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internationaleS<br />

international aFFairs<br />

labore im<br />

21. JaHrHundertder<br />

Weg <strong>zum</strong><br />

green campus<br />

protokoll baRbaRa uRban Fotos nils boHn


Fassade von Simmons Hall, Massachussets Institute of Technology (MIT), Cambridge, MA, USA<br />

internationaleS international aFFairs<br />

seit mehr als 13 Jahren veranstaltet das internationale<br />

institut für nachhaltige labore, i 2 sl, zusammen mit<br />

der amerikanischen umweltbehörde epa und dem<br />

amerikanischen energiedepartment doe die labs21<br />

Conferences.<br />

Auf diesen Konferenzen zählen Energieeffizienz, Umweltschutz sowie Nachhaltigkeit im Labor<br />

zu den Top-Themen. Ursprünglich für einen kleineren Kreis von Fachleuten aus staatlichen Behörden<br />

der USA gedacht, sind seit 1999 auch Experten aus dem öffentlichen und privaten Sektor auf<br />

diesen Treffen willkommen. Die Architekten Ralf Streckwall und Nils Bohn von der Bauabteilung<br />

des <strong>MDC</strong> waren im September auf Rhode Island, um an der 13. Konferenz „Labs21“ teilzunehmen<br />

und sich mit Kollegen aus aller Welt zu Themen wie Laborneubau und -umbau sowie dem nachhaltigen<br />

Laborbetrieb auszutauschen. Mitgebracht haben sie auch eine Menge neuer Ideen fürs <strong>MDC</strong>!<br />

nachhaltigkeit im labor<br />

„Vor einigen Jahren hat die amerikanische Regierung festgestellt, dass sie selbst der größte<br />

Betreiber von Campus-Anlagen ist und daher enorme Energiekosten hat“, so Ralf Streckwall,<br />

Leitender Architekt am <strong>MDC</strong>. „Auf dieser Konferenz war für uns besonders spannend, mit welcher<br />

Intensität das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ in den USA verfolgt wird. Mittlerweile haben alle amerikanischen<br />

Universitäten eine eigene Homepage dazu.“ Information und Kommunikation sind<br />

entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen für nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutz.<br />

Die Teilnehmer der Konferenz sind deshalb der Frage nachgegangen, wie Labormitarbeiter<br />

stärker in diesen Prozess eingebunden und sensibilisiert werden können, z.B. bewusster<br />

mit Energie umzugehen.<br />

Die Green Labs-Managerin, Dr. Kathy Ramirez-Aguilar, von der University of Colorado Boulder,<br />

USA, hat in ihrem Vortrag auf der Labs21 gezeigt, wie in Boulder die Labormitarbeiter tagtäglich<br />

daran erinnert werden, die Abzüge während der Arbeit so weit wie möglich oder nach Beendigung<br />

der Arbeit ganz zu schließen und so aktiv <strong>zum</strong> Energiesparen beizutragen. Neben Aufklebern auf<br />

der Abzugsscheibe wird in Boulder auch mit Energiesparleisten am Abzugsrand gearbeitet und<br />

das ziemlich erfolgreich. In Boulder gibt es Eco-Manager, die ihr Wissen über Green Labs in die<br />

Arbeitsgruppen transportieren. Auf den Fluren lenken Poster die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter<br />

sowohl auf Verbrauchskennzahlen als auch auf Einsparmöglichkeiten. Neue Mitarbeiter und<br />

Studenten bekommen in einer einstündigen Veranstaltung die Funktionsweise eines Laborraumes<br />

in Grundzügen erklärt, die unterschiedlichen Anschlüsse an Strom, Gas und Wasser erläutert<br />

und werden auf Energieverbräuche aufmerksam gemacht. In einer Art Wettstreit, wie dem<br />

sogenannten Freezer-Contest, treten die Universitäten gegeneinander an, welche Temperaturen<br />

zur Lagerung von Proben wirklich erforderlich sind. Auch das Foto des am stärksten vereisten<br />

Gefrierschranks oder die älteste eingelagerte herrenlose Probe wurden prämiert.<br />

„Abzüge sind auch ein Thema am <strong>MDC</strong>“, sagt Ralf Streckwall. „Denn unsere größten ‚Energiefresser‘<br />

sind Gefrierschränke und Abzüge. Ein Schlüssel für erhebliche Energieeinsparungen<br />

sind die Mitarbeiter selbst.“ Ein moderner Laborabzug tauscht in Abhängigkeit davon, ob die<br />

