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Assistenzbudget - FAssiS - Fachstelle Assistenz Schweiz

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<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

D i r e k t z a h l u n g a n B e h i n d e r t e z u m E i n k a u f p e r s ö n l i c h e r H i l f e Nr.1 (8/06)<br />

Behinderte stehen im Mittelpunkt<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> ermöglicht Personen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben<br />

Was passiert, wenn jemand schwer behindert<br />

geboren wird oder im Laufe des Lebens<br />

aufgrund von Unfall oder Krankheit<br />

dauernd auf die Hilfe anderer angewiesen<br />

ist? Die Integration von Menschen mit<br />

Handicap steckt hierzulande noch in den<br />

Kinderschuhen.<br />

Wer kennt sie nicht, die Sonderschulen, Werkstätten,<br />

Heime und Spitexdienste? Da die unbezahlte<br />

Betreuung durch die Familie begrenzt<br />

ist, wurden in den vergangenen Jahrzehnten<br />

professionelle Angebote stark ausgebaut. Doch<br />

dies hat seinen Preis. Nicht nur im Sinne der<br />

rund 6 Milliarden Franken, welche die Sozialzweige<br />

jährlich meist in Form von Bau­ und<br />

Betriebsbeiträgen bezahlen.<br />

Für viele der 33 000 erheblich behinderten<br />

Menschen im IV­Alter bedeutet diese Sozialpolitik:<br />

Lernen in der Sonderschule, Arbeiten<br />

in der Behindertenwerkstätte für zwei Franken<br />

pro Stunde, ungenügende Unterstützung zu<br />

Hause sowie die Abschiebung ins Heim.<br />

Betroffene wehren sich zunehmend gegen diese<br />

ausgrenzende Praxis, welche ihre Grundrechte<br />

unnötig einschränkt. Sie möchten integriert leben<br />

und als ArbeitgeberIn selbst bestimmen,<br />

von wem sie Hilfe erhalten. Darum hat das<br />

Parlament den Bundesrat 2003 beauftragt, unverzüglich<br />

Massnahmen für mehr Selbstbestimmung<br />

und Eigenverantwortung zu testen.<br />

Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

Seit Anfang 2006 läuft der dreijährige Pilotversuch<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> unter der Leitung des<br />

Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV).<br />

Er wird schwerpunktmässig in den Kantonen<br />

Basel­Stadt, St. Gallen und Wallis durchgeführt.<br />

Daran teilnehmen dürfen 400 Behinderte<br />

im IV-Alter, die als hilflos gelten.<br />

Subjektorientierte Finanzströme<br />

Ausgangspunkt für das Modell der persönlichen<br />

<strong>Assistenz</strong> ist eine detaillierte Bedarfsabklärung.<br />

Dabei geht es darum festzustellen, wie<br />

viel persönliche Hilfe die behinderte Person<br />

benötigt. Aufgrund der ermittelten Zeit wird<br />

ein monatlicher Geldbetrag festgelegt: Das<br />

«<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>». Dieses wird der behinderten<br />

Person ausbezahlt.<br />

Mit dem <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> können Behinderte<br />

in der Rolle des Arbeitgebers selbst ausgesuchte<br />

Personen anstellen, die ihnen im Alltag die<br />

notwendige Hilfe (<strong>Assistenz</strong>) leisten. Man<br />

nennt sie «Persönliche AssistentInnen». Die<br />

behinderte Person tritt damit aus der herkömmlichen<br />

Rolle des fremdbestimmten Objekts<br />

der Betreuung heraus. Sie wird zum<br />

handelnden Subjekt, welches sein Leben selbstbestimmt<br />

führt und die benötigte Hilfe eigenverantwortlich<br />

organisiert.<br />

Ich musste Erbrochenes essen!<br />

Hans Bollhalder hat den Grossteil seines<br />

Lebens in Heimen verbracht. Zwar ist dort<br />

vieles besser geworden, doch er sehnt sich<br />

nach wie vor nach einem selbstbestimmten<br />

Leben. Das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> macht ihn<br />

weniger abhängig vom Gutdünken anderer.<br />

Siehe Seite 2...<br />

ZSL- Protestcamp im Kocherpark, 1997<br />

Beziehen Sie eine Hilflosenentschädigung der IV und möchten auch ein <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>?<br />

