Simca, talbot und das vermaledeite „t“ - Regensburger Stadtzeitung

den ersten erfolgreichen Jahren. Da warb Anzeigenchef
Radek eine Verkäuferin von der Konkurrenz ab.
Die Dame mit der rauchigen Stimme war sofort erfolgreich,
hatte aber einen Spleen: Punkt zwölf machte sie
Mittag. Kam gegen zwei Uhr wieder. Tag für Tag. Eines
Tages aber kam sie nicht mehr. Nicht um zwei, nicht
um drei, nicht um fünf. War nicht erreichbar.
Tagelang versuchten Radek und Kittel, die Dame
aufzuspüren. Bis sie dann in der „Woche“ lasen, dass
eine Anzeigenverkäuferin Autos aufgebrochen hatte
und dabei erwischt wurde. Regelmäßig war sie am
Dreifaltigkeitsberg aufgetaucht und hatte aus den
vor dem Friedhof parkenden Wagen Handtaschen
geklaut. Immer zur Mittagszeit. Glücklicherweise ließ
der Text keine Rückschlüsse auf die Stadtzeitung zu.
Die „Woche“ hatte noch den alten Arbeitgeber der
Dame genannt …
„Sie müssen halt mit Profis arbeiten“…
Dass es mal einen Fehler in einer Anzeige gibt, kommt
vor. Bei allen Zeitungen. Dass es peinliche Fehler gibt,
soll auch vorkommen. Doch die Stadtzeitung wäre
nicht die Stadtzeitung, könnte sie nicht ein Vorkommnis
aufweisen, das in der nicht existierenden Rangliste
der peinlichsten Pannen im Anzeigenverkauf ziemlich
weit vorne platziert wäre:
Anzeigenchef Radek war es gelungen, endlich auch
einen Autohändler als Kunden zu gewinnen. Er hatte
einen Fehler in dessen Inserat bei der Konkurrenz
gefunden, ihn angerufen. „Sie müssen halt mit Profis
arbeiten“, tönte der Stadtzeitungsmann großspurig
und der Simca­Händler ließ sich überzeugen.
Damals war es so, dass eine Zeitung noch komplett
in Handarbeit zusammengebaut wurde. Auch
eine Anzeige wurde aus verschiedenen Bestandteilen
montiert. Simca war zu jenen Tagen im Übergang zu
„Talbot“ begriffen, folglich sollte die Annonce auch ein
„T“ enthalten. T wie Talbot.
Umbruchchef Heinz Mierswa, von dem Peter Kittel
augenzwinkernd sagt, er habe „nie wirklich Ahnung
von irgendwas gehabt außer von Fußball“, fügte die
Elemente zusammen. Stellte dabei das „T“ auf den
Kopf. Die Anzeige erscheint, der Kunde ruft an, gutgelaunt.
Reagiert erstaunlich lässig, lacht sich kaputt,
fragt: „Wie war das mit den Profis?“ Bezahlt hat er die
Anzeige nicht. Erst, wenn sie korrekt erscheint, soll
Geld fließen.
Die Wiedergutmachung. In der nächsten Ausgabe,
so wird vereinbart, gibt es die Anzeige kostenlos.
Der Simcamann ist einverstanden, es gehen vier Wochen
ins Land. Kittel, Radek und Mierswa haben die
Angelegenheit längst vergessen, nur die Anzeige ist
eingeplant. Sie wird auch wieder eingebaut – und
zwar unverändert. Diesmal ist der Kunde wütend.
Sagt, er habe „viel Gespür für junge Leute, aber jetzt ist
Das unerwartete Aus eines großen Plans
1984, die ersten Ausgaben sind gedruckt, das Geld fließt
noch nicht so. Krisensitzung. Der selbst ernannte Spitzen-
Anzeigenverkäufer M. plötzlich mit einer Spitzenidee. „Wir
müssen freundlich auf die Leute zugehen! Und wir brauchen
Sonderveröffentlichungen! Biergärten! Straßencafés! Ich zeig
euch mal, wie das geht!“
M. greift zum Telefon. Ruft beim Café „Unter den Linden“, einem
damals – im Gegensatz zu heute – wohl etwas heruntergekommen
Wirtshaus, an. Beginnt furios. „Ein wunderschönes
Grüß Gott, Herr Soundso! M. hier, Regensburger Stadtzeitung,
Aller Anfang ist schwer 25 Jahre
Schluss“. Immerhin, er will den aufstrebenden Publizisten
eine dritte Chance geben.
