Ingrid Neumann-Holzschuh - Opus - Friedrich-Alexander-Universität ...
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<strong>Neumann</strong>-<strong>Holzschuh</strong>, Sprachentod und Sprachwechsel in Louisiana<br />
Des weiteren kann in Sätzen, in denen que und qui die syntaktische Funktion eines Präpositionalobjekts<br />
haben, die Präposition in adverbieller Funktion am Ende des Relativsatzes stehen<br />
(„preposition stranding“). Diese Strukturen, für die es ebenfalls Parallelen im amerikanischen<br />
Spanisch gibt, sind besonders bei jüngeren Sprechern sehr häufig (vgl. Rottet 1995: 247).<br />
(41) Cette femme qu’il a marié avec (Conwell/Juilland 1963: 196).<br />
(42) Je vas écrire ça dans ein liv’, et je vas donner ça à ma fille, elle que t’as parlé avec là. (R<br />
233),<br />
(43) C’est lui qu’a pris ma place quand j’ai RETIRE, il travaille dans la même compagnie<br />
que mon je travaillais pour (R 234).<br />
(44) y vinia arriba una casa que había ahí, que naiden vivía dentro (Armistead 1991: 288).<br />
Fasst man die bisherigen Beobachtungen zu den exemplarisch genannten innersprachlichen<br />
Entwicklungen zusammen, so ergibt sich folgendes Bild:<br />
– Genau wie das Cadien ist auch das Isleño seit mehr als 100 Jahren dem Einfluss des<br />
Englischen ausgesetzt, das innersprachlich sowohl direkten als auch indirekten Einfluss<br />
ausübt. Der direkte Einfluss manifestiert sich v.a. in der extensiven Übernahme unadaptierten<br />
englischen Wortmaterials, das offenbar ungesteuert v.a. in die Sprache der semispeakers<br />
eindringt und diese zunehmend hybridisiert. Eine indirekte Beeinflussung ist<br />
beispielsweise darin zu sehen, dass das Englische bestimmte Entwicklungsprozesse im<br />
Bereich der Morphosyntax und Syntax verstärkt, die in den beiden „langues moribondes“<br />
bereits seit längerem zu beobachten sind: Verlust des grammatischen Genus, Abbau<br />
von Flexion, Verlust komplexer Satzkonnektoren. „In this scenario, the increased<br />
use of English is best viewed as an external force that in turn triggers language-internal<br />
change in CF“ (Blyth 1997: 36).<br />
– In beiden Idiomen können seit längerem Vereinfachungsprozesse beobachtet werden,<br />
die nicht nur für andere aussterbende Sprachen ebenfalls belegt sind, sondern die auch<br />
in bestimmten Spracherwerbsszenarien auftreten. Beides schließt sich nicht aus: Da die<br />
Sprachkompetenz der Cadiens und Isleños in ihren jeweiligen Muttersprachen stark zurückgeht,<br />
lernen jüngere Cadiens und Isleños bereits oft nur noch approximative Varietäten<br />
der beiden Idiome. Als Produkte eines unvollständigen Spracherwerbsprozesses<br />
sind diese Varitäten bestimmten universalen Tendenzen der sprachlichen Restrukturierung<br />
unterworfen, zu denen die Tendenz zur Invariabilität, zur Prädetermination und zur<br />
syntaktischen Vereinfachung zählen (vgl. Bollée/<strong>Neumann</strong>-<strong>Holzschuh</strong> 1998, <strong>Neumann</strong>-<br />
<strong>Holzschuh</strong> 2000). Die grundsätzliche Frage, ob es sich hier um Vereinfachungen oder<br />
Reduktionen handelt, kann an dieser Stelle nicht näher behandelt werden. Beide Prozesse<br />
können nach Sasse durch Sprachkontakt ausgelöst werden, wobei der Unterschied<br />
nicht immer eindeutig zu erkennen ist „Simplification is loss of external complexity,<br />
while reduction is loss of essentials and results in defectivity“ (1992: 15). Meiner Ansicht<br />
nach weisen sowohl das Cadien als auch das Isleño Spuren beider Prozesse auf:<br />
Beim Verlust des grammatischen Genus handelt es sich ohne Zweifel um einen Vereinfachungsprozess,<br />
der ohne größere Auswirkungen auf den Kommunikationsvorgang<br />
bleibt 43 ; der Verlust bestimmter Junktoren bzw. der Abbau von Verbalmorphologie hingegen<br />
könnten sich langfristig als Reduktionen herausstellen, die durchaus Auswirkungen<br />
auf den Verstehensprozess haben und von daher ungleich gravierender sind 44 .<br />
43 Dies beweisen nicht zuletzt zahlreiche genuslose Sprachen (vgl. Corbett 1991).<br />
44 Die beim Sprachentod zu beobachtenden Phänomene ähneln in mancher Hinsicht bestimmten Prozessen, die<br />
auch bei der Kreolisierung wirksam geworden sind (vgl. <strong>Neumann</strong>-<strong>Holzschuh</strong> 2000). Kreolischer Einfluss<br />
auf das Cadien ist daher sicherlich nicht der einzige Grund für bestimmte Sprachwandelphänomene im Cadien,<br />
zumal Kreolisch nur in bestimmten Gegenden tatsächlich Adstratwirkung hat (vgl. Picone 1997a: 121).<br />
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