Zwischen Autonomie und Ausgrenzung? - IG LektorInnen

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05.09.2013 Aufrufe

“Und – ja, also in einer echten finanziellen Krise war ich halt in der Zeit nach diesem Fondsprojekt, als dieser ( ) mir dreimal dieses neue Projekt abgelehnt hat. Da hatte ich halt wirklich nur mehr die Lehraufträge in G.- (...) und so kleine Projekte, da hab’ ich mir immer gesagt, es wird schon wieder irgendwann besser, hast halt jetzt weniger Geld, später einmal mehr, kann man nicht verhindern, wenn man keinen festen Job hat. Aber das war dann nach einem Jahr schon so, daß ich es sehr verdrängen mußte, um mich einigermaßen wohlzufühlen, trotzdem. Das war die eine Phase bis jetzt, bei mir.” Angesichts der latenten oder akuten finanziellen Probleme und Unsicherheiten aufgrund des diskontinuierlichen Einkommens gehen die Wünsche der meisten Befragten in Richtung größere finanzielle Sicherheit und Kontinuität. Daß beides zugleich – angemessenes/gutes Einkommen und die Regelmäßigkeit dieses Einkommens – eine im Bereich “Freie Wissenschaft” unrealistische, undenkbare Forderung darstellen würde, scheint allen InterviewpartnerInnen selbstverständlich zu sein. “So lang man mir für das, was ich machen will und machen kann so viel bezahlt, daß ich bequem lebe und versichert bin, ist mir der Rest wurscht, ja? Also die gewisse Sicherheit ist wieder wasanderes, aber das ist ja nicht das Geld an sich. Ja? Also mehr Sicherheit hätte ich schon gern, ja? Aber mehr Geld, als was weiß ich - zwanzig oder fünfundzwanzigtausend Schilling im Monat brauche ich nicht. I: Netto oder Brutto? ((lacht)) IP: Netto. Netto, netto, netto. Aber- wenn sich ’ne Situation ergibt, wo man mir sagt, für drei Jahre ein sicheres Einkommen von 12.000 netto oder 14.000 netto, das ist mir auch recht – find’ ich zwar irgendwie beknackt und sonst was, aber dafür, daß es dann für drei Jahre und sicher ist und ich bin versichert, jederzeit. Ist mir auch wurscht, ja? Da schau’ ich halt, ob ich irgendwo da und dort was einreiche oder einen Lehrauftrag mehr mache. Da bin ich irgendwie ziemlich locker diesbezüglich (...).” Auch jene, die derzeit ein relativ sicheres Einkommen beziehen, wünschen sich tendenziell eine noch größere Regelmäßigkeit und weniger Aufwand –wechselnde Arbeits- und Einkommensverhältnisse bedeuten ja auch wechselnde Steuer- und sozialversicherungs-rechtliche Bestimmungen. “I: Und wie stellst Du Dir so das Ideal vor, wenn Du denkst – so und so möchte ich es gerne haben in ein paar Jahren? IP: Pfuh, viel Geld ((lacht)). Nein, das Ideal ist eine fixe Anstellung wo zu haben, mit regelmäßigem Einkommen, mit einer Versicherung, wo ich mich um meine Steuererklärung nicht kümmern muß, wo ich einen Krankenschein einfach kriege, wenn ich ihn brauche und wo ich halt jeden ersten oder Ende des Monats mein Geld kriege. Also mein Wunsch oder die Zielvorstellung ist die Regelmäßigkeit, die ich so schätze, aber leider nicht hab’ im Augenblick. I: Die bezieht sich vor allem auf das finanzielle Abgesichertsein? IP: Richtig. I: Und wie wichtig ist es – also wenn Du jetzt so scherzhaft ‘viel Geld’ gesagt hast? IP: Gar nicht, gar nicht, gar nicht wichtig. I: Aber einfach daß regelmäßig das Minimum am Konto ist. So? 109

