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PflegeForum 27. PflegeForum - Versorgungsnetz Gesundheit eV

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<strong>PflegeForum</strong><br />

<strong>Versorgungsnetz</strong> <strong>Gesundheit</strong> e.V.<br />

c/o Regine Harms<br />

Tel: 0441 / 8000 921 / Fax: 0441 / 8000 924<br />

Email: regine.harms@harms-qg.de<br />

<strong>27.</strong> <strong>PflegeForum</strong><br />

Protokoll vom 06.04.’11, 14.30 – 17.30 Uhr im Klinikum, MAZ<br />

__________________________________________________________________________<br />

1. BEGRÜSSUNG<br />

Am <strong>27.</strong> <strong>PflegeForum</strong> mit dem Thema „sichtWEISEn des Alters – Umgang mit herausforderndem<br />

Verhalten bei älteren Menschen“ haben ca. 60 Personen aus ganz unterschiedlichen<br />

Berufen und Einrichtungsarten teilgenommen. Die Moderation hatte Bertold<br />

Schmid übernommen; den Einstieg ins Thema gestaltete Thomas Lichtenstein, Schauspieler<br />

des Oldenburger Staatstheaters. Er führte einen Teil des erfolgreichen Stückes<br />

„Du bist meine Mutter“ auf, in dem er eindrucksvoll sowohl eine 80jährige Demenzerkrankte<br />

als auch deren Sohn Joop spielte. Herr Lichtenstein hat seinen Auftritt für uns<br />

unentgeltlich aufgeführt: ganz herzlichen Dank dafür!<br />

2. VORTRAG FR. HAMBROCK: „Umgang mit herausforderndem Verhalten “<br />

Silke Hambrock ist Krankenschwester, Fachlehrerin im <strong>Gesundheit</strong>swesen und Demenzexpertin;<br />

sie ist Lehrbeauftragte an der Ev. Altenpflegeschule.<br />

Herausforderndes Verhalten:<br />

- kennzeichnet Verhaltensweisen, die die Umgebung herausfordern<br />

- ist ein Resultat der Unfähigkeit, sich verständlich zu machen<br />

- ist eine Reaktion auf eine Welt, die einem nicht mehr vertrauensvoll und verlässlich ist<br />

Häufigste und dauerhafteste Verhaltensweisen:<br />

- Agitation (Herumwandern) / „Agressivität“ / verbale Reaktionen<br />

- Passivität (Nase voll) / Nesteln / „Depressivität“<br />

Angst = Obergefühl, wesentliche Erlebnisdimension – damit Ursache für herausf. Verh.<br />

Erklärungsversuche:<br />

- individuelle Copingstrategien<br />

- Erleben von Abhängigkeit (z.B. von anderen Menschen)<br />

- physisches und/oder psychisches Erleben, welches nicht zugeordnet werden kann<br />

(z.B. Hunger, Durst, niedriger BZ, …)<br />

- nicht angepasste Intervention der Betreuenden<br />

Ursachen auf der Spur:<br />

- Hintergrundfaktoren (Neurologischer Status, <strong>Gesundheit</strong>sstatus, demographische Vari-<br />

ablen, psychosoziale Variablen)<br />

- nahe Faktoren (physiologische Bedürfnisse, psychosoziale Bedürfnisse, physikalische<br />

Umgebung, soziale Umgebung)<br />

- Bedürfnisse nach Liebe, Trost, Sicherheit, Einbeziehung, Beschäftigung, Identität sind<br />

nicht befriedigt<br />

Grundsätze für den Weg:<br />

- jedes Verhalten hat seine Gründe<br />

- verschiedene Verhaltensweisen haben nicht unbedingt unterschiedliche Gründe<br />

- gleiche Ursachen führen nicht immer zu gleichen Verhaltensweisen<br />

zu guter Letzt:<br />

wesentliche Kompetenzen für einen hilfreichen Umgang mit sog. Herausforderndem Verhalten<br />

sind: hohe Fachkompetenz, kommunikative Kompetenz, Empathie und die Fähigkeit,<br />

