Botond J. Kiss DAS DONAUDELTA - Adatbank
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SCHLANGEN, FRÖSCHE UND KRÖTEN „...als ob alle Schollen jetzt Füße bekämen belebten den Boden plump hüpfende Kröten.” Die Stimmung, die ein Sommerabend in einem Deltadorf wachruft, erinnert unwillkürlich an das Gedicht „Im Familienkreise” des ungarischen Dichters János Arany, in dem die langsam einbrechende Finsternis den Menschen Ruhe verspricht, während in der Tierwelt nächtliches Tummeln einsetzt. Die schimmernde Straßenlampe ist von einer regenbogenfarbenen Aureole umgeben, in deren Glanz eine Unmenge verschiedenster Nachtinsekten ihren Reigen aufführen. Gestreifte Bärenschmetterlinge und nach einer mehrjährigen Gefangenschaft in der Erde hervorschwärmende Eintagsfliegen tanzen rund um die Glaskugel. Manchmal schlägt ein riesiger Wasserkolbenkäfer gegen das Glas und fällt gleich zu Boden, wo Hirschkäfer, zartgrüne Goldaugen, schwarzgetupfte, schmutzigweiße Weidenmotten und Wasserwanzen, zu Fußgängern geworden, umherkrabeln und Arabesken in den feinen Sand zeichnen. Zwischen ihnen, wie lauter winzige Yogis, hocken die Kröten im kreisförmigen, gelben Schein der leuchtenden Lampe. Landet ein Gliederfüßler mit gebrochenen Flügeln, da er sich der Lampe zu stark genähert hat, eilt sogleich ein halbes Dutzend Kröten herbei, um ihn in Empfang zu nehmen. Ungeschickt kriechen und hüpfen sie, bereiten sich zum Angriff vor. Sind sie dann in Schußweite, verweilen sie einen Augenblick, scheinbar um die Entfernung abzumessen, dann schnellt ihre klebrige Zunge blitzartig auf die Beute und verschluckt sie mit der Geschwindigkeit eines Zauberers. Je dichter der Insektenschwarm wird, um so mehr Kröten gesellen sich zu den schon wartenden Artgenossen. Nähern sich Menschenschritte, hüpfen sie allesamt beiseite, kehren aber, sobald die Gefahr vorüber ist, zum „gedeckten Tisch” zurück. Die anfangs zitierten Gedichtzeilen passen so gut zu der ständig kriechenden und hüpfenden Schar, daß man annehmen könnte, der Dichter habe über irgendeine Krötenart geschrieben. 119
Die im Lichtkreis beobachteten Kröten sind wahrscheinlich alle Wechselkröten. Eine andere, in Rumänien heimische Krötenart lebt nicht im Delta, wohl aber in einigen Teilen der Dobrudschaer Hochebene und bildet kleine, isolierte Populationen. Das ist die braune Erdkröte. Von diesen beiden ist die braune Erdkröte die größere. Ihre Körperlänge beträgt 10—12 cm Länge, in südlicheren Ländern auch 20 cm. Gerald Durrell schreibt über sie: „Es waren, soweit ich sehen konnte, gewöhnliche Kröten, aber die größten, die mir je begegneten. Jede größer als eine gewöhnliche Untertasse... sie schauten mich an und keuchten in der schuldbewußten Art, die Kröten an sich haben. Als ich in jeder Hand eine hielt, war es, als ob ich zwei schlaffe lederne Ballons umfaßte. Die Kröten blinzelten mir mit ihren schönen Goldfiligranaugen zu und nisteten sich bequemer zwischen meinen Fingern ein. Sie sahen mich vertrauensvoll an, und ihre dicklippigen Mäuler schienen sich zu einem verlegenen und ungewissen Grinsen zu verziehen.” („Meine Familie und anderes Getier”) In der Laichzeit kommen sie von weither zu den entsprechenden Sümpfen und langsam fließenden Bächen, wo sie