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leiten lernen - Willow Creek

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LeitunGskonGress LeitunGskonGress<br />

„Brutal ehrlich<br />

Das Ehepaar Geri und Pete Scazerro über ihre Krise, die zu einer neuen Berufung führte<br />

12<br />

Pete<br />

miteinander sein“<br />

Pete Scazzero arbeitete einige Jahre als Pastor, als seine<br />

Frau Geri ihm eines Tages knallhart sagte: „Pete,<br />

ich ertrage das nicht mehr. Du arbeitest dich in der Gemeinde<br />

zu Tode, hast keine Zeit für die Familie und bist<br />

ein lausiger Leiter – ich trete aus deiner Gemeinde aus!“<br />

Dieses entschlossene Vorgehen rettete nicht nur ihre Ehe,<br />

sondern auch ihren Dienst. Angestoßen durch die Krise<br />

gingen sie zusammen zur Beratung. Hier kamen sie ihren<br />

Motiven auf die Spur und entdeckten, wie die Muster ihrer<br />

Herkunftsfamilien ihr Handeln bestimmte. Daraus entstand<br />

der Ansatz der „emotional gesunden Spiritualität“.<br />

Heute engagiert sich das Paar besonders für Menschen<br />

mit Leitungsverantwortung in den Bereichen Spiritualität<br />

und emotionale Reife. Hier berichtet das gegensätzliche<br />

Paar offen über ihren gemeinsamen Weg – und wie ihn<br />

jeder aus seiner Perspektive erlebte.<br />

Pete Ich wuchs mit zwei Geschwistern in einer<br />

italienischstämmigen Familie in New Jersey auf.<br />

Geri In meiner Herkunftsfamilie waren drei<br />

Dinge heilig: die irische Abstammung, der Katholizismus<br />

und die Familie.<br />

Pete Meine Mutter hatte ihr Leben lang mit<br />

Depression zu kämpfen. Mein Vater war für uns Kinder<br />

emotional nicht verfügbar. Er war Bäcker, ein Workaholic<br />

und selten zuhause<br />

Geri Wir sieben Kinder saßen jeden Abend<br />

um 18 Uhr mit unseren Eltern beim Abendessen. Unser<br />

Leben hatte einen klaren Rhythmus. Vieles war vorhersagbar.<br />

Pete Mit 13 Jahren kehrte ich der Kirche den<br />

Rücken und war ständig auf Partys.<br />

Geri Ich wuchs sehr beschützt auf. In einer<br />

gesunden Weise. Auf dem College lernte ich<br />

Leute kennen, die mit mir über Gott sprachen –<br />

so, als würden sie ihn persönlich kennen. Das war fremd<br />

für mich.<br />

Pete Als ich zum College ging, dachte ich: Das<br />

Leben muss mehr sein als das, was ich erlebe und entdeckte<br />

den Glauben. Dann lernte ich Geri kennen. Ich<br />

versuchte ihr das Evangelium zu erklären, aber sie wollte<br />

Geri<br />

mir nicht zuhören. Kurz darauf ging sie<br />

nach England und wurde dort Christ.<br />

Geri Acht Jahre waren wir<br />

befreundet, bevor wir heirateten. Von<br />

dem Tag an, als wir Christen wurden,<br />

haben wir uns nach Gott ausgestreckt,<br />

für Gott engagiert, andere zu Gott geführt<br />

– das war unser Leben. Alles andere<br />

war zweitrangig.<br />

Pete Geri war die frömmste<br />

Person die ich je kennengelernt hatte.<br />

Sie wollte Christus mit ihrem ganzen<br />

Leben dienen. Unsere Ehe war großartig.<br />

In den ersten Monaten. Dann hatte<br />

ich den Eindruck, in New York eine<br />

Gemeinde gründen zu sollen. Aber<br />

zunächst wollten wir ein Jahr in Costa<br />

Rica verbringen, um unser Spanisch<br />

aufzuplieren.<br />

Geri Schwierig wurde es, als<br />

wir ins Ausland gingen. Wir waren erst<br />

fünf Monate verheiratet. Als wir in Südamerika<br />

aus dem Flugzeug stiegen, waren<br />

die Flitterwochen vorbei. Ich wurde<br />

bald schwanger und musste früher in<br />

die USA zurückkehren. Pete war völlig<br />

von dem Gedanken eingenommen,<br />

eine Gemeinde zu gründen.<br />

Pete Im September 1987<br />

gründeten wir New Life Fellowship aus<br />

dem Nichts. Wir waren nur eine handvoll<br />

Leute. Unser erstes Kind war gerade<br />

geboren. Aber ich arbeitete 70 Stunden<br />

in der Woche. Ich war Küster, Empfangspersonal,<br />

Musikleiter, Kassierer<br />

… ich war die Gemeinde! Aus heutiger<br />

