Begleitstudie zum Betriebsbeginn des ... - Aufschwung alt
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Bewohnerinnen mit einer leichten Demenz, die noch in der Lage sind, relativ adäquat auf<br />
ihre Umwelt zu reagieren, kann der Umgang mit geistig rüstigen Bewohnerinnen, die die<br />
Defizite der Dementen akzeptieren und die Dementen nicht ausgrenzen, durchaus eine<br />
fördernde Wirkung haben und den Krankheitsverlauf vorteilhaft beeinflussen. Bei einer<br />
stützenden Pflege- und Betreuungskonzeption - wie z.B. durch Gedächtnistraining für<br />
Demente - kann sich eine präventive Wirkung auch für psychisch ältere Gesunde als positiv<br />
herausstellen.<br />
Nachteilig wirkt sich die integrative Form aus, wenn die nichtdementen Bewohner nicht in der<br />
ihnen zugedachten Rolle als „Co-Therapeuten“ fungieren. Der Umgang zwischen den<br />
unterschiedlichen Gruppen zeichnet sich durch ein hohes Konfliktpotential aus, da das<br />
Verständnis und die Toleranz der Nicht-Verwirrten für die Verwirrten oftmals nicht<br />
ausreichen. Diese Desintegration wirkt sich negativ auf die Verwirrtheit und auf das<br />
Wohlbefinden der Demenzerkrankten aus. 87 Als Nachteil kann sich auch herausstellen, dass<br />
die Dementen in zwei verschiedenen Welten leben, wenn sie <strong>zum</strong> einen über eine bestimmte<br />
Zeitpanne in einer speziellen Dementengruppe betreut werden und <strong>zum</strong> anderen dann<br />
wieder in ihren Wohnbereich mit den geistig unbeeinträchtigten Bewohnern zurück müssen.<br />
Dieser Wechsel zwischen den unterschiedlichen Umfeldern bringt zusätzliche Unruhe für die<br />
dementen Bewohnerinnen, der eine ernstzunehmende Belastung darstellen kann.<br />
Beim Pflegepersonal kann es bei dieser Betreuungsform zu Überlastungssituationen sowie<br />
Ziel- und/oder Prioritätenkonflikten kommen. Nach allen Erfahrungen funktioniert es selten,<br />
die individuellen Bedürfnisse der dementiell Erkrankten und der Nichtdementen<br />
gleichermaßen zu berücksichtigen.<br />
Der Hausgemeinschaftsgedanke favorisiert das familienähnliche gemeinschaftsbetonte<br />
Zusammenleben von Menschen und setzt auf auszuschöpfende Möglichkeiten der<br />
Integration bezogen auf die Mitglieder. Manche demenzkranke Bewohnerinnen erh<strong>alt</strong>en<br />
durch ein verständnisvolles Umfeld und ein Gefühl <strong>des</strong> sich gegenseitig Kennens und<br />
Akzeptierens ein Gefühl <strong>des</strong> "Dazu-zu-Gehören". Jede Hausgemeinschaft entwickelt ihren<br />
eigenen Charakter, eigene Toleranzen und Intoleranzen ("wie im richtigen Leben"). Dabei<br />
geht es nicht immer unproblematisch zu. Es kommt vor, dass sich die nichtdemente<br />
Bewohnerinnen, die in Ruhe ihren Lebensabend verbringen wollen, durch ihre dementen Mit-<br />
Bewohnerinnen, die beispielsweise einfach in deren Zimmer gehen und dort die Toilette<br />
benutzen, durch ständiges Rufen sowie durch verbale und teilweise auch körperliche<br />
Aggression gestört und bedroht fühlen. Besonders das ständige Rufen stellt die<br />
Toleranzgrenze der Nichtdementen auf eine harte Probe ("Ich bekomme noch einen<br />
Nervenzusammenbruch."). Einige fühlen sich in ihrem Schamgefühl verletzt, wenn sich ein<br />
dementer Bewohner am Tisch entkleidet oder nackt über den Flur läuft. Bei manchen<br />
87 Im Verlauf einer Demenzerkrankung können sich eine Vielzahl von Verh<strong>alt</strong>ensstörungen<br />
zeigen, die eine Integrationsfähigkeit vermindern.<br />
aufschwung<strong>alt</strong>, S.Tschainer Abschluss<strong>Begleitstudie</strong> Seniorenzentrum Marie-Anne Clauss“ 95/104