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Einfamilienhaus in Splittersiedlung OVG NW, Urt. v. 28.2

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Gericht: Oberverwaltungsgericht für das<br />

Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen 10.<br />

Senat<br />

Entscheidungsdatum: 28.02.2008<br />

Aktenzeichen: 10 A 1998/06<br />

Dokumenttyp: <strong>Urt</strong>eil<br />

Orientierungssatz<br />

- 1 -<br />

Quelle:<br />

Langtext<br />

Normen: § 35 Abs 2<br />

BauGB, § 35<br />

Abs 3 BauGB,<br />

§ 34 Abs 1<br />

BauGB, § 154<br />

Abs 1 VwGO<br />

Antrag auf Erteilung e<strong>in</strong>es Bauvorbescheids zur<br />

Errichtung e<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es mit Garage<br />

1. Ortsteil ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de, der nach der Zahl<br />

der vorhandenen Bauten e<strong>in</strong> gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck e<strong>in</strong>er organischen<br />

Siedlungsstruktur ist. (Rn.31)<br />

2. Die Beurteilung der Frage, ob die vorhandene Bebauung als e<strong>in</strong>e zu missbilligende<br />

<strong>Splittersiedlung</strong> zu bewerten ist, kann sich im Laufe der Zeit ändern, e<strong>in</strong> Siedlungsvorgang kann<br />

durch e<strong>in</strong>e Verfestigung e<strong>in</strong>en Zustand erreichen, bei dem das H<strong>in</strong>zutreten e<strong>in</strong>zelner Bauten<br />

nicht mehr als Vorgang der Zersiedlung gewertet werden kann. (Rn.42)<br />

3. Ob durch Freiflächen e<strong>in</strong>e Unterbrechung des Zusammenhangs vorliegt oder nicht, lässt<br />

sich nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, zur<br />

Beurteilung bedarf es e<strong>in</strong>er wertenden Betrachtung des konkreten Sachverhalts. (Rn.47)<br />

4. Weitreichend ist e<strong>in</strong>e Vorbildwirkung immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren<br />

Vorhaben, die nicht verh<strong>in</strong>dert werden können, zusammen der vorhandenen <strong>Splittersiedlung</strong><br />

nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch e<strong>in</strong>e weitergehende<br />

Zersiedlung des Außenbereichs bewirken. (Rn.57)<br />

Fundstellen<br />

NVwZ-RR 2008, 682-685 (red. Leitsatz und Gründe)<br />

Diese Entscheidung zitiert<br />

Rechtsprechung<br />

Vergleiche BVerwG, 2. April 2007, Az: 4 B 7.07<br />

Vergleiche Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, 28. Februar 2007, Az: 10 A<br />

2273/05<br />

Vergleiche Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen 10. Senat, 20. Februar 2004, Az:<br />

10 A 558/02<br />

Vergleiche BVerwG, 18. Mai 2001, Az: 4 C 13.00<br />

Vergleiche BVerwG, 7. Juli 1994, Az: 4 B 131.94<br />

Vergleiche BVerwG 4. Senat, 3. Juni 1977, Az: IV C 37.75<br />

Tenor<br />

Das angefochtene <strong>Urt</strong>eil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen wird geändert. Der Beklagte<br />

wird unter Aufhebung se<strong>in</strong>es Bescheids vom 16. April 2004 und des Widerspruchsbescheids<br />

der Bezirksregierung N. vom 3. November 2004 verpflichtet, der Kläger<strong>in</strong> auf ihren Antrag


vom 17. Dezember 2003 den begehrten planungsrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung e<strong>in</strong>es<br />

<strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es auf dem Grundstück B. I. 28 (Gemarkung L. , Flur 65, Flurstück 451) <strong>in</strong> C. zu<br />

erteilen.<br />

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens <strong>in</strong> beiden Rechtszügen.<br />

Das <strong>Urt</strong>eil ist h<strong>in</strong>sichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.<br />

Die Revision wird nicht zugelassen.<br />

Tatbestand<br />

1 Die Kläger<strong>in</strong> begehrt die Erteilung e<strong>in</strong>es Bauvorbescheids zur Errichtung e<strong>in</strong>es<br />

<strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es mit Garage auf dem <strong>in</strong> ihrem Eigentum stehenden Flurstück 451, Flur 65 der<br />

Gemarkung L. (B. I. 28) <strong>in</strong> C. .<br />

2 Dieses nicht bebaute Grundstück liegt nördlich der Straße B. I. und westlich vom<br />

Wohnhausgrundstück B. I. 26. Entlang der Straße B. I. <strong>in</strong> östlicher bzw. südöstlicher Richtung<br />

schließt sich auf e<strong>in</strong>er Länge von 270 m e<strong>in</strong>e Bebauung dieser Straßenseite mit freistehenden<br />

E<strong>in</strong>- und Zweifamilienhäusern an. Dem weiteren Verlauf dieser Straße folgt <strong>in</strong> südöstlicher<br />

Richtung auf e<strong>in</strong>er Länge von 100 m e<strong>in</strong>e beidseitige Bebauung. Insgesamt bef<strong>in</strong>den sich an<br />

der Straße B. I. bis zum Gebäude Nr. 26 sowie an den hiervon abzweigenden Straßen B1. U. und<br />

I1.----weg 23 Wohngebäude mit ca. 25 Wohnungen. Der Abstand zwischen den Wohnhäusern<br />

beträgt <strong>in</strong> der Regel 5 bis 30 m; die Gebäude B. I. 18 und I1.----weg 1 bis 3 s<strong>in</strong>d 50 bis 60 m<br />

vone<strong>in</strong>ander entfernt.<br />

3 Westlich vom klägerischen Grundstück liegt das unbebaute Flurstück 450. Hieran schließt<br />

sich das Flurstück 413 mit dem Wohnhaus B. I. 30 an, welches ca. 77 m vom Gebäude B. I. 26<br />

entfernt ist. Weiter westlich folgt entlang der Straße B. I. bis zur Kreuzung mit der Straße B1.<br />

