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learning from las vegas oder die identität einer stadt

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immer weniger Geld immer mehr Anteile des öffentlichen Raumes, des<br />

Stadtbildes erobern und beherrschen. Das finde ich widersinnig. Es sind<br />

auch schon der Olympiapark, der Zoo, <strong>die</strong> städtischen Spielflächen im<br />

Gespräch, weil hier Kinderprodukte promoted werden können. Bieten wir<br />

das alles an, dann werden <strong>die</strong> Werbeetats nicht steigen. Die Stadt wird nicht<br />

mehr Einnahmen haben, aber wir werden ein völlig kommerzialisiertes<br />

Stadtbild haben und dagegen verwahre ich mich.<br />

Schmid: München gilt als restriktiv in <strong>die</strong>ser Sache. Es soll ja ein Nord-Süd- und Ost-<br />

West-Gefälle geben, d. h. jene Städte, denen es schlechter geht als<br />

München, sind viel eher dazu bereit. Herr Dr. Sing, glauben Sie, dass <strong>die</strong><br />

Bayern hier sehr puristisch sind <strong>oder</strong> ist es einfach nur das Geld?<br />

Sing: Man muss eines bedenken: So ein Plakat lohnt sich nur, wenn das Umfeld<br />

schön, attraktiv und sauber ist und finanzkräftige Kunden vorbeikommen.<br />

München ist hier ein gewisser Sonderfall, denn München ist eine<br />

wohlhabende Stadt und ist daher für <strong>die</strong> Werbewirtschaft interessant. Wenn<br />

wir einen Standort haben, an dem weniger Leute vorbeikommen, kostet es<br />

auch weniger Miete und wenn wir in Städte kommen, <strong>die</strong> weniger<br />

zahlungskräftige Bürger haben, ist derselbe Effekt zu sehen. Man kann<br />

beobachten, dass in München <strong>die</strong> Werbung schöner präsentiert wird als in<br />

Berlin <strong>oder</strong> Frankfurt, ganz zu schweigen von italienischen Städten. Man<br />

kann für München sagen, dass München ein attraktiver Werbestandort ist,<br />

dass sich München daher auch zieren kann, wenn unterschiedliche Firmen<br />

an <strong>die</strong> Türe klopfen - und man kann einen höheren Preis verlangen.<br />

Natürlich kann man auch an <strong>die</strong> Werbewirtschaft höhere Ansprüche stellen.<br />

Das begründet auch das Nord-Süd- <strong>oder</strong> das Ost-West-Gefälle innerhalb<br />

Deutschlands.<br />

Schmid: Herr Deimer, als Chef des Bayerischen Städtetages sprechen Sie nicht nur<br />

für Landshut, denn Sie kennen <strong>die</strong> Entwicklung auch in anderen Städten.<br />

Würden Sie sagen, dass angesichts der leeren Kassen doch überall in den<br />

Städten mehr Bereitschaft da ist Werbung zuzu<strong>las</strong>sen?<br />

Deimer: Nein, das glaube ich nicht. Man sieht eine andere Wertigkeit. In den Städten<br />

ist es noch wichtig, dass das Stadtbild in Ordnung ist, <strong>die</strong> Silhouette stimmt.<br />

Bei Großwerbeanlagen kommt es darauf an, wo sie stehen und in welchem<br />

Verhältnis sie stehen; es kann nützlich sein hier zusammenzufassen,<br />

anstatt 10 <strong>oder</strong> 20 Werbetafeln irgendwo kunterbunt anzubringen. Man<br />

kann mit Werbung, wenn sie diszipliniert ansetzt, durchaus auch Vorteile<br />

schöpfen. Bei aller Not, <strong>die</strong> wir haben, können Sie sich aber vorstellen, dass<br />

das im Verhältnis zu dem, wie weit es bei uns überall fehlt, kein Aufkommen<br />

sein kann, dass so gewaltig zu Buche schlägt. Ich glaube nicht, dass man<br />

<strong>die</strong> Identität <strong>einer</strong> Stadt verrät, so weit darf es nicht gehen. Ich bin auch der<br />

Meinung, dass man ab und zu ein altes Haus, selbst wenn es nicht mehr<br />

ohne Falten ist, ertragen kann. Es gibt bei uns mitten in der Stadt ein Haus,<br />

das vielen nicht gefällt, obwohl es in Ordnung ist. Es wurde ein Gerüst<br />

aufgebaut und alle haben sich gefreut, dass wahrscheinlich <strong>die</strong> Fassade<br />

heruntergeputzt wird. Dabei hat man nur einige Dinge in Ordnung gebracht<br />

und das Gerüst wieder abgebaut. Wenn ich es so anschaue, dann hat<br />

<strong>die</strong>ses Haus zwar Blessuren, aber es ist im Gesamtensemble doch schön.<br />

Schmid: Sie haben gesagt, <strong>die</strong> Städte seien eigentlich immer noch vorsichtig, was<br />

<strong>die</strong> Werbung betrifft. In München z. B. gab es den Vorschlag der CSU, auch<br />

Kanaldeckel mit Reklame zu versehen und es gab den Antrag, Dienstautos<br />

zu Werbeflächen zu machen. Herr Professor Greipl, ist das jetzt nur<br />

Ausdruck der Finanznot <strong>oder</strong> auch Ausdruck eines gesellschaftlichen<br />

Bewusstseinswandels?<br />

Greipl: Verschiedene Dinge spielen hier eine Rolle. Unser<br />

Wahrnehmungsverhalten wandelt sich von Generation zu Generation. Ich<br />

glaube, wir stellen eine Entwicklung fest, dass immer stärkere Reize

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