Sicht war das verrückt. Aber ich spürte<br />

Gottes Ruf. Und nie zuvor hatte ich erlebt,<br />

wie Gott durch meinen Einsatz etwas<br />

bewegte. Nach einem Jahr waren wir<br />

rund hundert Leute. Es war unglaublich.<br />

Ich konnte nur nicht begreifen, weshalb<br />

mein Leben trotzdem so schwierig war.<br />

Dann kam unsere Gemeinde in eine<br />

Krise und spaltete sich. Das traf mich<br />

ins Mark. Ich spürte Zorn, Hass und Bitterkeit<br />

– und wusste nicht, wie ich mit<br />

diesen Gefühlen umgehen sollte. Denn<br />

es gehörte sich ja nicht, als Christ Hass<br />

zu verspüren.<br />

Geri Ich war in der Frauen-<br />

und Kinderarbeit sowie im Besuchsdienst<br />

tätig. Pete war mit tausend anderen<br />

Dingen beschäftigt. Aber Liebe<br />

füreinander konnten wir nicht gut ausdrücken<br />

Leben am Limit<br />

Pete Geri war höchst unzufrieden.<br />

Sie beschwerte sich ständig<br />

und fragte: „Wann ist dieses Auf und<br />

Ab endlich vorbei?“ Dabei versuchte ich<br />

doch nur Gott treu zu sein!<br />

Geri Ich war traurig, ärgerlich<br />

und enttäuscht und fragte mich:<br />

Muss das Leben so sein? Müssen wir<br />

immer an unsere Grenzen gehen?<br />

Pete Zu diesem Zeitpunkt<br />

hatten wir schon vier Töchter, die wir<br />

mitten in New York großzogen. Geri<br />

war müde, erschöpft und depressiv.<br />

Geri Ich sagte zu Pete: „Ich<br />

weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“<br />

Seine Antwort: „Du schaffst das<br />

– nur noch ein weiteres Jahr, dann sind<br />

wir über den Berg.“<br />

Pete Mit mir die ersten acht<br />

Jahre verheiratet zu sein, hat Geri viel<br />

von ihrem Leben geraubt.<br />

Geri Ich fühlte mich wie eine<br />

Alleinerziehende. Ich sagte Pete ganz<br />

offen: „Es wäre viel leichter für mich,<br />

wenn wir uns trennen würden. Dann<br />

müsstest du wenigstens am Wochenende<br />

die Kinder mal übernehmen.“<br />

Pete Irgendwann wurde mir<br />

klar, dass etwas schief lief. Ich fragte<br />

mich: Warum bin ich so getrieben? Warum<br />

arbeite ich 70 Stunden pro Woche?<br />

Warum fühlt die Person, die ich liebe,<br />

sich von mir nicht geliebt? Warum hat<br />

sich meine Gemeinde gespalten? Warum<br />

gibt es ständig diese Konflikte in<br />

der Gemeinde? Warum gibt es diese<br />

vielen ungesunden Erscheinungen im<br />

Gemeindeleben, obwohl Gott eindeutig<br />

etwas unter uns bewegt?<br />

Geri Wir sahen, wie Menschen<br />

zum Glauben kamen. Wie Menschen<br />

geheilt wurden. Ich sah aus nächster<br />

Nähe die wunderbaren Dinge, die<br />

Gott bei uns tat, aber zur gleichen Zeit<br />

auch dieses Chaos, dieses an die Grenzen<br />

gehen und die ständigen Krisen.<br />

Pete Ich lebte die Vergangenheit<br />

meiner Herkunftsfamilie in der<br />

Gegenwart noch einmal. Aber weder in<br />

meiner theologischen Ausbildung, noch<br />

bei Konferenzbesuchen oder Fortbil-<br />

dungen – nie wurde dieser Punkt dort<br />

thematisiert.<br />

Geri Ich versuchte ständig<br />

meine Gefühle zu unterdrücken, aber<br />

sie kamen trotzdem zum Vorschein –<br />

auf sehr zerstörerische Weise: durch<br />

Sarkasmus gegenüber meinem Ehemann<br />

und durch mein passiv-aggressives<br />

Verhalten.<br />

Austritt aus<br />

der Gemeinde<br />

Pete 1994 begab ich mich<br />

auf Entdeckungsreise in mein Inneres.<br />

Ich wusste: Gott musste in mir etwas<br />

verändern. An unserer Ehe veränderte<br />

das nichts. Ich war immer noch ein<br />

Workaholic, war immer noch nicht<br />

emotional verfügbar für meine Frau.<br />

Am 2. Januar 1996 sagte Geri: „Ich<br />

Die New Life Fellowship-Gemeinde in<br />

Queens, New York. Menschen aus 65 Ländern<br />

gehören ihr an.<br />

Das Gemeindegebäude war einst das<br />

kulturelle Zentrum von Queens. Musicals<br />

gehörten zum Standardprogramm. Hier<br />

entstand auch der Film „A Beautiful<br />

Mind“ mit Russell Crowe.<br />

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