T. zunächst e<strong>in</strong> unbebautes Grundstück. Das sich hieran anschließende Grundstück wird von<br />

e<strong>in</strong>em landwirtschaftlichen Betrieb genutzt. Die sich im dortigen nördlichen Teil bef<strong>in</strong>dliche<br />

Hofstelle wird von der Straße B1. T. erschlossen. Die Ansiedlung B. I. ist von landwirtschaftlich<br />

genutzten Flächen umgeben.<br />

4 Das Vorhabengrundstück liegt nicht im Geltungsbereich e<strong>in</strong>es Bebauungsplans. Im<br />

Flächennutzungsplan der Stadt C. ist der gesamte Bereich der Ansiedlung entlang der Straße B.<br />

I. als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt.<br />

5 Mit Antrag vom 17. Dezember 2003 begehrte die Kläger<strong>in</strong> beim Beklagten die Erteilung e<strong>in</strong>es<br />

Bauvorbescheids zur Errichtung e<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es mit Garage auf ihrem oben genannten<br />

Grundstück. Ausweislich des e<strong>in</strong>gereichten Lageplans soll das Wohnhaus B. I. 28 ca. 6 m<br />

westlich des Grundstücks B. I. 26 und 8,50 m von der Straße entfernt errichtet werden. Die<br />

Kläger<strong>in</strong> bat um Prüfung, "ob der im Lageplan e<strong>in</strong>getragenen Bebauung des Grundstückes <strong>in</strong><br />

Anordnung und Größe zugestimmt werden kann."<br />

6 Der Beklagte lehnte die Bauvoranfrage mit Bescheid vom 16. April 2004 mit der Begründung<br />

ab, das im Außenbereich gelegene und dementsprechend nach § 35 BauGB zu beurteilende<br />

Vorhaben bee<strong>in</strong>trächtige öffentliche Belange. Es widerspreche den Darstellungen<br />

den Flächennutzungsplans und bee<strong>in</strong>trächtige Belange des Naturschutzes und der<br />

Landschaftspflege. Des weiteren sei e<strong>in</strong>e Erweiterung der vorhandenen <strong>Splittersiedlung</strong> zu<br />

befürchten. Es liege ke<strong>in</strong>e Baulücke vor. Das Gebäude B. I. 30 sei der <strong>Splittersiedlung</strong> wegen<br />

des Abstandes von 80 m nicht zuzurechnen. Im übrigen handele es sich bei diesem Haus um<br />

e<strong>in</strong> privilegiertes Vorhaben, welches zur Bildung e<strong>in</strong>er Baulücke nicht herangezogen werden<br />

könne.<br />

7 Zur Begründung des dagegen gerichteten Widerspruchs führte die Kläger<strong>in</strong> aus, <strong>in</strong> Anbetracht<br />

der erheblichen Bebauung östlich ihres Grundstücks liege e<strong>in</strong> im Zusammenhang bebauter<br />

Ortsteil vor. Dieser reiche bis zum Grundstück B. I. 30. Nach der Rechtsprechung sei e<strong>in</strong>e<br />

Baulücke selbst bei e<strong>in</strong>em Abstand von 130 m anzunehmen. Ausweislich der Hausakte<br />

des Beklagten bestehe die Privilegierung des Gebäudes B. I. 30 schon seit langer Zeit<br />

nicht mehr. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2004 wies die Bezirksregierung<br />

N. den Widerspruch mit der Begründung zurück, das zu bebauende Grundstück liege<br />

nicht <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Es fehle am erforderlichen<br />

- 2 -


Bebauungszusammenhang. Das Grundstück der Kläger<strong>in</strong> werde nicht von der umgebenden<br />

Bebauung geprägt, da das Haus B. I. 30 versetzt gebaut sei. Dieses liege im h<strong>in</strong>teren<br />

Grundstücksteil und weise e<strong>in</strong>e andere Ausrichtung auf als die östlich hiervon gelegenen<br />

Gebäude.<br />

8 Am 29. November 2004 hat die Kläger<strong>in</strong> Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die<br />

Ausrichtung des Gebäudes B. I. 30 sei für den Bebauungszusammenhang unerheblich.<br />

9 Die Kläger<strong>in</strong> hat beantragt,<br />

10 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. April 2004 <strong>in</strong> der Gestalt des<br />

Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N. vom 3. November 2004 zu verpflichten, ihr<br />

den beantragten Vorbescheid zur Errichtung e<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es auf dem Grundstück B. I.<br />

28 (Gemarkung L. , Flur 65, Flurstück 451) zu erteilen.<br />

11 Der Beklagte hat beantragt,<br />

12 die Klage abzuweisen.<br />

13 Er hat zur Begründung vorgetragen, der an das klägerische Grundstück angrenzende<br />

Bebauungskomplex sei ke<strong>in</strong> im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Er habe im H<strong>in</strong>blick auf<br />

die örtlichen Verhältnisse <strong>in</strong> C. -L. nicht das erforderliche besondere Gewicht. Außerdem<br />

fehle es an e<strong>in</strong>er organischen Siedlungsstruktur, da die Häuser größtenteils e<strong>in</strong>seitig an e<strong>in</strong>er<br />

Straße angeordnet seien. Das Grundstück der Kläger<strong>in</strong> bilde ke<strong>in</strong>e Baulücke zwischen den<br />

