Bilanzrecht
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217.2–218.1 § 255 HGB<br />
des entwickelten Gutes bzw. Verfahrens. Die Entwicklungsphase endet damit<br />
ähnlich IAS 38.8 vor Beginn dessen Produktion bzw. kommerzieller Nutzung. 1)<br />
Die Grenzziehung zwischen Forschung und Entwicklung bringt i.d.R. enorme<br />
Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich. Auf Grund der abstrakt gehaltenen Definitionen<br />
von Forschung und Entwicklung und der damit verbundenen Auslegungsprobleme<br />
sowie der oftmals fließenden Übergänge von der Forschungs- zur<br />
Entwicklungsphase wird sich die Unterscheidung beider Phasen im Einzelfall als<br />
schwierig erweisen, 2) so dass für den Bilanzierenden ein breiter bilanzpolitischer<br />
Spielraum besteht. 3) Auch hier wird deutlich, warum mit Blick auf die Zulassung<br />
der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des<br />
Anlagevermögens völlig zu Recht von einer Entobjektivierung der Rechnungslegung<br />
die Rede ist. 4)<br />
Die mit der Abgrenzung der Forschungs- von der Entwicklungsphase verbundenen<br />
Ermessensspielräume dürften sich über den Stetigkeitsgrundsatz (§§ 246 Abs. 3,<br />
252 Abs. 1 Nr. 6 HGB n.F.) kaum begrenzen lassen. Dieser Grundsatz bezieht sich<br />
nur auf gleichgelagerte Fälle, während Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten<br />
i.d.R. singulären Charakter haben. Es ist zumindest zu fordern, dass die vom Unternehmen<br />
festgelegten Kriterien der Abgrenzung von Forschung und Entwicklung<br />
auf Projekt- bzw. Produktgruppenebene im Zeitablauf beibehalten werden. 5) Trotz<br />
dieser Anforderung werden sich die bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
nicht ausschließen lassen. 6)<br />
Wenn eine verlässliche Unterscheidung zwischen Forschung und Entwicklung<br />
nicht möglich ist, ordnet der Gesetzgeber unter Hinweis auf das Vorsichtsprinzip<br />
(§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) 7) an, sämtliche Aufwendungen erfolgswirksam zu verrechnen<br />
(§ 255 Abs. 2a Satz 4 HGB n.F.). Forschung und Entwicklung können ausweislich<br />
der Gesetzesbegründung nicht verlässlich voneinander getrennt werden,<br />
wenn der Übergangszeitpunkt zwischen der Forschungs- und der Entwicklungsphase<br />
nicht ausreichend nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden kann<br />
bzw. eine Abgrenzung der beiden Phasen aus sonstigen Gründen nicht möglich<br />
ist. 8)<br />
Problematisch ist die Phasenabgrenzung generell im Falle alternierender Verläufe<br />
zwischen Forschung und Entwicklung; in diesem Fall wird der vom Gesetzgeber<br />
unterstellte grundsätzlich sequenzielle Phasenverlauf – zuerst Forschung, dann<br />
(nur) Entwicklung 9) – nicht eingehalten. So erfolgen im Bereich der Softwareentwicklung<br />
die Ideengewinnung (Forschung) und die Ideenumsetzung (Entwicklung)<br />
im Vorgehensmodell des „Extreme Programming“ nicht mehr sequentiell<br />
1) Vgl. Winnefeld, 4. Aufl., Kap. M Rz. 645; Henckel/Ludwig/Lüdke, DB 2008, 196, 197<br />
m.w.N.<br />
2) Vgl. Küting/Ellmann in Küting/Pfitzer/Weber, 2. Aufl., 263, 270 f. Zur Problematik der<br />
begrifflichen Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Allgemeinen<br />
vgl. Brockhoff, 48–59.<br />
3) Vgl. Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft<br />
für Betriebswirtschaft e. V., DB 2008, 1813, 1816; Bieg/Kußmaul/Petersen/<br />
Waschbusch/Zwirner, 48; Engel-Ciric, BC 2008, 81, 84 f.; Hüttche, StuB 2009, 409, 411;<br />
Kahle/Günter in Schmiel/Breithecker, 69, 86 f.; Karrenbrock in Schmiel/Breithecker, 125,<br />
136; Kirsch, BRZ 2009, 254, 257; Küting/Ellmann in Küting/Pfitzer/Weber, 2. Aufl., 263,<br />
273; Laubach/Kraus/Bornhofen, DB 2009, Beilage 5, 19, 22; Kreher/Sailer/Rothenburger/<br />
Spang, DB 2009, Beilage 5, 99, 104; Zwirner/Künkele, BRZ 2009, 304, 305.<br />
4) Vgl. Moxter, DB 2008, 1514, 1516 f.; Herzig, DB 2008, 1, 5; Wolz/Janssen, ZCG 2009, 87,<br />
89.<br />
5) Vgl. Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft<br />
für Betriebswirtschaft e.V., DB 2008, 1813, 1817; Küting/Ellmann in Küting/Pfitzer/<br />
Weber, 2. Aufl., 263, 275; Küting/Tesche, DStR 2009, 1491, 1494.<br />
6) Vgl. Küting/Tesche, DStR 2009, 1491, 1495.<br />
7) Vgl. BT-Drucks. 16/10067 v. 30.7.2008, 61.<br />
8) Vgl. BT-Drucks. 16/10067 v. 30.7.2008, 61.<br />
9) Vgl. BT-Drucks. 16/10067 v. 30.7.2008, 61.<br />
30. Erg.-Lfg./November 2009 Kahle/Haas<br />
Seite 56a<br />
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