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Die Eingewöhnung von Kindern in Kindertageseinrichtungen - Infans

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<strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagese<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>Die</strong> Aufnahme <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> <strong>in</strong> Tagesbetreuungse<strong>in</strong>richtungen bedarf e<strong>in</strong>er sorgfältigen<br />

organisatorischen und fachlichen Vorbereitung und Durchführung, um nachteilige Folgen<br />

für die Entwicklung der K<strong>in</strong>der, ihr Wohlbef<strong>in</strong>den und ihre B<strong>in</strong>dungen an die Eltern<br />

zu vermeiden. Insbesondere bei der Aufnahme <strong>in</strong> Krippen und Tagespflegestellen s<strong>in</strong>d<br />

Vorkehrungen unerlässlich, die e<strong>in</strong>e angemessene Gestaltung des Übergangs der K<strong>in</strong>der<br />

aus ihren Familien <strong>in</strong> die Tagesbetreuung sicherstellen.<br />

Fachlicher H<strong>in</strong>tergrund<br />

Krippe<br />

Der E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tagesbetreuung verlangt <strong>von</strong> den <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> erhebliche Anpassungsleistungen<br />

an die neue Umgebung, die für die K<strong>in</strong>der mit weith<strong>in</strong> unterschätzten Anstrengungen<br />

verbunden s<strong>in</strong>d. In der damaligen DDR mit ihrem weltweit am stärksten<br />

ausgebauten Angebot an Krippenplätzen wurden bereits <strong>in</strong> den 70er Jahren negative<br />

Reaktionen der K<strong>in</strong>der auf den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> Krippenbetreuung beobachtet. In e<strong>in</strong>er Studie<br />

mit über 6.000 <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> wurden u.a. drastisch erhöhte Erkrankungsraten, Gewichtsverlust<br />

und lang anhaltende Entwicklungsverlangsamungen festgestellt. Besonders dramatisch<br />

fielen diese Reaktionen bei Aufnahme der K<strong>in</strong>der zwischen dem 10. und 18. Lebensmonat<br />

aus. (Grosch & Schmidt-Kolmer 1979)<br />

An der Freien Universität Berl<strong>in</strong> konnte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mitte der 80er Jahre durchgeführten<br />

Untersuchung u.a. e<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen e<strong>in</strong>er Begleitung (bzw. deren Fehlen)<br />

des K<strong>in</strong>des durch e<strong>in</strong>en Elternteil zu Beg<strong>in</strong>n des Krippenbesuchs und den Fehlzeiten der<br />

K<strong>in</strong>der wegen e<strong>in</strong>er Erkrankung im ersten Halbjahr des Besuchs, dem Entwicklungsstand<br />

der K<strong>in</strong>der nach diesem Zeitraum und der Qualität der B<strong>in</strong>dungsbeziehungen zur Mutter<br />

nachgewiesen werden (Laewen, 1989; vgl. auch Rottmann & Ziegenha<strong>in</strong>, 1988). K<strong>in</strong>der,<br />

die ohne e<strong>in</strong>e Begleitung e<strong>in</strong>es Elternteils <strong>von</strong> angemessener Dauer auskommen mussten,<br />

fehlten durchschnittlich vier Mal häufiger wegen e<strong>in</strong>er Erkrankung und lagen <strong>in</strong> ihrer<br />

kognitiven Entwicklung nach sechs Monaten deutlich zurück. <strong>Die</strong> Qualität der B<strong>in</strong>dung<br />

an die Mütter war erheblich bee<strong>in</strong>trächtigt. Nach wenigen Wochen des Krippenbesuch<br />

konnten bereits deutliche Verhaltensunterschiede zwischen den begleiteten und unbegleiteten<br />

<strong>K<strong>in</strong>dern</strong> zugunsten der ersten Gruppe beobachtet werden.<br />

K<strong>in</strong>dergarten<br />

Aus e<strong>in</strong>er Untersuchung <strong>von</strong> Tonkowa-Jampolskaja u.a. (1979) liegen Ergebnisse vor,<br />

die e<strong>in</strong>en erheblichen Anstieg der Erkrankungsraten dreijähriger K<strong>in</strong>der ausweisen, die<br />

ohne Begleitung durch e<strong>in</strong>e vertraute Erzieher<strong>in</strong> bzw. durch e<strong>in</strong>en Elternteil <strong>von</strong> der<br />