Grundstücken B. I. 26 und 30. Durch die Lage und die Anordnung des Gebäudes B. I. 30 werde<br />

dieses optisch von den übrigen Gebäuden der <strong>Splittersiedlung</strong> abgetrennt.<br />

14 Nach Durchführung e<strong>in</strong>es Ortsterm<strong>in</strong>s durch den Berichterstatter der Kammer hat das<br />

Verwaltungsgericht die Klage mit <strong>Urt</strong>eil vom 23. März 2006 abgewiesen. Zur Begründung<br />

hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB<br />

zu beurteilen, da es im Außenbereich liege. Es könne offen bleiben, ob e<strong>in</strong> Ortsteil gegeben<br />

sei. Jedenfalls ende der Bebauungszusammenhang am Gebäude B. I. 26. Das Gebäude B.<br />

I. 30 nehme hieran nicht teil, da es sich bei diesem um e<strong>in</strong> landwirtschaftlich geprägtes<br />

Außenbereichsvorhaben handele. Außerdem sei der Abstand zum Gebäude B. I. 26 erheblich.<br />

Für das Grundstück der Kläger<strong>in</strong> werde durch die angrenzende Bebauung ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druck der<br />

Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit vermittelt. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 2<br />

BauGB unzulässig, da es im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans<br />

stehe.<br />

15 Gegen das der Kläger<strong>in</strong> am 5. April 2006 zugestellte <strong>Urt</strong>eil hat diese am 5. Mai 2006 die<br />

Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2007, der<br />

Kläger<strong>in</strong> am 27. Dezember 2007 zugestellt, die Berufung zugelassen.<br />

16 Mit bei Gericht am 25. Januar 2008 e<strong>in</strong>gegangenem Schriftsatz hat die Kläger<strong>in</strong> die Berufung<br />

begründet. Sie führt aus, der vorliegende Bebauungskomplex verfüge über das für e<strong>in</strong>en<br />

Ortsteil erforderliche Gewicht. Ihr Grundstück stelle e<strong>in</strong>e Baulücke zwischen den Gebäuden<br />

B. I. 26 und 30 dar. Bei der ländlich geprägten Umgebung ihres Grundstücks gehöre e<strong>in</strong>e<br />

größere Freifläche zwischen großzügig bemessenen, mit E<strong>in</strong>familienhäusern bebauten<br />

Grundstücken zum Bebauungszusammenhang. Für die Beurteilung, ob e<strong>in</strong> Grundstück am<br />

Bebauungszusammenhang teilnehme, komme es weder auf die Zweckbestimmung noch<br />

auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an. Dementsprechend sei es<br />

unerheblich, ob das Gebäude B. I. 30 ursprünglich privilegiert gewesen sei. Die Darstellung<br />

im Flächennutzungsplan stehe der Bebauung nicht entgegen. E<strong>in</strong>deutig baulich vorgeprägte<br />

Lücken seien bei dem groben Raster e<strong>in</strong>es Flächennutzungsplans nicht zwangsläufig der<br />

Bebaubarkeit entzogen.<br />

17 Die Kläger<strong>in</strong> beantragt,<br />

18 das <strong>Urt</strong>eil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23. März 2006 zu ändern<br />

und den Beklagten unter Aufhebung se<strong>in</strong>es Bescheids vom 16. April 2004 und des<br />

Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung N. vom 3. November 2004 zu verpflichten, ihr auf<br />

ihren Antrag vom 17. Dezember 2003 den begehrten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur<br />

- 3 -


Errichtung e<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es mit Garage auf dem Flurstück 451, Flur 65 der Gemarkung<br />

L. (B. I. 28) <strong>in</strong> C. zu erteilen.<br />

19 Der Beklagte beantragt,<br />

20 die Berufung zurückzuweisen.<br />

21 Der Berichterstatter des Senats hat am 13. Februar 2008 e<strong>in</strong>e Ortsbesichtigung durchgeführt.<br />

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom gleichen Tag<br />

verwiesen. H<strong>in</strong>sichtlich der weiteren E<strong>in</strong>zelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den<br />

Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Pläne des Beklagten<br />

sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung N. Bezug genommen.<br />

Entscheidungsgründe<br />

22 Die zulässige Berufung der Kläger<strong>in</strong> ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu<br />

Unrecht abgewiesen.<br />

23 Die zulässige Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO) ist begründet. Die angefochtenen<br />

Bescheide s<strong>in</strong>d rechtswidrig und verletzen die Kläger<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz<br />

1 VwGO). Die Kläger<strong>in</strong> hat e<strong>in</strong>en Anspruch auf Erteilung des begehrten planungsrechtlichen<br />

Vorbescheids zur Errichtung e<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es mit Garage. Dem Vorhaben stehen ke<strong>in</strong>e<br />

öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen (§§ 71 Abs. 2, 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW).<br />

24 Die Bauvoranfrage ist bescheidungsfähig.<br />

25 Die Kläger<strong>in</strong> hat den Antrag auf Erteilung e<strong>in</strong>es Bauvorbescheids so bestimmt gestellt, dass<br />

auf der Grundlage ihres Antrags und der ihm beigefügten Unterlagen e<strong>in</strong>e Aussage zur<br />

bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens getroffen werden kann.<br />

26 vgl. hierzu <strong>OVG</strong> NRW, <strong>Urt</strong>eil vom 20. Februar 2004 - 10 A 558/02 -, BRS 67 Nr. 175.<br />

27 Die von der Kläger<strong>in</strong> mit ihrem Antrag gestellten Fragen des Bauvorhabens s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutig.<br />

Dem von ihr e<strong>in</strong>gereichten Lageplan lassen sich Standort und Größe des als <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong><br />

mit Garage beschriebenen Vorhabens entnehmen. Damit kann über die Frage der<br />

planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens entschieden werden.<br />

