Juli 2013 - PDF - Leoben

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29.08.2013 Aufrufe

Chronik Lambertikirche Das Wohnhaus an der Engstelle am „Gösser Hügel“ war früher eine Kirche n Von Eduard Lauermann Schladnitz in jener Zeit aufgelassen wurde. Seit vielen Jahren ist dieses ehemalige „Heiligtum“ Wohnheim und bildet mit dem gegenüberliegenden Haus Nr. 65 jene Engstelle auf der Kuppe der Straße, die, vorbei am sogenannten „Burgfried“, von Leoben nach Göss führt. Wie urkundlich festgestellt, gab es in frühester Zeit in der Abfolge zwei Lambertikirchen im Bereich des Stiftes Göss. Die Kirche, die in der Gösser Straße stand, ist seit 1793 ein Wohnhaus. Patrozinium. Die Lambertikirche in der Gösser Straße wurde laut Chronik aus dem Jahre 1480 vier Heiligen geweiht: St. Lambrecht, St. Blasius, St. Georg und St. Oswald. Diese Namen sollen anno 1630 auf einem Fresko an der Stirnwand der Kirche noch zu lesen gewesen sein. Übrigens enthält die obig angeführte Chronik auch den Hinweis, dass vom Kirchlein aus, die Türken, die auf dem gegenüber liegenden „Leitendorfer Feld“ lagerten, gut zu sehen und ihr Lagerleben eingehend beobachtet werden konnte. Auf die Frage, wer von den vier Heiligen der ursprüngliche war, erfährt man aus dem Visitationsbericht von 1756, in dem es heißt: „Der Jahrestag der Konsekration (Kirchweih) wurde am Oswalditag, das Patrozinium am Georgitag gefeiert“. Als Folge daraus muss St. Georg als eigentlicher Patron angesehen werden. Somit ist auch zu verstehen, dass am Tage diese heiligen Prozessionen deshalb zum Kirchlein zogen, weil er der älteste Schutzherr war und die Kirche ursprünglich als Georgsheiligtum erbaut worden ist. Nun erhebt sich die Frage, wie kam bei der Namensgebung dieses sakralen Bauwerkes St. Lambrecht als Patron dazu? Hierzu ist zu bemerken, dass es mittelalterlicher Brauch war, dass die Namen von Heiligen von aufgelassenen Kultstätten auf neu errichtete übertragen wurden. Diese Vorgangsweise könnte hier in der Weise zutreffen, dass die weitere Lamberti-Kirche in Somit ist anzunehmen‚ dass St. Lambrecht als frei gewordener Patron von Schladnitz zur Georgikirche in der Gösser Straße wanderte. Im weiteren Verlauf erging es dem Kirchlein schlecht. Schon in der Reformationszeit hörten Prozessionen und Kirchfahrten auf. Ein Visitationsbericht aus dieser Zeit lautet: „Diese Kirche sieht gegenwärtig so aus, als ob sie bald als Ruine zusammenstürzen würde; gefährlich ist es bereits, dort zu zelebrieren...“. Um den gänzlichen Verfall zu verhindern, wurde zur Abgabe von Geldern ermahnt und gesammelt. Folge: Eine gewaltige Bautätigkeit, die das Kirchlein wohl erhalten ließ, letztlich aber den Verfall nicht aufhalten konnte. Einrichtung. Über die Inneneinrichtung dieses ehemaligen Heiligtums ist in den Archiven wenig zu finden. Bracher schreibt hierzu: „Im Jahre 1617 gab es zwei Altäre; der steinerne konsekrierte Hauptaltar hatte eine Schmerzhafte Muttergottes; der hölzerne Seitenaltar war den vier Schutzheiligen gewidmet. Im Jahre 1724 wurde der Hoch- und 1740 der Kreuzaltar vom Brucker Maler Johann Christoph Marxer gefasst, der außerdem die Stukkoverzierungen und Malereien verschönerte, zusätzlich anno 1764 einen Johann Nepomuk-Altar fasste.“ Nach der Stiftsaufhebung durch Kaiser Joseph II. im Jahre 1782 wurde die „Lambertikirche“ gesperrt und exsekriert. Einer Hofordnung zufolge mussten die „Habseligkeiten“ zum Wohle des neu eingerichteten Religionsfonds günstig veräußert werden. So läuteten von nun an die abgenommenen Glocken in einer Kirche zu Graz, stellte man die wertvolle Pieta in Röthelstein auf und predigte man in der Niklasdorfer Kirche von der kleinen Kanzel, die Jahrzehnte hindurch den Kirchenraum der „Lambertikirche“ genauso schmückte, wie das Bild mit den Vierzehn Nothelfern, das in der Stiftskirche zu Göss einen würdigen Platz fand. Einem Feu- Das ehemalige Lambertikirchlein vom Mareckkai aus gesehen er anheimgefallen ist nach einem Diebstahl das wertvolle Altarblatt mit den vier Schutzheiligen. Wohnhaus. Trotz dieses schmerzlichen Niederganges lag ein gewisser Segen auf diesem Kirchengebäude, das im August 1793 von Peter Naholzer gekauft und zu Wohnzwecken umgebaut worden ist. Dass im Zuge dieser Umgestaltung wertvolles Kulturgut zerstört wurde, ist aus heutiger Sicht bedauerlich, doch lassen sich übertünchte Fresken schwerlich erneuern und auch der damals niedergelegte Turm nicht mehr aufrichten. So erinnert lediglich ein hölzernes Kruzifix, das in einer Nische an der Ostwand angebracht ist, noch heute an die ehemals sakrale Bestimmung dieses Gebäudes. Quellen: Stiftschronik Göss; K. Bracher: Stift Göss, Geschichte und Kunst; LA Göss — Visitation, 5. 52; Blätter für Heimatkunde, 1939 Korrektur zur „Kapellenserie“ (Stadtmagazin Juni 2013, Seite 13): In Spalte 3 ab Zeile 2 muss es richtigerweise heißen: „Ein Fresko aus den Jahren um 1320 stellt zwei Personen bei der Arbeit mit einer Axt dar. Dieses Wandbild ist die älteste Darstellung weltlicher Arbeit in der Steiermark.“ 14 Stadtmagazin LEOBEN Juli/August 2013 Maximilian Schmatz

