Botond J. Kiss DAS DONAUDELTA - Adatbank

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23.10.2012 Aufrufe

oder durch Pflanzenschutzmittel vergiftet. Zu all dem trägt auch der „Naturfreund” bei, der sich als Andenken an den angenehmen Sommer eine Schildkröte nach Hause mitnimmt. Wird sie auch unter entsprechenden Bedingungen in einem großen, hellen Terrarium (von einer Verbannung auf dem Balkon, in der Küche oder dem Bad ganz abgesehen) gehalten, so ist sie doch für die Natur verloren. Außerdem könnte sie bald zu einem Aschenbecher umfunktioniert werden oder einfach in den Müll gelangen. Ihr Platz ist doch in den sonnigen Wäldern der Dobrudscha, zwischen windbewegten Grashalmen und auf den steinigen Hügeln dieser Landschaft. Stören wir sie nicht! Lassen wir sie, gleichmütig trottend, ihrem unbekannten Ziel zusteuern. Übrigens stehen sie unter Naturschutz: ihr Stören, ihr Gefangenhalten oder gar Töten wird geahndet. Wollen wir einen Vergleich mit der Technik herstellen, so können wir sagen, daß die Landschildkröten gepanzerten Kriegswagen ähneln, während die Sumpf- oder Teichschildkröten an Unterseeboote erinnern, die mit dem hochgestreckten „Periskop” ihres Halses auf dem Wasserspiegel schwimmen und bei dem ersten verdächtigen Zeichen blitzschnell untertauchen. Ihre Fortbewegungsweise verrät, daß sie Raubtiere sind. Sie erbeuten lebendige Larven, Froschlaiche und kleinere Fische. Das Wasser verlassen sie nur selten, höchstens um sich am Ufer auf einem schwimmenden Baumstumpf zu sonnen. Ihre Aufmerksamkeit läßt nie nach, man kann sie nicht überraschen. Das Weibchen entfernt sich manchmal ein paar hundert Meter vom Wasser, um sich entsprechende Eierablegestellen zu suchen. Mit den Hinterbeinen gräbt es eine Vertiefung in den Boden. (Falls die Erde zu trokken ist, läßt es seinen Harn darauf fließen, um sie aufzuweichen.) Die gelegten Eier werden zugedeckt und die Erde wird mit dem Bauchpanzer geebnet. Die größten Feinde der Schildkröten sind die Nebelkrähen und die Igel. Die meisten Nester werden von diesen noch vor dem Ausschlüpfen der Jungen geplündert. Der Igel findet durch seinen ausgezeichneten Geruchssinn zum Nest; während die Krähen wahrscheinlich das eierlegende 127

Weibchen beobachten und wenn sich dieses mühselig ins Wasser zurückgeschleppt hat, beginnen sie mit ihren scharfen Schnäbeln die verwüstende Arbeit. In den Monaten Mai und Juni kann man im ganzen Delta die Spuren dieser wilden Gelage sehen. Auch in Reusen oder Netzen gehen Schildkröten oft elend zugrunde. Die Sumpfschildkröten stehen vorläufig nicht unter Naturschutz, hoffentlich werden aber entsprechende Paragraphen bald dafür sorgen, daß diese Kriechtierart ungestört leben darf. Früher wurden beide Arten verzehrt. In alten Kochbüchern kann man lesen, wie die „zartfühlende” Hausfrau einst die Schildkröte nahm und sie auf die heiße Herdplatte legte, um den qualvoll herausgestreckten Kopf mit dem großen Küchenmesser abzuschneiden. Man schrieb ihrem Fleisch Heilkraft zu. Unter anderem wurde es gegen Lungenkrankheiten empfohlen. (Ein altes Volkslied berichtet davon, wie ein Baron sich mit Schildkrötenfleisch vollgegessen hatte. Daraus wird ersichtlich, daß dieses Fleisch niemals die Speise ärmerer Volksschichten darstellte.) Die sogenannte falsche Karettschildkröte ist im eigentlichen Delta nicht heimisch. Sie gehört zur Herpetofauna der Norddobrudscha. Bisher sind von den rumänischen Küsten bloß zwei Exemplare dieser manchmal auch mehrere hundert Kilogramm wiegenden Art in die Hände der Fachleute geraten. Sie lebt im Atlantischen und im Indischen Ozean, Verirrt sich aber zuweilen auch bis zum Mittel- und Schwarzen Meer. Sie ist ein Raubtier und ernährt sich von Fischen, Seeigeln, Muscheln und Quallen. Das letzte Exemplar in Rumänien, eine junge, 34 Kilokramm wiegende, weibliche Karattschldkröte, blieb in der Nähe von Sfîntu Gheorghe an einem Hausenhaken hängen. Man hätte sie vielleicht befreien können, aber die wackeren Hausenfischer erschraken derart vor diesem sonderbaren Tier, daß sie es mit ihren Rudern totschlugen. Sein Panzer wurde an mehreren Stellen eingerissen. Man kann ihn heute in präparierter, ausgebesserter From in der Sammlung des Tulceaer Museums sehen. 128

