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WISSENSCHAFT - Zeitschrift für Physiotherapeuten

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<strong>WISSENSCHAFT</strong>_NARRATIVER REVIEW<br />

aller Regel mehrere Stadienwechsel vollziehen,<br />

die jeweils durch passende Interventionen<br />

ermöglicht werden. Abbildung<br />

2 gibt einen Überblick über verschiedene<br />

aktuelle Stadienmodelle.<br />

Zur Verdeutlichung sei an dieser Stelle<br />

nochmals an den Beispielpatienten aus<br />

dem systematischen Review (pt 9_2008)<br />

erinnert. Dieser Patient sollte auf ärztlichen<br />

Rat hin Gewicht abbauen. Stadientheoretisch<br />

betrachtet kann er sich<br />

auf dem Weg zur Verhaltensänderung<br />

(hier: regelmäßige körperliche Aktivität)<br />

auf unterschiedlichen Stufen befinden.<br />

Angenommen er hat die gewünschte<br />

körperliche Aktivität noch nicht ausgeführt<br />

und auch noch nicht daran gedacht<br />

sich zu bewegen. In diesem Fall helfen<br />

dem Patienten bestimmte motivierende<br />

Maßnahmen. Der Patient kann sich aber<br />

auch schon im nächsten Stadium befinden.<br />

Dann hat er bereits fest die Absicht<br />

gefasst, sie jedoch aus irgendwelchen<br />

Gründen noch nicht umsetzen können.<br />

Er steckt in der Intentions-Verhaltens-<br />

Lücke fest. Hier werden keine weiteren<br />

motivierenden Maßnahmen mehr greifen.<br />

Vielmehr benötigt der Patient in dieser<br />

Phase eine Umsetzungsunterstützung.<br />

Vielleicht hat er aber auch ein<br />

Erfolgserlebnis verbuchen können und<br />

war tatsächlich einmal mit den Nordic-<br />

Walking-Stöcken unterwegs. Nun kann<br />

die weitere Aufrechterhaltung des Verhaltens<br />

zum Problem werden. Im güns -<br />

tigsten aller Fälle geht er tatsächlich<br />

regelmäßig seiner sportlichen Handlung<br />

nach. Dann sollte alles getan werden, um<br />

Rückfälle zu verhindern. Anhand dieses<br />

kurzen Beispiels werden die zentralen<br />

Annahmen der Stadientheorien nochmals<br />

deutlich, wobei sich die einzelnen<br />

Modelle hinsichtlich der Stadienanzahl<br />

unterscheiden. Grundsätzlich wird bei<br />

allen Modellen davon ausgegangen,<br />

dass je nach Stadium unterschiedliche<br />

Interventionen nötig sind, um der Person<br />

bei der Aneignung des gewünschten<br />

Verhaltens behilflich zu sein.<br />

Den Stadienmodellen wird jedoch oftmals<br />

vorgeworfen sogenannte Pseudo -<br />

stadien zu bilden, also einen kontinuierlichen<br />

Prozess durch künstliche Stadienbildung<br />

willkürlich zu unterteilen (Sutton<br />

1996). Wenn dies zutreffen würde, dann<br />

wäre die Einteilung in der Tat nicht angebracht.<br />

Aktuelle Modelle müssen also im<br />

Besonderen das Kriterium der qualitativen<br />

Unterschiede zwischen den Stadien<br />

berücksichtigen und theoretisch evaluieren<br />

(Fuchs 2003). Weinstein et al. (1998)<br />

haben hierzu wichtige methodische Kriterien<br />

zusam mengefasst, die bei der empirischen<br />

Überprüfung der Stadienannahme<br />

zu berücksichtigen sind.<br />

Bei aller Kritik bieten die Stadientheorien<br />

einen großen Vorteil, der auch <strong>für</strong><br />

die Physiotherapie von großem Interesse<br />

ist. Eine entsprechende Diagnostik kann<br />

die Zuweisung der Patienten in die einzelnen<br />

Stadien ermöglichen. Das erlaubt<br />

wiederum zugeschnittene, stadienspezifische<br />

Interventionen, die im Vergleich<br />

zu »one-size-fits-all-interventions« zielgerichtetere<br />

und vor allem ökonomischere<br />

Vorgehensweisen darstellen. Dies<br />

wäre besonders vor dem Hintergrund<br />

der begrenzten Behandlungszahlen<br />

interessant. Anhand des HAPA-Modells<br />

wird im weiteren Verlauf des Artikels<br />

ein Stadienmodell beispielhaft dargestellt.<br />

Zuvor erfolgt jedoch ein kurzer<br />

Ausblick auf die kontinuierlichen Mo -<br />

delle des Gesundheitsverhaltens.<br />

Kontinuierliche<br />

Prädiktionsmodelle<br />

Bei diesen Modellen basiert die Betrachtung<br />

und Vorhersage von Verhaltensweisen<br />

auf den Wirkungen unterschied-<br />

licher Prädiktoren. Die Modelle spezifizieren<br />

bestimmte kognitive und affek -<br />

tive Variablen als prädiktiv <strong>für</strong> ein Ge -<br />

sundheitsverhalten. Diese Prädiktoren<br />

und deren Beziehung untereinander<br />

können zu einem Modell zusammengefasst<br />

werden und somit direkt oder indirekt<br />

das Verhalten erklären. Die Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>für</strong> ein bestimmtes Verhalten<br />

ist dann besonders hoch, wenn die<br />

Personen eine günstige Ausprägung dieser<br />

Prädiktoren aufweisen können. Ein<br />

beispielhafter Vertreter ist die »Theorie<br />

des geplanten Verhaltens«.<br />

Theorie des geplanten Verhaltens<br />

Die Theorie des geplanten Verhaltens<br />

(Theory of Planned Behavior TPB) von<br />

Ajzen (1991) geht von der Annahme aus,<br />

dass Verhaltensänderungen durch die<br />

persönlichen Einstellungen, die subjektive<br />

Norm und die wahrgenommene Verhaltenskompetenz<br />

beeinflusst werden.<br />

Unter der subjektiven Norm wird dabei<br />

der soziale Druck verstanden, ein<br />

bestimmtes Zielverhalten an den Tag zu<br />

legen oder zu unterlassen. Der Patient<br />

kann durch sein Umfeld bestärkt werden,<br />

therapiespezifische Übungen durchzuführen.<br />

Er könnte jedoch auch dem Druck<br />

seiner Mitmenschen nachgeben und sein<br />

Übungsprogramm zugunsten anderer<br />

Tätigkeiten, sei es nun das gemeinsame<br />

Mittagessen mit Kollegen oder der Kinobesuch<br />

mit dem Partner, unterlassen.<br />

Die Einstellungen beziehen sich auf<br />

eigene positive, aber auch negative<br />

Bewertungen des entsprechenden Verhaltens.<br />

Ob der Patient nun seine vom<br />

Therapeuten empfohlenen Übungsformen<br />

durchführt, hängt also maßgeblich<br />

von der persönlichen Bewertung ab.<br />

Beide Konstrukte haben Einfluss auf<br />

das Verhalten, wobei dieses durch die<br />

Intention vermittelt wird. Intentionen<br />

sind somit als Mediatoren zu >>><br />

8 pt_<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Physiotherapeuten</strong>_61 [2009] 1

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