IP: Ja. Also ich hab’ die letzten – wie lange hab’ ich das Theater jetzt schon? Im Prinzip, na, über zehn Jahre sind es schon, nicht? Gelernt mit wenig Geld auszukommen. Müssen einfach. Also es ist nicht- ich hab’ da keine, keine- Also das Geld steht bei mir in irgendeiner Werteskala weit unten. Wenn das nicht so wäre, würde ich wahrscheinlich oder hätte ich schon viel früher den Hut drauf gehaut, nehme ich einmal an. Weil jeder normale Mensch braucht mehr zum Leben, glaube ich, oder will es zumindest haben.” 2.5.2. Verschlechterung der ökonomischen Situation Ein anderer Grund für das wachsende Bedürfnis nach sicheren Arbeits- und Einkommensverhältnissen ist in den generellen Einsparungsmaßnahmen im Wissenschaftsbereich zu sehen: So berichtet ein Teil der Befragten, daß es für sie zunehmend schwierig geworden ist, Lehraufträge bewilligt zu bekommen, daß Lehraufträge, wenn überhaupt, immer häufiger als nichtremunerierte bewilligt würden, und daß sie auch im Forschungsbereich massiv von Einsparungsmaßnahmen betroffen seien: “(...) und dann ist es AUCH so halbwegs gegangen, also mit Forschungsprojekten, bis dann die Einschnitte gekommen sind, also immer dann, also man sucht um ein Forschungsprojekt an, und kriegt dann ein Drittel, net? Und, selbst mit DEM hab’ ich mich PLUS,- Eben: halbremunerierter Lehrauftrag da, Kolleggeld da, und an Vortrag dort, und was waß i, ist es sich irgendwie ausgegangen, aber mit dem Einschnitt, des war-. Da hab ich jedes Mal geglaubt, die meinen MICH. Echt wahr. Also mit JEDER Bestimmung. Des hat immer VOLL auf mich troffen. Auch mit dem- als Habilitierter, net? Da steht in der Rechtsauskunft drinnen, es STEHT einem Kolleggeld zu. Wenn man als Habilitierter, – aber des haben ’s auch geändert. Net? ALLES. Also jede Bestimmung, was da nur so fallt, das ist echt eng geworden, muß ich sagen.” Insgesamt bestätigt sich in den qualitativen Interviews das Ergebnis der quantitativen Untersuchung, daß von der Verschlechterung der Situation der Externen LektorInnen derzeit vor allem jene älteren LektorInnen betroffen sind, die an GRUWI, GEWI und der Universität für Bildende Kunst nur über einen oder auch mehrere wechselnde Lehraufträge relativ locker in universitäre Strukturen eingebunden sind. 139 Die durch Forschungsprojekte, fixe Lehraufträge, einen eigenen Arbeitsplatz und Zugang zu Infrastruktur und Ressourcen besser an der Universität verankerten Externen LektorInnen der NAWI und der WU sind demgegenüber noch nicht persönlich von Verschlechterungen betroffen, obgleich sich diese auch an ihren Fakultäten/Universitäten abzeichnen. 140 139 Vgl. Kapitel 3 140 Zumindest für unser Sample zeigt sich hier ein deutlicher Zusammenhang zwischen Fakultäts-zugehörigkeit, Alter/Dauer der beruflichen Tätigkeit als externeR LektorIn und der Angebundenheit an ein Institut (Vgl. Kapitel 3.3.2. bzw. 3.3.4.). 110

“Und – ja, also in einer echten finanziellen Krise war ich halt in der Zeit nach diesem Fondsprojekt,<br />

als dieser ( ) mir dreimal dieses neue Projekt abgelehnt hat. Da hatte ich halt wirklich nur mehr die<br />