Brücken zu bauen<br />

1


3. ARBEITSGRUPPEN<br />

Es fanden parallel vier Arbeitsgruppen statt, die sich mit identischen Fragestellungen für<br />

jeweils unterschiedliche Einrichtungsarten befassten und die ihre Ergebnisse anschließend<br />

im Plenum präsentierten. Nachfolgend werden die Ergebnisse kurz dargestellt:<br />

a. „HEIME“<br />

Expertin Heim: Cornelia van Rüschen / Co-Moderatorin: Regine Harms<br />

SYMPTOME:<br />

- Beleidigungen / hohe Lautstärke / starke Emotionen wurden besonders betont<br />

- Handgreiflichkeiten / Herumlaufen / Hin- und Weglaufen / Meinungsverschiedenhei-<br />

ten / Verweigerung, geringe Compliance / Wutausbrüche / Ignoranz gegenüber Pfle-<br />

genden und BewohnerInnen / aktive Abwehr von Angeboten / Weinanfälle / „Mag-<br />

nettypen“ – Suche nach Nähe / Aufhetzen unter BewohnerInnen / Stimmungs-<br />

schwankungen<br />

SCHWIERIGKEITEN:<br />

- sehr individuell!<br />

- herablassendes Verhalten (z.B. gegenüber SchülerInnen) / „Weg“lauftendenzen /<br />

Lautstärke (auch für andere Bew.) / Gefahr des Aufputschens einer Gruppe / Ange-<br />

bote werden „ignoriert“ / fehlende Motivation der Bew. / wenig zeitliche Möglichkei-<br />

ten, auf Einzelne einzugehen / Personalwechsel („2-Std.-Dienste“)<br />

LÖSUNGEN:<br />

- möglichst individuelle Unterstützung, Sicherheit vermitteln<br />

- bedürfnisorientierte Arbeitsweisen (auch kleine Freuden bereiten) / Beschäftigung /<br />

Blickwinkel ändern: was braucht Bew.? / Integrative Validation / mehr Personal /<br />

Milieuveränderung (u.U. anderer Wohnbereich) / Bezugspflege: Kontinuität beim<br />

Personal / Grenzen erkennen und akzeptieren / Gesprächskreise für Bew. (mit<br />

Protokoll!) / eigenes Verhalten und Haltung reflektieren (Ressourcenorientierung) /<br />

gute Dokumentation (auch pos. Aspekte) / stimmiges Verhalten (Übereinstimmung<br />

Haltung u. Auftreten) / kleine Wohngruppen<br />

UNTERSTÜTZUNG:<br />

mehr Personal / Fallbesprechungen / Qualifizierungen: wer kann was machen / Hilfe<br />

von außen holen (Angehörige, Ambulanz der Karl-Jaspers-Klinik: für Bew. und für<br />

Pflegende) / Supervision für Pflegende / Fortbildungen / Teamentwicklung<br />

b. „AMBULANTE PFLEGE“<br />

Expertinnen Amb. Pflege / Moderatorinnen: Heike Bredehorn und Regina Logemann<br />

SYMPTOME:<br />

Spucken / Distanzlosigkeit / Scham / Beißen / Schlagen/Abwehr / Autoaggression /<br />

Schimpfen/Beschimpfen / Ausziehen / Weinen / Nervosität/Unruhe. Weglauftendenzen<br />

/ Verharren / Horten + Sammeln / spontaner Stimmungswechsel / Vertrauensverlust<br />

/ Beschuldigungen / Unsicherheit<br />

SCHWIERIGKEITEN:<br />

Zuordnung von Bezugspersonen / Zusammenarbeit mit Angehörigen / Zeitdruck /<br />

unterschiedliche Tagesstruktur / Pflegeauftrag kann nicht erfüllt werden (Problem<br />