Krippe <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergarten wechselten. E<strong>in</strong>e Studie <strong>von</strong> Haefele & Wolf-Fils<strong>in</strong>ger aus<br />

dem Jahr 1986 weist erhebliche Stressreaktionen <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> nach, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

K<strong>in</strong>dergarten aufgenommen wurden.<br />

<strong>Die</strong> Forschungsergebnisse liefern Belege dafür, dass sich unbegleitete K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Krisensituation bef<strong>in</strong>den, die schon der Augensche<strong>in</strong> und die Berufserfahrung der<br />

Erzieher<strong>in</strong>nen erkennen lässt. Insbesondere im Krippenalter s<strong>in</strong>d lang (gelegentlich<br />

mehrere Wochen) andauernde Perioden untröstlichen We<strong>in</strong>ens der K<strong>in</strong>der zu beobachten,<br />

die sich durch die Erzieher<strong>in</strong> kaum bee<strong>in</strong>flussen lassen und oft durch verzweifelte<br />

Bemühungen des K<strong>in</strong>des begleitet s<strong>in</strong>d, die Eltern am Weggehen zu h<strong>in</strong>dern. Ältere<br />

K<strong>in</strong>der verhalten sich häufig eher unauffällig, die beobachteten Stressreaktionen und die<br />

erhöhten Erkrankungsraten sprechen jedoch e<strong>in</strong>e deutliche Sprache.


Fachliche Schlussfolgerungen<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse der Studien s<strong>in</strong>d b<strong>in</strong>dungstheoretisch gut <strong>in</strong>terpretierbar. Alle K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d<br />

durch besondere Beziehungen (B<strong>in</strong>dungen) mit den Erwachsenen ihrer nächsten Umgebung,<br />

<strong>in</strong> der Regel also zum<strong>in</strong>dest mit ihren Eltern, eng verbunden. Insbesondere im Vorschulalter<br />

benutzen die K<strong>in</strong>der diese B<strong>in</strong>dungsbeziehungen u.a. dazu, sich bei Irritationen,<br />

die <strong>in</strong> unbekannten Umgebungen bis h<strong>in</strong> zu Panikreaktionen regelmäßig auftreten,<br />

wieder <strong>in</strong>s Gleichgewicht zu br<strong>in</strong>gen. Ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Falle ke<strong>in</strong>e Person anwesend,<br />

zu der das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung aufgebaut hat, ist es auf sich selbst angewiesen, was<br />

grundsätzlich bei allen <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> zu Überforderungen führt. Erst wenn es dem K<strong>in</strong>d gelungen<br />

ist, zur Erzieher<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dungsbeziehung aufzubauen, kann es sich auf sie stützen,<br />

um dann den Anforderungen der neuen Umgebung gerecht werden zu können. Bis<br />

zu diesem Zeitpunkt benötigen alle K<strong>in</strong>der die Unterstützung durch e<strong>in</strong>en Elternteil oder<br />

e<strong>in</strong>e andere B<strong>in</strong>dungsperson, wenn sie nicht mit den erwähnten Folgen für ihre Gesundheit<br />

und ihre Entwicklungschancen belastet werden sollen.<br />

<strong>Die</strong> Anstrengungen, die das unbegleitete K<strong>in</strong>d unternimmt, um sich selbst im Gleichgewicht<br />

halten zu können, kommen als Ursache für die beobachteten negativen Reaktionen<br />

<strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> auf den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> Tagesbetreuung <strong>in</strong> Betracht. <strong>Die</strong> Aufnahme <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tagese<strong>in</strong>richtung ohne Begleitung durch e<strong>in</strong>en Elternteil (oder e<strong>in</strong>e andere B<strong>in</strong>dungsperson)<br />

muss deshalb als gravierender Verstoß gegen das K<strong>in</strong>deswohl gelten, dessen<br />

Beachtung für alle E<strong>in</strong>richtungen der Jugendhilfe verpflichtend ist (§ 1 KJHG).<br />

Empfohlenes Vorgehen<br />

Alle K<strong>in</strong>der sollten zu Beg<strong>in</strong>n des Besuchs e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagese<strong>in</strong>richtung während e<strong>in</strong>er<br />

<strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Elternteil (oder e<strong>in</strong>er anderen B<strong>in</strong>dungsperson) begleitet<br />

werden. <strong>Die</strong> B<strong>in</strong>dungsperson steht dem K<strong>in</strong>d zur Sicherung und Unterstützung se<strong>in</strong>er<br />

Anpassungsleistungen zur Verfügung.<br />

<strong>Die</strong> begleitete <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit dauert m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Woche. Für e<strong>in</strong>e Mehrzahl der<br />

Krippenk<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel zwei bis drei Wochen notwendig. <strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit<br />

ist beendet, wenn das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e tragfähige Beziehung zur Erzieher<strong>in</strong> aufgebaut hat<br />

und bei Bedarf <strong>von</strong> ihr getröstet werden kann.<br />

<strong>Die</strong> tägliche begleitete Anwesenheitszeit des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung sollte während<br />

der <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit zwischen e<strong>in</strong> und zwei Stunden dauern. In Abhängigkeit <strong>von</strong> der<br />

erkennbaren Belastung für das K<strong>in</strong>d können kürzere oder längere Zeiten s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>.<br />

Vor dem vierten Tag sollen ke<strong>in</strong>e Versuche unternommen werden, das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Zeit<br />

ohne die Anwesenheit der Begleitperson zu betreuen. Wenn irgend möglich, sollte das<br />

K<strong>in</strong>d nach Abschluss der <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit während der ersten Wochen die<br />

E<strong>in</strong>richtung nur halbtags besuchen.<br />

Es sollten pro Gruppe nicht mehr als höchstens zwei K<strong>in</strong>der pro Woche aufgenommen<br />

werden, besser nur e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d. Der Aufbau der Beziehung zwischen K<strong>in</strong>d und Erzieher<strong>in</strong><br />

erfordert auch <strong>von</strong> dieser Zeit und Kraft, die durch die parallele Aufnahme mehrerer<br />

K<strong>in</strong>der auch zur Überforderung der Erzieher<strong>in</strong> führen kann. In e<strong>in</strong>er Untersuchung im<br />

Berl<strong>in</strong>er Bezirk Spandau wurden H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>e solche Entwicklung gefunden.<br />

<strong>Die</strong> Eltern sollten bereits bei der Anmeldung des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong>formiert werden, dass e<strong>in</strong>e<br />

Begleitung des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> den ersten e<strong>in</strong> bis drei Wochen <strong>von</strong> ihnen erwartet wird, um<br />

ihnen die Möglichkeit der Planung zu geben.<br />

Da <strong>in</strong> der <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit der Kitaplatz nur teilweise (für e<strong>in</strong> bis zwei Stunden) genutzt<br />

wird, sollte der Träger prüfen, <strong>in</strong>wieweit der Elternbeitrag entsprechend reduziert<br />

werden kann.<br />

2


Literatur<br />

Grosch, Ch. & Schmidt-Kolmer, E.: Untersuchungen <strong>in</strong> der DDR. In: E. Schmidt-Kolmer<br />

(Hrsg.): <strong>Die</strong> soziale Adaptation der K<strong>in</strong>der bei der Aufnahme <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen der Vorschulerziehung.<br />

Berl<strong>in</strong> 1979.<br />

Haefele, B. & Wolf-Fils<strong>in</strong>ger, M.: Der K<strong>in</strong>dergarten-E<strong>in</strong>tritt und se<strong>in</strong>e Folgen - e<strong>in</strong>e Pilotstudie.<br />

Psychologie <strong>in</strong> Erziehung und Unterricht 33 (1986). S. 99-107.<br />

Laewen, H.-J. (1989): Nichtl<strong>in</strong>eare Effekte e<strong>in</strong>er Beteiligung <strong>von</strong> Eltern am <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>sprozess<br />

<strong>von</strong> Krippenk<strong>in</strong>dern: <strong>Die</strong> Qualität der Mutter-K<strong>in</strong>d-B<strong>in</strong>dung als vermittelnder<br />

Faktor. Psychologie <strong>in</strong> Erziehung und Unterricht, 2, 102-108.<br />