Kennen Sie Behinderte, die Sie auf unsere Arbeit aufmerksam machen können?<br />

Möchten Sie dem <strong>Assistenz</strong>modell zum Durchbruch verhelfen? Melden Sie sich bei<br />

Reportagen 2 - 3<br />

Hans Bollhalder ist Teilnehmer im<br />

Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>. Er<br />

sehnt sich sehr nach einem selbstbestimmten<br />

Leben.<br />

Ines Brazerol hat den Sprung aus<br />

dem Heim gewagt und ist nun Arbeitgeberin<br />

von sechs AssistentInnen.<br />

Elisabeth Kurath ist Assistentin<br />

bei der Familie Weber in Zürich.<br />

Die kleine Naomi kann dadurch in<br />

ihrer Familie aufwachsen.<br />

Wissenschaftliche Begleitung 4<br />

Rund 200 Behinderte haben sich<br />

bislang für eine Projektteilnahme<br />

angemeldet. Damit ist die Hälfte<br />

der Projektplätze vergeben.<br />

Das Top-Interview 5<br />

Ständerat Eugen David (CVP/ SG)<br />

erzählt, warum er sich für das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

engagiert.<br />

Regelungen im Pilotversuch 6<br />

Für assistenzleistende Angehörige<br />

gilt neu eine Grenze.<br />

Ihre Meinung interessiert 7<br />

Kleininserate und Helferliste<br />

Impressum


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 2<br />

Ich will aus dem Heim<br />

Hans Bollhalder hat den Grossteil seines Lebens<br />

in Heimen verbracht. Zwar ist dort<br />

vieles besser geworden, doch er sehnt sich<br />

nach wie vor nach einem selbstbestimmten<br />

Leben. Das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> macht ihn weniger<br />