Jetzt sind alle sensibilisiert, Kittel und Radek wissen,
es darf nichts, aber auch gar nichts mehr passieren.
Mierswa wird zur Sorgfalt gemahnt, sie selbst wollen
aufpassen. Der Umbruch verläuft wie immer, Mierswa
ist weg, in sein Wirtshaus, das er damals schon hatte.
Radek und Kittel packen die Sachen für den Kurier,
der die Unterlagen in die Druckerei bringen soll. Da
fällt es ihnen ein: „Jessas, die Anzeige!“ Sie überprüfen
das Talbot­Inserat, das T steht noch immer auf dem
Kopf. Also drehen sie es um, sind zufrieden. Machen
die Druckunterlagen bereit für die Abholung. Wollen
dann in Mierswas „Alte Länd“, um ein paar Bier zu
DAS VermAleDeite „t“: Um diese Anzeige rankt sich eine wunderbare
Geschichte …
trinken und den Umbruchchef zu flachsen ob dessen
Nachlässigkeit.
Doch der ist nicht in seinem Wirtshaus. Niemand
vom Personal weiß, wo er steckt. Nach Stunden kommt
Mierswa ins Lokal. Grinst über beide Backen. „Na, ihr
zwei Deppen“, sagt er, „was habt ihr denn vergessen?“
Und berichtet davon, wie er den Kurier gerade noch
erwischt hat, bevor der los wollte. „Gottseidank hab
ich aufgepasst und dieses Zeichen von der Autoanzeige
noch schnell umgedreht“, berichtet Mierswa voller
Stolz. Und kann gar nicht verstehen, warum Kittel und
Radek auf einmal kreidebleich sind.
Hektische Anrufe in der Druckerei blieben ungehört.
Nachts wird gedruckt – nicht telefoniert …
Jedenfalls war dies das Ende der so hoffnungsvollen
Geschäftsbeziehung. Der einzige Satz, den Radek
damals am Biertisch herausbrachte, war übrigens: „Ich
glaube, ich brauche gar nicht erst versuchen, dem
Kunden das zu erklären.“ (ssm)
Sie verstehen! Wir planen großartige Sonderseiten, genau das
Richtige für Sie und ihr Café ...“ Weiter kommt er nicht, wird
unterbrochen. Stockt. „Ja, aha, mh.“ und legt auf.
Alle schauen M. mit großen Augen an. „Und, was hat er
gesagt“? M. druckst ein wenig herum, rückt dann mit der
Sprache heraus. „Äh ja, und zwar hat der, also, der Wirt hat,
gesagt hat er: ‚Was, a Werbung? In mei greisliche Hütt‘n d‘Leit
eineilocka?? Na, mit mir ned!’“ Das war dann gleichzeitig
das Ende der Akquisitionstätigkeit des großen Verkaufsstrategen
M.
Das stand in der
Regensburger Stadtzeitung ❰
die Kapitaldecke
sehr dünn. Zudem ist
Stöckls Personalpolitik
sehr umstritten.
❱❱❱ Die Stadthalle ist
noch nicht einmal
geplant, da steht
schon fest, was der
Stadtrat dort nicht veranstalten lassen
will: Rock- und Popkonzerte.
21. März 1986
Zur „dona 86“ sind einige Publikumsmagneten
angesagt: Showmaster
Alfred Biolek, ein mit Kresse bewachsener
VW Käfer
und der 400-PS-Audi
von Walter Röhrl. ❱❱❱
Ein Jäger unterwegs
im Revier. Sieht einen
Mann (23) mit
Kampfanzug, Pfeil
und Bogen. Will ihn
stellen, wird niedergeschlagen. Polizei.
Festnahme.
11. april 1986
Die Blaujacken sind da, nur sie
überwachen fortan den Verkehr in
der Stadt. Sie sind alles andere als
beliebt, selbst die Polizei nimmt
sie nicht begeistert auf. ❱❱❱ Kampf
gegen die Hochwassermauer:
Auch der HeimatvereinStadtamhof
– Vorsitzender
2. Bürgermeister
Alfred Hofmaier“ –
ist gegen das Drei-
Meter-Monster.
Außergewöhnliche
Lokaleröffnung. Auf Wunsch des
Betreibers erscheint folgender
Text: „Am 12 Aplil elöffnet das
Lestaulant Asia von Hell Lee im
histolischen Stadtamhof“…
6. Juni 1986
Mick Jagger ist beleidigt. Seine Frau
Bianca hat ihn als „müde Socke“ im
25 Jahre Stadtzeitung Regensburg 17