Rottmann, U. & Ziegenha<strong>in</strong>, U.: B<strong>in</strong>dungsbeziehung und außerfamiliale Tagesbetreuung<br />

im frühen K<strong>in</strong>desalter: <strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> e<strong>in</strong>jähriger K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> die Krippe. Dissertation<br />

am Fachbereich Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften der Freie Universität Berl<strong>in</strong><br />

1988.<br />

Tonkowa-Jampolskaja, R.W., Grosch, Ch. & Atanassowa, A.: E<strong>in</strong>schätzung der Ergebnisse.<br />

In: E. Schmidt-Kolmer (Hrsg.): <strong>Die</strong> soziale Adaptation der K<strong>in</strong>der bei der Aufnahme<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen der Vorschulerziehung. Berl<strong>in</strong> 1979.<br />

Informationsmöglichkeiten<br />

Andres, B./Laewen, H.-J. (Hrsg.): Ich verstehe besser, was ich tue - Erfahrungen mit e<strong>in</strong>em<br />

<strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>smodell. INFANS - Kle<strong>in</strong>e Fachreihe zur Frühsozialisation, Bd. 2.<br />

FIPP-Verlag, Berl<strong>in</strong>, 1993.<br />

Berry, G.,Ellesat, M., Motejus, H.: Sanfter Übergang <strong>von</strong> Familie zur Krippe. In: TPS, 4,<br />

1991. S.245-247.<br />

Grossmann, K./Grossmann, K.: Ist K<strong>in</strong>dheit doch Schicksal? E<strong>in</strong> Gespräch über die langfristigen<br />

Folgen, die e<strong>in</strong>e unsichere B<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit haben kann. Psychologie<br />

Heute. Heft 8, 1991. S. 20-27.<br />

Laewen, H.-J., Andres, B., Hédervári, É. (2007): Ohne Eltern geht es nicht. <strong>Die</strong><br />

<strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> <strong>in</strong> Krippen und Tagespflegestellen. Cornelsen Verlag<br />

Scriptor. 4. Auflage.<br />

Laewen, H.-J., Andres, B., Hédervári, É. (2009): <strong>Die</strong> ersten Tage - e<strong>in</strong> Modell zur<br />

E<strong>in</strong>gewöhungssituation <strong>in</strong> Krippe und Tagespflege. Cornelsen Verlag Scriptor. 5.<br />

Auflage.<br />

Spangler, G. & Zimmermann, P.: <strong>Die</strong> B<strong>in</strong>dungstheorie - Grundlagen, Forschung, Anwendung..<br />

Stuttgart 1995.<br />

Zur Gestaltung der Aufnahme <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> <strong>in</strong> Krippen und<br />

Tagespflegestellen liegen 4 Videofilme auf DVD vor. Sie können bei <strong>in</strong>fans<br />

bezogen werden. Weitere Informationen dazu unter www.<strong>in</strong>fans.net<br />

:<br />

<strong>Die</strong> ersten Tage <strong>in</strong> der Krippe – Beispiele für e<strong>in</strong>e kürzere und e<strong>in</strong>e<br />

längere <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit. 2 DVDs.<br />

Der Übergang <strong>in</strong> Tagesbetreuung – <strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> <strong>von</strong> Mark und<br />

Kather<strong>in</strong>a <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tagespflegestelle. 2 DVDs<br />

3


Das <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>smodell<br />

für Krippen und Tagespflegestellen<br />

Kurzbeschreibung 1<br />

Das <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>smodell lässt sich charakterisieren durch:<br />

1. E<strong>in</strong>e rechtzeitige Information der Eltern des K<strong>in</strong>des darüber, dass ihre Beteiligung<br />

am <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>sprozess des K<strong>in</strong>des erwartet wird, über die Bedeutung<br />

ihrer Anwesenheit für das K<strong>in</strong>d, sowie über E<strong>in</strong>zelheiten des <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>sprozesses.<br />

<strong>Die</strong> Eltern sollten vorbereitet werden auf den zu erwartenden und wünschenswerten<br />

Aufbau e<strong>in</strong>er Beziehung des K<strong>in</strong>des zu se<strong>in</strong>er Erzieher<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung für das K<strong>in</strong>d. Wichtig ist der H<strong>in</strong>weis darauf, dass die Eltern Hauptb<strong>in</strong>dungspersonen<br />

bleiben werden. Ziel dabei ist es, eventuell vorhandene Trennungsängste<br />

der Eltern zu mildern, die sonst den <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>sprozess des<br />