Lehraufträge in G.- (...) <strong>und</strong> so kleine Projekte, da hab’ ich mir immer gesagt, es wird schon wieder<br />

irgendwann besser, hast halt jetzt weniger Geld, später einmal mehr, kann man nicht verhindern,<br />

wenn man keinen festen Job hat. Aber das war dann nach einem Jahr schon so, daß ich es sehr<br />

verdrängen mußte, um mich einigermaßen wohlzufühlen, trotzdem. Das war die eine Phase bis<br />

jetzt, bei mir.”<br />

Angesichts der latenten oder akuten finanziellen Probleme <strong>und</strong> Unsicherheiten aufgr<strong>und</strong> des<br />

diskontinuierlichen Einkommens gehen die Wünsche der meisten Befragten in Richtung größere<br />

finanzielle Sicherheit <strong>und</strong> Kontinuität. Daß beides zugleich – angemessenes/gutes Einkommen <strong>und</strong> die<br />

Regelmäßigkeit dieses Einkommens – eine im Bereich “Freie Wissenschaft” unrealistische,<br />

<strong>und</strong>enkbare Forderung darstellen würde, scheint allen InterviewpartnerInnen selbstverständlich zu<br />

sein.<br />

“So lang man mir für das, was ich machen will <strong>und</strong> machen kann so viel bezahlt, daß ich bequem<br />

lebe <strong>und</strong> versichert bin, ist mir der Rest wurscht, ja? Also die gewisse Sicherheit ist wieder<br />

wasanderes, aber das ist ja nicht das Geld an sich. Ja? Also mehr Sicherheit hätte ich schon gern,<br />

ja? Aber mehr Geld, als was weiß ich - zwanzig oder fünf<strong>und</strong>zwanzigtausend Schilling im Monat<br />

brauche ich nicht.<br />

I: Netto oder Brutto? ((lacht))<br />

IP: Netto. Netto, netto, netto. Aber- wenn sich ’ne Situation ergibt, wo man mir sagt, für drei Jahre<br />

ein sicheres Einkommen von 12.000 netto oder 14.000 netto, das ist mir auch recht – find’ ich zwar<br />

irgendwie beknackt <strong>und</strong> sonst was, aber dafür, daß es dann für drei Jahre <strong>und</strong> sicher ist <strong>und</strong> ich bin<br />

versichert, jederzeit. Ist mir auch wurscht, ja? Da schau’ ich halt, ob ich irgendwo da <strong>und</strong> dort was<br />

einreiche oder einen Lehrauftrag mehr mache. Da bin ich irgendwie ziemlich locker diesbezüglich<br />

(...).”<br />

Auch jene, die derzeit ein relativ sicheres Einkommen beziehen, wünschen sich tendenziell eine noch<br />

größere Regelmäßigkeit <strong>und</strong> weniger Aufwand –wechselnde Arbeits- <strong>und</strong> Einkommensverhältnisse<br />

bedeuten ja auch wechselnde Steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungs-rechtliche Bestimmungen.<br />

“I: Und wie stellst Du Dir so das Ideal vor, wenn Du denkst – so <strong>und</strong> so möchte ich es gerne haben<br />

in ein paar Jahren?<br />

IP: Pfuh, viel Geld ((lacht)). Nein, das Ideal ist eine fixe Anstellung wo zu haben, mit regelmäßigem<br />

Einkommen, mit einer Versicherung, wo ich mich um meine Steuererklärung nicht kümmern muß,<br />

wo ich einen Krankenschein einfach kriege, wenn ich ihn brauche <strong>und</strong> wo ich halt jeden ersten oder<br />

Ende des Monats mein Geld kriege. Also mein Wunsch oder die Zielvorstellung ist die<br />

Regelmäßigkeit, die ich so schätze, aber leider nicht hab’ im Augenblick.<br />

I: Die bezieht sich vor allem auf das finanzielle Abgesichertsein?<br />

IP: Richtig.<br />

I: Und wie wichtig ist es – also wenn Du jetzt so scherzhaft ‘viel Geld’ gesagt hast?<br />

IP: Gar nicht, gar nicht, gar nicht wichtig.<br />

I: Aber einfach daß regelmäßig das Minimum am Konto ist. So?<br />

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