Wolfgang F. Ockenfels KLEINE KATHOLISCHE ... - Ordo Socialis
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1. Der Mensch als Gottes Ebenbild ist Träger, Schöpfer und Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen.<br />
2. Das Gewissen als natürliches Organ zur Erkenntnis sittlicher Grundsätze kann in konkreten<br />
Situationen über Gut und Böse des Verhaltens urteilen.<br />
3. Der Mensch hat eine soziale Natur, ist ein Gesellschaftswesen.<br />
4. Der Mensch ist ein geschichtliches Wesen und als solches verantwortlich für den Kulturfortschritt.<br />
5. Die menschliche Natur ist durch die Erbsünde geschädigt.<br />
6. Der Mensch ist von Gott beauftragt, das Schöpfungswerk Gottes durch Zeugung von Nachkommenschaft<br />
und durch Kulturarbeit fortzusetzen.<br />
7. Der Mensch ist von Gott zum ewigen Glück berufen durch Teilhabe am Wesen und Leben<br />
Gottes.<br />
Menschenrechte<br />
Menschenrechte sind Konkretisierungen der Menschenwürde. In der neueren Katholischen Soziallehre<br />
(seit „Rerum novarum“) werden ethische Normen, die sich aus der von Gott geschaffenen<br />
Natur des Menschen ergeben, vielfach als Menschenrechte formuliert. An der ideengeschichtlichen<br />
Entwicklung der Menschenrechte war das Christentum wesentlich beteiligt. Wenn z.B. in der<br />
päpstlichen Lehre des 15. Jahrhunderts das Verbot ausgesprochen wird, die Eingeborenen der neu<br />
entdeckten Erdteile zu versklaven, zu enteignen, auszusiedeln etc., so bedeutet das implizit die<br />
Proklamation von Menschenrechten: das Recht auf Leben, Freiheit, Eigentum und Heimat.<br />
Die Vorbehalte, die die Kirche in den letzten zweihundert Jahren gegenüber dem aufklärerischen<br />
Menschenrechtsverständnis äußerte, richteten sich vor allem gegen die Herausnahme der Menschenrechte<br />
aus der Schöpfungsordnung, also aus ihrer Begründung in Gott. Kritik äußerte die<br />
Kirche auch an der liberalistischen Engführung der Menschenrechte als bloß individuelle Freiheitsrechte<br />
gegenüber dem Staat. Andererseits kritisierte sie das sozialistische Verständnis, das auf<br />
eine konkrete Gleichheit in der Wahrnehmung „sozialer“ Rechte hinauslief, die von der Gesellschaft<br />
konstituiert und kontrolliert werden sollten. Demgegenüber werden in den Enzykliken die<br />
Menschenrechte als Naturrechte auf ihren göttlichen, absolut verpflichtenden Grund bezogen - und<br />
mit den entsprechenden Pflichten verbunden: Wozu man verpflichtet ist, dazu muss man auch berechtigt<br />
sein -, etwa zu leben und zu arbeiten.<br />
Pius XI. fasst in seiner Enzyklika „Divini Redemptoris“ (1937) die Menschenrechte erstmals in<br />
einem „Katalog“ zusammen: das Recht auf Leben, auf Unverletzlichkeit des Körpers und auf die<br />
lebensnotwendigen Mittel, das Recht auf Religionsausübung, auf gesellschaftlichen Zusammenschluss,<br />
auf Eigentum und Gebrauch des Eigentums. In „Pacem in terris“ (1963) wird die Notwendigkeit<br />
der wechselseitigen Anerkennung und Erfüllung der Rechte und Pflichten unterstrichen<br />
und mit der Sozialnatur des Menschen begründet. Aus dieser Sicht wäre etwa das „Recht auf Arbeit“<br />
von zwei Pflichtkreisen umgeben: einmal von der eigenen Pflicht, selbst zu arbeiten, zum<br />
anderen von der Pflicht der Gesellschaft, „mein“ Recht auch zu respektieren und zu fördern.<br />
In der konkreten Situation zeigt sich, dass manche Menschenrechte keine absolute Geltung haben,<br />
sondern mit anderen Rechten kollidieren oder konkurrieren können. So kann die Wahrnehmung<br />
des Rechts auf freie Meinungsäußerung gegen das Recht auf guten Ruf verstoßen. Gegenwärtig<br />
wird vor allem das Recht auf Selbstverfügung über den eigenen Körper (der Frau) gegen das Recht<br />
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