Botond J. Kiss DAS DONAUDELTA - Adatbank

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23.10.2012 Aufrufe

im Magen eines Welses gefunden wurden. Ein namhafter rumänischer Ichtyologe, Grigore Antipa, erwähnt einen Fall, wo ein Mensch von einem Welsungeheuer ertränkt wurde. Wir müssen an der Wahrheit dieser Angaben nicht zweifeln. Doch soll hinzugefügt werden, daß im größten Teil dieser Fälle wahrscheinlich nur Leichname von diesem mächtigen Fisch verschlungen wurden. Außerdem sind das schon sehr alte Geschichten. Heutzutage erregt ein 20—30 kg schwerer Wels schon Aufsehen. Wie viel mehr Chancen der Mensch hat, Wels zu essen, als umgekehrt, könnte nur in astronomischen Zahlen ausgedrückt werden. Ich sprach deswegen so ausführlich von diesem Thema, da ich während meiner Museumsarbeit des öfteren von Besuchern gefragt wurde, ob der Wels die Badenden angreife. Ich habe sie jedesmal beruhigt, daß diese Vorstellung sogar für ein Märchen naiv wäre. Der Fischfang mit Hilfe das elektrischen Stromes, der in den 60-er Jahren praktiziert wurde, und die Tatsache, daß der Wels ein ausgesprochenes Raubtier ist (das Delta kann als letzte Anhäufungsstufe von Verseuchungsmaterialien in der großen biologischen Ernährungskette der Donau angesehen werden), haben dafür gesorgt, daß man sich in letzter Zeit mit künstlich gezüchteten Welsarten („iaprac” und „iarma” — siehe Kapitel: „Erläuterungen zum Deltawortschatz”) begnügen muß. Der Wels, dieser wirtschaftlich so bedeutende Fisch, verläßt in der Laichzeit im Frühling seinen tief unter den Wurzeln und in den ausgespülten Uferhöhlungen verborgenen Schlupfwinkel, um mit den überschwemmenden Gewässern in die Deltaseen einzudringen. Das Weibchen legt 50 000—200 000 Eier, die, wie dann auch die ausgeschlüpfte Brut, vom Männchen umhegt werden. Es verscheucht alle anderen Fische aus der Umgebung der Brutstelle. Sinkt der Wasserstand, verläßt der Wels als erster die Seen und kehrt in die Flüsse zurück. Die Jungen können schon im nächsten Jahr das Gewicht von einem halben Kilogramm, die sogenannte „moaca”-Größe erreichen. Infolge seines Nachtlebens kann man ihn nur selten erblicken. An die Wasseroberfläche kommt er höchstens 101

in der Vermehrungszeit oder vor großen Gewittern. Die Bedeutung des Welses wird durch die vielen Werkzeuge, die für seinen Fang erdacht wurden, bestätigt. In der Sprache der Deltafischer hat er, je nach Größe, fünf verschiedene Namen. Aus seinem fetten Fleisch, das wenige Gräten enthält, bereitet man eine schmackhafte säuerliche Suppe. Im Delta gelten der Kopf und der fette Schwanz der kleinen Welse als Leckerbissen. Das Fleisch älterer Welse Schmeckt gewöhnlich nach Schlamm. Im Zusammenhang mit diesem Fisch muß auch seine Lockspeise, nämlich der Schlammbeißer, erwähnt werden. Er verdient es aber auch unabhängig vom Wels vorgestellt zu werden. In alten Kochbüchern figuriert der Schlammbeißer auch und in den Romanen des ungarischen Erzählers Mór Jókai kann man über Schlammbeißer, die auf Ziegeln gebraten oder mit Kraut zubereitet wurden, lesen. Daraus wird ersichtlich, daß die aus diesem Fisch zubereiteten Speisen einst allgemein beliebt waren. Heutzutage wird er hingegen nicht einmal mehr als „Barometer” gebraucht. Noch vor einigen Jahrzehnten meinte man, durch die Unruhe eines Schlammbeißers, der im Glas gehalten wurde, das Gewitter voraussagen zu können. Der Schlammbeißer ist ein höchstens 40 cm langes, dünnes Fischlein, das sehr biegsam ist und dessen walzenförmiger Körper flinke, schlängelnde Bewegungen ausführt. Auf seinem schuppenlosen Körper sind helle und dunkle Streifen der Länge nach angeordnet und rings um sein Maul wachsen ihm zehn fühlerartige Fortsätze, der „Schnurrbart”. Es ist bewundernswert, in was für sauerstoffarmen Gewässern voller faulender Organismen er leben kann, wo andere Fische schon längst verschwunden sind. Die Erklärung dafür ist die interessante Art und Weise seiner Atmung. Und zwar atmet er nicht bloß durch die Kiemen, sondern kommt von Zeit zu Zeit an die Wasseroberfläche, um Luft zu schlucken. Diese geht durch seinen ganzen Darmkanal, dessen Wand von einem dichten Adernetz durchwoben ist. Hier geschieht der Gasaustausch, und die verbrauchte Luft entfernt sich durch den After. Sein Bestreben, an die Wasseroberfläche zu gelangen, wurde früher beson- 102