28 Das zur Bebauung vorgesehene Grundstück liegt im Außenbereich (1.). Das geplante Vorhaben<br />

ist nach § 35 Abs. 2 BauGB planungsrechtlich zulässig (2.).<br />

29 1. Das Vorhabengrundstück liegt nicht im Geltungsbereich e<strong>in</strong>es Bebauungsplans und auch<br />

nicht <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es im Zusammenhang bebauten Ortsteils im S<strong>in</strong>ne des § 34 Abs. 1 BauGB,<br />

sondern im Außenbereich (§ 35 BauGB).<br />

30 Die Ansiedlung entlang der Straße B. I. ist entgegen der Auffassung der Kläger<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Ortsteil<br />

im S<strong>in</strong>ne von § 34 Abs. 1 BauGB. Dies gilt unabhängig davon, ob das Wohnhausgrundstück B. I.<br />

30 und damit auch das klägerische Grundstück zu dieser Siedlung gehören. Ebenfalls kann es<br />

<strong>in</strong>soweit offen bleiben, ob der Ansiedlung auch die Gebäude südlich des I2.-Wegs (B. I. 7 bis 18)<br />

zuzurechnen s<strong>in</strong>d.<br />

31 Ortsteil ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de, der nach der Zahl der<br />

vorhandenen Bauten e<strong>in</strong> gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck e<strong>in</strong>er organischen<br />

Siedlungsstruktur ist. Die organische Siedlungsstruktur erfordert nicht, dass es sich um<br />

e<strong>in</strong>e nach Art und Zweckbestimmung e<strong>in</strong>heitliche Bebauung handeln müsste. Auch e<strong>in</strong>e<br />

unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche Bebauung kann e<strong>in</strong>en Ortsteil bilden. Ebenso wenig<br />

kommt es auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an. Erforderlich ist<br />

auch nicht, dass die Bebauung e<strong>in</strong>e bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert oder<br />

als e<strong>in</strong>e städtebauliche E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung tritt. Die Anforderung e<strong>in</strong>er organischen<br />

Siedlungsstruktur schließt nur das e<strong>in</strong>, was <strong>in</strong> Entgegensetzung zur unerwünschten<br />

<strong>Splittersiedlung</strong> dem <strong>in</strong>neren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die<br />

nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung <strong>in</strong>nerhalb des gegebenen Bereichs.<br />

Insbesondere e<strong>in</strong>e bandartige oder e<strong>in</strong>zeilige Bebauung entlang nur e<strong>in</strong>er Straßenseite kann die<br />

Annahme e<strong>in</strong>er organischen Siedlungsstruktur ausschließen.<br />

- 4 -


32 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 6. November 1968 - IV C 31.66 -, BRS 20 Nr. 36.<br />

33 E<strong>in</strong>e solche Bebauung kann regelmäßig nicht als weiterentwicklungsfähige organische<br />

Siedlungsstruktur e<strong>in</strong>gestuft werden.<br />

34 vgl. <strong>OVG</strong> NRW, <strong>Urt</strong>eil vom 28. Februar 2007 - 10 A 2273/05 -.<br />

35 Gemessen an diesen Anforderungen bildet die Ansiedlung an der Straße B. I. ke<strong>in</strong>en Ortsteil<br />

im S<strong>in</strong>ne von § 34 Abs. 1 BauGB. E<strong>in</strong>er organischen Siedlungsstruktur steht entgegen, dass<br />

die Wohnhäuser überwiegend und die Bebauung prägend e<strong>in</strong>zeilig und bandartig entlang der<br />

Nord- bzw. Ostseite der Straße B. I. errichtet s<strong>in</strong>d. Dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang<br />

der Ansiedlung. Unter E<strong>in</strong>beziehung der Gebäude südlich des I3.-Weges (B. I. 7 bis 18) weist<br />

die Siedlung entlang der Straße B. I. e<strong>in</strong>e Länge von ca. 400 m (bis zum Gebäude B. I. 26)<br />

bzw. von ca. 500 m (bis zum Gebäude B. I. 30) auf. Lediglich auf e<strong>in</strong>er Länge von ca. 100 m<br />

besteht e<strong>in</strong>e beidseitige, auch <strong>in</strong> den rückwärtigen Bereich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reichende Bebauung (B. I. 7<br />

bis 12 b), während im übrigen Teil die Häuser ausschließlich e<strong>in</strong>zeilig und nördlich der Straße<br />

B. I. errichtet s<strong>in</strong>d. Dies gilt auch für die Gebäude B1. dem U. 41 und I1.----weg 1 e<strong>in</strong>, da sie<br />

auf Eckgrundstücken zur Straße B. I. errichtet s<strong>in</strong>d. Das letztgenannte Gebäude bef<strong>in</strong>det sich<br />

zudem im unmittelbaren E<strong>in</strong>mündungsbereich zur Straße B. I. und ist zu dieser ausgerichtet.<br />

36 2. Rechtsgrundlage für das Vorhaben der Kläger<strong>in</strong> ist § 35 Abs. 2 BauGB. Hiernach können<br />

sonstige Vorhaben im E<strong>in</strong>zelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung<br />

öffentliche Belange nicht bee<strong>in</strong>trächtigt und die Erschließung gesichert ist. Bei Vorliegen der<br />

Tatbestandsvoraussetzungen besteht e<strong>in</strong> Genehmigungsanspruch. Bee<strong>in</strong>trächtigt das Vorhaben<br />

ke<strong>in</strong>e öffentlichen Belange, so wäre es mit der Eigentumsgewährleistung <strong>in</strong> Art. 14 Abs. 1 Satz<br />

