Botond J. Kiss DAS DONAUDELTA - Adatbank
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und gehören zu den Vögeln, die Seltenheitswert besitzen.<br />
Ich ging einmal, Brandgänsenester zwecks Bestandsaufnahme<br />
zu betrachten. Es war schon spät am Nachmittag,<br />
als ich auf der Insel ankam. Ich schlug mein Zelt am<br />
Rande des Plateaus auf, wo der Mückenangriff durch<br />
den Wind etwas gemäßigt wurde. Als ich mich mit meiner<br />
Taschenlampe ins Zelt zurückzog, um mein Abendbrot<br />
zu essen, hörte ich ein seltsames Knistern über meinem<br />
Kopf. Ich blickte in die Richtung, aus der das Geräusch<br />
kam, und sah einen Tausendfüßler von gewaltigen<br />
Ausmaßen. Genauer war es ein Lippenfüßler, der so lang<br />
wie ein Bleistift war. Ich hätte ihn gerne gefangen, um<br />
ihn in einem geschlossenen Glas unterzubringen, aber er<br />
verschwand aus dem Lichtkegel meiner Lampe und versteckte<br />
sich rasch unter den ausgebreiteten Gegenständen.<br />
Vergeblich räumte ich meine Sachen mehrmals aus<br />
einer Ecke in die andere, es gelang mir nicht, diesen ungebetenen<br />
Gast zu finden. Schließlich leerte ich das Zelt<br />
aus und beruhigte mich erst am Morgen, da der unangenehme<br />
Schlafgefährte sich nachts nicht gemeldet hatte.<br />
Aus meinen Lektüren wußte ich, daß, die Tausendfüßler<br />
ihren Namen nicht ganz verdienen. Der Lippenfüßler ist<br />
zwar wirklich ein Riese im Verhältnis zu den anderen<br />
Arten und die zoologische Literatur weiß auch über<br />
Exemplare bis zu 17 cm zu berichten, aber so viele Füße<br />
hat er nun doch nicht. Das erste Paar Gliedmaßen hat<br />
sich in sogenannte Kieferfüße verwandelt (daher Lippenfüßler).<br />
In ihrer Kieferzange haben sie kleine Giftdrüsen,<br />
deren Absonderung die Beute (Heuschrecken, Spinnen<br />
usw.) in einigen Augenblicken tötet. Die Wirkungskraft<br />
des Giftes ist so groß, daß der Arm oder das Unterbein<br />
eines Menschen, der von einem Lippenfüßler gebissen<br />
wurde, schenkeldick anschwillt, hart wird und schmerzt.<br />
In der Norddobrudscha kennen viele Leute diesen Lippenfüßler<br />
und nennen ihn „Stonoschka” (sto = hundert,<br />
noga = Fuß). Sie haben gegen seinen Biß eine eigene<br />
Heilmethode. Und zwar graben sie das verletzte Glied<br />
in feuchte Erde ein, bis die Schwellung nachläßt. In den<br />
letzten Jahren hat man von keinem solchen Fall mehr<br />
gehört, der eher seiner Seltenheit wegen angsterregend”<br />
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