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Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

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4.3. Wissenschafts- <strong>und</strong> bildungspolitische Diagnosen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

4.3.1. Modelle der Verkörperung zukünftiger Wissenschaft<br />

4.3.1.1. Elitärer Individualismus – Kollektive Wissensproduktion<br />

Die Frage nach der Zukunft der Wissenschaft <strong>und</strong> ihrer Verkörperung wird von nahezu allen<br />

ExpertInnen entsprechend der Fragestellung 226 im Spannungsverhältnis von elitärem Individualismus<br />

<strong>und</strong> Formen kollektiver Wissensproduktion beantwortet. Die Frage der zukünftigen Arbeitsorganisation<br />

steht dabei interessanterweise wesentlich stärker im Zentrum der Zukunftsprognosen der ExpertInnen<br />

als Fragen der gesellschaftspolitischen Perspektiven <strong>und</strong> Aufgaben von Wissenschaft <strong>und</strong> Lehre oder<br />

auch deren Veränderung durch neue Technologien.<br />

“Realistisch kann ich sagen: Es wird beide Möglichkeiten geben müssen. Es gibt die<br />

Einzelforscherin <strong>und</strong> den Einzelforscher, der/dem die besten Ideen in der Badewanne kommen (bei<br />

mir ist es die Zeit um 4 Uhr in der Früh’, wenn ich aufwache <strong>und</strong> zu müde zum Lesen bin, <strong>und</strong> es<br />

funktioniert vor allem dann, wenn man sich geistig schon die ganze Zeit mit diesem Gegenstand<br />

beschäftigt hat). Und es wird den anderen Fall geben, wo ich mir Wissen holen muß von dort, wo<br />

ich es vermute. Das ist in den Geisteswissenschaften vielleicht noch nicht so selbstverständlich wie<br />

bei den Naturwissenschaften, aber es ist vorhanden. Warum soll ich mir zum Bespiel mühsam<br />

irgendwelche Detailkenntnisse in der römischen Literatur aneignen, wenn es schräg vis-ˆ-vis das<br />

Institut gibt, wo Leute sitzen, die das sozusagen von Amts wegen wissen müssen? Wenn es also<br />

ein bestimmtes Arbeitsgebiet gibt, das über meinen Fachbereich hinausgreift – ich will das Wort<br />

Projekt vermeiden –, werde ich mich mit fachk<strong>und</strong>igen Kollegen zusammentun <strong>und</strong> sagen, “machen<br />

wir doch etwas Gemeinsames”. Wenn ich eine Lehrveranstaltung über das antike Judentum machen<br />

möchte, könnte ich sie vermutlich auch allein machen. Aber warum sollte ich mich nicht mit den<br />

Judaisten zusammensetzen, wo eine zusätzliche oder die eigentliche Kompetenz vorhanden ist?<br />

Das kommt <strong>und</strong> wird in Zukunft wohl noch vermehrt kommen. Aber auch das muß natürlich erst<br />

legistisch organisiert werden, denn wenn drei Leute gemeinsam eine Lehrveranstaltung machen,<br />

hat keiner was davon, weil die Bezahlung problematisch wird – bei gleichgebliebenem Aufwand für<br />

alle Beteiligten. Aber das läßt sich, glaube ich, in den Griff kriegen, <strong>und</strong> die Universität, sage ich<br />

einmal ganz leise, ist hier selbst durchaus bereit, Möglichkeiten zu finden.” (Gesprächszitat: Weber)<br />

Während Ekkehard Weber als ein Experte des universitären Feldes <strong>und</strong> gleichzeitig als Vertreter eines<br />

“alten” akademischen Faches von der langsamen Durchsetzung kollektiver Arbeitsformen im<br />

akademischen Feld berichtet, ohne auf das (Selbst)Bild des “genialen” Einzelforschers verzichten zu<br />

226 Vgl. Kapitel 8.3.2.<br />

205

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