Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen
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1.3.2. Feministische Lehrende und Forschende an den Rändern des Wissenschaftsbetriebs Diese Verknüpfung der Fragen nach der Unterrepräsentanz von Frauen im Wissenschaftsbetrieb und nach der Verortung feministischer Wissenschaften darin, verweist auf die ambivalente berufliche Stellung feministisch Lehrender und Forschender in Österreich. Feministische Inhalte sind also maßgeblich durch Externe Lektorinnen in die österreichischen Universitäten hineingetragen worden. Diese begaben sich in verschiedener Hinsicht damit in eine prekäre berufliche Situation. Sie ermöglichten sich einerseits über die Erarbeitung und Vermittlung einer feministischen Perspektive in den Wissenschaften insgesamt, bzw. in ihrer jeweiligen Disziplin einen kreativen, identitätspolitisch bestärkenden inhaltlichen Zugang zum Wissenschaftsbetrieb. 71 Das bei beruflich abgesicherten Personen auffindbare entsprechend hohe berufliche Selbstbewußtsein fehlt jedoch bei den Externen LektorInnen und Freien WissenschafterInnen bzw. kann allenfalls durch ein politisch kämpferisches ersetzt werden, da ihre berufliche Identität ständig in Frage steht und nur situativ oder ambivalent Anerkennung von außen erfährt. 72 Eine wesentliche These dieses Forschungsprojekts ist daher folgende: Die Ambivalenz wird wirksam und sichtbar, insofern genau dieser innovative und emanzipatorische Aspekt feministisch Lehrender und Forschender dieselben an den Rändern des Wissenschaftsbetriebs festzuhalten scheint – trotz der Initiativen zur Verankerung feministischer Forschung und Lehre an österreichische Universitäten, die über universitäre Anti-Diskriminisierungsmaßnahmen hinauszugehen beanspruchen. 73 Inwiefern diese Maßnahmen zusätzlich dazu beitragen, feministische Lehrende und Forschende gerade dort, an den Rändern des Wissenschaftsbetriebs festzuhalten, ist daher eingehender zu diskutieren. Die weiterführende These lautet daher folgendermaßen: Das Festhalten und Festgehaltenwerden an den Rändern des universitären Wissenschaftsbetriebs passiert für die genannte Personengruppe aufgrund verschiedener Spannungsverhältnisse. Diese bestehen in berufsökonomischen 71 Vgl. INGRISCH, Doris; Lichtenberger-Fenz, Brigitte: Hinter den Fassaden des Wissens. Frauen, Feminismus und Wissenschaft – eine aktuelle Debatte, Wien 1999. 72 Vgl. Kapitel 2.4. 73 Vgl. BIRKHAN, Ingvild: Einleitende Bemerkungen zum Frauenförderungsplan. In: Interuniversitäre Koordinationsstelle für Frauenforschung Wien (Hg.): Information II, 1/1995, Wien 1995, S. 25; FELT, Ulrike: Chancen und Risiken des UOG ’93. Zur Situation der Frauen an den österreichischen Universitäten. In: Interuniversitäre Koordinationsselle für Frauenforschung Wien (Hg.): Information II 1/1995, Wien 1995, S. 9–15 SCHLIESSELBERGER, Eva; Strasser, Sabine: In den Fußstapfen der Pallas Athene? Möglichkeiten und Grenzen des Mentoring von unterrepräsentierten Gruppen im universitären Feld am Beispiel von Frauen in den Kulturwissenschaften, Wien 1998. 47
Gegebenheiten und Potentialitäten, die einander widersprechen. Es sind diese Widersprüche, die Personen, welche als Externe Lektorinnen feministisch lehren und als Freie Wissenschafterinnen feministisch forschen, in ihrer ganzen beruflichen Identität betreffen. Diese ambivalente berufliche Identität, die eben in dieser Hinsicht – und nur in dieser – eine kollektive Identität darstellt, ist zudem in signifikanter Weise zugespitzt: Sie ist nur begrenzt frei gewählt und dennoch ständig von Verlust bedroht. Verschiedene Faktoren, die für diese Spannungsverhältnisse auslösend oder verstärkend sind, werden im Folgenden näher bestimmt: Der erste Faktor besteht in einer konstant wachsenden Nachfrage (insbesondere von studentischer Seite) nach feministischer Lehre, zum Teil unter den Bezeichnungen “Gender Studies” oder “Frauenforschung”. Diese nach wie vor steigende studentische Nachfrage übt seit nunmehr 25 Jahren immer wieder politischen Druck auf universitäre Gremien aus, die verblüffend konstant resistent dagegen reagieren, feministische Lehre als selbstverständliches Bestandteil jeder Disziplin zu integrieren. Das heißt, die zuständigen Gremien verweigern, bis auf wenige Ausnahmen, den “Ankauf” externer feministischer Lehre, obwohl die jeweiligen Institute und Fakultäten den Bedarf von sich aus nicht decken können. Das vom Wissenschaftsministerium 1982 eingerichtete Sonderkontingent in Höhe von 147 Stunden erwies sich bald als viel zu gering. Denn konzentrierte sich das Sonderkontingent anfänglich nur auf wenige Fachbereiche an der Universität Wien, so weitete sich der BewerberInnenkreis schnell auf andere Fachbereiche und Universitäten aus. Zusätzlich wurden immer wieder Lehrveranstaltungen, die zwar keinen feministischen Ansatz, jedoch eine weibliche Lehrende hatten, aus dem Sonderkontingent Frauenforschung finanziert. Verschärft wurde diese Tendenz durch die dezidiert monolineare Permeabilität des “Frauentopfes”, das heißt, Lehrenden, deren Veranstaltungen einmal aus dem Sonderkontingent finanziert wurden, war es praktisch kaum mehr möglich, eine Veranstaltung aus dem Hauptkontingent finanziert zu bekommen. 