abhängig vom Gutdünken anderer.<br />

Hans Bollhalder‘s Wunsch: Eine Wohnung<br />

in Bern<br />

Ich bin aufgrund eines Geburtsgebrechens bei<br />

allen alltäglichen Verrichtungen auf die Hilfe<br />

Dritter angewiesen. Die Hälfte meines Lebens<br />

musste ich in Heimen verbringen. Dies fing<br />

schon an, als ich ganz klein war. Aufenthalte in<br />

Heimen, Spitälern und Anstalten wechselten<br />

sich ab und prägten meine ganze Kindheit. Ein<br />

Familienleben habe ich nie kennen gelernt.<br />

Langsam wird die Tatsache bekannt, dass während<br />

den Nachkriegsjahren Missbräuche in Heimen oft<br />

vor kamen. Doch bislang tut man so, als ob das<br />

nur Nichtbehinderte betraf. Zu meinen, bei Behinderten<br />

sei es besser gewesen, ist falsch. Im<br />

Gegenteil, wir konnten nicht einmal davonlaufen.<br />

Wahlfreiheit verbessern<br />

Gemäss heutiger Gesetzgebung finanziert die<br />

IV einen Heimplatz mit bis zu 300.­ Franken<br />

pro Tag. Demgegenüber unterstützt sie den<br />

Verbleib von Menschen zu Hause, welche aufgrund<br />

ihrer Behinderung in den alltäglichen<br />

Lebensverrichtungen auf die Hilfe Dritter angewiesen<br />

sind, lediglich mit maximal 56.­ Franken<br />

Hilflosenentschädigung (HE).<br />

Die Heimtaxen von 100.­ bis 200.­ Franken<br />

pro Tag zahlen die Betroffenen (meist sind sie<br />

hierfür auf Ergänzungsleistungen angewiesen).<br />

Weitere Beiträge leisten die Krankenkassen,<br />

Kantone und Gemeinden, da die Vollkosten<br />

Sicherlich war ich nicht der einfachste Zögling<br />

im katholischen Kinderheim «Institut der heiligen<br />

Mutter von Lourdes» und stiftete meine<br />

Leidensgenossen hin und wieder zu Blödsinn<br />

an. Zur Bestrafung wurde ich monatelang isoliert<br />

und gezwungen, ungeniessbare Lebensmittel<br />

zu essen. Erbrach ich, löffelte man es<br />

mir wieder ein. Um 19.00 Uhr schob man mich<br />

im Pflegebett ins Badezimmer, wo ich kein<br />

Licht hatte – die Nonnen wussten, dass ich<br />

mich im Dunkeln fürchtete!<br />

«Ich musste Erbrochenes essen»<br />

Ich wurde erwachsen und wollte aus dem<br />

Heim. 1996 initiierte ich in Bern zusammen<br />

mit anderen Behinderten, unterstützt von Procap,<br />

das von der Arbeitslosenversicherung finanzierte<br />

Beschäftigungsprogramm «<strong>Assistenz</strong>dienste<br />

für Menschen mit Behinderungen».<br />

Zwei Jahre lebte ich in einer eigenen Wohnung.<br />

Mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit wurde<br />

das Programm gestrichen. Ich musste erneut in<br />

ein Heim.<br />

Der Traum der eigenen Wohnung<br />

Bereits als 2003 klar war, dass in der 4. IV­Revision<br />

noch kein <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> im IVG verankert<br />

wird, aber ein Pilotversuch durchgeführt<br />

wird, habe ich die Chance gepackt und<br />

bei <strong>FAssiS</strong> einen Platz reserviert.<br />

Derzeit suche ich eine rollstuhlgängige Wohnung<br />

in Bern. Diese Stadt bietet einen vorbildlichen<br />

behindertengerechten Öffentlichen Verkehr,<br />

den man sonst in der <strong>Schweiz</strong> vergebens<br />

sucht. Das erhöht die Lebensqualität und ermöglicht<br />

uns, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.<br />

Doch die Wohnungssuche ist wesentlich<br />

schwerer als ich dachte. Trotzdem:<br />

Dieses Jahr will ich es packen und aus dem<br />

Heim ausziehen!<br />

eines Heimaufenthaltes bis zu 1000.­ Franken<br />

täglich betragen.<br />

Das <strong>Assistenz</strong>modell soll diese Ungleichbehandlung<br />

vermindern. Das <strong>Assistenz</strong>geld, wie<br />

es im Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> angewendet<br />

wird, beträgt je nach anerkanntem <strong>Assistenz</strong>bedarf<br />

bis zu 450.­ Franken pro Tag.<br />

Das <strong>Assistenz</strong>geld wird von der IV als Versicherungsleistung<br />

