Wolfgang F. Ockenfels KLEINE KATHOLISCHE ... - Ordo Socialis
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Dieses Ideal wurde dann später von den Ordensgemeinschaften aufgegriffen, die es bis heute praktizieren.<br />
Dieses Modell einer kommunistischen Wirtschaftsordnung kann sich in kleinen, religiös<br />
aktiven Gemeinschaften, deren Mitglieder sich freiwillig dazu entschlossen haben, ganz gut bewähren.<br />
Die Kirche hat es aber nie auf die Gesamtgesellschaft übertragen.<br />
Vielmehr erkannte die Kirche immer deutlicher, dass das Eigentum in privater Verfügung einen<br />
unentbehrlichen Ordnungsfaktor im Wirtschaftsleben einer Gesellschaft darstellt. Das Privateigentum<br />
wurde nicht nur deshalb legitimiert, weil man die erbsündenbedingte Habsucht des Menschen<br />
berücksichtigen musste, auch nicht nur, weil das siebte und zehnte der Zehn Gebote den Diebstahl<br />
und sogar das Begehren fremden Eigentums moralisch verbieten, sondern vor allem deshalb, weil<br />
man den positiven Ordnungssinn des Eigentums für eine verantwortliche und freiheitliche Wirtschaftsführung<br />
ausfindig machte. Im Gegensatz zum Marxismus, der alles Elend dieser Welt, jede<br />
menschliche Entfremdung dem Privateigentum anlastet, hat die Kirche auf die soziale Bindung des<br />
Eigentums gepocht. Denn mit der Abschaffung des Privateigentums sind keineswegs auch Armut<br />
und Elend verschwunden, sondern durch Kommunismus nur gleichmäßig verteilt.<br />
Hilfe für die Armen<br />
Die Kirche hatte es bis ins 18. Jahrhundert hinein mit einer statisch geordneten Gesellschaft zu tun,<br />
die durch Landwirtschaft und Handwerk geprägt war. Innerhalb dieser stabilen, sozial abgesicherten<br />
Ständeordnung, die als solche nicht in Frage gestellt wurde, ging es der Kirche zunächst einmal<br />
darum, ethisch verantwortbare Lebensbedingungen zu sichern. Dazu diente auch das so genannte<br />
„Zinsverbot“, das den Wucher mit Darlehen zur Beschaffung von Lebensmitteln unterbinden sollte.<br />
Unter den neuzeitlichen Bedingungen einer dynamischen Volks- und Geldwirtschaft verlor<br />
dieses Verbot seinen Sinn.<br />
Das Elend aber, das sich außerhalb dieser festgefügten und selbstverständlichen Ordnung ereignete,<br />
war Gegenstand christlicher Caritas und Fürsorge. Hier war die Kirche die Institution, die sich<br />
der Armen und Elenden annahm. Die Gründung caritativer Orden, Spitäler, Asyle etc. geschah zu<br />
einer Zeit, als es noch keinen Sozialstaat mit Versorgungsansprüchen gab. Damals gewann die<br />
christliche Nächstenliebe eine besonders glaubwürdige institutionelle Form. Die Kirche kümmerte<br />
sich damals vor allem um den „traditionellen Typ“ des Armen: um Hungernde und Kranke, um<br />
Obdachlose und Flüchtlinge, um die Opfer von Kriegen, Hungersnöten und Seuchen, um Witwen<br />
und Waisen. Diese „Randgruppen“ bildeten bis ins 19. Jahrhundert die vorrangige soziale Frage.<br />
Mit der Auflösung der mittelalterlichen Ordnung kam es zu den ersten großen Strukturkrisen: im<br />
religiösen Bereich die Reformation, im wirtschaftlichen und sozialen Bereich die Bauernkriege.<br />
Diese Aufstände haben (im Nachhinein) gezeigt, dass es nicht damit getan ist, caritative Einzelhilfe<br />
zu leisten, sondern dass es darauf ankommt, die strukturellen Ursachen des Massenelends rechtzeitig<br />
zu erkennen und auszuräumen. Diese uns heute geläufige strukturelle Sicht der Sozialprobleme<br />
ist damals nicht nur der Kirche weitgehend versperrt geblieben.<br />
Kolonialethik<br />
Das 15. Jahrhundert, die Zeit der Entdeckungen und der Kolonisierung, warf viele brennende soziale<br />
Fragen auf, etwa die der Sklaverei und der „menschlichen Würde der Heiden“. In seiner Bulle<br />
„Dudum nostras“ von 1430 verurteilt Papst Eugen IV. die Sklaverei und stellt sie unter die Strafe<br />
der Exkommunikation. Er verbietet die Aussiedlung der Eingeborenen und proklamiert damit<br />
erstmalig das Recht auf Heimat. Papst Paul III. erklärt in seiner Bulle „Veritas ipsa“ von 1537,<br />
„dass die Indianer und alle übrigen Völker, die den Christen später noch bekannt werden, auch<br />
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