Weibchen beobachten und wenn sich dieses mühselig ins<br />

Wasser zurückgeschleppt hat, beginnen sie mit ihren<br />

scharfen Schnäbeln die verwüstende Arbeit. In den Monaten<br />

Mai und Juni kann man im ganzen Delta die Spuren<br />

dieser wilden Gelage sehen. Auch in Reusen oder<br />

Netzen gehen Schildkröten oft elend zugrunde. Die<br />

Sumpfschildkröten stehen vorläufig nicht unter Naturschutz,<br />

hoffentlich werden aber entsprechende Paragraphen<br />

bald dafür sorgen, daß diese Kriechtierart ungestört<br />

leben darf.<br />

Früher wurden beide Arten verzehrt. In alten Kochbüchern<br />

kann man lesen, wie die „zartfühlende” Hausfrau<br />

einst die Schildkröte nahm und sie auf die heiße<br />

Herdplatte legte, um den qualvoll herausgestreckten Kopf<br />

mit dem großen Küchenmesser abzuschneiden. Man<br />

schrieb ihrem Fleisch Heilkraft zu. Unter anderem wurde<br />

es gegen Lungenkrankheiten empfohlen. (Ein altes Volkslied<br />

berichtet davon, wie ein Baron sich mit Schildkrötenfleisch<br />

vollgegessen hatte. Daraus wird ersichtlich, daß<br />

dieses Fleisch niemals die Speise ärmerer Volksschichten<br />

darstellte.)<br />

Die sogenannte falsche Karettschildkröte ist im eigentlichen<br />

Delta nicht heimisch. Sie gehört zur Herpetofauna<br />

der Norddobrudscha. Bisher sind von den rumänischen<br />

Küsten bloß zwei Exemplare dieser manchmal auch<br />

mehrere hundert Kilogramm wiegenden Art in die Hände<br />

der Fachleute geraten. Sie lebt im Atlantischen und im<br />

Indischen Ozean, Verirrt sich aber zuweilen auch bis zum<br />

Mittel- und Schwarzen Meer. Sie ist ein Raubtier und<br />

ernährt sich von Fischen, Seeigeln, Muscheln und Quallen.<br />

Das letzte Exemplar in Rumänien, eine junge,<br />

34 Kilokramm wiegende, weibliche Karattschldkröte,<br />

blieb in der Nähe von Sfîntu Gheorghe an einem Hausenhaken<br />

hängen. Man hätte sie vielleicht befreien können,<br />

aber die wackeren Hausenfischer erschraken derart<br />

vor diesem sonderbaren Tier, daß sie es mit ihren Rudern<br />

totschlugen. Sein Panzer wurde an mehreren Stellen<br />

eingerissen. Man kann ihn heute in präparierter, ausgebesserter<br />

From in der Sammlung des Tulceaer Museums<br />

sehen.<br />

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