Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

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05.09.2013 Aufrufe

“Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Problemen, Erfahrungen und Interessen von Frauen ist auszuweiten und zu vertiefen. Die fachspezifischen Wissenschaftsinhalte sollten daraufhin überprüft werden, ob und in welcher Weise sie Erfahrungen und Probleme, Aktivitäten und Interessen von Frauen reflektieren, und dementsprechend sollen in der Forschung inhaltliche Ansätze entwickelt werden. Dies betrifft grundsätzlich alle wissenschaftlichen Disziplinen, nicht nur die Sozial- und Geisteswissenschaften, und weist auf einen wichtigen Bereich zukünftiger Forschungsarbeit hin. Außerdem sollen vermehrt Forschungsvorhaben mit frauenspezifischen Problemstellungen durchgeführt werden.” 16 So legt die Ausformulierung des Schwerpunktes zunächst nicht nahe, daß es hierbei um eine spezifische Nachwuchsförderung geht. Vor dem Hintergrund der Entstehungszusammenhänge – hier ist vor allem die Zweite Frauenbewegung zu nennen – ist in Betracht zu ziehen, daß zu diesem Zeitpunkt die Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses zunächst nur implizit ist. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß es noch keinerlei institutionalisierte Frauenforschung gab, die ja erst die Notwendigkeit einer expliziten Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses herausstellte und deren gesetzliche Verankerung nach sich zog. 1982 wurde das erste Sonderkontingent für frauenspezifische Lehraufträge den Universitäten zur Verfügung gestellt. (siehe dazu Kapitel 1.3.) Damit wurde der Entwicklung Rechnung getragen, daß immer mehr Interesse und Bedarf von seiten der Studentinnen an frauenspezifischen Lehrveranstaltungen bestand. Da die Universitäten nicht bereit waren und teilweise sind, aus dem regulär zugewiesenen Kontingent dafür Stunden zur Verfügung zu stellen, entstand diese (Förderungs- )Maßnahme. Das Kontingent wurde direkt durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung angewiesen und durch entweder bevollmächtigte oder nicht bevollmächtigte Senatskommissionen vergeben. Erst zu Beginn der 90er Jahre fand die Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses an den Universitäten ihre gesetzliche Verankerung durch die Einrichtung der Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen. Die Situation an den Universitäten hinsichtlich der Benachteiligung von Frauen ist ausreichend in der Literatur erörtert. In den 90er Jahren wurden weitere Förderungsmaßnahmen für den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs etabliert: Dissertationsstipendien für Technikerinnen im Bereich der Ingenieurswissenschaften (1993), Habilitationsstipendien für Frauen (Charlotte-Bühler-Stipendien 1992). Zur Förderung der postdoktoralen Forschung schreibt die “Österreichische Akademie der Wissenschaften” seit 1993 APART-Stipendien aus (“Austrian Programme for Advanced Research and Technology”). Hier sollen Frauen besondere Berücksichtigung finden. Am Beispiel der APART- 16 Forschungsförderung ’80, S. 60, zit. n. KEPLINGER, Maria: Frauenforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung. In: Seiser, Gertraud; Eva Knollmayer (Hg.): Von den Bemühungen der Frauen, in der Wissenschaft Fuß zu fassen, Wien 1994, S. 31 7

Stipendien läßt sich die gesamte Problematik der sogenannten Nachwuchsförderung zeigen. War zu Beginn der Vergabe die Altersgrenze mit 40 Jahren angegeben, so wurde sie im Jahr 1996 auf 35 herabgesetzt. Damit wird in diesem Fall von Seiten der Akademie der Wissenschaft klargestellt, daß es um Karriereförderung geht, die sich stringent an universitären Laufbahnen und ihren Aufstiegsphasen orientiert. Wie ernst es der Akademie der Wissenschaft tatsächlich mit der Nachwuchsförderung ist, zeigt jedoch die stetig sinkende Zahl von zur Verfügung stehenden Stipendien. War zu Beginn an eine jährliche Expansion gedacht, so standen laut letzten Informationen für 1998 nur noch sieben, gegenüber vormals 24, Stipendien zur Verfügung. Ein weiteres, etwas anders gelagertes Beispiel für Nachwuchsförderung ist das vom FWF durchgeführte Startprogramm. Hier handelt es sich um das fragwürdige Förderinstrument der Preisvergabe. Zielgruppe sind junge, hervorragend qualifizierte Wissenschafterinnen und Wissenschafter aller Fachdisziplinen. Als Zweck dieses Programms gibt der FWF an, dieses solle angesichts knapper werdender Mittel im Forschungsbereich ein Signal setzen und Forscherinnen und Forschern die Möglichkeit bieten, auf längere Sicht und finanziell weitgehend abgesichert, ihre Forschungsarbeiten zu planen und eine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. Hier ist die Altersgrenze ebenfalls 35, aber es muß bereits eine Habilitation abgeschlossen oder kurz vor dem Abschluß sein. Angesichts der immer steigenden Zahl an Freien WissenschafterInnen und Externen Lektorinnen steht jedoch generell der Begriff Nachwuchs zur Diskussion. Geht man davon aus, daß ausschließlich die universitären Qualifikationsstufen (Doktorat, Habilitation) ausschlaggebend sind, so sind alle jene Personen als Nachwuchs zu bezeichnen, die – verfolgt man es konsequent weiter – kein Ordinariat innehaben, eine Zuordnung, die angesichts diversifizierter Lebensläufe so nicht haltbar ist. Seit dem sogenannten Sparpaket 1996, den ersten Implementierungsphasen des UOG ’93, der Beschlußfassung des KUOG, der grundlegenden Novellierung des Hochschullehrer dienstrechtes, und studienrechtlicher Veränderungen durch das Universitätsstudiengesetzes und der vor kurzem beschlossenen Einführung des Bakkalaureats hat sich die Diskussion um die Zukunft der Universitäten, der Universitäten der Künste, der Wissenschaft und Forschung in Österreich, neuerliche intensiviert. Die Impulse dazu gingen in den meisten Fällen in alter österreichischer josefinistischer Tradition vom Bundesminister, beziehungsweise von einzelnen Abteilungen des Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung aus. Die jeweiligen Initiativen, Forschungen, Berichte sind jedoch nur teilweise aufeinander bezogen oder abgestimmt. Einerseits werden Forschungen in Auftrag gegeben, die fundierte, politikrelevante Ergebnisse bringen sollen, andererseits werden parallel bereits Maßnahmen präsentiert, die in anderen Verfahren (Beiräte, Symposien, Diskussionen) entwickelt wurden. 8

“Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Problemen, Erfahrungen <strong>und</strong> Interessen von<br />

Frauen ist auszuweiten <strong>und</strong> zu vertiefen. Die fachspezifischen Wissenschaftsinhalte sollten<br />

daraufhin überprüft werden, ob <strong>und</strong> in welcher Weise sie Erfahrungen <strong>und</strong> Probleme, Aktivitäten <strong>und</strong><br />

Interessen von Frauen reflektieren, <strong>und</strong> dementsprechend sollen in der Forschung inhaltliche<br />

Ansätze entwickelt werden. Dies betrifft gr<strong>und</strong>sätzlich alle wissenschaftlichen Disziplinen, nicht nur<br />

die Sozial- <strong>und</strong> Geisteswissenschaften, <strong>und</strong> weist auf einen wichtigen Bereich zukünftiger<br />

Forschungsarbeit hin. Außerdem sollen vermehrt Forschungsvorhaben mit frauenspezifischen<br />

Problemstellungen durchgeführt werden.” 16<br />

So legt die Ausformulierung des Schwerpunktes zunächst nicht nahe, daß es hierbei um eine<br />

spezifische Nachwuchsförderung geht. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Entstehungszusammenhänge – hier<br />

ist vor allem die Zweite Frauenbewegung zu nennen – ist in Betracht zu ziehen, daß zu diesem<br />

Zeitpunkt die Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses zunächst nur implizit ist.<br />

Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß es noch keinerlei institutionalisierte Frauenforschung gab, die<br />

ja erst die Notwendigkeit einer expliziten Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

herausstellte <strong>und</strong> deren gesetzliche Verankerung nach sich zog.<br />

1982 wurde das erste Sonderkontingent für frauenspezifische Lehraufträge den Universitäten zur<br />

Verfügung gestellt. (siehe dazu Kapitel 1.3.) Damit wurde der Entwicklung Rechnung getragen, daß<br />

immer mehr Interesse <strong>und</strong> Bedarf von seiten der Studentinnen an frauenspezifischen<br />

Lehrveranstaltungen bestand. Da die Universitäten nicht bereit waren <strong>und</strong> teilweise sind, aus dem<br />

regulär zugewiesenen Kontingent dafür St<strong>und</strong>en zur Verfügung zu stellen, entstand diese (Förderungs-<br />

)Maßnahme. Das Kontingent wurde direkt durch das B<strong>und</strong>esministerium für Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Forschung angewiesen <strong>und</strong> durch entweder bevollmächtigte oder nicht bevollmächtigte<br />

Senatskommissionen vergeben.<br />

Erst zu Beginn der 90er Jahre fand die Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses an<br />

den Universitäten ihre gesetzliche Verankerung durch die Einrichtung der Arbeitskreise für<br />

Gleichbehandlungsfragen. Die Situation an den Universitäten hinsichtlich der Benachteiligung von<br />

Frauen ist ausreichend in der Literatur erörtert.<br />

In den 90er Jahren wurden weitere Förderungsmaßnahmen für den weiblichen wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs etabliert: Dissertationsstipendien für Technikerinnen im Bereich der<br />

Ingenieurswissenschaften (1993), Habilitationsstipendien für Frauen (Charlotte-Bühler-Stipendien<br />

1992).<br />

Zur Förderung der postdoktoralen Forschung schreibt die “Österreichische Akademie der<br />

Wissenschaften” seit 1993 APART-Stipendien aus (“Austrian Programme for Advanced Research and<br />

Technology”). Hier sollen Frauen besondere Berücksichtigung finden. Am Beispiel der APART-<br />

16 Forschungsförderung ’80, S. 60, zit. n. KEPLINGER, Maria: Frauenforschung im Auftrag des<br />

B<strong>und</strong>esministeriums für Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung. In: Seiser, Gertraud; Eva Knollmayer (Hg.): Von den<br />

Bemühungen der Frauen, in der Wissenschaft Fuß zu fassen, Wien 1994, S. 31<br />

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