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TheaterCourier - Ausgabe 5 - 31. August 2013

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SEITE 6 WWW.THEATERCOURIER.DE<br />

INTERVIEW VOLKER GERLING<br />

Die vergessene Kunstform: Daumenkinographie<br />

Volker Gerling über die Entstehung<br />

seines Daumenkinoabends<br />

„Auf Wanderschaft“.<br />

Als das Societaetstheater vor zwei Jahren<br />

Volker Gerling mit seinem Abend<br />

„Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt“<br />

einlud, waren zwei Gastspiele<br />

in Dresden angedacht. Daraus wurden<br />

13 ausverkaufte Vorstellungen. So angenehm<br />

und verdient der Erfolg war, so<br />

war er doch für alle etwas überraschend.<br />

Denn Volker Gerling widmet sich einer<br />

eigentlich vergessenen Kunstform: der<br />

Daumenkinographie. Er produziert Daumenkinos,<br />

die er auf seinen Wanderungen<br />

durch Deutschland und anderen Ländern<br />

macht. Es sind meist Portraits von Menschen,<br />

denen er in seinem Alltag oder auf<br />

seinen Wanderungen begegnet.<br />

Im Societaetstheater hat nun sein zweiter<br />

Abend unter dem Titel „Auf Wanderschaft“<br />

Premiere. Grund genug, um Volker<br />

Gerling zu seiner Arbeit zu befragen.<br />

Du bist Daumenkinograph – wie kam<br />

es dazu?<br />

Ich habe an der Filmhochschule Babelsberg<br />

Kamera studiert. Der Wunsch, Geschichten<br />

mit Bildern zu erzählen ist also<br />

alt bei mir. Mein erstes Daumenkino habe<br />

ich 1998 gemacht. Es war eigentlich sehr<br />

naheliegend: Ich hatte eine analoge Spiegelrefl<br />

exkamera mit Motor, eine Nikon<br />

F3, und wunderte mich, dass ich noch nie<br />

auf die Idee kam, alle 36 Bilder in 12 Sekunden<br />

zu belichten.<br />

Ein Mini-Film sozusagen...<br />

Genau. Und was an diesem Vorgehen tat-<br />

PETER<br />

MOHR<br />

TIM<br />

SANDER<br />

sächlich neu ist: ich überlege mir vorher<br />

nicht, was passieren soll – sondern überrasche<br />

Menschen damit, dass ich sie so<br />

MATTHIAS<br />

AVEMARG<br />

WIR SIND<br />

DIE GUTEN<br />

<br />

04.10. bis 06.10.<br />

03.12. bis 08.12.<br />

04.02. und 05.02.<br />

Tickets 0351 86 64 10 + alle bek. VVK-Stellen // www.comoedie-dresden.de<br />

oft fotografi ere. Dann kommt es immer<br />

zu sehr schönen Übersprungshandlungen<br />

bei den Porträtierten – auch aus Verzweiflung<br />

darüber, dass ich nicht aufhöre, sie zu<br />

fotografi eren. Auf diese Weise komme ich<br />

zu sehr wahrhaftigen Momenten.<br />

Wie entsteht dann aus dieser Fotoserie<br />

ein Daumenkino?<br />

Die Fotos ziehe ich auf kartonstarkem<br />

Barytpapier ab, beschneide und binde sie.<br />

Fertig ist das Daumenkino. Das Tolle ist:<br />

Aufgrund der geringen Größe, aber auch,<br />

weil man keinen Strom und keine Abspielgeräte<br />

braucht, fordert das Daumenkino<br />

quasi dazu auf, herumgetragen zu werden.<br />

Entscheidend dabei ist: ohne Geld.<br />

Genau. Ich lebe auf Wanderschaft nur<br />

von dem, was mir die Betrachter meiner<br />

Daumenkinos geben und schlafe in meinem<br />

Zelt. Manchmal werde ich auch für<br />

eine Nacht eingeladen.<br />

Ist das nicht wahnsinnig anstrengend?<br />

Natürlich ist es anstrengend, in eine unbekannte<br />

Kneipe zu gehen und dort Fremde<br />

anzusprechen, ob sie Daumenkinos<br />

sehen wollen. Doch so zwinge ich mich,<br />

auf Leute zuzugehen, weil ich mich nicht<br />

hinter meinem Portemonnaie verstecken<br />

kann. Das Wichtigste an der ganzen Wanderschaft<br />

ist, dass ich auf diese Weise<br />

Menschen kennen lerne, von denen ich<br />

zum Teil wieder Fotos für neue Daumenkinos<br />

mache. Darum geht es mir in erster<br />

Linie.<br />

Wie lange bist Du unterwegs?<br />

Anfangs war ich zwischen sieben Wochen<br />

und drei Monaten unterwegs. Inzwischen<br />

habe ich jedoch Kinder und beschränke<br />

mich meist auf vier Wochen.<br />

Kannst Du zum Abschluss kurz etwas<br />

über den neuen Abend „Auf Wanderschaft“<br />

sagen?<br />

Mein erster Abend erzählte sehr viel über<br />

die unterschiedlichsten Menschen, denen<br />

ich auf meinen Wanderschaften begegnet<br />

bin und von denen ich ein Daumenkino<br />

machen durfte. Allerdings ist<br />

dies nur die Spitze vom Eisberg. Es gibt<br />

viele bemerkenswerte und faszinierende<br />

Begegnungen, die – um im Bild zu bleiben<br />

– bisher unter der Wasseroberfl äche<br />

verborgen blieben. Ich halte diese Begegnungen<br />

jedoch für absolut erzählenswert.<br />

Neben der Schilderung einiger dieser<br />

Episoden geht der neue Abend auch der<br />

Frage nach, wie es jemandem zu mute ist,<br />

der wochenlang allein zu Fuß unterwegs<br />

ist. Unterstützt werde ich dabei von dem<br />

Schauspieler Gerhard Gutberlet, der meinen<br />

Reiseaufzeichungen eine Stimme geben<br />

wird. Ein Buch mit meinen Wanderschaftserlebnissen<br />

erscheint übrigens im<br />

September im Metrolit Verlag unter dem<br />

Titel „Bilder lernen laufen, indem man sie<br />

herumträgt“ und wird nach der Vorstellung<br />

erhältlich sein.<br />

(Das vollständige Interview mit Volker<br />

Gerling ist im Metrolit Magazin Nr. 2 erschienen.)<br />

Auf Wanderschaft<br />

Premiere am 27.09.<strong>2013</strong><br />

Vorstellung am 28.09.<strong>2013</strong> | je 20:00<br />

Uhr<br />

SOCIETAETSTHEATER gGmbH<br />

An der Dreikönigskirche 1a<br />

01097 Dresden<br />

www.societaetstheater.de

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