Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen
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Die unterschiedlichen Positionierungen der befragten ExpertInnen des universitären Feldes repräsentieren kontroversielle inneruniversitäre Dynamiken, die als traditionalistisch-beharrend bzw. modernistisch-reformorientiert beschreibbar sind und die Wahrnehmung der Problematik der Externen Lehrbeauftragten wesentlich mitbestimmen. 4.2.6. Höchste Qualifikation und soziale Ungesichertheit Die prekäre Gleichzeitigkeit von innovativem und ambitioniertem Wissen einerseits und sozialer Unsicherheit andererseits stehen im Zentrum der Definitionsversuche jener ExpertInnen, die selbst den Status der Externität repräsentieren, oder die, wie im Fall der Steuerberaterin, Externe und Freie steuerrechtlich betreuen, oder die, wie für die Leiterin des Arbeitsmarktservices, KundInnen sind. Die nachgefragte Gruppe wird mehrfach in dieser paradoxen Verbindung von existentieller Unsicherheit und höchster wissenschaftlicher Qualifikation beschrieben, als Gruppe, die “einerseits hohes Sozialprestige, andererseits kein Einkommen hat” (Amschl) oder als “Gruppe von hoch qualifizierten, ambitionierten WissenschafterInnen, denen der traditioneller Karriereweg versperrt ist” (Taschwer), schließlich als “externe Lückenbüßer, die den Betrieb aufrechterhalten, aber keine angemessene Bezahlung dafür erhalten”. (Hartmann). Auch die Frage des Alters bzw. der Generation im Verhältnis zu den Karrierechancen wird von den VertreterInnen der genannten Felder thematisiert. Die ExpertInnen aus dem Feld der außeruniversitären Forschung, auch die Steuerberaterin, zeichnen das Bild einer Gruppe der 30- bis 40-jährigen, die zur Zeit der Abhaltung des ersten Lehrauftrags als Karriereversprechen wahrgenommen haben, was sich später als berufliche Sackgasse erwiesen hat. 225 Bei jenen ExpertInnen, die selbst als Externe oder Freie arbeiten oder gearbeitet haben, ergab die Frage nach dem erstmaligen Wahrnehmen der “Problematik” der Externen und Freien, daß diese bei ihrem Einstieg in die vermeintliche wissenschaftliche Karriere nicht als Problematik, sondern als Karrieresprung wahrgenommen worden ist. Das symbolische Kapital, an der Universität zu lehren, konstituiert aus der Perspektive jener, die im Feld der außeruniversitären Forschung positioniert sind, oder aus jener von Klaus Taschwer, der Externer Lektor und gleichzeitig Wissenschaftsjournalist ist, “ein Versprechen auf eine akademische Existenz, die sich nicht erfüllt”. Das nicht erfüllte Versprechen 225 Vgl. auch Kapitel 2 203
der akademischen Existenz kann jedoch aus der Perspektive des Arbeitsmarktservices dazu führen, daß die Karrierechance in anderen Feldern nicht mehr wahrgenommen werden können. “Das Problem, das noch dazukommt, ist, daß reine wissenschaftliche Tätigkeit, reine Universitätstätigkeit, wenn man –Anführungszeichen – nur diese vorweisen kann, ist es sehr schwer, in der Wirtschaft unterzukommen. Die wollen doch eher praxisorientierte Personen, Bewerber, die schon auch tatkräftig in Betrieben mitgearbeitet haben, und wenn es nur eine abgehobene wissenschaftliche Tätigkeit ist, ist es sehr schwer, die Leute in der Wirtschaft unterzubringen. Auch die Techniker zum Beispiel: Das ist dann fast unabhängig von der Art des Studiums, eine rein wissenschaftliche universitäre Laufbahn oder ein Hintergrund, wenn man aus dem rausfällt, es gibt Assistenten, die nach zehn Jahren rausfallen, haben sich nicht habilitiert und dann plötzlich sind sie draußen, das ist sehr schwer, die zu etablieren.” (Gesprächszitat: Aumüller) Hier wird vor allem der dem Lebensalter oftmals inadäquate Lebensstandard von Externen/Freien thematisiert. Im Zusammenhang mit der prekären Situation der Externen/Freien wird die Kategorie Geschlecht als relevante Kategorie zur Definition dieser Gruppe von keinem/r der befragten ExpertInnen genannt. Das verbreitetste Bild der Externen LektorInnen und Freien WissenschafterInnen bei den von uns befragten ExpertInnen zeigt eine geschlechtslose Person zwischen dreißig und vierzig Jahren, hoch ambitioniert und hoch qualifiziert. Die prekäre soziale Lage ist für die “Betroffenen” zentraler Inhalt des Bildes der Externen/Freien, für die institutionalisierten ExpertInnen der am häufigsten ausgeblendete. 204
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“Das Problem, das noch dazukommt, ist, daß reine wissenschaftliche Tätigkeit, reine<br />
Universitätstätigkeit, wenn man –Anführungszeichen – nur diese vorweisen kann, ist es sehr<br />
schwer, in der Wirtschaft unterzukommen. Die wollen doch eher praxisorientierte Personen,<br />
Bewerber, die schon auch tatkräftig in Betrieben mitgearbeitet haben, <strong>und</strong> wenn es nur eine<br />
abgehobene wissenschaftliche Tätigkeit ist, ist es sehr schwer, die Leute in der Wirtschaft<br />
unterzubringen. Auch die Techniker zum Beispiel: Das ist dann fast unabhängig von der Art des<br />
Studiums, eine rein wissenschaftliche universitäre Laufbahn oder ein Hintergr<strong>und</strong>, wenn man aus<br />
dem rausfällt, es gibt Assistenten, die nach zehn Jahren rausfallen, haben sich nicht habilitiert <strong>und</strong><br />
dann plötzlich sind sie draußen, das ist sehr schwer, die zu etablieren.” (Gesprächszitat: Aumüller)<br />
Hier wird vor allem der dem Lebensalter oftmals inadäquate Lebensstandard von Externen/Freien<br />
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Geschlecht als relevante Kategorie zur Definition dieser Gruppe von keinem/r der befragten<br />
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Jahren, hoch ambitioniert <strong>und</strong> hoch qualifiziert. Die prekäre soziale Lage ist für die “Betroffenen”<br />
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