Vertragserfüllung) / Verweigerung Mitarbeit des Klienten / eig. Anspruch hinterfragen<br />

LÖSUNGEN:<br />

- Supervision und Fortbildung<br />

- Biografie / angemessene Strukturen/Tagesstruktur / Teamarbeit / flexibles Arbeiten /<br />

Empathie / Bezugspflege / Einbeziehung von Angehörigen: Aufklärung, Schulung,<br />

Entlastung / weitere Diagnostik<br />

UNTERSTÜTZUNG:<br />

- Öffentlichkeit!<br />

- zeitnaher, regelmäßiger Informationsaustausch zw. Angehörigen, Pflege und Be-<br />

treuung / pflegetherapeutische Konzepte: Validation, basale Stimulation / Teamar-<br />

beit / Veränderungen der Sichtweisen und der Wertigkeit / Wohnraumgestaltung /<br />

visuelle Unterstützung / mehr Zeit / mehr Geld für angemessene Versorgung<br />

2


c. „ARZTPRAXIS“<br />

Expertin Arztpraxis: Arnke Schneider-Demnitz / Co-Moderatorin: Melanie Philip<br />

SYMPTOME:<br />

Verhaltensänderung durch Sinnesreize, z.B. Plakate / Konfabulieren / Schmerz: nicht<br />

differenzierbar / Unverständnis<br />

SCHWIERIGKEITEN:<br />

wenig Zeit in der Sprechstunde / Tabuthemen (bes. bei älteren PatientInnen) / wenig<br />

„alte“ Frauen in gynäkologischen Praxen / <strong>Gesundheit</strong>ssystem<br />

LÖSUNGEN:<br />

Arzt suchen, der Hausbesuche anbietet / barrierefreie Praxen / Dementensprechstunde<br />

in HA-Praxis / § 45b SGB XI: Einsatz von Ehrenamtlichen z.B. für Begleitung zu<br />

Praxen / Perspektivwechsel / Zeitmanagement / Informationen von Angehörigen z.B.<br />

an Hausarzt zu Besonderheiten beim Patient / demenzspezifische Erhebungsbögen<br />

z.B. zu Schmerz, benutzen (vgl. 4.)<br />

UNTERSTÜTZUNG:<br />

Projekt MoNi (nähere Informationen vgl. 4.) / Rituale und Kommunikationstraining /<br />

Fortbildung: Rahmenprogramm mit Demenz für MFA und ÄrztInnen / Kinästhetikfortbildung<br />

d. „KRANKENHAUS“<br />

Expertin Krankenhaus / Moderatorin: Petra Rothe<br />

SYMPTOME:<br />

- „NEIN“ – Verweigerung zu: Medikamenten, Essen u. Trinken, Diagnostik, The-<br />

rapie, Bewegung<br />

- Weinen / Sachen packen und Weggehen wollen / nächtliche Unruhe<br />

SCHWIERIGKEITEN:<br />

MitpatientInnen beschweren sich / Angehörige stellen Forderungen / eigene Geduld /<br />

Distanz: Verhalten nicht persönlich nehmen / Gruppendynamik: Übergabe / Wertung:<br />

wird leicht von anderen übernommen (Übergabe) / Rahmenbedingungen: Konzept,<br />

Kenntnisstand, Zeit, Raum<br />

LÖSUNGEN:<br />

- Konzepterstellung (Zunahme dementer Pat.) / interdisziplinäre Arbeit<br />

- wertfrei drüber reden / Wunschtermine in der Diagnostik (Vermeidung Wartezeiten<br />

bzw. Stress mit Losmüssen zu fester Zeit) / Schulungen / Vorbild: eine/e geschulte<br />

ExpertIn für die Stationen<br />

UNTERSTÜTZUNG:<br />

Kommunikation mit vorbetreuenden Personen (Angehörige, Pflegedienst, Heim), Statistik<br />

führen / Einsatz von „Service- oder Betreuungskräften“ für zusätzliche Aufgaben/<br />