1 GG unvere<strong>in</strong>bar, wenn das Vorhaben dennoch - im Rahmen e<strong>in</strong>er Ermessensentscheidung -<br />

nicht zugelassen würde.<br />

37 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 29. April 1964 - I C 30.62 -, BRS 15 Nr. 49.<br />

38 E<strong>in</strong>e Bee<strong>in</strong>trächtigung öffentlicher Belange ist nicht gegeben.<br />

39 Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt das Vorhaben nicht die Verfestigung oder<br />

Erweiterung e<strong>in</strong>er <strong>Splittersiedlung</strong> befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB).<br />

40 Mit der Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB will der Gesetzgeber e<strong>in</strong>er Zersiedlung<br />

des Außenbereichs, d.h. e<strong>in</strong>er zusammenhanglosen oder aus anderen Gründen unorganischen<br />

Streubebauung entgegentreten. An diesem Gesetzeszweck hat sich die Auslegung der<br />

Vorschrift auszurichten. Deshalb reicht alle<strong>in</strong> die Gefahr, dass sich dem zur Genehmigung<br />

gestellten Vorhaben später auf benachbarten weitere Vorhaben anschließen könnten, nicht<br />

aus, die Verfestigung oder Erweiterung e<strong>in</strong>er <strong>Splittersiedlung</strong> befürchten zu lassen. Es muss<br />

vielmehr h<strong>in</strong>zutreten, dass mit der Begründung dieser Gefahr zugleich e<strong>in</strong> Vorgang der<br />

Zersiedlung e<strong>in</strong>geleitet wird oder schon vollzogen ist. Zwar wird das bei Wohnbauten im<br />

Außenbereich regelmäßig der Fall se<strong>in</strong>, denn der Außenbereich soll grundsätzlich von allen nicht<br />

unmittelbar se<strong>in</strong>em Wesen und se<strong>in</strong>er Funktion entsprechenden Baulichkeiten freigehalten<br />

werden. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. E<strong>in</strong>e Ausnahme kann <strong>in</strong> Frage<br />

kommen, wenn e<strong>in</strong> Vorhaben an dem geplanten Standort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e organische Beziehung zu e<strong>in</strong>er<br />

bereits vorhandenen Bebauung tritt, vorausgesetzt, dass es sich bei dieser Bebauung selbst<br />

nicht um e<strong>in</strong>e zu missbilligende <strong>Splittersiedlung</strong> handelt.<br />

41 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eile vom 26. Mai 1967 - VI 25.66 -, BRS 18 Nr. 45 und vom 3. Juni 1977 - IV C<br />

37.75 -, BRS 32 Nr. 75.<br />

42 Allerd<strong>in</strong>gs kann sich <strong>in</strong> Beurteilung der Frage, ob die vorhandene Bebauung als e<strong>in</strong>e zu<br />

missbilligende <strong>Splittersiedlung</strong> zu bewerten ist, im Laufe der Zeit ändern. E<strong>in</strong> Siedlungsvorgang<br />

kann durch e<strong>in</strong>e - wenn auch unerwünschte - Verfestigung e<strong>in</strong>en Zustand erreichen, bei<br />

welchem das H<strong>in</strong>zutreten e<strong>in</strong>zelner Bauten nicht mehr als Vorgang der Zersiedlung gewertet<br />

werden kann.<br />

43 vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Dezember 1972 - IV B 150.72 -, BRS 25 Nr. 76, und vom 7. Juli<br />

1994 - 4 B 131. 94 -.<br />

- 5 -


44 Ausgehend von diesen grundsätzlichen Erwägungen bedarf es <strong>in</strong> Fällen der Verfestigung<br />

e<strong>in</strong>er konkreten Begründung für die Missbilligung. E<strong>in</strong> Grund kann dar<strong>in</strong> liegen, dass<br />

das h<strong>in</strong>zutretende Vorhaben mit Ansprüchen verbunden ist, deren Befriedigung <strong>in</strong> der<br />

unmittelbaren Umgebung möglich se<strong>in</strong> sollte, die sich aber <strong>in</strong> der vorhandenen <strong>Splittersiedlung</strong><br />

nicht befriedigen lassen. Die Unvere<strong>in</strong>barkeit mit e<strong>in</strong>er geordneten Siedlungsstruktur kann<br />

sich ferner daraus ergeben, dass das Vorhaben e<strong>in</strong>e weitreichende oder doch nicht genau<br />

übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher se<strong>in</strong>e unabweisbare Konsequenz se<strong>in</strong> könnte,<br />

dass <strong>in</strong> nicht verlässlich e<strong>in</strong>grenzbarer Weise noch weitere Bauten h<strong>in</strong>zutreten werden.<br />

Wesentlich kann weiterh<strong>in</strong> das Verhältnis se<strong>in</strong>, das zwischen dem Umfang der bereits<br />

vorhandenen <strong>Splittersiedlung</strong> und dem h<strong>in</strong>zutretenden Vorhaben besteht. Schließlich kann die<br />

Missbilligung auch dar<strong>in</strong> ihren Grund haben, dass je nach der Art der vorhandenen Bebauung<br />

e<strong>in</strong> h<strong>in</strong>zutretendes Vorhaben geeignet ist, weitere Spannungen zu begründen oder die<br />

vorhandenen Spannungen zu erhöhen.<br />

45 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 3. Juni 1977, a.a.O.; <strong>OVG</strong> NRW, <strong>Urt</strong>eile vom 27. Februar 1996 - 11 A<br />

1897/94 -, BRS 58 Nr. 92, und vom 28. Februar 2007 - 10 A 2273/05 -.<br />

46 Die <strong>Splittersiedlung</strong>, <strong>in</strong> der das Grundstück der Kläger<strong>in</strong> liegt, steht <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er organischen<br />

