Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen
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und schau’, daß ich bei irgendwelchen Publikationen dabeistehe, daß ich noch einen Punkt bekomme, was für einen Sinn hat das. Da wird halt viel an Schrebergärten gerüttelt, nur irgendwann muß man beginnen, wenn man permanent resigniert vor dem Faktischen, wird man auch nichts weiterbringen.”(Gesprächszitat: Müller) Der Nachwuchsbegriff, des wissenschaftlichen/universitären Feldes ist gekennzeichnet durch eine völlig andere Altersbestimmung als in anderen beruflichen Feldern. Im Bereich der Forschungsfinanzierung existieren“Nachwuchsprogramme”, deren Alterslimit mit 40 und manchmal darüber angesetzt sind. Die Altersbeschränkungen, die in der Nachwuchsförderung für den externen Bereich gelten, finden im internen jedoch keine Entsprechung. Es existiert keine Alterslimit für jene, die vor ihrem 40. Lebensjahr in den Bundesdienst eingetreten sind. Eine Definitivstellung ist auch über dieses Alter hinaus möglich. Zwar wird einerseits von den ExpertInnen unisono festgestellt, daß der Nachwuchsbegriff zwischen paradox und inadäquat liegt, dennoch wird weitgehend an dem universitätsinternen Qualifizierungssystem festgehalten, das diese Korridorsituation speziell für Externe schafft. Der Nachwuchsbegriff wird in hohem Maße mit dem akademischen Mittelbau verknüpft, wiewohl die Externen nun nicht mehr Angehörige dieser Kurie sind. Eindeutig belegen die ExpertInneninterviews, das die disziplinäre Bestimmung von Nachwuchs relevant für die Beurteilung ist. 35 Jahre erscheint für den naturwissenschaftlichen Nachwuchs als Obergrenze. Es wird dadurch aber auch deutlich, daß die naturwissenschaftliche Lebensproduktivitätskruve auf andere Bereiche übertragen wird. Während in anderen Feldern, aufgrund vielfältiger Qualifikationselemente unterschiedliche Karrieren möglich sind und leitende Positionen auf unterschiedlichem Weg erreicht werden können, ist dies im universitären Bereich nicht möglich. Der/die habilitierte AssistentIn weist möglicherweise ein analoges Qualifikationspotential auf, wie der im selben Fach lehrende und forschende Professor, dennoch gilt der/die AssistentIn gewissermaßen als Nachwuchs. Mit ein Grund dafür mögen die vergleichbaren Anforderungsprofile an WissenschafterInnen sein, die sich im Prinzip lediglich in Erfahrung oder manchmal in Altersgrenzen unterscheiden, jedoch durch universitätsimmanente Qualifikationsstufen reguliert werden und somit diese Differenzierungen nach wie vor aufrechterhalten bleiben. Keiner der ExpertInnen nimmt generell auf geschlechtsspezifisch unterschiedliche Karriereverläufe Bezug, nur dort wo es um die Frage der Habilitation geht; der Nachwuchs hat also in der Wahrnehmung der ExpertInnen kein Geschlecht. 225
Wesentliche Schwierigkeiten sehen die ExpertInnen vor allem in der Struktur der Universität gegeben, da das Verhältnis zwischen AssistentInnen und ProfessorInnen-planstellen so unverhältnismäßig ist, daß ein Verlassen des Nachwuchsstatus nur für wenige möglich ist. Habilitierte sind gezwungen, sich für AssistentInnenstellen zu bewerben, für die sie dann oft als zu alt und überqualifiziert eingestuft werden, da sie nicht mehr als Nachwuchs gelten. Bewerben sie sich hingegen einige Zeit später für ProfessorInnenstellen, ist dann zu hören: “Wer als Habilitierter mit 45 noch nicht einen Professorenposten hat, bei dem muß was nicht stimmen.” (Weber zitiert Aussagen von KollegInnen) Die Schwierigkeiten der Qualifizierung in bezug auf inneruniversitär/außeruniversitär wird im Gespräch mir Dr. Ilse König deutlich. Dort, wo zwar eine wissenschaftliche Qualifizierung erfolgt, aber in einem außeruniversitären Forschungsinstitut, wird