bezahlt. Steigt die Nachfrage,<br />

müsste ein fairer Verteilschlüssel ausgehandelt<br />

werden, mit dem sich auch die Krankenkassen,<br />

Kantone und Gemeinden am <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

beteiligen.<br />

Wer ist «hilflos»?<br />

Eine Hilflosenentschädigung (HE)<br />

wird gewährt, wenn die betroffene<br />

Person in den alltäglichen Lebensverrichtungen<br />

(ATL) dauernd und<br />

in erheblicher Weise auf die Hilfe<br />

Dritter angewiesen ist, persönlich<br />

überwacht werden muss oder lebenspraktische<br />

Begleitung braucht. Die<br />

Hilfe kann direkt (Ausführen) oder<br />

indirekt (z.B. Anleiten) erfolgen.<br />

Als ALT gelten:<br />

• Aufstehen, Absitzen, Abliegen<br />

• Körperpflege<br />

• An­ und Auskleiden<br />

• Nahrungsaufnahme<br />

• Verrichten der Notdurft<br />

• Fortbewegung/<br />

Pflege gesellschaftlicher Kontakte<br />

Die HE unterscheidet drei Grade:<br />

Wer in 2­3 ATL (oder in Sonderfällen)<br />

Hilfe benötigt, gilt als leicht,<br />

bei 4­5 ATL oder bei mindestens 2<br />

ATL und Überwachung oder lebenspraktischer<br />

Begleitung als mittelschwer<br />

hilflos. Schwere Hilflosigkeit<br />

heisst, dass die betroffene<br />

Person in allen ATL auf Dritte angewiesen<br />

ist und zusätzlich einer<br />

aufwändigen Pflege oder dauernden<br />

Überwachung bedarf.<br />

© Gerold Zbinden


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 3<br />

Ich habe es gewagt! Die andere Hälfte subventionieren Kantone<br />

Ines Brazerol hat den Sprung aus dem<br />

Heim geschafft. Sie lebt in einer eigenen<br />

Wohnung und hat sechs AssistentInnen in<br />

Teilzeit angestellt.<br />

Mittlerweile sind einige Wochen vergangen,<br />

seitdem Ines Brazerol die Austrittserklärung<br />

eines Heimes im freiburgischen Seeland unterschrieben<br />

hat und in eine eigene Wohnung gezogen<br />

ist. «1998 musste ich ins Heim, weil ich<br />

mit der HE der IV lediglich eine Stunde zahlen<br />

konnte und die Spitex von der Krankenkasse<br />

nicht mehr vollumfänglich finanziert wurde.<br />

Jetzt, wo ich das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> erhalte, stelle<br />

ich Privatpersonen an», erzählt die 45 Jährige.<br />

«Ich leite nun sozusagen eine kleine Firma»,<br />

fügt sie stolz hinzu.<br />

Spitex hat Grenzen<br />

Allgemein gilt die Spitex als kostengünstige Alternative<br />

zum Heimaufenthalt. Das stimmt nur<br />

bedingt. Die dezentrale Organisation führt zu<br />

hohen Wegkosten, so dass nur ein Teil der<br />

Leistungen den Gepflegten direkt zugute<br />

kommt. An die Vollkosten einer Spitexstunde<br />

von rund 80.­ Franken leisten die Krankenkassen<br />

einen Beitrag.<br />

Mein Job: Assistentin<br />

Elisabeth Kurath ist eine der Assistent-<br />

Innen, welche die Familie Weber angestellt<br />

hat. Sie leistet der 9-jährigen und mehrfachbehinderten<br />

Naomi <strong>Assistenz</strong>. So kann<br />

das kleine Mädchen zu Hause bei seinen<br />

Eltern und Geschwistern aufwachsen.<br />

Naomi geht in die Sonderschule, kommt aber<br />

jeden Abend nach Hause. Keine Selbstverständlichkeit,<br />

denn die Betreuung bringt Familie<br />

Weber immer wieder an ihre Grenzen.<br />

Rund 80% der 2000 schwer hilflosen Minderjährigen<br />

wachsen nicht in ihrer Familie auf,<br />

sondern leben im Heim. «Ein schmerzhafter<br />

Schritt», wie Naomi‘s Mutter von anderen Familien<br />

weiss.<br />

Soll Naomi ins Heim?<br />

Auch die Familie Weber war nahe daran, Naomi<br />

im Sonderschulheim anzumelden. Die Belastung<br />

war zu gross. Doch dann hörten sie vom<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> und meldeten sich bei <strong>FAssiS</strong> an.<br />

und Gemeinden.<br />

Zwang ins Heim<br />

Das KVG ist einzig auf teure professionelle<br />

Leistungserbringer ausgerichtet, dies obwohl<br />

das Prinzip der Wirtschaftlichkeit gilt. So vergleichen<br />

die Krankenkassen ihre Beiträge an<br />

die Spitex mit ihren Tagespauschalen an Heime,<br />

welche je nach Kanton und Pflegebedarfsstufe<br />

7.­ bis 191,60 Franken betragen. Die daraus folgende<br />

Limitierung der Spitexstunden bedeutet<br />

für Personen mit hohem Pflegebedarf: Sie müssen<br />

in ein Heim.<br />

Modell der Zukunft<br />

«Die einseitige Ausrichtung auf Behinderteninstitutionen<br />

und Spitex ist für die Betroffenen<br />

ein echtes Problem», präzisiert Katharina Kanka,<br />

Präsidentin von <strong>FAssiS</strong>. «Würde man ihnen<br />

den festgelegten Beitrag direkt zur Verfügung<br />

stellen, könnten sie notwendige Leistungen<br />

günstig im nahen Umfeld einkaufen.»<br />

Ines Brazerol ist froh über das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>.<br />

