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learning from las vegas oder die identität einer stadt

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6. Zur Konstitution von Raum<br />

Raumkonstitutionsprozesse sind auf allen skalierbaren Ebenen zu beobachten: Die Entwicklung territorial<br />

gebundener Nationalstaaten, <strong>die</strong> alltäglichen Aushandlungen um Raumansprüche in Stadtpärken<br />

<strong>oder</strong> <strong>die</strong> Verdoppelung der Realitätserfahrungen durch digitale Netze sind drei Beispiele von<br />

allgegenwärtigen Raumphänomenen. Heute wird heute Raum nicht mehr als materieller Hinter- <strong>oder</strong><br />

Untergrund sozialer Prozesse verstanden, sondern als sozial produziert betrachtet. Die Gesellschaft<br />

ist dabei strukturierender Akteur der Raumproduktion und wird selbst wiederum von den produzierten<br />

Raumphänomenen strukturiert. Raum und Gesellschaft werden als sich gegenseitig verändernde<br />

Phänomene aufgefasst und das einst übliche Verständnis des Behälterraumes wird heute nicht mehr<br />

als Normalfall vorausgesetzt, sondern als möglicher Spezialfall <strong>einer</strong> räumlichen Anordnung begriffen<br />

(Löw u. Stoetzer 2008, 51).<br />

Bedeutende soziologische Raumkonzepte entstammen der marxistischen und der handlungstheoretischen<br />

Tradition (Löw u. Stoetzer 2008, 51). Henri Lefèbvre als Pionier der m<strong>oder</strong>nen Raumsoziologie<br />

und wichtiger Vertreter der marxistischen Tradition, legte 1974 in seinem Werk Production de l’espace<br />

<strong>die</strong> Grundlage für einen relationalen Raumbegriff (Löw u. Stoetzer 2008, 52). David Harvey gelang es<br />

später, <strong>die</strong> Überlegungen Lefèbvres auf <strong>die</strong> Ära der 1990er Jahre zu übertragen und sie mit der Diskussion<br />

über den Bedeutungsverlust räumlicher Barrieren unter den Bedingungen der Globalisierung<br />

zu erweitern (Löw u. Stoetzer 2008, 58).<br />

Im Gegensatz zu Vertretern der marxistischen Tradition, welche <strong>die</strong> strukturelle Prägung des Handelns<br />

betonen, suchen AutorInnen des handlungstheoretischen Ansatzes nach <strong>einer</strong> vermittelnden<br />

Kategorie zwischen den materiellen Aspekten von Räumen und den sozialen Auswirkungen räumlicher<br />

Strukturen (Löw u. Stoetzer 2008, 58, 59). Der englische Soziologe Anthony Giddens ist der<br />

wohl wichtigste Vertreter handlungstheoretischer Raumkonzeptionen. Kern s<strong>einer</strong> 1984 begründeten<br />

Theorie der Strukturierung bildet <strong>die</strong> Dualität von Handeln und Struktur 1 , mit welcher Giddens deren<br />

gegenseitige Bedingtheit zum Ausdruck bringt (Giddens 2007, 77). Giddens versteht Raum als<br />

das in Orte einge<strong>las</strong>sene Setting. Sein Raumverständnis erlaubt ihm deshalb nicht, <strong>die</strong> Begriffe Raum<br />

und Ort als soziologische Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung einzusetzen. Die m<strong>oder</strong>ne Raumsoziologie<br />

bemängelt <strong>die</strong>se unklare Trennung von Ort und Raum und schlägt eine Erweiterung der<br />

Giddens’schen Erkenntnis von der Dualität der Struktur vor: Die Dualität von Raum (Löw u. Stoetzer<br />

2008, 63).<br />

Die vorliegende Arbeit vertritt <strong>die</strong>ses relativistische Raumverständnis und orientiert sich an dem von<br />

Löw (2001) vorgeschlagenen raumsoziologischen Konzept. Löw’s Theorie bietet geeignete Grundlagen<br />

für das Verständnis von Raumherstellung und für <strong>die</strong> Betrachtung von öffentlichem Raum (Bühler<br />

u. a. 2009) 2 . Nachfolgend werden <strong>die</strong> Grundlagen von Löws Raumsoziologie (2001) erläutert.<br />

6.1. Die Konstitution von Raum im Sinne von Löw<br />

In Löws Raumkonzeption (2001) stehen sich Raum und Materie nicht in einem dualistischen Verhältnis<br />

gegenüber. Vielmehr sind es <strong>die</strong> Beziehungen zwischen den Objekten und Lebewesen, welche<br />

Räume bilden (Bühler u. Kaspar 2006, 37). Entsprechend definiert Löw (2001, 224) Raum als „rela-<br />

1<br />

Die Dualität von Handeln und Struktur wird von Giddens auch einfach Dualität der Struktur genannt (Giddens 2007,<br />

77)<br />

2<br />

Erscheint voraussichtlich im Jahr 2010

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