74 Erst 1990 wurde das Sonderkontingent um 53 Stunden auf 200 erhöht. Mit diesen 200 Stunden pro Studienjahr wird seither die externe feministische Lehre in allen Disziplinen an allen Universitäten in ganz Österreich finanziert. Erfolgte die Zuteilung des Lehrauftragskontingents bis zur Novellierung des Dienstrechts und der Implementierung des UOG ’93 direkt vom Ministerium an die Universitäten, so sichert nun die Verordnung aufgrund des BGBG (Frauenförderungsplan), ein bestimmtes Kontingent von Lehrauftragsstunden für frauenspezifische/feministische Lehre an den jeweiligen Universitäten. Darüber hinaus haben einzelne Universitäten in ihren Satzungen eine Mindestkontingentierung für 74 Vgl. GRIESEBNER, Andrea: Die Wiener Initiative für die Stärkung der Frauenforschung und ihrer Verankerung in der Lehre. Ein Bericht. In: Seiser, Gertraud; Knollmayer, Eva (Hg.): Von den Bemühungen der Frauen in der Wissenschaft Fuß zu fassen. Materialien zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft, Bd. 3, Wien 1994, S. 61- 74. 48
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Gegebenheiten <strong>und</strong> Potentialitäten, die einander widersprechen. Es sind diese Widersprüche, die<br />
Personen, welche als Externe Lektorinnen feministisch lehren <strong>und</strong> als Freie Wissenschafterinnen<br />
feministisch forschen, in ihrer ganzen beruflichen Identität betreffen. Diese ambivalente berufliche<br />
Identität, die eben in dieser Hinsicht – <strong>und</strong> nur in dieser – eine kollektive Identität darstellt, ist zudem in<br />
signifikanter Weise zugespitzt: Sie ist nur begrenzt frei gewählt <strong>und</strong> dennoch ständig von Verlust<br />
bedroht.<br />
Verschiedene Faktoren, die für diese Spannungsverhältnisse auslösend oder verstärkend sind, werden<br />
im Folgenden näher bestimmt:<br />
Der erste Faktor besteht in einer konstant wachsenden Nachfrage (insbesondere von studentischer<br />
Seite) nach feministischer Lehre, zum Teil unter den Bezeichnungen “Gender Studies” oder<br />
“Frauenforschung”. Diese nach wie vor steigende studentische Nachfrage übt seit nunmehr 25 Jahren<br />
immer wieder politischen Druck auf universitäre Gremien aus, die verblüffend konstant resistent<br />
dagegen reagieren, feministische Lehre als selbstverständliches Bestandteil jeder Disziplin zu<br />
integrieren. Das heißt, die zuständigen Gremien verweigern, bis auf wenige Ausnahmen, den “Ankauf”<br />
externer feministischer Lehre, obwohl die jeweiligen Institute <strong>und</strong> Fakultäten den Bedarf von sich aus<br />
nicht decken können. Das vom Wissenschaftsministerium 1982 eingerichtete Sonderkontingent in<br />
Höhe von 147 St<strong>und</strong>en erwies sich bald als viel zu gering. Denn konzentrierte sich das<br />
Sonderkontingent anfänglich nur auf wenige Fachbereiche an der Universität Wien, so weitete sich der<br />
BewerberInnenkreis schnell auf andere Fachbereiche <strong>und</strong> Universitäten aus. Zusätzlich wurden immer<br />
wieder Lehrveranstaltungen, die zwar keinen feministischen Ansatz, jedoch eine weibliche Lehrende<br />
hatten, aus dem Sonderkontingent Frauenforschung finanziert. Verschärft wurde diese Tendenz durch<br />
die dezidiert monolineare Permeabilität des “Frauentopfes”, das heißt, Lehrenden, deren<br />
Veranstaltungen einmal aus dem Sonderkontingent finanziert wurden, war es praktisch kaum mehr<br />
möglich, eine Veranstaltung aus dem Hauptkontingent finanziert zu bekommen. 74<br />
Erst 1990 wurde das Sonderkontingent um 53 St<strong>und</strong>en auf 200 erhöht. Mit diesen 200 St<strong>und</strong>en pro<br />
Studienjahr wird seither die externe feministische Lehre in allen Disziplinen an allen Universitäten in<br />
ganz Österreich finanziert. Erfolgte die Zuteilung des Lehrauftragskontingents bis zur Novellierung des<br />
Dienstrechts <strong>und</strong> der Implementierung des UOG ’93 direkt vom Ministerium an die Universitäten, so<br />
sichert nun die Verordnung aufgr<strong>und</strong> des BGBG (Frauenförderungsplan), ein bestimmtes Kontingent<br />
von Lehrauftragsst<strong>und</strong>en für frauenspezifische/feministische Lehre an den jeweiligen Universitäten.<br />
Darüber hinaus haben einzelne Universitäten in ihren Satzungen eine Mindestkontingentierung für<br />
74 Vgl. GRIESEBNER, Andrea: Die Wiener Initiative für die Stärkung der Frauenforschung <strong>und</strong> ihrer Verankerung<br />
in der Lehre. Ein Bericht. In: Seiser, Gertraud; Knollmayer, Eva (Hg.): Von den Bemühungen der Frauen in der<br />
Wissenschaft Fuß zu fassen. Materialien zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft, Bd. 3, Wien 1994, S. 61-<br />
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