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Wolfgang F. Ockenfels KLEINE KATHOLISCHE ... - Ordo Socialis

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vorgetragene öffentliche Anklagen. Nur durch Provokationen lassen sie sich dazu bewegen, auch<br />

öffentlich Rechenschaft abzulegen über den sittlichen Wert ihrer Arbeit und der Ordnung, innerhalb<br />

derer sie handeln.<br />

Andere hingegen sind zunächst sprachlos, wenn sie mit harten Fragen und beleidigenden Unterstellungen<br />

konfrontiert werden. Sie fühlen sich unverstanden, bunkern sich ein und warten auf<br />

bessere Zeiten. Oder sie reagieren mit einem trotzigen „Weitermachen!“ und hoffen, dass der Erfolg<br />

ihnen Recht geben werde. Aber auf diese Weise verliert man den Kampf um die öffentliche<br />

Glaubwürdigkeit und moralische Anerkennung. Der bloße Hinweis auf den Erfolg enthält noch<br />

keine moralische Rechtfertigung.<br />

Erfolgssichere Unternehmer sind es nicht gewohnt, sich mit Sinnfragen des Wirtschaftens auseinanderzusetzen,<br />

weil sie einfach keine Zeit dafür finden. Sie sind in ihrem Studium auch nicht<br />

dazu angeleitet worden, und in der harten Schule der Praxis haben sie nur gelernt, sich auf das eigene<br />

Wertgefühl zu verlassen. Inzwischen jedoch hat sich auch an den Managerschulen und Universitäten<br />

herumgesprochen, wie bedeutsam die systematische Beschäftigung mit „business ethics“<br />

ist. Hier und dort werden bereits wirtschaftsethische Studiengänge eingerichtet. Das Thema<br />

Moral ist längst kein Tabu mehr für die ökonomische Wissenschaft, seitdem man erkannt hat, dass<br />

auch die angeblich voraussetzungslosen und wertfreien Wissenschaften von Wertprämissen abhängen,<br />

die sie meist ungeprüft übernehmen und die sie selber mit ihren Methoden nicht begründen<br />

können.<br />

Die Wirtschaft ist kein moralfreier Raum, sondern unterliegt, wie jeder andere menschliche Lebensbereich,<br />

ethischen Wertungen. Auch das wirtschaftliche Handeln ist ein verantwortliches Handeln<br />

von Menschen und entspringt nicht dem Mechanismus triebgesteuerter Automaten. Auch<br />

wenn sich gewisse Regelmäßigkeiten des faktischen Verhaltens empirisch nachweisen lassen, so<br />

ist es bei der ethischen Sinnfrage nicht damit getan, auf demoskopische Erhebungen und Statistiken<br />

zu verweisen. Es geht nicht um die Berechenbarkeit banaler Fakten, sondern um den normativen<br />

Anspruch und Ausweis dessen, was sein soll.<br />

Hier ist also die Frage nach verbindlichen Orientierungen und verpflichtenden Maßstäben gestellt,<br />

von der aus wir die faktische Wirklichkeit zu beurteilen und zu gestalten haben. Diese ethischen<br />

Wertsetzungen, die der willkürlichen Beliebigkeit entzogen sein müssen, fließen auch in die Gesellschafts-<br />

und Wirtschaftsordnung ein, die ihrerseits wieder das Verhalten der einzelnen prägt.<br />

So beruhen auch unser Grundgesetz und das Programm der Sozialen Marktwirtschaft auf einem<br />

Wertefundament, das für die jeweilige konkrete Wirklichkeit normativ zu sein beansprucht.<br />

Kirche und Moral<br />

Für die Begründung und Verbreitung moralischer Standards sind immer noch vor allem die Kirchen<br />

zuständig. Auch wenn es scheint, als hätten sich im Zuge der neuzeitlichen Säkularisierung<br />

die Medien als „Sinnproduzenten“ (Schelsky) und „moralische Anstalten“ immer mehr an die Stelle<br />

der Kirchen gesetzt. Wie und wodurch auch immer das faktische Verhalten normativ geprägt<br />

wird, den Kirchen kann man eine besondere Kompetenz in moralischen Fragen nicht absprechen.<br />

Aus der öffentlichen Diskussion gewinnt man gelegentlich den Eindruck, als ob die Sexualmoral<br />

im Mittelpunkt des kirchlichen Interesses stehe. In dieser hochgespielten speziellen Moralfrage<br />

jedoch berufen sich die einzelnen Gläubigen lieber und leichter auf ihr höchstpersönlich eigenes<br />

Gewissen. Die kirchliche Norm gilt gegenwärtig zwischen dem Lehramt der Kirche und einigen<br />

Moralprofessoren, die in seinem Auftrag lehren, als umstritten, was nicht gerade zur Glaubwürdigkeit<br />

kirchlicher Stellungnahmen beiträgt.<br />

Anders hingegen steht es um die Katholische Soziallehre, die sich international eines großen Zu-<br />

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