K<strong>in</strong>des außerordentlich erschweren können. In der Praxis hat sich <strong>in</strong>zwischen gezeigt,<br />

dass so gut wie alle Eltern bereit s<strong>in</strong>d, ihr K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den ersten Tagen zu begleiten.<br />

E<strong>in</strong> "Eltern-Info zur <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>" (Ohne Eltern geht es nicht …) kann<br />

über den Buchhandel bezogen werden.<br />

2. E<strong>in</strong>e dreitägige Grundphase der <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>, während der e<strong>in</strong> Elternteil das<br />

K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Krippe begleitet und sich dort zusammen mit ihm für e<strong>in</strong> oder zwei<br />

Stunden <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung aufhält. Wenn das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e enge Beziehung zur Oma<br />

oder zu e<strong>in</strong>er anderen Person hat, kann auch sie diese Rolle übernehmen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

würde hierbei die Chance zum gegenseitigen Kennenlernen für die Eltern<br />

des K<strong>in</strong>des und die Erzieher<strong>in</strong>nen bzw. die Tagesmutter vergeben werden.<br />

Verhaltensempfehlungen durch die Fachkraft sollen Unsicherheiten bei den Eltern<br />

abbauen und dem K<strong>in</strong>d die <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> erleichtern. Dazu gehören etwa die<br />

folgenden Vorschläge: <strong>Die</strong> Eltern sollten sich <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung eher passiv<br />

verhalten, ihr K<strong>in</strong>d auf ke<strong>in</strong>en Fall drängen, sich <strong>von</strong> ihnen zu entfernen und es<br />

immer akzeptieren, wenn das K<strong>in</strong>d ihre Nähe sucht. Das K<strong>in</strong>d wird <strong>von</strong> selbst<br />

beg<strong>in</strong>nen, die neue Umgebung zu erkunden, wenn es dazu bereit ist. Es wird sich<br />

vielleicht <strong>von</strong> Zeit zu Zeit mit raschen Blicken vergewissern, ob es noch die<br />

Aufmerksamkeit <strong>von</strong> Mutter oder Vater hat und sich ggf. <strong>in</strong> den "sicheren Hafen"<br />

ihrer Nähe flüchten.<br />

<strong>Die</strong>sen "sicheren Hafen" zu spielen, ist exakt die Aufgabe des e<strong>in</strong>gewöhnenden<br />

Elternteils. <strong>Die</strong>ser sollte weder versuchen, das K<strong>in</strong>d zu unterhalten, noch sollte er<br />

mit anderen <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> spielen, nach Möglichkeit auch nicht lesen oder stricken.<br />

Das K<strong>in</strong>d braucht vor allem <strong>in</strong> den ersten drei Tagen das Gefühl, jederzeit die<br />

volle Aufmerksamkeit <strong>von</strong> Mutter oder Vater zu haben.<br />

1 Laewen, H.-J., Andres, B., Hédervári, É. (2007): Ohne Eltern geht es nicht. <strong>Die</strong><br />

<strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> <strong>von</strong> <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> <strong>in</strong> Krippen und Tagespflegestellen. Cornelsen Verlag<br />

Scriptor. 4. Auflage.<br />

Laewen, H.-J., Andres, B., Hédervári, É. (2009): <strong>Die</strong> ersten Tage - e<strong>in</strong> Modell zur<br />

E<strong>in</strong>gewöhungssituation <strong>in</strong> Krippe und Tagespflege. Cornelsen Verlag Scriptor. 5.<br />

Auflage.<br />

4


<strong>Die</strong> Erzieher<strong>in</strong> bzw. die Tagesmutter versucht vorsichtig und ohne zu drängen,<br />

am besten über Spielangebote oder Beteiligung am Spiel des K<strong>in</strong>des, Kontakt zu<br />

ihm aufzunehmen. Sie beobachtet sorgfältig die Interaktion zwischen K<strong>in</strong>d und<br />

Mutter bzw. Vater und sucht nach Anhaltspunkten, die für e<strong>in</strong>e kürzere oder längere<br />

<strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit sprechen.<br />

Trennungsversuche f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der Grundphase nicht statt.<br />