die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Karriere im universitären Bereich eingeschränkt beziehungsweise nahezu verunmöglicht. Ein zentraler Faktor in der Bestimmung des Nachwuchses ist nach wie vor die Erlangung der Habilitation. Auch hier ist die Relevanz von Fach zu Fach höchst unterschiedlich. Die Diskussionen in den letzten Monaten über die Abschaffung der Habilitation zeigten sich auch in den ExpertInneninterviews. Gefragt wurde von uns, ob die Habilitation ein geeignetes Mittel zur Beurteilung von Qualifikation sei und ob eine Abschaffung der Habilitation nicht eine Möglichkeit der Veränderung wäre, speziell in bezug auf die Frage des Nachwuchses. “Ich bin da sehr gespalten, muß ich sagen, ich bin nur dafür sie abzuschaffen, wenn man gleichzeitig eine andere Qualifikation einführt. Ich halte das vor allem für die Externen für schlecht. Die Habilitation für einen Externen ist ein Qualifikationsschritt, der ihn oder sie unabhängig macht von der Institution bis zu einem gewissen Grad – nicht wirklich, aber zum Teil. Es ist sozusagen ein Nachweis vorhanden, was man erreicht hat. Wenn jetzt, spielen wir es einfach durch, wenn die Qualifikation einfach wegfallen würde, was würde dann passieren? Die Abhängigkeiten und der Nachweis dessen, ob ich anerkannt bin oder nicht, würde auf eine andere Ebene verschoben. Ich würde daher nur ja sagen, wenn etwas anderes an Qualifikation vorgesehen ist. Ansonsten halte ich die Abschaffung eher für ein Nachteil denn einen Vorteil, weil sie die Macht noch viel länger in den Händen des Establishment läßt. Also ich denke einfach, die Habilitation wird etwa als Punkt gesehen, wo die Frauen ausscheiden. Die scheiden nicht bei der Habilitation aus, für die ist bereits der Weg zur Habilitation mit so vielen Mikroungereimtheiten gepflastert, daß sie einfach nicht dorthin gelangen. Und im Grunde genommen ist die Habilitation nur die Projektionsfläche dessen, was sich davor abspielt. Und da kommt man dann drauf und da kann man es nachweisen, daß da irgendwas passiert ist. Was ich einfach befürchte ist, daß die Leute irgendwie aussickern und daß es gar nicht mehr den Punkt gibt um zu sagen: ‘Hey, was passiert da? Wieso passiert das, wo sind die Qualifizierten?’ Ich bin mir nicht sicher, wenn wir das ganz aufmachen und keine andere Qualifikation, die irgendwie Anerkennungen schafft, einführen, ob das besser ist – bin ich mir nichtsicher, ich denke gemischt. Was ich schlecht finde an der Habilitation ist a) die Ritualisierung und ist b) die Tatsache, daß man fachlich an einen ‘Baum’ gebunden wird; man darf nichts mehr anderes sein als das. Das finde ich schlecht, aber auch das Hochstilisieren – in manchen Bereichen – dieses Oeuvres. Und die Frage: Haben sich nicht einfach die Produktionsbedingungen geändert und das Verfahren spiegelt das nicht mehr wider – die hat sich niemand noch gestellt. Das sehe ich als viel ärgeres Problem als die Frage, ob man sie abschaffen soll oder nicht. Ich denke, vielleicht 226
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Wesentliche Schwierigkeiten sehen die ExpertInnen vor allem in der Struktur der Universität gegeben,<br />
da das Verhältnis zwischen AssistentInnen <strong>und</strong> ProfessorInnen-planstellen so unverhältnismäßig ist,<br />
daß ein Verlassen des Nachwuchsstatus nur für wenige möglich ist. Habilitierte sind gezwungen, sich<br />
für AssistentInnenstellen zu bewerben, für die sie dann oft als zu alt <strong>und</strong> überqualifiziert eingestuft<br />
werden, da sie nicht mehr als Nachwuchs gelten. Bewerben sie sich hingegen einige Zeit später für<br />
ProfessorInnenstellen, ist dann zu hören: “Wer als Habilitierter mit 45 noch nicht einen<br />