Beziehung zu den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen der Stadt C. . Nach dem E<strong>in</strong>druck<br />

<strong>in</strong> der Örtlichkeit, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen und dem Senat<br />

vermittelt hat, ist die an der Straße B. I. gelegene Bebauung <strong>in</strong>sgesamt Bestandteil e<strong>in</strong>er<br />

e<strong>in</strong>heitlichen geschlossenen <strong>Splittersiedlung</strong> mit 24 Wohnhäusern. Diese erstreckt sich von den<br />

im Südosten gelegenen Häusern B. I. 7 und 8 über die Bebauung B. I. 26 h<strong>in</strong>aus bis zum letzten<br />

westlichen Gebäude B. I. 30. Sie wird durch das Grundstück der Kläger<strong>in</strong> und die weiteren<br />

dazwischen liegenden Freiflächen weder unterbrochen noch abgeschlossen.<br />

47 Ob durch Freiflächen e<strong>in</strong>e Unterbrechung des Zusammenhangs vorliegt oder nicht, lässt<br />

sich nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen.<br />

Zur Beurteilung bedarf es e<strong>in</strong>er wertenden Betrachtung des konkreten Sachverhalts.<br />

Ausschlaggebend ist, <strong>in</strong>wieweit die aufe<strong>in</strong>ander folgende Bebauung trotz vorhandener<br />

Baulücken den E<strong>in</strong>druck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Letztlich<br />

maßgeblich für die Betrachtungsweise ist die Verkehrsauffassung mit der Folge, dass es<br />

entscheidend jeweils auf die Lage des E<strong>in</strong>zelfalls ankommt.<br />

48 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 13. Juli 2006 - 4 C 2.05 -, BRS 70 Nr. 110.<br />

49 Zu berücksichtigen ist, dass die Bebauung e<strong>in</strong>er <strong>Splittersiedlung</strong> im Außenbereich verglichen<br />

mit e<strong>in</strong>em im Zusammenhang bebauten Ortsteil weniger dicht und der E<strong>in</strong>druck der<br />

Geschlossenheit der Bebauung deshalb von vornhere<strong>in</strong> weniger stark se<strong>in</strong> kann.<br />

50 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 13. Juli 2006, a.a.O. (zum bebauten Bereich im S<strong>in</strong>ne des § 35 Abs. 6<br />

Satz 1 BauGB).<br />

51 Davon ausgehend weist die an der Straße B. I. gelegene Wohnbebauung <strong>in</strong>sgesamt die für die<br />

Annahme e<strong>in</strong>er <strong>Splittersiedlung</strong> erforderliche Geschlossenheit auf.<br />

52 Der Zusammenhang wird nicht durch den I1.----weg und die Freifläche zwischen den Gebäuden<br />

B. I. 18 und I1.----weg 1 bis 3 unterbrochen. Der I1.----weg selbst hat ke<strong>in</strong>e trennende Wirkung.<br />

Es handelt sich um e<strong>in</strong>en untergeordneten schmalen Weg, der lediglich der Erschließung von<br />

drei Wohnhäusern dient und darüber h<strong>in</strong>aus als unbefestigter Feldweg weiterführt. Durch die<br />

Freifläche nördlich des Gebäudes B. I. 18 geht der E<strong>in</strong>druck der Zusammengehörigkeit mit der<br />

nordwestlich gelegenen Bebauung nicht verloren. Zum e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d die drei Wohnhäuser nördlich<br />

des I2.-Wegs und das Gebäude B. I. 18 prägend. Der Abstand des letztgenannten Hauses zum<br />

Gebäude I1.----weg 3 beträgt lediglich 50 m. Zum anderen handelt es sich bei der unbebauten<br />

Fläche auf dem Grundstück B. I. 18 um den von der dortigen Bebauung geprägten Hausgarten.<br />

Derartige Gärten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb von Siedlungen im Außenbereich typischerweise größer als <strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>nerstädtischen Lagen, ohne dass dies dem E<strong>in</strong>druck der Geschlossenheit entgegen steht. Dies<br />

ist auch hier der Fall, da die Siedlungsstruktur vornehmlich durch e<strong>in</strong>e lockere Bebauung mit<br />

e<strong>in</strong>zelnen Häusern auf großen Grundstücken gekennzeichnet ist.<br />

53 Die <strong>Splittersiedlung</strong> reicht <strong>in</strong> westlicher Richtung bis zum Gebäude B. I. 30 und schließt<br />

damit auch das Grundstück der Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>. Der Bebauungszusammenhang entfällt nicht<br />

durch die Freifläche zwischen den Gebäuden B. I. 26 und 30, die vone<strong>in</strong>ander 77 m entfernt<br />

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s<strong>in</strong>d. Dies ergibt sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen. Es handelt sich um e<strong>in</strong>e<br />

sehr große <strong>Splittersiedlung</strong>, deren Struktur - wie dargelegt - vornehmlich durch e<strong>in</strong>e lockere<br />

Bebauung und damit auch durch Freiflächen gekennzeichnet ist. E<strong>in</strong>e dieser Freiflächen stellt<br />

die unbebaute Fläche zwischen den beiden Wohnhäusern B. I. 26 und 30 dar. Der westliche<br />

Teil dieser Fläche wird stark vom Gebäude B. I. 30 geprägt, da sich dort dessen gepflasterte<br />

Zufahrt und e<strong>in</strong> Teil der zugehörigen Gartenanlage bef<strong>in</strong>det. Entgegen der Auffassung des<br />

