aushandlungsprozesse und der Umsetzung von stadtentwicklungspolitischen<br />
Strategien anzuwenden und neue Wege zu gehen.<br />
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ANHANG<br />
Abschlussbericht
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong><br />
I. Adressen, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong><br />
Bereich Stadtplanung (Projektkoordination)<br />
Frau Christiane Schlonski<br />
Mühlendamm 12 * 23539 <strong>Lübeck</strong><br />
Telefon: 0451 – 122 6123<br />
Telefax: 0451 – 122 6190<br />
E-Mail: christiane.schlonski@luebeck.de<br />
Bereich Soziale Sicherung (ehemals Wohnen)<br />
Frau Gudrun Habeck<br />
Kronsforder Allee 2-6 * 23560 <strong>Lübeck</strong><br />
Telefon: 0451 – 122 6428<br />
Telefax: 0451 – 122 6490<br />
E-Mail: gudrun.habeck@luebeck.de<br />
Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH<br />
Herr Matthias Rasch<br />
Falkenstraße 11 * 23564 <strong>Lübeck</strong><br />
Telefon: 0451 – 799 66 302<br />
Telefax: 0451 – 799 66 990<br />
E-Mail: rasch@trave.de<br />
Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft steg Hamburg mbH<br />
Frau Karen Hartmann (Projektforschung)<br />
Schulterblatt 26-36 * 20357 Hamburg<br />
Telefon: 040 – 43 13 93 63<br />
Telefax: 040 – 43 13 93 10<br />
E-Mail: karen.hartmann@steg-hh.de<br />
Abschlussbericht
ExWoSt-Forschungsfeld <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong><br />
II. Quellen und Literatur<br />
Dem vorliegende Bericht nutzt als Quellen u.a. die Ergebnisse von Gesprächen mit unterschiedlichen<br />
Vertreter/innen der <strong>Lübeck</strong>er Verwaltung: Bereich Stadtplanung, Bereich<br />
Stadtgrün, Bereich Wohnen, Bereich Schule und Sport. Ebenfalls wurden Gespräche mit<br />
Akteuren/innen aus dem Stadtteil geführt, z.B. Vertreter/innen der Schulen, des Sportvereins,<br />
des Anwohnerverein und der Kirchengemeinde. Darüber hinaus wurden in der<br />
Steuerungsrunde für das Pilotgebiet Buntekuh die verschiedenen Themen des Berichtes<br />
diskutiert.<br />
Darüber hinaus wurden folgende Veröffentlichungen im Rahmen der Berichterstellung<br />
ausgewertet:<br />
Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Hansestadt <strong>Lübeck</strong>: Grundstücksmarktbericht<br />
2003. 2003.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Fachbereich 5 Stadtplanung:<br />
Bericht zum Stand der Aufstellung und Umsetzung von Bebauungsplänen für Wohnungsbau.<br />
Mai 2002.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Statistik und Wahlen:<br />
Bevölkerungsprognose für die Bevölkerung der Hansestadt <strong>Lübeck</strong> von 2000 - 2015.<br />
www.luebeck.de/stadt_politik/statistik<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Statistik und Wahlen:<br />
Einwohner und Haushalte. Die Generierung von Haushaltsdaten aus dem Einwohnermelderegister.<br />
November 2002.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Bereiche Stadtentwicklung, Stadtsanierung und Wohnen:<br />
Förderantrag für das <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotgebiet <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh. Februar 2002.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Bereiche Stadtentwicklung, Stadtsanierung und Wohnen:<br />
Ergänzung zum Förderantrag für das <strong>Stadtumbau</strong> <strong>West</strong> Pilotgebiet <strong>Lübeck</strong>-Buntekuh.<br />
November 2002.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Fachbereiche Kultur und Stadtplanung:<br />
Hudekamp – Stadtteilerneuerungsprojekt. Dokumentation. Oktober 2002.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Statistik und Wahlen:<br />
Stadtteilprofil Buntekuh. November 1997.<br />
Hansestadt <strong>Lübeck</strong> / Statistik und Wahlen:<br />
Statistisches Jahrbuch 2004. August 2005. (www.luebeck.de)<br />
InWIS F&B:<br />
Wohnungsmarktanalyse und -prognose für die Stadt <strong>Lübeck</strong>.<br />
ISIP, Institut für Sicherheits- und Präventionsforschung e.V.:<br />
Sicherheitsanalyse <strong>Lübeck</strong> 2000.<br />
KOM PLAN:<br />
Auswertung und Ergebnisse der Mieterbefragung Pinassenweg 28-38. Dezember 2000.<br />
Abschlussbericht