Wolfgang F. Ockenfels KLEINE KATHOLISCHE ... - Ordo Socialis
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Im Übrigen ist ein gesundes Eigeninteresse, mit seinen Talenten zu wuchern, nicht etwas dem<br />
Christentum Fremdes. Schon im Evangelium wird die Selbstliebe als ein Maß für die Nächstenliebe<br />
genannt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Das setzt voraus, dass jeder sehr gut<br />
wissen kann, was ihm gut tut, und dass er zunächst nach eigenen Kräften alles tun muss, um sich<br />
selbst zu helfen. Natürlich gilt für Christen nicht der Satz: Wenn jeder an sich denkt, ist auch an<br />
alle gedacht. Das entspricht eher der sozialpolitischen Regel des reinen Liberalismus. Es gilt vielmehr,<br />
auch einen übertriebenen Egoismus ordnungspolitisch so einzubinden, dass er sich für alle<br />
Menschen fruchtbar auswirkt.<br />
Arbeit und Arbeitslosigkeit<br />
Die Enzyklika „Laborem exercens“ stellt die Arbeit ins Zentrum aller sozialen Fragen. Arbeit bedeutet<br />
aber mehr als nur ein ökonomischer Produktionsfaktor. Angesprochen und gewürdigt werden<br />
die körperliche und die geistige Arbeit, die leitende Arbeit der Unternehmer ebenso wie die<br />
Arbeit in Haushalt und Erziehung. Den Faktor Arbeit vertreten nicht nur die Arbeitnehmer in abhängiger<br />
Beschäftigung. In diesem weiten Sinne erscheint Arbeit als grundlegende natürliche Dimension<br />
menschlicher Existenz. Theologisch wird diese Dimension in der göttlichen Schöpfung<br />
verankert: Der Mensch ist Ebenbild eines überaus kreativen Schöpfers. Überdies wird er im<br />
Schöpfungsauftrag ausdrücklich ermächtigt, durch Arbeit sich die Erde Untertan zu machen und<br />
die Natur verantwortlich zu gestalten. Von daher wird besonders der kreative und innovatorische<br />
Charakter der Arbeit unterstrichen.<br />
Die Arbeit ist Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck. Allgemein dient sie der Selbstentfaltung<br />
des Menschen, der durch Arbeit seine eigenen Lebenswerte und Zweckbestimmungen verwirklicht,<br />
aber nicht nur durch Arbeit. Im wirtschaftlichen Bereich dient die Arbeit vor allem dem Erwerb<br />
des Lebensunterhalts, also der materiellen Grundlage der „Selbstverwirklichung“. Hier ist für<br />
„geleistete Arbeit“ ein „gerechter Lohn“ zu zahlen. Die Erwerbstätigkeit zielt also auf eine produktive<br />
Leistung, auf einen nützlichen Zweck ab.<br />
Die Arbeit darf nicht von ihrem Subjekt abgelöst werden. Der Mensch als Träger der Arbeit ist<br />
nicht als bloßer Produktionsfaktor zu behandeln. Seine Arbeitsbedingungen sind vielmehr menschenwürdig<br />
zu gestalten. Geboten sind Maßnahmen zur „Humanisierung der Arbeit“ und arbeitsrechtliche<br />
Schutzbestimmungen. Dennoch bleibt die Arbeit meist mit Dornen und Disteln, mit<br />
Mühe und Last verbunden.<br />
Der Mensch ist von Gott beauftragt und von seiner Natur aus ethisch verpflichtet zu arbeiten. Er<br />
darf aber nicht zur Arbeit rechtlich gezwungen werden (Zwangsarbeit). Dem ethischen Auftrag<br />
und der Pflicht zur Arbeit entspricht einethisches Recht auf Arbeit. Nach „Octogesima adveniens“<br />
(Nr. 14) hat jeder ein „Recht auf Arbeit, auf Gelegenheit, die ihm eigenen Anlagen und seine Persönlichkeit<br />
in Ausübung seines Berufes zu entfalten“. Die Katholische Soziallehre versteht darunter<br />
freilich nicht ein subjektiv einklagbares Anspruchsrecht auf einen bestimmten Arbeitsplatz,<br />
sondern ein Freiheitsrecht gegenüber der Gesellschaft, die die Ausübung dieses Rechtes nicht unnötig<br />
behindern darf. Damit ist der Staat nicht verpflichtet, selber Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
einzuleiten, sondern zunächst nur dazu aufgefordert, all das zu unterlassen oder zu unterbinden,<br />
was eine Vollbeschäftigung erschwert.<br />
Zweifellos ist die Arbeitslosigkeit (im Sinne des Mangels an Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit)<br />
eine noch ungelöste soziale Frage. Für deren Lösung sind nach dem Subsidiaritätsprinzip nicht in<br />
erster Linie der Staat, sondern zunächst einmal die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und<br />
dann die Tarifparteien verantwortlich.<br />
Die Katholische Soziallehre ist keine bloße Verteilungslehre, der es lediglich um die gerechte Ver-<br />
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