Untitled - Mercedes-Benz 300 SL Club
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FRIEDRICH GEIGER ZUM<br />
100. GEBURTSTAG<br />
Friedrich Geiger prägt den Stil einer Epoche des deutschen Automobildesigns.<br />
Von ihm stammen beispielsweise die atemberaubenden<br />
Formen der Serienversion des <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> <strong>300</strong><br />
<strong>SL</strong>. Öffentlich tritt der am 24.11.1907 geborene Designer zwar<br />
kaum in Erscheinung, aber viele seiner Entwürfe, umgesetzt als<br />
Serien-Pkw von <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong>, begeistern bei ihrer Vorstellung<br />
Publikum und Fachleute gleichermaßen und werden später zu<br />
legendären Klassikern. Entsprechend ist der Ruf Geigers unter<br />
den jüngeren Automobildesignern: „Er schuf zeitlose Formen“,<br />
sagt der ehemalige <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> Chefdesigner, Bruno Sacco,<br />
1999 beim Automotive News World Congress über Geiger.<br />
Friedrich Geiger wird im April 1933 als Konstrukteur von der<br />
Daimler-<strong>Benz</strong> AG eingestellt. Der in Süßen geborene Schwabe<br />
ist gelernter Stellmacher und hat sich nach der Handwerksausbildung<br />
durch ein Studium für seine neue Aufgabe weiter<br />
qualifiziert. Er arbeitet in der Abteilung Sonderwagenbau, wo<br />
er unter anderem dafür verantwortlich ist, jene luxuriösen <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong><br />
Sportwagen zu entwerfen, die von der Stuttgarter<br />
Marke selbst eingekleidet werden. Der Name „Sindelfinger<br />
Karosserie“ wird durch diese Modelle zum Qualitätssiegel für<br />
Automobildesign von <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong>. Zu Geigers legendären<br />
Designentwürfen aus jener Epoche zählt der <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> 500<br />
K Spezial-Roadster (Baureihe W 29), der von 1934 an für Furore<br />
sorgte. Eine noch größere Bedeutung bekommt Geigers Arbeit<br />
nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zunächst scheidet der<br />
Designer zwar im April 1948 aus seinem Arbeitsverhältnis bei<br />
der Daimler-<strong>Benz</strong> AG aus, doch bereits im Juni 1950 kehrt Geiger<br />
zurück – nun als Versuchsingenieur in der Abteilung Stilistik<br />
(Anbindung an den Bereich Automobilversuch).Diese Abteilung<br />
ist ein Kind der 50er Jahre. Ihre Aufgabe: Die Entwurfsprozesse<br />
neuer <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> Automobile zu überwachen sowie Leitlinien<br />
für die Formgebung zu entwickeln und zu formulieren. Nach<br />
wenigen Jahren übernimmt Geiger die Leitung der Abteilung<br />
Stilistik. Zu seinen Mitarbeitern gehört unter anderem Bruno<br />
Sacco, der – geprägt von Friedrich Geiger – Stil und Ästhetik<br />
der <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> Modelle kommender Jahrzehnte mitbestimmen<br />
wird. Auch Paul Bracq zählt zu seinen Mitarbeitern. Zu<br />
den herausragenden Arbeiten Geigers aus dieser Zeit zählen die<br />
Sportwagenmodelle. Vor allem beim <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> <strong>300</strong> <strong>SL</strong> (W<br />
198) gelingt es dem Meister des Autodesigns, die Technik eines<br />
Straßenrennwagens mit der Hülle eines atemberaubenden Gran<br />
Turismo zu versehen. Für Bruno Sacco ist das Coupé des <strong>300</strong><br />
<strong>SL</strong> eine der wichtigsten Ikonen des Automobildesigns. „In der<br />
Sportwagengeschichte gibt es nur wenige andere Beispiele für<br />
die erfolgreiche Kombination von Leistung und Überlegenheit<br />
mit einer harmonischen und gleichzeitig starken Linienführung“,<br />
sagt Sacco 1999 in Detroit. Die Beschränkungen durch die Geometrie<br />
des Gitterrohrrahmens wendet Geiger bei diesem ersten<br />
Modell des <strong>SL</strong>-Stammbaums zur Tugend und entwirft statt<br />
herkömmlich angeschlagener Türen die berühmten Flügeltüren<br />
des großartigen Coupés. Er ist auch verantwortlich für den charakteristischen<br />
Stern, den der <strong>300</strong> <strong>SL</strong> in der Mitte der Front als<br />
Luftöffnung trägt. Am 01.01.1969 wird Geiger schließlich zum<br />
Hauptabteilungsleiter in der Direktion Stilistik ernannt. Bis zu<br />
seiner Pensionierung am 31.12.1973 entwirft Geiger zahlreiche<br />
herausragende Limousinen, Coupés, Cabriolets und Roadster<br />
für <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong>. Zu den Baureihen, für die er verantwortlich<br />
zeichnet, gehören unter anderem die Heckflossen-Fahrzeuge<br />
(W 110 und W 111/112), die „Pagode“ (<strong>SL</strong> der Baureihe W 113)<br />
und der repräsentative <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> 600 (W 100). Es folgen<br />
die Oberklasse-Modelle W 108/109 und W 116, der 1971 vorgestellte<br />
<strong>SL</strong> (R 107) und die berühmten Fahrzeuge der mittleren<br />
Baureihen W 114/115 („Strich-Acht“) und W 123. Das Werk des<br />
zurückhaltenden, bescheidenen Mannes überstrahlt die im Archiv<br />
verzeichneten dürren Rahmendaten seiner Biografie. Das<br />
passt zum Auftreten des Designers während seiner Zeit als Leiter<br />
der <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> Stilistik: Friedrich Geiger setzt auf Teamarbeit<br />
und Engagement, ohne sich in den Vordergrund zu spielen.<br />
Günter Engelen schildert in seinem zum 100. Geburtstag Geigers<br />
in der Zeitschrift <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> Classic erschienenen Portrait<br />
den Designer entsprechend: „Friedrich Geiger war der Typus<br />
des zurückhaltenden Dirigenten, der sein Kammerorchester<br />
zu Höchstleistungen anzuspornen vermochte, ohne sich dabei<br />
theatralischer Gesten bedienen zu müssen.“ Bruno Sacco wird<br />
1975 zu Geigers Nachfolger als Oberingenieur und Leiter der