Begleitstudie zum Betriebsbeginn des ... - Aufschwung alt

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23.10.2012 Aufrufe

psychisch gesunden Bewohnerinnen ruft der Anblick von schwerdementen Menschen auch die Angst hervor, „ob man mal selbst so enden wird“. Andererseits verstärkt überhandnehmende Konfrontierung mit den eigenen Defiziten wiederum die Angst und Unsicherheit der dementen Bewohner. Dies wird von ihnen durch Verhaltensweisen, wie beispielsweise ständiges Rufen, Weglaufen, Aggressionen und motorische Unruhe kompensiert. Ein menschenwürdiger Umgang mit den Dementen, der die Lebensqualität der Erkrankten erhalten soll, nimmt viel Zeit in Anspruch. Das Pflegepersonal steht häufig im Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Bedürfnislagen und hat teilweise das Gefühl keiner Bewohnerinnengruppe ausreichend gerecht werden zu können. Dies führt zu Frustrationen und Unzufriedenheit bei den Mitarbeiterinnen. Die Konfliktlösungsversuche zwischen verwirrten und nichtverwirrten Bewohnerinnen werden phasenweise bei knapper Besetzung als zusätzliche Arbeitsbelastung gesehen. Es besteht die Gefahr emotionaler Erschöpfung. Menschen, die sich bereits in einer weiter fortgeschrittenen Phase der Demenz befinden fühlen sich möglicherweise in segregativen Hausgemeinschaften besser verstanden und "heimeliger." Mitarbeiterinnen können ihnen durch die Ausrichtung an einem spezifischen Konzeptansatz (für die beschützenden Hausgemeinschaften) zielgerichtet und intensiv gerecht werden. Sie benötigen dafür besondere Qualifikationen, Schulung und Begleitung. Der segregative Ansatz Die Betreuungsform nach dem segregativen Ansatz bedeutet, dass die demenzkranken Bewohnerinnen rundum-die-Uhr nach festgelegten Prinzipien zusammen in einem Wohnbereich betreut werden. Ziel des segregativen Wohnmodells ist die Aktivierung und Erhaltung der gesunden Persönlichkeitsanteile der psychisch kranken Menschen unter Gleichgesinnten. Der Kontakt zu geistig gesunden Mitbewohnern wird vermieden, dadurch bleibt die zusätzliche Konfrontation des psychisch Alterskranken mit seinen eigenen Defiziten aus (Höwler 2000). In der Wohngruppe kann ein therapeutisches Milieu hergestellt werden, welches von Gelassenheit, Harmonie und des Zulassens von Chaos geprägt ist. Den dementen Bewohnerinnen soll eine ihrer Erkrankung angemessene Betreuung und Pflege zukommen, damit kann Stress minimiert und ggf. Verhaltensauffälligkeiten und der Psychopharmakabedarf reduziert werden. Für die Demenzkranken besteht ein beständiges Lebensumfeld mit Bezugspersonen und Bezugspflege. Alle Aktivitäten im Versorgungs-, Betreuungs- und Pflegebereich orientieren sich an der spezifischen Lebenswelt und an der individuellen Biografie sowie an der aktuellen Situation jedes einzelnen Bewohners. Das Milieu im segregativen Bereich soll die dementiell erkrankten Bewohnerinnen anregen, miteinander in Kontakt zu treten. Soziale Beziehungen und der Erhalt weitestgehender Selbstständigkeit werden gefördert. Trotz abnehmender Anpassungs- und Orientierungs- fähigkeit soll den erkrankten Menschen ein stressfreies Leben in Geborgenheit ermöglicht werden, bei dem ihre vorhandenen Restkompetenzen optimal genutzt und unterstützt aufschwungalt, S.Tschainer AbschlussBegleitstudie Seniorenzentrum Marie-Anne Clauss“ 96/104