Beklagten bestehen auch ke<strong>in</strong>e erheblichen Unterschiede zwischen dem Gebäude B. I. 30<br />

und der übrigen <strong>Splittersiedlung</strong>. Insbesondere ergibt sich e<strong>in</strong> solcher Unterschied nicht<br />

aufgrund e<strong>in</strong>er verme<strong>in</strong>tlichen landwirtschaftlichen Prägung dieses Grundstücks. Für den<br />

Bebauungszusammenhang kommt es nicht auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen<br />

Bebauung an.<br />

54 vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383.<br />

55 Im übrigen ist das Grundstück nicht mehr landwirtschaftlich geprägt. E<strong>in</strong>en möglicherweise<br />

früher bestehenden kle<strong>in</strong>en landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb gibt es jedenfalls seit<br />

über 20 Jahren nicht mehr. Das ist entgegen der Begründung im Bescheid des Beklagten vom<br />

16. April 2004, wonach es sich "e<strong>in</strong>deutig um e<strong>in</strong> landwirtschaftlich genutztes" privilegiertes<br />

Vorhaben handele, der beigezogenen Hausakte für dieses Grundstück zu entnehmen. Die<br />

Landwirtschaftskammer X. -M. bestätigte hiernach bereits im März 1985 das Fehlen e<strong>in</strong>es<br />

landwirtschaftlichen Betriebs. Dementsprechend g<strong>in</strong>g der Beklagte selbst - wie sich aus<br />

Vermerken <strong>in</strong> der Hausakte ergibt - bis zum Vorbescheidsantrag der Kläger<strong>in</strong> von e<strong>in</strong>er<br />

fehlenden Privilegierung aus. Nach e<strong>in</strong>em Umbau der ehemals landwirtschaftlich genutzten<br />

Räume zu Wohnräumen im Jahre 1986 bef<strong>in</strong>det sich auf dem Grundstück nunmehr e<strong>in</strong><br />

modernisiertes hochwertiges Wohnhaus mit e<strong>in</strong>er zugehörigen Gartenanlage. Entgegen<br />

der Auffassung des Beklagten steht auch die leicht versetzte Anordnung des Gebäudes der<br />

Zusammengehörigkeit nicht entgegen. Es ist vielmehr für <strong>Splittersiedlung</strong>en im Außenbereich<br />

typisch, dass die Wohnhäuser nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Baul<strong>in</strong>ie errichtet werden. Auch die übrigen<br />

Gebäude <strong>in</strong> der Ansiedlung s<strong>in</strong>d nicht e<strong>in</strong>heitlich angeordnet.<br />

56 Das Vorhaben, das demnach <strong>in</strong>nerhalb der <strong>Splittersiedlung</strong> realisiert werden soll, führt zu e<strong>in</strong>er<br />

gewissen Verfestigung der <strong>Splittersiedlung</strong>. Es soll - anders als bei der Erweiterung - der durch<br />

die umgebende Bebauung bereits <strong>in</strong> Anspruch genommene Raum baulich aufgefüllt werden.<br />

57 Diese Verfestigung ist jedoch nicht zu missbilligen, das heißt nicht im S<strong>in</strong>ne von § 35 Abs.<br />

3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu befürchten. Das Vorhaben e<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong>familienhaus</strong>es nebst Garage<br />

fügt sich organisch <strong>in</strong> die bestehende Baulücke zwischen den mit Wohnhäusern bebauten<br />

Grundstücken B. I. 26 und 30 e<strong>in</strong>. Es hat ke<strong>in</strong>e weitreichende oder nicht genau übersehbare<br />

Vorbildwirkung. Weitreichend ist die Vorbildwirkung immer dann, wenn sich das Vorhaben<br />

und die weiteren Vorhaben, die nicht verh<strong>in</strong>dert werden können, zusammen der vorhandenen<br />

<strong>Splittersiedlung</strong> nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch e<strong>in</strong>e<br />

weitergehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden.<br />

58 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 27. August 1998 - 4 C 13.97 -, BRS 60 Nr. 92 und Beschluss vom 24.<br />

Juni 2004 - 4 B 23.04 -, BauR 2005, 73 (73).<br />

59 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt die erforderliche Unterordnung<br />

<strong>in</strong> der Regel, wenn e<strong>in</strong>e <strong>Splittersiedlung</strong> um die Hälfte ihres Bestandes vergrößert wird.<br />

60 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 -, BRS 64 Nr. 103.<br />

61 Innerhalb der - oben dargelegten - räumlichen Grenzen der vorhandenen Ansiedlung besteht<br />

ke<strong>in</strong>e derart weitreichende Vorbildwirkung. Bei realistischer Betrachtung gibt es <strong>in</strong> Anbetracht<br />

der vorhandenen umfangreichen Bebauung nur drei weitere Grundstücke, auf denen noch<br />

die Errichtung von Wohngebäuden möglich ist. Hierbei handelt es sich um das zwischen dem<br />

klägerischen Grundstück und dem Gebäude B. I. 30 liegende Flurstück 450, den östlichen Teil<br />

des Grundstücks B. I. 22 und den nordwestlichen Teil des Grundstücks B. I. 18. E<strong>in</strong>e weitere<br />

Vorbildwirkung für e<strong>in</strong>e Verfestigung der <strong>Splittersiedlung</strong> besteht nicht.<br />

62 Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich e<strong>in</strong>e weitreichende oder nicht genau<br />

übersehbare Vorbildwirkung auch nicht im H<strong>in</strong>blick auf die Freiflächen zum neu errichteten<br />

landwirtschaftlichen Betrieb an der Straße B1. T. . Die unbebauten Flächen liegen nicht<br />

<strong>in</strong>nerhalb der <strong>Splittersiedlung</strong>, so dass e<strong>in</strong>e Bebauung dieses Bereichs ke<strong>in</strong>e Verfestigung,<br />