LE einst und jetzt Der Schwammerlturm einst ... 1280 bin ich erstanden da Erbaut wurde der damalige Mautturm 1280 im Zuge des Stadtaufbaus in der Murschleife als typisches mittelalterliches Stadttor. Die heutige Bauart (mit Ausnahme des Daches) erhielt er allerdings erst 1615. 1794 war ich dem Sturze nah Am 6. Februar 1794 erschütterte ein gewaltiges Erdbeben die Stadt Leoben und richtete große Zerstörung an. Unter anderem wurde auch das vierseitige Spitzdach des Stadtturmes zerstört und durch das heute noch existente „Schwammerldach“ ersetzt, das dem Turm bis heute seinen Namen „Schwammerlturm“ einbrachte. ich bin somit in jedem Falle sehr alt und älter als ihr alle Der Schwammerlturm ist seit vielen Generationen DAS Wahrzeichen der Stadt. Was der Schwammerlturm erzählt… ... und jetzt Während andere vergleichbare Mauttürme wie etwa der Jakobsturm, der an der Südausfahrt Richtung Jakobikirche stand, abgerissen wurden, blieb der Schwammerlturm stehen. sah viele Feinde durch mich gehen Besonders im Mittelalter aber auch später befestigten sich die Städte mit Wehranlagen und Stadtmauern. Der Neubau des Stadtturmes im Jahre 1615 war im Zuge der Neubefestigung der steirischen Städte gegen die damals herrschende Türkengefahr notwendig geworden. und blieb doch immer aufrecht stehen Leoben blieb jedoch in der Türkenzeit großteils verschont, nur im Jahre 1680 war die Stadt betroffen. Die Vorstadt Waasen wurde niedergebrannt; die Innenstadt blieb aber heil, da die Türken deren feste Wehranlagen – ein Bestandteil war auch der Stadtturm – fürchteten. sah viermal auch die Franken schon In der Zeit von 1797 bis 1809 mussten die Leobener vier Besatzungen durch die französischen Heere unter Napoleon hinnehmen. Napoleon Bonaparte selbst war nur einmal in Leoben und zwar im Jahre 1797 anlässlich der Unterzeichnung des bekannten „Vorfriedens von Leoben“. doch immer fest den Kaiserthron Napoleon wurde letztlich 1815 endgültig besiegt, die „alten“ Monarchien in Europa restaurierten sich; am Schwammerlturm zeugt dieser Vers davon. Etwa 100 Jahre sollte die Monarchie in Österreich noch bestehen, dann wurde 1918 auch der habsburgische Kaiser vom Thron gestürzt. 1926 wurde der kaiserliche Adler vom Schwammerlturm entfernt, der Spruch blieb aber unverändert. sah Krieger jüngst aus Ost und West Am Ende des Zweiten Weltkrieges rückten in Leoben sowjetische Truppen ein, die jedoch bald darauf von britischen Truppen abgelöst wurden, die ihre festgelegte Zone in der Steiermark in Anspruch nahmen. blieb auch in diesen Stürmen fest Der Schwammerlturm wurde 1954 als Wahrzeichen der Stadt renoviert. Der Spruch, der seine Westseite ziert, wurde von Friedrich Mayer-Beck graphisch neu gestaltet und nach einer Textvorlage von Josef Freudenthaler um die letzten beiden Verse erweitert. Juli/August 2013 Stadtmagazin LEOBEN Freisinger (2) 15