3. E<strong>in</strong>e vorläufige Entscheidung über die Dauer der <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit am vierten<br />

Tag. An diesem Tag unternimmt der begleitende Elternteil e<strong>in</strong>en ersten Trennungsversuch.<br />

E<strong>in</strong>ige M<strong>in</strong>uten nach Ankunft im Gruppenraum verabschiedet er<br />

sich vom K<strong>in</strong>d und verlässt den Raum, auch wenn das K<strong>in</strong>d protestiert, bleibt<br />

aber <strong>in</strong> der Nähe der Tür.<br />

Reagiert das K<strong>in</strong>d auf den Weggang <strong>von</strong> Mutter oder Vater eher gleichmütig, ist<br />

es weiter <strong>in</strong>teressiert an se<strong>in</strong>er Umgebung und bleibt ansprechbar, so kann diese<br />

erste Trennungsepisode bis maximal 30 M<strong>in</strong>uten ausgedehnt werden. <strong>Die</strong>s gilt<br />

auch, wenn das K<strong>in</strong>d zwar zu we<strong>in</strong>en beg<strong>in</strong>nt, sich aber rasch und dauerhaft <strong>von</strong><br />

der Erzieher<strong>in</strong> bzw. der Tagesmutter beruhigen lässt. Zeigt das K<strong>in</strong>d Anzeichen<br />

<strong>von</strong> Erschöpfung (z. B. auch Rückzug zu dem Platz, an dem Mutter oder Vater<br />

gesessen haben), sollte der Trennungsversuch für diesen Tag beendet werden.<br />

Zeigt das K<strong>in</strong>d nach dem Weggang des Elternteils Anzeichen <strong>von</strong> Verstörung (erstarrte<br />

Körperhaltung, deutliche Passivität) oder beg<strong>in</strong>nt zu we<strong>in</strong>en und lässt sich<br />

<strong>von</strong> der Erzieher<strong>in</strong> bzw. Tagesmutter nicht <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeit beruhigen, so<br />

kehrt der begleitende Elternteil nach längsten 3 M<strong>in</strong>uten <strong>in</strong> den Gruppenraum<br />

zurück. Auch wenn das K<strong>in</strong>d diese Verhaltensweisen erst nach e<strong>in</strong>igen M<strong>in</strong>uten<br />

zeigt, kehren Mutter oder Vater wieder <strong>in</strong> den Gruppenraum zurück.<br />

<strong>Die</strong> Erzieher<strong>in</strong> beobachtet während des Abschieds und bei der Wiederkehr des<br />

begleitenden Elternteils das Verhalten des K<strong>in</strong>des gegenüber Mutter oder Vater.<br />

Es kommt dabei darauf an, durch Beobachtung des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> der Grundphase und<br />

während dieser ersten Trennung herauszuf<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> welchem Maß das K<strong>in</strong>d die<br />

Anwesenheit <strong>von</strong> Mutter oder Vater über 6 Tage h<strong>in</strong>aus wirklich braucht. Häufige<br />

Blickkontakte zu Mutter oder Vater, offene und unbefangene Annäherungen bis<br />

zum Körperkontakt während der ersten drei Tage und bei Rückkehr <strong>von</strong> Mutter<br />

oder Vater nach der ersten Trennung s<strong>in</strong>d Anzeichen für die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er<br />

längeren begleiteten <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit <strong>von</strong> zwei bis drei Wochen.<br />

Klare Versuche der K<strong>in</strong>der, selbst mit Belastungssituationen fertig zu werden und<br />

sich dabei nicht an den begleitenden Elternteil zu wenden, eventuell sogar Widerstand<br />

gegen e<strong>in</strong> Aufnehmen, wenige Blickkontakte zu Mutter oder Vater und<br />

seltene oder gar ke<strong>in</strong>e, oft eher zufällig wirkende Körperkontakte sprechen für<br />

e<strong>in</strong>e kürzere <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit <strong>von</strong> etwa sechs Tagen. E<strong>in</strong>e solche Entscheidung<br />

ist wichtig, weil e<strong>in</strong>e unnötig ausgedehnte Begleitung durch die Eltern manchen<br />

