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WISSENSCHAFT - Zeitschrift für Physiotherapeuten

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<strong>WISSENSCHAFT</strong>_NARRATIVER REVIEW<br />

(2002) weisen darauf hin, dass im Be -<br />

reich gesundheitlicher Verhaltensweisen<br />

lediglich 20 bis 25 Prozent der interin -<br />

dividuellen Verhaltensdifferenzen durch<br />

gesundheitsbezogene Intentionen aufgeklärt<br />

werden können. In diesem Zu sam -<br />

men hang benutzt er den Begriff der<br />

»Intention-Behavior-Gap«, der sogenannten<br />

»Intentions-Verhaltens-Lücke«.<br />

So gelingt es fast der Hälfte der Personen<br />

mit positiven Intentionen nicht, im Sinne<br />

dieser Absichten zu handeln (Sheeran<br />

2002). Diese Lücke kann durch die zu -<br />

sätzliche Berücksichtigung volitionaler<br />

Variablen ( _S. 98) theoretisch überbrückt<br />

werden. Genau das erscheint<br />

auch bezüglich der Beeinflussung und<br />

Verbesserung der Adherence im Rahmen<br />

physiotherapeutischer Behandlungen<br />

erforderlich. Der Begriff Volition kann in<br />

dem Zusammenhang als »willentliche<br />

Verhaltenssteuerung« verstanden werden.<br />

Ergänzung volitionaler Konzepte<br />

Die folgenden beiden volitionalen Strategien<br />

scheinen <strong>für</strong> eine Umsetzung im<br />

therapeutischen Kontext geeignet und<br />

haben sich empirisch bereits bewährt.<br />

Zum einen kann man die Umsetzung<br />

Barriereerwartungen<br />

-0,32*<br />

Selbstwirksamkeit<br />

0,33*<br />

-0,31*<br />

27 %<br />

Ernsthaftigkeit<br />

eines geplanten Verhaltens durch entsprechende<br />

Planungsaktivitäten erreichen.<br />

An dieser Stelle ist vor allem das<br />

Konzept der Implementierungsintentionen<br />

(IMPS) von Gollwitzer (1999) zu<br />

nennen. Bei IMPS ( _S. 97) handelt<br />

es sich um im Vorfeld des Verhaltens<br />

konkret formulierte Wenn-Dann-Pläne.<br />

Dabei wird die Handlung konkret<br />

geplant. So wird beispielsweise genauer<br />

beschrieben wann, wo, wie und gegebenenfalls<br />

mit wem das Verhalten aus -<br />

geführt wird. Die genaue Formulierung<br />

geschieht mittels einer Wenn-Dann-<br />

Beziehung. Die Wenn-Komponente kann<br />

sowohl ein interner Reiz (Müdigkeit,<br />

Schmerz etc.) als auch ein externer Reiz<br />

(Wochentag, Tageszeit etc.) sein. Dieser<br />

wird dann die weitere Dann-Komponente,<br />

wie zum Beispiel die Durchführung<br />

einer speziellen Übungsform oder die<br />

Vermeidung von unerwünschten Verhaltensweisen,<br />

angehängt. Dadurch, dass<br />

also konkrete Situationen festgelegt werden,<br />

sind diese besser zu erkennen.<br />

Durch Verknüpfung mit einer Verhaltensreaktion<br />

wird somit ein Teil der Verhaltenskontrolle<br />

an die Umwelt abgegeben<br />

(Gollwitzer & Sheeran 2006, Goll -<br />

witzer 1999). Die Wirkungsweise dieser<br />

Intention Verhalten<br />

0,26*<br />

0,22*<br />

Abb. 4_Physiotherapie-Motivations-Modell (Göhner & Eid 2001; *p < 0,05)<br />

IMPS belegen zahlreiche Untersuchungen<br />

(Gollwitzer & Sheeran 2006). Zu -<br />

sätz lich zu den Implementierungsinten -<br />

tionen steht eine weitere Planungsinstanz<br />

zur Verfügung. Im Rahmen von<br />

Be wältigungsplänen werden die zu er -<br />

wartenden Barrieren im Vorfeld der<br />

Handlung erkannt. Die Identifikation<br />

dieser Barrieren ermöglicht nun eine<br />

Formulierung von geeigneten Bewältigungsplänen.<br />

Auch diese werden in<br />

einem Wenn-Dann-Kontext konkretisiert.<br />

Eine zweite zentrale volitionale Strategie<br />

ist die Handlungskontrolle. Deren<br />

Funktionsweise geht im weitesten Sinn<br />

auf kybernetische Feedback-Modelle<br />

zurück. Ähnlich wie bei einer thermostatgesteuerten<br />

Heizung werden spezifische<br />

Parameter gemessen und mit einem<br />

vorab definierten Sollwert verglichen.<br />

Der Vergleich führt dann zu einem entsprechenden<br />

Ergebnis. In dem Zu sam -<br />

menhang haben sich drei Strategien<br />

bewährt.<br />

Nach der Formulierung einer Absicht<br />

muss man vorab konkrete Handlungsstandards<br />

formulieren – dies entspricht<br />

quasi der Einstellung des Thermostats.<br />

Im Bereich physiotherapeutischer Eigenübungsformen<br />

sind hier die gewünschte<br />

Zielübung und deren exakte Ausführungsmodalität<br />

zu definieren.<br />

In einem weiteren Schritt findet eine<br />

Selbstbeobachtung statt. Es wird regelmäßig<br />

und eigenständig kontrolliert, ob<br />

das Verhalten auch tatsächlich ausgeführt<br />

wird. Möglichkeiten der Kontrolle<br />

und Rückmeldung sind beispielsweise<br />

Übungstagebücher oder schriftliche be -<br />

ziehungsweise mündliche Erinnerungen<br />

und Rücksprachen.<br />

Wenn nun eine Diskrepanz zwischen<br />

vorweg definiertem und dem tatsächlich<br />

wahrgenommenen Ergebnis erkennbar<br />

ist, werden Selbstregulationsan- >>><br />

10 pt_<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Physiotherapeuten</strong>_61 [2009] 1<br />

17 %

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