Chronik<br />

Lambertikirche<br />

Das Wohnhaus an der Engstelle am „Gösser Hügel“<br />

war früher eine Kirche<br />

n Von Eduard Lauermann Schladnitz in jener Zeit aufgelassen wurde.<br />

Seit vielen Jahren ist dieses ehemalige<br />

„Heiligtum“ Wohnheim und bildet mit<br />

dem gegenüberliegenden Haus Nr. 65 jene<br />

Engstelle auf der Kuppe der Straße, die, vorbei<br />

am sogenannten „Burgfried“, von <strong>Leoben</strong><br />

nach Göss führt. Wie urkundlich festgestellt,<br />

gab es in frühester Zeit in der<br />

Abfolge zwei Lambertikirchen im Bereich<br />

des Stiftes Göss. Die Kirche, die in der Gösser<br />

Straße stand, ist seit 1793 ein Wohnhaus.<br />

Patrozinium. Die Lambertikirche in der<br />

Gösser Straße wurde laut Chronik aus dem<br />

Jahre 1480 vier Heiligen geweiht: St. Lambrecht,<br />

St. Blasius, St. Georg und St. Oswald.<br />

Diese Namen sollen anno 1630 auf einem<br />

Fresko an der Stirnwand der Kirche noch zu<br />

lesen gewesen sein. Übrigens enthält die<br />

obig angeführte Chronik auch den Hinweis,<br />

dass vom Kirchlein aus, die Türken, die auf<br />

dem gegenüber liegenden „Leitendorfer<br />

Feld“ lagerten, gut zu sehen und ihr Lagerleben<br />

eingehend beobachtet werden konnte.<br />

Auf die Frage, wer von den vier Heiligen<br />

der ursprüngliche war, erfährt man aus dem<br />

Visitationsbericht von 1756, in dem es heißt:<br />

„Der Jahrestag der Konsekration (Kirchweih)<br />

wurde am Oswalditag, das Patrozinium<br />

am Georgitag gefeiert“. Als Folge daraus<br />

muss St. Georg als eigentlicher Patron angesehen<br />

werden. Somit ist auch zu verstehen,<br />

dass am Tage diese heiligen Prozessionen<br />

deshalb zum Kirchlein zogen, weil er der älteste<br />

Schutzherr war und die Kirche ursprünglich<br />

als Georgsheiligtum erbaut worden<br />

ist. Nun erhebt sich die Frage, wie kam<br />

bei der Namensgebung dieses sakralen<br />

Bauwerkes St. Lambrecht als Patron dazu?<br />

Hierzu ist zu bemerken, dass es mittelalterlicher<br />

Brauch war, dass die Namen von Heiligen<br />

von aufgelassenen Kultstätten auf neu<br />

errichtete übertragen wurden. Diese Vorgangsweise<br />

könnte hier in der Weise zutreffen,<br />

dass die weitere Lamberti-Kirche in<br />

Somit ist anzunehmen‚ dass St. Lambrecht<br />

als frei gewordener Patron von Schladnitz<br />

zur Georgikirche in der Gösser Straße wanderte.<br />

Im weiteren Verlauf erging es dem<br />

Kirchlein schlecht. Schon in der Reformationszeit<br />

hörten Prozessionen und Kirchfahrten<br />

auf. Ein Visitationsbericht aus dieser Zeit<br />

lautet: „Diese Kirche sieht gegenwärtig so<br />

aus, als ob sie bald als Ruine zusammenstürzen<br />

würde; gefährlich ist es bereits, dort zu<br />

zelebrieren...“. Um den gänzlichen Verfall zu<br />

verhindern, wurde zur Abgabe von Geldern<br />

ermahnt und gesammelt. Folge: Eine gewaltige<br />

Bautätigkeit, die das Kirchlein wohl<br />