im Magen eines Welses gefunden wurden. Ein namhafter<br />

rumänischer Ichtyologe, Grigore Antipa, erwähnt einen<br />

Fall, wo ein Mensch von einem Welsungeheuer ertränkt<br />

wurde.<br />

Wir müssen an der Wahrheit dieser Angaben nicht<br />

zweifeln. Doch soll hinzugefügt werden, daß im größten<br />

Teil dieser Fälle wahrscheinlich nur Leichname von diesem<br />

mächtigen Fisch verschlungen wurden. Außerdem<br />

sind das schon sehr alte Geschichten. Heutzutage erregt<br />

ein 20—30 kg schwerer Wels schon Aufsehen. Wie viel<br />

mehr Chancen der Mensch hat, Wels zu essen, als umgekehrt,<br />

könnte nur in astronomischen Zahlen ausgedrückt<br />

werden. Ich sprach deswegen so ausführlich von diesem<br />

Thema, da ich während meiner Museumsarbeit des öfteren<br />

von Besuchern gefragt wurde, ob der Wels die Badenden<br />

angreife. Ich habe sie jedesmal beruhigt, daß diese<br />

Vorstellung sogar für ein Märchen naiv wäre. Der Fischfang<br />

mit Hilfe das elektrischen Stromes, der in den 60-er<br />

Jahren praktiziert wurde, und die Tatsache, daß der Wels<br />

ein ausgesprochenes Raubtier ist (das Delta kann als<br />

letzte Anhäufungsstufe von Verseuchungsmaterialien in<br />

der großen biologischen Ernährungskette der Donau angesehen<br />

werden), haben dafür gesorgt, daß man sich in<br />

letzter Zeit mit künstlich gezüchteten Welsarten („iaprac”<br />

und „iarma” — siehe Kapitel: „Erläuterungen zum Deltawortschatz”)<br />

begnügen muß.<br />

Der Wels, dieser wirtschaftlich so bedeutende Fisch,<br />

verläßt in der Laichzeit im Frühling seinen tief unter<br />

den Wurzeln und in den ausgespülten Uferhöhlungen verborgenen<br />

Schlupfwinkel, um mit den überschwemmenden<br />

Gewässern in die Deltaseen einzudringen. Das Weibchen<br />

legt 50 000—200 000 Eier, die, wie dann auch die ausgeschlüpfte<br />

Brut, vom Männchen umhegt werden. Es verscheucht<br />

alle anderen Fische aus der Umgebung der Brutstelle.<br />

Sinkt der Wasserstand, verläßt der Wels als erster<br />

die Seen und kehrt in die Flüsse zurück. Die Jungen<br />

können schon im nächsten Jahr das Gewicht von einem<br />

halben Kilogramm, die sogenannte „moaca”-Größe erreichen.<br />

Infolge seines Nachtlebens kann man ihn nur selten<br />

erblicken. An die Wasseroberfläche kommt er höchstens<br />

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