werden. Der erhöhte Personalschlüssel sowie die demenzgereichte Gestaltung der Wohnbereiche ermöglichen intensiveres Eingehen auf die Belange der gerontopsychiatrischen Bewohnerinnen. Vor- und Nachteile des segregativen Prinzips Das Leben in einer segregativen Wohngruppe hat einen sehr positiven Einfluss auf dementiell erkrankte Bewohner. Physische und psychische Angriffe von geistig nichtbeeinträchtigten Mitbewohnern fallen weg. Die subjektive Zufriedenheit der von Demenz betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern steigt. Dürrmann (2001) konnte beobachten, dass die Bewohnerinnen sich stimmungsaufgehellter und ausgeglichener zeigten. Verhaltensauffälligkeiten, Schwierigkeiten mit dem Schlaf-Wachrhythmus konnten gemindert werden. Der Einsatz von Psychopharmaka konnte deutlich reduziert und teilweise vollständig abgebaut werden. Eine bedürfnisorientierte Tagestrukturierung und die Gestaltung eines demenzgerechten Milieus sind möglich und Betreuungskonzepte können zielgerichtet umgesetzt werden. Auch das Pflegepersonal profitiert lt. Dürrmann (2001) von der Arbeit in einem Wohnmodell mit segregativen Ansatz. Das Schlichten von Konflikten zwischen Dementen und verärgerten Nichtdementen oder deren Angehörigen entfällt, bzw. schwierige Situationen kommen seltener vor. Die Entscheidung mit dementen Bewohnern zu arbeiten, kann beim segregativen Wohnmodell bewusst und freiwillig gefällt werden, und im Umgang mit den Demenzkranken kommt es zu einer größeren Verhaltenssicherheit, was sich positiv auf das Klientel auswirkt und insgesamt zu einer besseren Arbeitszufriedenheit beiträgt. (Dürrmann 2001). Ein Nachteil dieses Wohnmodells ist laut Höwler (2000), dass die Betroffenen in eine stationäre Ausgrenzung geführt werden und somit eine „Ghettosierung“ stattfindet. Ins- besondere für Erkrankte im Stadium der leichten Demenz könnte sich ein Umzug in eine segregative Wohngruppe angstauslösend und negativ auswirken, wenn die "leicht Dementen" mit vorrangig "Schwer- und Schwerst-Dementen" konfrontiert sind. Aus diesem Grund erscheint die segregative Wohnform ausschließlich für Bewohnerinnen, bei denen die Erkrankung schon weiter fortgeschritten ist sinnvoll 88 . Für das Personal ist die Arbeit mit ausschließlich an Demenz erkrankten Bewohnerinnen eine hohe psychische Belastung, die nur mit gerontopsychiatrischem Fachwissen bewältigt werden kann. 88 Wobei zusätzlich noch bettlägerig seiende Bewohnerinnen wohl eher weniger von den Angeboten profitieren dürften. aufschwungalt, S.Tschainer AbschlussBegleitstudie Seniorenzentrum Marie-Anne Clauss“ 97/104

werden. Der erhöhte Personalschlüssel sowie die demenzgereichte Gest<strong>alt</strong>ung der<br />

Wohnbereiche ermöglichen intensiveres Eingehen auf die Belange der<br />

gerontopsychiatrischen Bewohnerinnen.<br />

Vor- und Nachteile <strong>des</strong> segregativen Prinzips<br />

Das Leben in einer segregativen Wohngruppe hat einen sehr positiven Einfluss auf<br />

dementiell erkrankte Bewohner. Physische und psychische Angriffe von geistig<br />

nichtbeeinträchtigten Mitbewohnern fallen weg. Die subjektive Zufriedenheit der von Demenz<br />

betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern steigt. Dürrmann (2001) konnte beobachten,<br />

dass die Bewohnerinnen sich stimmungsaufgehellter und ausgeglichener zeigten.<br />

Verh<strong>alt</strong>ensauffälligkeiten, Schwierigkeiten mit dem Schlaf-Wachrhythmus konnten gemindert<br />

werden. Der Einsatz von Psychopharmaka konnte deutlich reduziert und teilweise vollständig<br />

abgebaut werden. Eine bedürfnisorientierte Tagestrukturierung und die Gest<strong>alt</strong>ung eines<br />

demenzgerechten Milieus sind möglich und Betreuungskonzepte können zielgerichtet<br />

umgesetzt werden.<br />

Auch das Pflegepersonal profitiert lt. Dürrmann (2001) von der Arbeit in einem Wohnmodell<br />

mit segregativen Ansatz. Das Schlichten von Konflikten zwischen Dementen und verärgerten<br />

Nichtdementen oder deren Angehörigen entfällt, bzw. schwierige Situationen kommen<br />

seltener vor. Die Entscheidung mit dementen Bewohnern zu arbeiten, kann beim<br />

segregativen Wohnmodell bewusst und freiwillig gefällt werden, und im Umgang mit den<br />

Demenzkranken kommt es zu einer größeren Verh<strong>alt</strong>enssicherheit, was sich positiv auf das<br />

Klientel auswirkt und insgesamt zu einer besseren Arbeitszufriedenheit beiträgt. (Dürrmann<br />

2001).<br />

Ein Nachteil dieses Wohnmodells ist laut Höwler (2000), dass die Betroffenen in eine<br />

stationäre Ausgrenzung geführt werden und somit eine „Ghettosierung“ stattfindet. Ins-<br />

besondere für Erkrankte im Stadium der leichten Demenz könnte sich ein Umzug in eine<br />

segregative Wohngruppe angstauslösend und negativ auswirken, wenn die "leicht<br />

Dementen" mit vorrangig "Schwer- und Schwerst-Dementen" konfrontiert sind. Aus diesem<br />

Grund erscheint die segregative Wohnform ausschließlich für Bewohnerinnen, bei denen die<br />

Erkrankung schon weiter fortgeschritten ist sinnvoll 88 . Für das Personal ist die Arbeit mit<br />

ausschließlich an Demenz erkrankten Bewohnerinnen eine hohe psychische Belastung, die<br />

nur mit gerontopsychiatrischem Fachwissen bewältigt werden kann.<br />

88 Wobei zusätzlich noch bettlägerig seiende Bewohnerinnen wohl eher weniger von den<br />

Angeboten profitieren dürften.<br />

aufschwung<strong>alt</strong>, S.Tschainer Abschluss<strong>Begleitstudie</strong> Seniorenzentrum Marie-Anne Clauss“ 97/104

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