erhalten ließ, letztlich aber den Verfall nicht<br />

aufhalten konnte.<br />

Einrichtung. Über die Inneneinrichtung<br />

dieses ehemaligen Heiligtums ist in den Archiven<br />

wenig zu finden. Bracher schreibt<br />

hierzu: „Im Jahre 1617 gab es zwei Altäre;<br />

der steinerne konsekrierte Hauptaltar hatte<br />

eine Schmerzhafte Muttergottes; der hölzerne<br />

Seitenaltar war den vier Schutzheiligen<br />

gewidmet. Im Jahre 1724 wurde der<br />

Hoch- und 1740 der Kreuzaltar vom Brucker<br />

Maler Johann Christoph Marxer gefasst, der<br />

außerdem die Stukkoverzierungen und Malereien<br />

verschönerte, zusätzlich anno 1764<br />

einen Johann Nepomuk-Altar fasste.“ Nach<br />

der Stiftsaufhebung durch Kaiser Joseph II.<br />

im Jahre 1782 wurde die „Lambertikirche“<br />

gesperrt und exsekriert. Einer Hofordnung<br />

zufolge mussten die „Habseligkeiten“ zum<br />

Wohle des neu eingerichteten Religionsfonds<br />

günstig veräußert werden. So läuteten<br />

von nun an die abgenommenen Glocken<br />

in einer Kirche zu Graz, stellte man die<br />

wertvolle Pieta in Röthelstein auf und predigte<br />

man in der Niklasdorfer Kirche von<br />

der kleinen Kanzel, die Jahrzehnte hindurch<br />

den Kirchenraum der „Lambertikirche“ genauso<br />

schmückte, wie das Bild mit den Vierzehn<br />

Nothelfern, das in der Stiftskirche zu<br />

Göss einen würdigen Platz fand. Einem Feu-<br />

Das ehemalige Lambertikirchlein vom Mareckkai<br />

aus gesehen<br />

er anheimgefallen ist nach einem Diebstahl<br />

das wertvolle Altarblatt mit den vier Schutzheiligen.<br />

Wohnhaus. Trotz dieses schmerzlichen Niederganges<br />

lag ein gewisser Segen auf diesem<br />

Kirchengebäude, das im August 1793<br />

von Peter Naholzer gekauft und zu Wohnzwecken<br />

umgebaut worden ist. Dass im<br />

Zuge dieser Umgestaltung wertvolles Kulturgut<br />

zerstört wurde, ist aus heutiger Sicht<br />

bedauerlich, doch lassen sich übertünchte<br />

Fresken schwerlich erneuern und auch der<br />

damals niedergelegte Turm nicht mehr aufrichten.<br />

So erinnert lediglich ein hölzernes<br />

Kruzifix, das in einer Nische an der Ostwand<br />

angebracht ist, noch heute an die ehemals<br />

sakrale Bestimmung dieses Gebäudes.<br />

Quellen:<br />

Stiftschronik Göss; K. Bracher: Stift Göss, Geschichte<br />

und Kunst; LA Göss — Visitation, 5.<br />

52; Blätter für Heimatkunde, 1939<br />

Korrektur zur „Kapellenserie“ (Stadtmagazin<br />

Juni <strong>2013</strong>, Seite 13):<br />

In Spalte 3 ab Zeile 2 muss es richtigerweise<br />

heißen:<br />

„Ein Fresko aus den Jahren um 1320<br />

stellt zwei Personen bei der Arbeit mit einer<br />

Axt dar. Dieses Wandbild ist die älteste<br />

Darstellung weltlicher Arbeit in der Steiermark.“<br />

14 Stadtmagazin LEOBEN <strong>Juli</strong>/August <strong>2013</strong><br />

Maximilian Schmatz

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