sich haufenweise versammeln. Die Eier werden schnurförmig aneinandergereiht gelegt und die nach etwa zwanzig Tagen ausgeschlüpften Larven — die Kaulquappen — schwimmen gruppenweise umher. Ihre warzige, drüsenreiche Haut enthält Stoffe, die sogenannten Feromone, die den Artgenossen als chemisches Signal dienen. Wird eine Kröte verletzt, beginnt die ganze Schar zu flüchten. Häufiger als die braune Erdkröte kommt die Wechselkröte vor. Die meisten sieht man im Delta abends unter den Straßenlampen und vor den beleuchteten Schaufenstern in Tulcea, wo sie ihren leckeren Insektenschmaus halten. Sie verschlucken alles, was sich bewegt und was sie hinunterwürgen können. Oft beobachtete ich, wie eine Kröte eine Maulwurfsgrille, die die gleiche Körperlänge wie sie selbst hatte, hinunterschlang. Der große Gradflügler mit schaufelartigen Vorderfüßen, die denen des Maulwurfs ähneln, protestierte wahrscheinlich noch 120
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SCHLANGEN, FRÖSCHE UND KRÖTEN<br />
„...als ob alle Schollen jetzt Füße bekämen<br />
belebten den Boden plump hüpfende Kröten.”<br />
Die Stimmung, die ein Sommerabend in einem Deltadorf<br />
wachruft, erinnert unwillkürlich an das Gedicht „Im<br />
Familienkreise” des ungarischen Dichters János Arany,<br />
in dem die langsam einbrechende Finsternis den Menschen<br />
Ruhe verspricht, während in der Tierwelt nächtliches<br />
Tummeln einsetzt. Die schimmernde Straßenlampe<br />
ist von einer regenbogenfarbenen Aureole umgeben, in<br />
deren Glanz eine Unmenge verschiedenster Nachtinsekten<br />
ihren Reigen aufführen. Gestreifte Bärenschmetterlinge<br />
und nach einer mehrjährigen Gefangenschaft in der Erde<br />
hervorschwärmende Eintagsfliegen tanzen rund um die<br />
Glaskugel. Manchmal schlägt ein riesiger Wasserkolbenkäfer<br />
gegen das Glas und fällt gleich zu Boden, wo<br />
Hirschkäfer, zartgrüne Goldaugen, schwarzgetupfte,<br />
schmutzigweiße Weidenmotten und Wasserwanzen, zu<br />
Fußgängern geworden, umherkrabeln und Arabesken in<br />
den feinen Sand zeichnen. Zwischen ihnen, wie lauter<br />
winzige Yogis, hocken die Kröten im kreisförmigen,<br />
gelben Schein der leuchtenden Lampe.<br />
Landet ein Gliederfüßler mit gebrochenen Flügeln, da<br />
er sich der Lampe zu stark genähert hat, eilt sogleich<br />
ein halbes Dutzend Kröten herbei, um ihn in Empfang<br />
zu nehmen. Ungeschickt kriechen und hüpfen sie, bereiten<br />
sich zum Angriff vor. Sind sie dann in Schußweite,<br />
verweilen sie einen Augenblick, scheinbar um die Entfernung<br />
abzumessen, dann schnellt ihre klebrige Zunge<br />
blitzartig auf die Beute und verschluckt sie mit der Geschwindigkeit<br />
eines Zauberers.<br />
Je dichter der Insektenschwarm wird, um so mehr<br />
Kröten gesellen sich zu den schon wartenden Artgenossen.<br />
Nähern sich Menschenschritte, hüpfen sie allesamt<br />
beiseite, kehren aber, sobald die Gefahr vorüber ist, zum<br />
„gedeckten Tisch” zurück. Die anfangs zitierten Gedichtzeilen<br />
passen so gut zu der ständig kriechenden und hüpfenden<br />
Schar, daß man annehmen könnte, der Dichter<br />
habe über irgendeine Krötenart geschrieben.<br />
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