So kann sie ihr Leben unabhängig von<br />

Einsatzplänen anderer gestalten und Personen<br />

anstellen, die ihr sympathisch sind.<br />

Elisabeth Kurath ist eine der beiden Assistentinnen,<br />

welche Familie Weber nun angestellt hat.<br />

«Ein guter Job, den ich in Teilzeit ausübe», sagt<br />

sie. «Auch wenn es nicht immer einfach ist.<br />

Man dringt in die Privatsphäre einer Familie<br />

ein. Das erfordert viel gegenseitigen Respekt<br />

und Vertrauen.»<br />

Im Pilotversuch werden 30.­ Franken pro Stunde<br />

anerkanntem <strong>Assistenz</strong>bedarf ausbezahlt,<br />

die frei für Löhne und Sozialversicherungsabgaben<br />

verwendet werden dürfen. Bruttolöhne<br />

von 4200.­ Franken sind also möglich. Eine<br />

gewaltige Verbesserung gegenüber heute – zumal<br />

auch Angehörige als AssistentInnen entschädigt<br />

werden dürfen.<br />

Da <strong>Assistenz</strong> teilweise weniger anspruchsvolle<br />

Arbeiten umfasst, wie Hilfe im Haushalt oder<br />

Begleitung in der Freizeit, eröffnet sich mit<br />

dem <strong>Assistenz</strong>modell ein Arbeitsmarkt für<br />

Personen ohne spezielle Ausbildung oder<br />

langer Berufserfahrung.<br />

Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

PAB. Noch mehr Behinderte – insbesondere<br />

auch aus Heimen – sollen<br />

von der Alternative <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

erfahren. Die<br />

Stiftung <strong>Assistenz</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

führt darum eine Informationskampagne<br />

in den drei Pilotkantonen<br />

Basel­Stadt, St. Gallen<br />

und Wallis durch.<br />

Kontaktiert werden alle Behinderteninstitutionen<br />

wie Heime,<br />

Werk­/Eingliederungsstätten<br />

und Sonderschulen sowie die lokal<br />

tätigen Behindertenorganisationen<br />

der Fach­ und Selbsthilfe.<br />

Ferner sind verschiedene<br />

Aktionen in der Öffentlichkeit<br />

geplant.<br />

Jetzt anmelden!<br />

Beziehen Sie eine Hilflosenentschädigung<br />

der IV und<br />

möchten auch ein <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>?<br />

BewohnerInnen aus<br />

den Kantonen BS, SG und VS<br />

können sich direkt an ihre<br />

IV-Stelle wenden. Personen<br />

aus Nichtpilotkantonen steht<br />

die Warteliste von <strong>FAssiS</strong> offen.<br />

Sie umfasst derzeit rund<br />

50 Personen.<br />

Vernetzung<br />

PAB. Um die Vernetzung der<br />

Teilnehmenden zu erleichtern<br />

und die Eigenverantwortung<br />

der Betroffenen zu stärken, finden<br />

in Bern, Basel, Brig, Zürich,<br />

Sankt Gallen und weiteren Orten<br />

regelmässige Treffen statt.<br />

Die Termine dieser Peer Groups<br />

werden unter www.assistenzbudget.ch<br />

bekannt gegeben.


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 4<br />

Wissenschaftliche Begleitung<br />

BERN. Die politischen Entscheidungsträger<br />

benötigen transparente Grundlagen<br />

für die Meinungsfindung, ob und wie ein<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> landesweit eingeführt<br />

werden soll. Darum wird der Pilotversuch<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> laufend evaluiert.<br />

Als 2002 das «Modell Langenberger», welches<br />

die Einführung eines <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>s vorsah,<br />

im Ständerat knapp abgelehnt wurde, beklagten<br />

die ParlamentarierInnen die schlechte Datenlage.<br />

Sie müssten wissen, wie viele Behinderte<br />

mit persönlicher <strong>Assistenz</strong> leben wollen<br />

und was das kosten würde. Im Zentrum des Pilotversuches<br />

stehen darum Fragen rund um die<br />

Nachfrage, die Bedarfsbemessung, eine effiziente<br />

Durchführung und die ökonomischen<br />

Umlagerungseffekte.<br />

Umfrage bei 33 000 Behinderten<br />

Anlässlich einer Umfrage, welche das BSV zusammen<br />

mit <strong>FAssiS</strong> zum Jahreswechsel<br />

2004/05 bei allen 33 000 HE­BezügerInnen<br />

durchgeführt hatte, bekundeten gut 2000 Betroffene<br />

ihr Interesse an einem <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>.<br />

