05.09.2013 Aufrufe

Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Profitdenken. Deshalb wird sie leider zunehmend als Marginalie der Politik gehandelt, die<br />

Wissenschaftspolitik <strong>und</strong> Forschungsförderung immer stärker auf “technosciences” konzentriert, ja<br />

reduziert.<br />

Das Phänomen der Sozialhilfe für die “Elite” ist ein zugespitztes Zeichen für den verfallenden<br />

Noblesse-Charakter der Wissenschaft in einer kapitalistisch-oligarchisch organisierten Gesellschaft, in<br />

der das nicht monetär quantifizierbare “Gut” seine ProduzentInnen zunehmend der Verarmung<br />

preisgibt. Dazu kommt, daß Kulturpolitik – in dessen Bereich nichtanwendungszentrierte Forschung<br />

fällt – in den letzten Jahren selbst an Konturen verlor. Selbst naturwissenschaftliche<br />

Gr<strong>und</strong>lagenforscherInnen müssen sich gefallen lassen, daß der Eindruck entsteht, sie würden allein im<br />

Rahmen eines schlecht durchdachten kulturellen Selbstanspruchs wie Folklorehüter der “advanced<br />

sciences” gehalten werden. 55<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die Heterogenität der Lage, der unterschiedliche Zufriedenheitsgrad mit<br />

der eigenen Situation der Externen/Freien deutlicher.<br />

Trotz dieser Ausbeutungsverhältnisse in bestimmten Forschungskontexten <strong>und</strong> -institutionen ist das in<br />

der gesellschaftlichen Arbeitsteilung übliche Mißverhältnis zwischen Entfremdungsgrad der Arbeit <strong>und</strong><br />

Bezahlung im Bereich der Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung nicht so stark akzentuiert: Während generell in<br />

der Bewertung der entlohnten Arbeit die entfremdende Arbeit am schlechtsten entlohnt wird, <strong>und</strong> die<br />

Arbeit, die eher zur persönlichen Entfaltung beiträgt, nicht nur finanziell sondern auch symbolisch am<br />

höchsten honoriert wird, werden in den Wissenschaften die Forschungstätigkeiten für die Industrie<br />

oder den sozioempirischen Studienmarkt, trotz eines relativ hohen Ausbeutungs- <strong>und</strong><br />

Entfremdungsgrades gerade bei jungenForscherInnen, <strong>und</strong> vor allem die angewandte Forschung im<br />

allgemeinen besser entlohnt, als die mit Muße <strong>und</strong> Kreativität verb<strong>und</strong>enen Forschungstätigkeiten in<br />

den theoretischen sowie in den Geistes- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften, in denen noch eher<br />

Selbstverwirklichung anstelle profitorientierter Karriere gesucht <strong>und</strong> zuweilen gef<strong>und</strong>en wird. Da in<br />

diesen Bereichen die Qualifikationsphase jedoch eine viel längere ist, werden geringe bis keine<br />

Bezahung für Forschungstätigkeit, Vorträge <strong>und</strong> Veröffentlichungen aufgr<strong>und</strong> der Notwendigkeit der<br />

Akkumulation von symbolischem Kapital in Kauf genommen, wie Bourdieu dies bereits dargelegt<br />

hat. 56<br />

Diese schier unentwirrbare Dialektik zwischen (Un-)Verwertbarkeit, <strong>Autonomie</strong>/Entfremdung <strong>und</strong><br />

Notwendigkeit/Muße wird in Momenten der Neuordnung der Arbeit besonders akut, insbesondere<br />

55 Daß die Rhetorik der “nur Versorgungsposten” bezüglich unbefristeter, aber sogar bezüglich befristeter Stellen<br />

aus öffentlicher Hand nunmehr auch von jenen gebraucht wird, die selbst lebenslänglich Posten bekleiden, die sie<br />

als solche der Versorgung bezeichnen, ist symptomatisch für diese Situation, in der das beamtete<br />

Bildungsbürgertum sich selbst entlegitimiert, ja abschafft, ohne es wirklich merken zu wollen.<br />

56 Vgl. vor allem BOURDIEU, Pierre: Homo Academicus, Frankfurt am Main (1984) 1989.<br />

40

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!