leiten lernen - Willow Creek

Editorial
: Editorial : Inhalt
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Liebe Leserin, lieber Leser,
Bill Hybels sprach vor kurzem in kleinem Kreis über die Bedeutung
von guter Leitung in der Gemeinde. Da stand ein junger
Mann aus Korea auf und entgegnete: „In unserem Land
gibt es für diese Betonung von Leitung wenig Verständnis. Ein
Pastor ist in erster Linie ein Hirte, der die gute Gemeinschaft
sicherstellen soll. Ein ausgeprägter Leiter würde nur Gefahr
laufen, sich von der Gruppe zu distanzieren.“
Ein Einwurf, den Hybels offenbar nicht zum ersten Mal
hörte. Seine Reaktion: Jeder Pastor – nicht nur in den USA –
trägt Verantwortung für wenigstens drei Bereiche: Community
(Gemeinschaft), Cause (Auftrag), Corporation (Organisation).
Und erläuterte: Natürlich muss er für den Zusammenhalt und
das Stiften von Gemeinschaft sorgen. Die Bibel macht aber
auch deutlich, dass eine Gemeinde einen klaren Auftrag hat.
Ob und wie dieser umgesetzt wird, obliegt der Verantwortung
des Pastors und seinem Leitungsteam. Und schließlich ist eine
Gemeinde nicht nur ein Organismus, sondern auch eine Organisation.
Strukturelle Fragen, die Zusammenarbeit und vieles
mehr müssen stets im Blick behalten werden. Wichtig sei,
meint Hybels, dass die Gemeinde – und man selbst – immer
weiß, welchen der drei „Hüte“ man gerade trägt.
Die Frage und deren Antwort zeigt: Leitung in der Gemeinde
ist ein vielschichtiges und bisweilen geladenes Thema. In
dieser Ausgabe heben wir verschiedene Leitungsfacetten hervor.
Denn zwei Kongresse sind in Sichtweite, die eng mit Leitungsfragen
verknüpft sind: Der Promiseland-Kongress im
Oktober. Auch im Kinderbereich geht es nicht nur um die neuesten
Handpuppen und lustigsten Kinderlieder. Davon kann
Pat Cimo ein Lied singen. Die Promiseland-Leiterin beschreibt,
wie selbst erfolgreiche Arbeiten ins Stocken geraten.
In vier Monaten findet dann der Leitungskongress statt. Wir
liefern Ihnen hier aktuelle Updates sowie aufschlussreiche Interviews
mit Referenten, die das Thema Leitung für uns breit
auffächern.
Leserumfrage - Neu: Das Willow Magazin
Im Juni haben sich 3.028 Personen an einer Leserumfrage
von WillowNetz beteiligt. Über diese enorme Resonanz freuen
wir uns sehr. Ihre Antworten und Reaktionen wurden bereits
lebhaft diskutiert. Die Ergebnisse werden in den Magazin-Relaunch
einfließen, der ab der nächsten Ausgabe Ende November
umgesetzt wird. WillowNetz wird dann Willow Magazin. Es
wird durch neue Rubriken übersichtlicher, vermittelt gezielter
Anregungen für Ihre Gemeindemitarbeit und legt einen größeren
Schwerpunkt auf Themen, die für haupt- und ehrenamtliche
Mitarbeiter mit Leitungsaufgaben wichtig sind. Das alles
mit aufgefrischter und attraktiver Grafik. Wir sind voller Vorfreude
und jetzt schon gespannt auf Ihre Reaktion.
Herzlich,
Ihr Gotthard Westhoff
Willow Creek Deutschland/Schweiz
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Dr. Michael Diener
Vom Leiden an der Leitung
WillowTrend
Titel-Thema:
Leiten lernen
Der Blick nach innen und nach außen
4 Ulrich Eggers
Willow Creek falsch verstehen …
Eine kleine Zwischenbilanz nach 15 Willow-Kongress-Jahren
6 Eric Metaxas
Von der Radikalität des Glaubens
Die neue Bonhoeffer-Biografie und ihre
Parallelen zu den Fragen der Gemeinde von heute
10 Bill Hybels
Lesen, lesen, lesen
Weiterbildung als Führungsperson ist Pflichtaufgabe
Mit Literatur- und Webtipps
12 Pete und Geri Scazzero
„Brutal ehrlich miteinander sein“
Das Ehepaar über eine Krise, die zu einer neuen Berufung führte
15 „Von anderen lernen“
Teilnehmer berichten von der Sommer-Studienreise
zur Willow Creek-Gemeinde
18 Dr. Jan-Peter Dau-Schmidt
„Ein außergewöhnliches Geschenk“
Wie die REVEAL-Studie in einer lutherischen
Kirchengemeinde neue Impulse auslöst
22 Pat Cimo
Die Neuausrichtung von Promiseland
Die neue Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kinderprogramm
Das WillowNetz-Magazin
25 Promiseland-Kongress 2011
Wissenswertes zum Oktober-Kongress in Stuttgart
28 Leitungskongress 2012 in Stuttgart
Aktuelle Informationen
28 Impressum
Vom Leiden an der Leitung
Wer Ohren hat zu hören, hört es:
manchmal ein zorniges, oft ein
wehklagendes, fast immer ein müdes und
enttäuschtes Schreien der Schafe, die keinen
Hirten haben. Nein, keine Angst, das
hier wird kein wehmutsvoller „Historienartikel“!