Rotation von Pflegekräften u. ÄrztInnen zw. Geriatrie u. Stammabteilungen / Vorträge<br />

4. ABSCHLUSS / INFORMATIONEN / TERMINE<br />

Zum Abschluss befragte Herr Schmid einige der TeilnehmerInnen nach Ihrem Eindruck.<br />

- Beiträge haben zum Nachdenken angeregt<br />

- im Spiegel-Wissen (vgl. 4.) wird von einer Krankenhausstation berichtet, die ausschließ-<br />

lich Demenzerkrankte (mit allen Diagnosen) aufnimmt<br />

- die Diskussionen wurden im Umgang miteinander sehr wertschätzend geführt, was als<br />

sehr angenehm erlebt wurde<br />

- Kooperation zw. den Berufsgruppen wurde als wichtig herausgestellt<br />

- als positiv wurde beschrieben, dass es nicht nur um Probleme mit BewohnerInnen / Pat.<br />

ging, sondern auch um Lösungsansätze<br />

Folgende weiterführende Informationen gibt es zum Thema:<br />

EMPFEHLUNGEN FÜR UMGANG MIT DEMENZERKRANKTEN IM KRANKENHAUS:<br />

www.alzheimer-niedersachsen.de DORT: „Krankenhausprojekt“, „Materialien“,<br />

3


„Empfehlungen“ (eine DIN-A-4-Seite mit 13 Empfehlungen)<br />

SCHMERZEN: Erhebungsbogen für Demenzerkrankte: BESD-Skala<br />

www.alzheimer-oldenburg.de/rahmen.php?&id=22#Schmerz<br />

MoNi = Modell Niedersachsen<br />

Die kassenärztl. Vereinigung Niedersachsen führt seit Oktober 2010 ein zweijähriges Modellprojekt<br />

durch, bei dem je drei Praxen in Vechta und Schneverdingen MFA (Med.<br />

Fachangestellte) qualifizieren, die dann Hausbesuche durchführen können. Stichwort =<br />

hausarztentlastende Tätigkeit. Umstritten ist dabei, dass diese auch Maßnahmen der<br />

Behandlungspflege durchführen dürfen, was eigentlich pflegerische Aufgabe ist und wo<br />

bspw. eine verbesserte Kooperation zw. Praxen und Pflegediensten ein guter Weg wäre.<br />

Nähere Informationen:<br />

http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/article/628348/niedersachsen-gehtprojekt-moni-start.html<br />

http://pflegen-online.de/nachrichten/aktuelles/bad-e-v-kritisiert-modell-niedersachsen.htm<br />

Spiegel-Sonderheft<br />

In der Reihe „Der Spiegel. WISSEN“ ist im Februar 2010 das Heft „Die Reise ins Vergessen.<br />

Leben mit Demenz“ herausgekommen. Das Heft hat die ISSN: 1868-4378 und<br />

kostet 7,50 €. Kapitel sind: Volkskrankheit Alzheimer / Die Patienten: Leben mit Demenz /<br />

Die Angehörigen: Helden des Alltags / Die Profis: Ärzte, Pfleger, Forscher / Die Gesellschaft:<br />

Aufgabe für alle.<br />

TERMINE<br />

Vorbereitungsgruppe (für das nächste <strong>PflegeForum</strong>):<br />

WANN: Mi. 11.05.2011, 15.30 – 17.00 Uhr<br />

WO: Klinikum OL, Verwaltungsgebäude, 1. OG, Raum 1.35<br />

Nächstes <strong>PflegeForum</strong>:<br />

WANN: Mi. 06.07.2011, 14.30 – 17.30 Uhr<br />

WO: MAZ des Klinikums, Brandenburger Str. 19, 26133 Oldenburg<br />

THEMA: Abschluss der Reihe „sichtWEISEn des Alters“<br />

unter aktiver Einbeziehung älterer Menschen<br />

Protokollantin:<br />

OL, 17.04.’11<br />

4

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