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sondern deren Erweiterung bewirken würde. E<strong>in</strong> Bebauungszusammenhang wird nicht durch<br />

die Betriebsgebäude hergestellt, da diese ke<strong>in</strong> Teil der <strong>Splittersiedlung</strong> s<strong>in</strong>d. Nach dem vom<br />

Berichterstatter <strong>in</strong> der Örtlichkeit gewonnenen und dem Senat vermittelten E<strong>in</strong>druck fehlt es<br />

an der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit mit der Bebauung B. I. . Anders als das<br />

Gebäude B. I. 30 ist der landwirtschaftliche Betrieb deutlich abgegrenzt gegenüber der entlang<br />

der Straße B. I. verlaufenden Ansiedlung. Dessen landwirtschaftliches Wohnhaus ist nicht wie<br />

das Wohngebäude B. I. 30 leicht versetzt von der Straße errichtet. Vielmehr weist es mit e<strong>in</strong>em<br />

Abstand von 70 bis 75 m von der Straße B. I. e<strong>in</strong>e erhebliche Entfernung auf und wird zudem<br />

- wie der gesamte Betrieb - ausschließlich über die Straße B1. T. erschlossen. Der Abstand<br />

bis zum nächsten Wohnhaus B. I. 30 beträgt ca. 85 m. Die zwischen dem Betrieb und der<br />

Bebauung B. I. bestehenden Freiflächen haben trennende Wirkung. Sie werden geprägt durch<br />

deren landwirtschaftliche Nutzung. Im Zusammenhang mit den angrenzenden entsprechend<br />

genutzten Flächen ersche<strong>in</strong>en sie als e<strong>in</strong>heitlicher Bestandteil des unbebauten Außenbereichs.<br />

63 Es liegen auch ke<strong>in</strong>e anderen konkreten Gründe zur Missbilligung der Verfestigung der<br />

<strong>Splittersiedlung</strong> durch die Schließung der Baulücke vor.<br />

64 Das Vorhaben der Kläger<strong>in</strong> bee<strong>in</strong>trächtigt auch ke<strong>in</strong>e öffentlichen Belange, weil es den<br />

Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB).<br />

Der Flächennutzungsplan der Stadt C. stellt nicht nur das Grundstück der Kläger<strong>in</strong>, sondern<br />

sämtliche Flächen nördlich und südlich der Straße B. I. - unabhängig davon, ob sie bebaut oder<br />

unbebaut s<strong>in</strong>d - als Fläche für die Landwirtschaft dar. Ausgehend von der Rechtsprechung, dass<br />

die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht <strong>in</strong> rechtssatzartiger Weise verb<strong>in</strong>dlich s<strong>in</strong>d,<br />

65 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 23. Mai 1980 - 4 C 79.77 -, BRS 36 Nr. 64; Beschluss vom 8. Februar<br />

1991 - 4 B 10.91 -, BRS 52 Nr. 81,<br />

66 wertet der Senat die Darstellung des Grundstücks der Kläger<strong>in</strong> als Fläche für die<br />

Landwirtschaft dah<strong>in</strong>gehend, dass die Geme<strong>in</strong>de bei dem zwangsläufig groben Raster<br />

des Flächennutzungsplans mit der E<strong>in</strong>beziehung der <strong>Splittersiedlung</strong> <strong>in</strong> die "Fläche für die<br />

Landwirtschaft" nicht strikt jegliche Bebauung, jedenfalls nicht die Schließung e<strong>in</strong>deutig baulich<br />

vorgeprägter Lücken verh<strong>in</strong>dern wollte.<br />

67 vgl. <strong>OVG</strong> NRW, <strong>Urt</strong>eile vom 27. Februar 1978 - 10 A 1642/76 -, BauR 1978, 296 f., bestätigt<br />

durch BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 29. Oktober 1982 - 4 C 31.78 -, BRS 39 Nr. 82; <strong>OVG</strong> NRW, <strong>Urt</strong>eil vom<br />

27. Februar 1996, a.a.O.<br />

68 Durch das Vorhaben der Kläger<strong>in</strong> werden auch ke<strong>in</strong>e Belange des Naturschutzes und der<br />

Landschaftspflege bee<strong>in</strong>trächtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Maßgebend ist hierfür, ob<br />

die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege im S<strong>in</strong>ne der §§ 1 und 2<br />

des Bundesnaturschutzgesetzes negativ betroffen werden.<br />

69 vgl. BVerwG, <strong>Urt</strong>eil vom 13. April 1984 - 4 C 69.80 -, BRS 42 Nr. 87.<br />

70 Dies ist nicht der Fall. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Leistungs- und Funktionsfähigkeit<br />

des Naturhaushalts, die Regenerationsfähigkeit und nachhaltige Nutzungsfähigkeit der<br />

Naturgüter, die Tier- und Pflanzenwelt, die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der<br />

Erholungswert von Natur und Landschaft durch das Vorhaben der Kläger<strong>in</strong> negativ betroffen<br />

werden. E<strong>in</strong>e besondere Schutzwürdigkeit des außerhalb e<strong>in</strong>es Landschaftsschutzgebiets<br />

liegenden Grundstücks ließ sich bei der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter nicht<br />

feststellen.<br />

71 Andere öffentliche Belange werden durch die Schließung der Baulücke im Außenbereich nicht<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt. Auch die Erschließung des an e<strong>in</strong>er kanalisierten öffentlichen Straße liegenden<br />

Grundstücks ist gesichert.<br />

72 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige<br />

Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.<br />

73 Die Revision wird nicht zugelassen, weil ke<strong>in</strong>er der <strong>in</strong> § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe<br />

hierfür vorliegt.<br />

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