<strong>K<strong>in</strong>dern</strong> eher schaden als nützen kann.<br />

4. E<strong>in</strong>e Stabilisierungsphase, die mit dem 4. Tag beg<strong>in</strong>nt und <strong>in</strong> der die Erzieher<strong>in</strong><br />

bzw. die Tagesmutter, zunächst im Beise<strong>in</strong> des Elternteils, <strong>in</strong> zunehmendem<br />

Maße die Versorgung des K<strong>in</strong>des übernimmt (Füttern, Wickeln) und sich ihm als<br />

Spielpartner anbietet. <strong>Die</strong> begleitenden Eltern überlassen es jetzt immer der Erzieher<strong>in</strong>,<br />

als erste auf Signale des K<strong>in</strong>des zu reagieren und helfen nur, wenn das<br />

K<strong>in</strong>d die Erzieher<strong>in</strong> noch nicht akzeptiert.<br />

Unter Beachtung der Reaktionen des K<strong>in</strong>des vergrößern sie für die K<strong>in</strong>der mit<br />

kurzer <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>szeit täglich den Zeitraum, <strong>in</strong> dem das K<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong> mit der<br />

Erzieher<strong>in</strong> bleibt, halten sich für den Notfall jedoch <strong>in</strong> der Nähe, nach<br />

5


Möglichkeit <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung auf. Mit Hilfe der Erzieher<strong>in</strong> bzw. der Tagesmutter<br />

entwickelt der begleitende Elternteil e<strong>in</strong> kurzes Abschiedsritual mit dem<br />

K<strong>in</strong>d, das <strong>von</strong> nun an e<strong>in</strong>gehalten werden soll und dem K<strong>in</strong>d die tägliche Trennung<br />

sehr erleichtern kann.<br />

Akzeptiert das K<strong>in</strong>d die Trennung <strong>von</strong> den Eltern noch nicht und lässt es sich<br />

während ihrer Abwesenheit <strong>von</strong> der Erzieher<strong>in</strong> nicht sicher beruhigen, sollte mit<br />

weiteren Trennungsversuchen bis zur 2. Woche gewartet werden.<br />

5. E<strong>in</strong>e Schlussphase, <strong>in</strong> der die Eltern sich nicht mehr geme<strong>in</strong>sam mit dem K<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

der Krippe aufhalten, jedoch jederzeit erreichbar s<strong>in</strong>d, falls die Tragfähigkeit der<br />

neuen Beziehung zur Erzieher<strong>in</strong> bzw. zur Tagesmutter noch nicht ausreicht, um<br />

das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> besonderen Fällen aufzufangen. <strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong> des K<strong>in</strong>des ist<br />

grundsätzlich dann abgeschlossen, wenn es die Erzieher<strong>in</strong> bzw. die Tagesmutter<br />

als "sichere Basis" akzeptiert hat und sich <strong>von</strong> ihr trösten lässt. Dabei kann es<br />

durchaus vorkommen, dass das K<strong>in</strong>d gegen den Weggang se<strong>in</strong>er Eltern protestiert<br />

(B<strong>in</strong>dungsverhalten zeigt), das ist se<strong>in</strong> gutes Recht. Entscheidend ist, ob es sich<br />

<strong>von</strong> der Erzieher<strong>in</strong> bzw. der Tagesmutter schnell beruhigen lässt, wenn die Eltern<br />

gegangen s<strong>in</strong>d und sich danach <strong>in</strong>teressiert und <strong>in</strong> guter Stimmung den<br />

angebotenen Aktivitäten zuwendet.<br />

Insgesamt muss berücksichtigt werden, dass auch unter günstigen Bed<strong>in</strong>gungen der <strong>E<strong>in</strong>gewöhnung</strong>sprozess<br />

den <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> hohe Anpassungsleistungen abverlangt. Es kann häufig<br />

beobachtet werden, dass die K<strong>in</strong>der nach dem Aufenthalt <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dertagesstätte oder<br />

Tagespflegestelle <strong>in</strong> der ersten Zeit sehr müde s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Eltern sollten darauf h<strong>in</strong>gewiesen<br />

werden. In diesem Zusammenhang ist es deshalb sehr wichtig, dass die K<strong>in</strong>der,<br />

wo immer dies möglich ist, während der ersten Wochen ihres Krippenbesuchs nur<br />

halbtags die E<strong>in</strong>richtung besuchen.<br />

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