Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen
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finanzielle Überleben in einer wissenschaftlichen <strong>und</strong> para-universitären Laufbahn, die keine Karriere<br />
mehr sein kann, zu gewährleisten.<br />
Im “flexiblen Kapitalismus” erfahren Menschen, meint Richard Sennett, die diesen Veränderungen<br />
ausgesetzt sind, drei Arten von Unsicherheit, nämlich durch “mehrdeutige Seitwärtsbewegungen”,<br />
“retrospektive Verluste” <strong>und</strong> “unvorhersehbare Einkommensentwicklung”. 104 Die Brüchigkeiten dieser<br />
Lebensläufe, der Verlust von akademisch-verbeamteten Karrieremustern <strong>und</strong> die unsichere<br />
Einkommensentwicklung sind als Indizien dieser Veränderungsprozesse evident. Lassen sich diese<br />
Arten der Unsicherheiten mit jenen, die die Externen <strong>LektorInnen</strong> <strong>und</strong> Freien WissenschafterInnen<br />
betreffen, vergleichen? Sind “retrospektive Verluste” bei den Externen <strong>LektorInnen</strong> <strong>und</strong> Freien<br />
WissenschafterInnen der Verlust herkömmlicher beruflicher Laufbahnen? Könnte dieses“Dann-doch-<br />
immer-weitermachen” <strong>und</strong> sich mit Jobs in der Laufbahn des/der Externen LektorIn/Freien<br />
WissenschafterIn halten, nicht vielleicht als “Seitwärtsbewegung” gelesen werden? Was wären dann<br />
“Vorwärtsbewegungen” <strong>und</strong> wo könnten sie hinführen?<br />
2.1.1. Zur Methode des narrativen lebensgeschichtlichen Interviews<br />
Mit Hilfe von theoretischen Konzepten aus der Biographieforschung kann der in der erzählten<br />
Lebensgeschichte hergestellte Zusammenhang zwischen (früher) erlebter <strong>und</strong> (heute) erzählter<br />
Lebensgeschichte besser entschlüsselt werden. Das von Fritz Schütze entwickelte narrative<br />
Interview 105 , das dem selbststrukturierenden Erzählen besonders viel Raum läßt, eignet sich für den<br />
lebensgeschichtlichen Zugang am besten. Um zu verstehen, in welchem Sinnzusammenhang einzelne<br />
Erzählungen stehen, wird versucht, die “strukturierende Dynamik der Lebensgeschichte” (Schütze) zu<br />
erfassen. Zeithistorische Bedingungen, die sich nach Geschlecht, Milieu, etc. unterschiedlich<br />
auswirken, sind als relativ offene Handlungshorizonte, die an den jeweiligen lebensgeschichtlichen<br />
Kontext geknüpft sind, verstehbar, sie werden erst durch diesen in ihrer Bedeutung für das Handeln<br />
entschlüsselbar. 106 “Die Biographie” wird zunehmend selbst als soziales, historisches <strong>und</strong> textliches<br />
104 Ebd. S. 112.<br />
105 Vgl. SCHÜTZE, Fritz: Zur Hervorlockung <strong>und</strong> Analyse thematisch relevanter Geschichten im Rahmen<br />
soziologischer Feldforschung, in: Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hg.), Kommunikative Sozialforschung,<br />
München 1976, S. 159-260<br />
SCHÜTZE, Fritz: Die Technik des narrativen Interviews. in: Interaktionsfeldstudien. Arbeitsberichte <strong>und</strong><br />
Forschungsmaterialien Nr. 1 der Universität Bielefeld, Bd. 10, Opladen, S. 7-41; SCHÜTZE, Fritz:<br />
Biographieforschung <strong>und</strong> narratives Interview. In: Neue Praxis, 3, 1983, S. 283-294.<br />
106 Vgl. BRECKNER, Roswitha: Von den Zeitzeugen zu den Biographen. Methoden der Erhebung <strong>und</strong><br />
Auswertung lebensgeschichtlicher Interviews. In: Berliner Geschichtswerkstatt (Hg.), Alltagskultur, Subjektivität<br />
<strong>und</strong> Geschichte. Zur Theorie <strong>und</strong> Praxis von Alltagsgeschichte, 1994, S. 202.<br />
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