Aufgrund dieser Daten erwartet das BSV<br />

in den drei Pilotkantonen (BS, SG, VS) 300<br />

Teilnehmende, die sich voraussichtlich bis Mitte<br />

2007 anmelden können. Hinzu kommen 100<br />

Personen aus anderen Kantonen.<br />

Hälfte der Projektplätze vergeben<br />

Bislang haben sich 180 Personen angemeldet<br />

(davon 87 Personen aus den drei Pilotkantonen).<br />

Weitere 58 hatten sich angemeldet, nehmen<br />

aber aus verschiedenen Gründen nicht am<br />

Projekt teil. Damit ist knapp die Hälfte der<br />

Projektplätze vergeben.<br />

Wettbewerb<br />

100%<br />

Z wei Stunden Spitex: 160.-<br />

Eine Nacht im Hotel: 220.-<br />

Ein Tag im Knast: 450.-<br />

Ein Tag im Spital: 800.-<br />

Ein Tag im Heim: ?? ?.-<br />

Die Teilnehmenden haben ganz unterschiedliche<br />

Behinderungen: RollstuhlfahrerInnen,<br />

Blinde sowie Personen mit erheblichen geistigen<br />

oder psychischen Einschränkungen. HeimbewohnerInnen<br />

zögern mit einer Projektteilnahme.<br />

Dies verwundert nicht, stellt doch ein Heimaustritt<br />

für die Betroffenen eine grosse Herausforderung<br />

dar.<br />

Evaluation<br />

Vorgesehen sind sieben Teilstudien. Diese führen<br />

u.a. eine umfangreiche Kosten­Nutzen­<br />

Analyse des <strong>Assistenz</strong>modells im Vergleich<br />

zum herkömmlichen Betreuungssystem durch.<br />

Evaluiert wird, wie hoch der <strong>Assistenz</strong>bedarf<br />

und die daraus resultierenden Leistungen sind.<br />

Dabei wird auch die Streuung innerhalb von<br />

Behindertengruppen und HE­Grad untersucht.<br />

Kostendach<br />

Der Bundesrat hat für den Pilotversuch ein<br />

Kostendach von 43 Millionen Franken festgelegt.<br />

Die Kosten wurden aufgrund von Annahmen<br />

über den Verlauf der Anmeldungen, die<br />

Zusammensetzung bezüglich HE­Grad und<br />

den erwarteten Leistungen berechnet.<br />

Schreiben Sie Ihre Ant wor t an:<br />

<strong>FAssiS</strong>, Redaktion Stäfeliweg 2, 1716 Plaffeien<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

HE-BezügerInnen Interessierte Angemeldete<br />

psychischbehindert geistigbehindert<br />

sinnesbehindert<br />

körperbehindert<br />

Wichtige Kennzahlen<br />

• 33000 Personen beziehen eine<br />

Hilflosenentschädigung (HE) der<br />

IV. Ein Fünftel davon sind Minderjährige.<br />

• Von den Erwachsenen gelten<br />

25% als schwer hilflos, d.h. sie sind<br />

in allen alltäglichen Lebensverrichtungen<br />

auf Hilfe angewiesen. 35%<br />

beziehen eine HE mittelschweren<br />

und 40% leichten Grades.<br />

• Die Hälfte der Erwachsenen<br />

lebt in Heimen. Mit steigendem<br />

Hilflosigkeitsgrad steigt die Wahrscheinlichkeit<br />

eines Heimaufenthaltes<br />

auch bei Minderjährigen<br />

deutlich an.<br />

• Schätzungsweise 30% werden<br />

tagsüber in Werkstätten betreut.<br />

Weitere rund 30% erhalten Pflegeleistungen<br />

durch die Spitex. Fast<br />

alle Minderjährigen besuchen eine<br />

Sonderschule.<br />

• Rund 60% der erwachsenen<br />

HE­BezügerInnen sind körperlich<br />

behindert, rund ein Fünftel ist geistig<br />

behindert. Der Rest entfällt auf<br />

Sinnes­ und Psychischbehinderte.<br />

• 2000 Personen sind derzeit an<br />

einem <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> interessiert.<br />