Mir geht es um das Heute, um
uns in den christlichen Gemeinden und
Gemeinschaften im deutschsprachigen
Europa. Dabei knüpfe ich an die schonungslose
Abrechnung Jeremias mit den
falschen Hirten (Jeremia 23) und an Jesu
jammervoller Klage angesichts seines hirtenlosen
Volkes (Matthäus 9,36) an.
Und seitdem? Seitdem ist es anders,
aber kaum besser geworden. Gemeindeleiter
werden zwar vielerorts Pastoren
und Pastorinnen genannt, das Bild von
Hirte und Herde hingegen ist weit weg
von unserer Erlebniswelt, wirkt antiquiert
und teils auch entmündigend für
das Selbstverständnis moderner „Gemeindeschäfchen“.
Ich will nicht um das Hirte-Herde-Bild
kämpfen, sondern dass wir das Schreien
im Ohr haben. Und im Herzen. Das
Schreien der vielen Christen, der vielen
Gemeinden, die keine Hirten haben.
Hören wir es? Berührt es uns? Leitung,
geistliche Leitung ist heute gefragt wie
noch nie und – um es provozierend zu
sagen – das oftmals bemitleidenswerte
Erscheinungsbild der christlichen Herde
im deutschsprachigen Europa hat auch
mit dem Mangel an guter, an geistlicher
Leitung zu tun. In Landes- wie in Freikirchen.
In der Gemeinschaftsbewegung
wie in unabhängigen Gemeinden.
Was, besser wer begründet christliche
Gemeinschaften und Gemeinden? Wozu
ist Gemeinde, wozu sind Kirchen da?
Gestalten wir Gemeinde entsprechend
Christi Auftrag? Und das nicht nur theo-
logisch, sondern ganz praktisch in
„A-hausen“ und „B-stadt“?
Es geht um Gott in Jesus Christus, es
geht um Menschen. Selbstverständlich!
Aber auch um wer, was, wie, warum? So
wie immer? Nimmer wie immer? Unsere
Standardpalette reicht von „Wer bitte, bitte,
bitte lässt sich noch für das Gemeindeleitungsteam
aufstellen?!,“ bis „Leiten?
Mach ich alleine!“
Und inhaltlich von „Wir brauchen keine
Ziele, unser Gemeindealltag ist schon
voll genug!“, bis zu „The Trend is Your
Friend“ – der (neueste) Trend ist dein
Freund.
Noch nie gab es so viele Leitungshilfen
und -Angebote – und vielleicht noch
nie so viel Ermüdung, Ratlosigkeit und
erschöpfte Leitungsverantwortliche. Ich
möchte nicht wissen, wie viele leidende
Leiterinnen und Leiter einfach nur
hoffen, dass „der Laden“ ihnen nicht
„um die Ohren fliegt“, dass „es“ bis zur
Rente, bis zum Ende der Wahlperiode
noch „hält“.
Ja, das ist mit spitzer Feder geschrieben.
Aber es muss uns doch gelingen,
Visionen, Ziele und Ressourcen
so miteinander zu verbinden, dass
Gemeinden und Gemeinschaften
gegenwärtige, geistliche Lebensorte mit
Zukunftspotential sind und immer neu
werden.
: von michael diener
Das geistliche „Leitungspuzzle“
zusammenfügen
Dr. Michael Diener
ist Präses des
Evangelischen Gnadauer
Gemeinschaftsverbandes
und Mitglied des Vorstandes
von Willow deutschland.
WilloW trEnd
In diesem Sommer hatte ich die Gelegenheit,
die Leitungskonzeptionen, die hinter
der Willow Creek-Gemeinde in South
Barrington bei Chicago stehen, vor Ort
kennenzulernen. Ich bin ein viel zu nüchterner
Mensch, um von Willow Creek die
Lösung unserer oben deftigst beschriebenen
Leitungsprobleme zu erwarten.
Und so manches Mal hat ein übereifriges
Kopieren von Willow die Leitungsnot in
unseren Breiten auch noch vergrößert.
Aber ich bin überzeugt: Wer nicht kopieren,
sondern kapieren will, kann von
dieser Gemeinde lernen. Gute Leitung
hat mit Liebe und Leidenschaft, mit Sachkompetenz
und Menschenkenntnis, mit
Gabenorientierung und Dienstbereitschaft,
mit Vorbild und Nachfolge, mit
Strategie und Zielen, mit Herausforderung
und Wertschätzung, mit Geistesgegenwart,
mit vollmächtiger Lehre und
Verkündigung zu tun.
Ich wünsche mir, dass Willow hilft,
dieses geistliche „Leitungspuzzle“ so zusammenzufügen,
dass wir demütig und
dankbar, frei und fröhlich leiten. Gott
zur Ehre und den Menschen zum Heil
und Wohl.
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