Frontscheibe geschlossen, halb geschlossen oder offen ist, etwa 200, 400 bzw. 600 m 3 Luft pro<br />

Stunde aus. Bei einem Luftaustausch von 400 m 3 pro Stunde wird so viel Energie benötigt, wie ein<br />

Einfamilienhaus in einem Jahr verbraucht! Wem ist das bewusst? Durch regelmäßiges Schließen<br />

der Abzüge ließen sich die durchschnittlichen Luftwechselraten deutlich senken. „In anderen<br />

europäischen Ländern werden Abzüge in biologischen Laboren mit 200 bis maximal 400 m 3 pro<br />

Stunde gefahren, ohne daß eine Gefahr für die Mitarbeiter besteht“, erläutert Ralf Streckwall.<br />

„Zusätzlich muss die Austauschluft im Winter erwärmt und im Sommer gekühlt werden.“<br />

Berechnungen für das Gebäude 27 haben gezeigt, dass durch ein Absenken der Luftwechselraten<br />

in der Nacht (22-6 Uhr), an den Wochenenden und an Feiertagen etwa 34.000 Euro pro Jahr<br />

eingespart werden könnten. „Problematisch sind die alten Abzüge, da diese mit fest eingestellten<br />

Luftwechselraten arbeiten und nicht regelbar sind“, weiß Michael Arnold, Leiter des TFM Betreiben,<br />

zu berichten. „Um dauerhaft einen energetisch wirtschaftlichen Laborbetrieb im Sinne des<br />