Professorenposten hat, bei dem muß was nicht stimmen.” (Weber zitiert Aussagen von KollegInnen)<br />
Die Schwierigkeiten der Qualifizierung in bezug auf inneruniversitär/außeruniversitär wird im Gespräch<br />
mir Dr. Ilse König deutlich. Dort, wo zwar eine wissenschaftliche Qualifizierung erfolgt, aber in einem<br />
außeruniversitären Forschungsinstitut, wird die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Karriere im<br />
universitären Bereich eingeschränkt beziehungsweise nahezu verunmöglicht.<br />
Ein zentraler Faktor in der Bestimmung des Nachwuchses ist nach wie vor die Erlangung der<br />
Habilitation. Auch hier ist die Relevanz von Fach zu Fach höchst unterschiedlich. Die Diskussionen in<br />
den letzten Monaten über die Abschaffung der Habilitation zeigten sich auch in den<br />
ExpertInneninterviews. Gefragt wurde von uns, ob die Habilitation ein geeignetes Mittel zur Beurteilung<br />
von Qualifikation sei <strong>und</strong> ob eine Abschaffung der Habilitation nicht eine Möglichkeit der Veränderung<br />
wäre, speziell in bezug auf die Frage des Nachwuchses.<br />
“Ich bin da sehr gespalten, muß ich sagen, ich bin nur dafür sie abzuschaffen, wenn man<br />
gleichzeitig eine andere Qualifikation einführt. Ich halte das vor allem für die Externen für schlecht.<br />
Die Habilitation für einen Externen ist ein Qualifikationsschritt, der ihn oder sie unabhängig macht<br />
von der Institution bis zu einem gewissen Grad – nicht wirklich, aber zum Teil. Es ist sozusagen ein<br />
Nachweis vorhanden, was man erreicht hat. Wenn jetzt, spielen wir es einfach durch, wenn die<br />
Qualifikation einfach wegfallen würde, was würde dann passieren? Die Abhängigkeiten <strong>und</strong> der<br />
Nachweis dessen, ob ich anerkannt bin oder nicht, würde auf eine andere Ebene verschoben. Ich<br />
würde daher nur ja sagen, wenn etwas anderes an Qualifikation vorgesehen ist. Ansonsten halte ich<br />
die Abschaffung eher für ein Nachteil denn einen Vorteil, weil sie die Macht noch viel länger in den<br />
Händen des Establishment läßt. Also ich denke einfach, die Habilitation wird etwa als Punkt<br />
gesehen, wo die Frauen ausscheiden. Die scheiden nicht bei der Habilitation aus, für die ist bereits<br />
der Weg zur Habilitation mit so vielen Mikroungereimtheiten gepflastert, daß sie einfach nicht<br />
dorthin gelangen. Und im Gr<strong>und</strong>e genommen ist die Habilitation nur die Projektionsfläche dessen,<br />
was sich davor abspielt. Und da kommt man dann drauf <strong>und</strong> da kann man es nachweisen, daß da<br />
irgendwas passiert ist. Was ich einfach befürchte ist, daß die Leute irgendwie aussickern <strong>und</strong> daß<br />
es gar nicht mehr den Punkt gibt um zu sagen: ‘Hey, was passiert da? Wieso passiert das, wo sind<br />
die Qualifizierten?’ Ich bin mir nicht sicher, wenn wir das ganz aufmachen <strong>und</strong> keine andere<br />
Qualifikation, die irgendwie Anerkennungen schafft, einführen, ob das besser ist – bin ich mir<br />
nichtsicher, ich denke gemischt. Was ich schlecht finde an der Habilitation ist a) die Ritualisierung<br />
<strong>und</strong> ist b) die Tatsache, daß man fachlich an einen ‘Baum’ geb<strong>und</strong>en wird; man darf nichts mehr<br />
anderes sein als das. Das finde ich schlecht, aber auch das Hochstilisieren – in manchen Bereichen<br />
– dieses Oeuvres. Und die Frage: Haben sich nicht einfach die Produktionsbedingungen geändert<br />
<strong>und</strong> das Verfahren spiegelt das nicht mehr wider – die hat sich niemand noch gestellt. Das sehe ich<br />
als viel ärgeres Problem als die Frage, ob man sie abschaffen soll oder nicht. Ich denke, vielleicht<br />
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