Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen
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Wissenschaftsforscherin Prof. Felt repräsentiert wird, über das Postulat der Vielfalt <strong>und</strong> der Einheit von<br />
Lehre <strong>und</strong> Forschung. Diese Form der offensiven Bedarfsfeststellung allerdings scheint sich<br />
angesichts aktueller rechtlicher <strong>und</strong> organisatorischer Veränderungen derUniversität mit einem<br />
Konkurrenzbewußtsein zu verbinden, das im Sinne von “Standort”- <strong>und</strong> “Profil”-Orientierung eine<br />
Diversifizierung <strong>und</strong> Konzentration von Forschungs- bzw. Lehrschwerpunkten an den jeweiligen<br />
Instituten fordert, die eine tendenzielle Abschließung von eben dieser Vielfalt bedeutet.<br />
“IP: Ich glaube, daß es von den Forschungsfelder her wichtig ist, daß man eine gewisse<br />
Diversifizierung hat. Wir sind ein kleines Institut, in einem großen Institut ist das wieder anders, da<br />
schaut das vielleicht einfacher aus. Wenn man sichtbar werden will, muß man sich auf ein paar<br />
Bereiche konzentrieren, die man vernünftig abdeckt. Ansonsten tut man halt alles <strong>und</strong> damit gar<br />
nichts. Das heißt, die MitarbeiterInnen muß man fast zwangsweise einschränken - ob man das<br />
begrüßt oder toll findet oder nicht ist irgendwie eine andere Sache. Aber es ist eine gegebene<br />
Realität, denn ansonsten passiert gar nichts. Die Chance also: Wenn man aufmachen würde, würde<br />
das Potential der Möglichkeiten erhöht werden <strong>und</strong> Themen auch abgedeckt werden in kompetenter<br />
<strong>und</strong> selbsterfahrener Weise, die wir nicht abdecken. Natürlich kann ich über alles Mögliche<br />
Vorlesungen <strong>und</strong> Seminare machen, aber Seminare <strong>und</strong> Vorlesungen aus meinem eigenen<br />
Forschungsgebiet sind einfach anders – das weiß ich einfach aus meiner eigenen Erfahrung. Wenn<br />
ich Themen mache, wo ich das Knowhow habe <strong>und</strong> wo ich mich mit einer völligen Leichtigkeit auch<br />
drinnen bewege, vermittle ich ganz was anderes, wie wenn ich mir ein Thema suche, wo ich mir<br />
denke, das ist jetzt etwas was wir lange nicht angeboten haben, das sollte wieder angeboten<br />
werden. Natürlich werde ich mich über die neueste Literatur informieren, werde mir das alles<br />
anschauen, ich werde versuchen das aufzubereiten. Es ist nicht dasselbe! Wenn man kritisch sich<br />
selbst beobachtet, weiß man, daß es nicht dasselbe ist. Auf Gr<strong>und</strong> der Vielfalt muß einfach ein Teil<br />
von außen eingebracht werden; weder weil die Innen unqualifizierter sind als die Außen, noch weil<br />
die Außen besser sind als die Innen. Es geht einfach um die Vielfalt. Und es ist besser, wenn von<br />
jemandem unterrichtet wird, der in diesem Bereich wirklich forscht, der das lebt, der sich jeden Tag<br />
damit beschäftigt oder so. Irgendwie, wenn man noch irgendwie an eine Form von Lehre glaubt, die<br />
etwas mit dem zu tun hat was man auch tut (...)<br />
I: (...) also forschungsgeleitete Lehre?<br />
IP: Ja, wobei man da natürlich Fiktionen vorfinden kann. Also wir werden keine forschungsgeleitete<br />
Lehre mehr hinkriegen an der Uni. Ich glaube, das wäre der Idealtypus: Wir forschengemeinsam<br />
etwas. Aber forschungsgeleitete Lehre kann zumindestens bedeuten, daß die Leute, die davon<br />
reden auch zumindest wissen wovon sie sprechen – also praktisch auch wissen wovon sie<br />
sprechen. Ich meine, das ist der Unterschied. Ich meine, forschungsgeleitete Lehre,im<br />
idealtypischen Sinn, ist in vielen Fällen einfach – wäre einfach Schwachsinn zu fordern, weil es sich<br />
nicht verwirklichen läßt. Wenn ich mir anschaue, bei Seminaren mit 40 Leuten, was soll ich dann mit<br />
denen an Forschung machen. Ich kann Gruppenbildungen vornehmen, ich kann ein Stückchen weit<br />
sie auch Erfahrungen sammeln lassen (...) Das ist das, was ich sagen möchte. Nach diesen<br />
Kriterien suche ich mir auch die Leute aus, die bei uns lehren können: Die zu Themen etwas<br />
gemacht haben <strong>und</strong> nicht nur die Literatur kennen zu dem Gebiet. Wenn ich gezwungen wäre,<br />
würde man in sehr vielen Fächern eine Vorlesung zusammenstellen können. Und ich glaube, wenn<br />
man ein gewisses Niveau erreicht hat, kann man sich hinsetzen, einfach die zehn wichtigsten<br />
Bücher lesen <strong>und</strong> dann daraus sozusagen eine 22-stündige Lehrveranstaltung basteln. Ich glaube,<br />
das ist nicht der Punkt. Der Punkt besteht genau darin, dass man das Ganze ‘füttern’ kann mit<br />
Beispielen, das Ganze füttern kann mit Erfahrungen, Kontextwissen <strong>und</strong> so weiter <strong>und</strong> das erhält<br />
man nicht, wenn man irgendwelche Papiere liest.”(Gesprächszitat: Felt)<br />
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