i<strong>MDC</strong> 022011 15


internationaleS international aFFairs<br />

‚Green Lab‘ zu erreichen, sollten diese durch neue, regelbare<br />

Abzüge ersetzt werden.“<br />

Ein weiterer wichtiger Baustein zur Steigerung der Energieeffizienz<br />

im Laborbetrieb wäre der Austausch alter Tiefkühlschränke,<br />

denn die durch sie erwärmte Raumluft muss<br />

bis jetzt kostenintensiv über Lüftungsanlagen transportiert<br />

und gekühlt werden. TFM Betreiben wird daher bis Jahresende<br />

im Kühlmöbelraum im Flachbau des Max-Delbrück-Hauses ein<br />

Kaltwassernetz einbauen, so dass ab 2012 mit Wasser gekühlte<br />

Tiefkühlschränke eingesetzt werden können. Sollten sich<br />

beide Energiesparprojekte bewähren, werden alle Gebäude<br />

schrittweise umgerüstet. In Neubauprojekten wie dem ERC<br />

sollen von Anfang an wassergekühlte Geräte <strong>zum</strong> Einsatz<br />

kommen.<br />

flexible labore<br />

Die Brown University und die EPA Ecology Division auf<br />

Rhode Island hatten ihre Türen für die Konferenzteilnehmer<br />

geöffnet, so dass Ralf Streckwall und Nils Bohn einen<br />

Blick hinter die Kulissen werfen konnten. „Die Labormöbel,<br />

die wir gesehen haben, bieten für jeden Arbeitsplatz große<br />

Flexibilität“, erläutert Nils Bohn. „Denn es handelt sich um<br />

ein einfaches modulares System aus höhenverstellbaren Arbeitsflächen,<br />

einsteckbaren Regalflächen, Ablagen und Oberschränken.<br />

Die Grundkonstruktionen bestehen aus einfachen<br />

Halbzeugen (Profilen), so dass Ergänzungen unkompliziert<br />

und zeitnah angeschafft werden können. Im ERC werden wir<br />

ein ähnliches Labormöbelsystem einsetzen. Dort können<br />

wir dann zusätzlich mit Glaswänden kleinere Denkzellen<br />

mit Auswerteplätzen - „cubicles“ - in die Grundstruktur der<br />

Großraumlabore integrieren. Um die Arbeitsbedingungen im<br />

16 i<strong>MDC</strong> 022011<br />

Seminarraum in der University of Rhode Island, USA<br />

Großraum zu optimieren, wurden schallschluckende Deckenplatten<br />

installiert.<br />

Wohlfühlfaktor groß geschrieben<br />

Es war nicht das erste Mal, dass die beiden Architekten amerikanische<br />

Labore besucht haben. Ihr Eindruck: Die technischen<br />

Standards und die Ausstattungsstandards sind in der Regel wesentlich<br />

geringer als in Deutschland. Es wird mehr improvisiert.<br />

„Deutschland ist traditionell das ‚Land der Ingenieure und des<br />

Anlagenbaus‘ und dementsprechend ausgefeilt und hochtechnisch<br />

sind unsere Lösungen“, so Streckwall. „Aber muss alles<br />

auf so hohem Niveau sein? Was braucht die Wissenschaft wirklich?<br />

Wo bei uns auf dem Campus Techniker rumlaufen, sorgen in<br />

den USA Gärtner dafür, dass die Außenanlagen gepflegt werden.<br />

Es werden einfach andere Schwerpunkte gesetzt. Ich habe den<br />

Eindruck, in den USA ist es eher eine Frage der Atmosphäre,<br />

des Umfeldes, des guten Essens, als der Perfektion hinsichtlich<br />

technischer Parameter. Der Wohlfühlfaktor hat einen enormen<br />

Stellenwert!“<br />

Prof. Klaus Rajewsky, der gerade von der Harvard Medical<br />

School ans <strong>MDC</strong> zieht, bestätigt dies den beiden Architekten<br />

bei ihrem Besuch in seinem Bostoner Open Lab. Er schwört auf<br />

die große Bedeutung der Kommunikation in offenen Großraumlaboren<br />

für die Forschung. Seiner Meinung nach zählt nicht<br />

in erster Linie die neueste Laborausstattung, sondern der<br />

Meeting-Bereich.<br />

Kommunikationsinseln im<br />

Wissenschaftsbetrieb<br />

„Vor der Lab21 war ich auf Long Island im Cold Spring Harbor<br />

Laboratory, New York“, berichtet Ralf Streckwall. „Da ist mir


aufgefallen, dass es viel Holz, überall Kommunikationsinseln<br />

und gemeinsame Küchen gibt. Gutes Essen gewinnt an Bedeutung<br />

und Produkte aus dem Umland werden bevorzugt verarbeitet.<br />

Wie wichtig genau diese Dinge auch für das <strong>MDC</strong> sind, zeigt<br />

der Erfolg des neuen Cafés im Eingangsbereich des Max-Delbrück-Hauses.<br />

Seit seiner Eröffnung am 6. Oktober 2011 wird es<br />

intensiv von den Mitarbeitern des gesamten Campus genutzt.“<br />

auf dem Weg <strong>zum</strong> green Campus<br />

Das Team um Ralf Streckwall möchte noch weiter gehen<br />

und Richtlinien für einen nachhaltigen, grünen Campus entwickeln.<br />

„Derzeit läuft ein Antrag dazu im Rahmen des Impuls-<br />

und Vernetzungsfonds bei der Helmholtz-Gemeinschaft<br />

Deutscher Forschungszentren“, sagt Streckwall. „Der Vorstand<br />

ist sich da sehr einig und möchte in diesen Fragen innerhalb<br />

der Forschungsgemeinschaft eine Vorreiterrolle einnehmen.“<br />

Schwerpunktthemen für den Campus des <strong>MDC</strong> sind Mitarbeiterbeeinflussung,<br />

Energieversorgung, Bodenversiegelung durch<br />

Neubauten genauso wie Parkplätze versus Öffentlicher Nahverkehr<br />

und die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur. „Aber wir<br />

haben auch die Mensasituation im Blick“ so Streckwall. „Sollte<br />

ein Forschungszentrum, das sich mit Gesundheit und Gesunderhaltung<br />

beschäftigt, nicht auch besonderen Wert auf gesunde<br />

Ernährung legen? Wir sind sehr bereit, uns diesbezüglich zu<br />

engagieren und wollen die Ideen des Green Campus-Konzeptes<br />

weiter umsetzen.“<br />

David H. Koch Institute for Integrative Cancer Research at MIT, Cambridge, MA, USA<br />

internationaleS international aFFairs<br />

Laborabzug in der University of Rhode Island<br />

Einen essentiellen Baustein des Campussystems stellen die<br />

Laborgebäude dar. Seit gut anderthalb Jahren ist das <strong>MDC</strong> in einer<br />

Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges<br />

Bauen (DGNB) vertreten, die den bestehenden Kriterienkatalog<br />

für Bürogebäude auf Forschungs- und Laborgebäude angepasst<br />

hat. Im kommenden Jahr wird eine Pilotphase in Zusammenarbeit<br />

von DGNB und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau<br />

und Stadtentwicklung starten, in der der neue Kriterienkatalog<br />

angewandt wird. Mit unserem Wissen und unseren Neubauten<br />

werden wir auch hier unterstützend tätig.<br />

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