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Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

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Hinzugefügt sei in diesem Zusammenhang auch, daß sowohl FPÖ als auch das Liberale Forum<br />

gegen eine Abschaffung der Habilitation sind. In den geführten ExpertInneninterviews (siehe Kapitel 4)<br />

wurde ebenfalls nach dem Stellenwert der Habilitation gefragt.<br />

1.1.3. Historische Fluchtlinien<br />

Zumindest drei historische Entwicklungslinien erscheinen für die Positionierung von Externen<br />

<strong>LektorInnen</strong> <strong>und</strong> Freien WissenschafterInnen von besonderem Interesse:<br />

1. Die Gewährung <strong>und</strong> verfassungsrechtliche Sicherstellung der “Freiheit” von Lehre <strong>und</strong> Forschung<br />

2. Die Entwicklung <strong>und</strong> (Neu-)Hierarchisierung universitärer Personalkategorien im Zuge der<br />

Universitätsreformen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

3. Die Entwicklung von Forschung von einer privaten Passion zu einer Profession<br />

Auf diese Fluchtlinien soll im folgenden kurz eingegangen werden.<br />

Ad 1: Die hoheitliche Einräumung einer “Freiheit” zur Lehre <strong>und</strong> Forschung erscheint als Spezifikum<br />

des deutschsprachigen Raumes. Solange die klassischen bürgerlichen Freiheitsrechte, insbesondere<br />

die Meinungs- <strong>und</strong> Pressefreiheit, nicht durchgesetzt waren, konnte einer spezifischen Kategorie von<br />

Personen das “Privileg” erteilt werden, bei sonst aufrechterhaltener Kontrolle öffentlich ihre<br />

“Privatmeinung” zu vertreten. Wenn im Zuge der humboldtschen Bildungs- <strong>und</strong> Universitätsreform<br />

somit die Freiheit von Lehre <strong>und</strong> Forschung zum Leitthema wurde, dann explizit als Berechtigung für<br />

eine Gruppe von Amtsinhabern: Universitätsprofessoren zeichneten sich somit weniger durch eine<br />

besondere Tätigkeit, als durch eine besondere rechtliche Stellung aus. Sofern die Gewährung der<br />

Freiheit von Forschung <strong>und</strong> Lehre früher erfolgte als die Statuierung der allgemeinen Meinungs- <strong>und</strong><br />

Pressefreiheit (bzw. weniger rigiden rechtlichen Einschränkungen unterlag), wurde sie zugleich mit<br />

einer strengeren staatlichen Kontrolle des Zugangs zu “berechtigenden” Positionen verb<strong>und</strong>en: Mit<br />

der Gewährung der Lehr- <strong>und</strong> Forschungsfreiheit wurde wie selbstverständlich eine Kontrolle über den<br />

Berufungsvorgang mitbeansprucht 30 .<br />

Für den deutsprachigen Raum bleibt damit eine Verbindung des Status eines<br />

“berufenen”Hochschulprofessors/einer Hochschulprofessorin mit einer “besonderen” Berechtigung zur<br />

30 Vgl. zum Zusammenhang: MEISTER, Richard: Entwicklung <strong>und</strong> Reformen des österreichischen<br />

Studienwesens, Graz / Wien 1962.<br />

Auffällig erscheint, daß etwa im französischen Kontext die Betonung der Lehr- <strong>und</strong> Forschungsfreiheit im 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert keine Rolle spielt, sofern die Meinungs- <strong>und</strong> Pressefreiheit als das immer vorrangige Rechtsgut<br />

betrachtet wird, das eine Statuierung von Lehr- <strong>und</strong> Forschungsfreiheit völlig entbehrlich bzw. sogar unmöglich<br />

macht. In der Geschichte der französischen Wissenschaftsinstitutionen steht damit auch die Verantwortung der<br />

Lehrenden als Staatsbedienstete im Vordergr<strong>und</strong>; Lehrende sind zwar an sich frei zu forschen <strong>und</strong> zu lehren, was<br />

immer sie wollen, jedoch bleiben sie ihrer Regierung verantwortlich <strong>und</strong> dürfen nicht gegen deren Interessen<br />

handeln (für diesen Hinweis danke ich Eric Brian, G. H.)<br />

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