Betroffene mit hohem <strong>Assistenz</strong>bedarf<br />

verzeichnen eine überdurchschnittliche<br />

Nachfrage.<br />

? Wie viele<br />

Wie teuer<br />

Aktuelle Infos unter:<br />

www.assistenzbudget.ch


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 5<br />

Das Top-Interview<br />

BUNDESHAUS. Letztlich ist es eine politische<br />

Frage, ob und wie ein <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

in der <strong>Schweiz</strong> als Alternative zum herkömmlichen<br />

Betreuungssystem eingeführt<br />

wird. Die <strong>Fachstelle</strong> <strong>Assistenz</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

(<strong>FAssiS</strong>) legt grossen Wert darauf, parteiübergreifend<br />

zu arbeiten. Ständerat Eugen<br />

David (CVP/SG) ist einer jener ParlamentarierInnen<br />

aus dem Patronatskomitee,<br />

welche <strong>FAssiS</strong> unterstützen.<br />

Eugen David gibt dem <strong>Assistenz</strong>modell Chancen<br />

Herr David, Sie engagieren sich schon lange für das<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>. Wie kam es dazu?<br />

ED: Als Parlamentarier beschäftige ich mich<br />

schon lange mit der Sozialversicherung, auch<br />

mit der IV. Bei der letzten IV­Revision ging es<br />

um eine Verbesserung der Hilflosenentschädigung.<br />

<strong>FAssiS</strong> hat damals den Anstoss für mehr<br />

Entscheidungsfreiheit der Behinderten gegeben.<br />

Was fasziniert Sie am <strong>Assistenz</strong>modell?<br />

ED: Die Behinderten werden als selbstverantwortliche<br />

Personen anerkannt und haben mehr<br />

Ungleiche Spiesse<br />

Möglichkeiten, ihren Alltag zu bestimmen.<br />

Andererseits müssen sie auch eine gewisse Eigenverantwortung<br />

übernehmen.<br />

Welche Fragen der politischen Entscheidungsträger soll<br />

der Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> beantworten?<br />

ED: Einerseits geht es darum, ob die Behinderten<br />

das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> akzeptieren. Im<br />

Weiteren muss der Kostenrahmen evaluiert<br />

werden.<br />

Auf was sollte bei der Projektdurchführung besonders<br />

geachtet werden?<br />

ED: Es müssen genügend Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer mitmachen, damit ausreichend<br />

Daten resultieren. Die Daten müssen sorgfältig<br />

analysiert und in einem Bericht zusammengefasst<br />

werden.<br />

Welche Chancen räumen Sie der Einführung eines <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>s<br />

ein?<br />

ED: Vom Grundgedanken her hat das Modell<br />

gute Chancen. Allerdings müssen wir mehr<br />

oder weniger mit den vorhandenen Mitteln<br />

auskommen.<br />

Im KVG wird derzeit die Pflegefinanzierung neu geregelt.<br />

Welche Auswirkungen wird dies voraussichtlich auf<br />

Langzeitpflegebedürftige haben?<br />

ED: Die Langzeitpflege bei hoher Pflegebedürftigkeit<br />

ist das grösste Risiko und muss deshalb<br />

gut abgesichert sein. In diesen Fällen sollte<br />

die Krankenversicherung einen Beitrag von<br />

CHF 36 500.­ pro Jahr leisten. Wichtig ist, dass<br />

ambulante und stationäre Pflege bei der Finanzierung<br />

gleich behandelt werden. Zur Diskussion<br />

steht eine Frankenpauschale pro Tag, in der<br />

Höhe abhängig von der Pflegebedürftigkeit. Es<br />

wäre dann Sache der Versicherten, wie sie diese<br />

Mittel einsetzen möchten.<br />

Herr David, vielen Dank für Ihr tolles Engagement<br />

und dieses Gespräch!<br />

Sozialpolitische News<br />

Zusatzrente gestrichen<br />

BERN. Im Rahmen der 5. IV­Revision<br />

wird die Zusatzrente gestrichen.<br />

Problematisch ist dies insbesondere<br />

für jene, bei denen ein<br />

Ehepartner den anderen teils über<br />

Jahrzehnte hinweg gepflegt hat.<br />

Diese Schwerbehinderten zahlen<br />

die Zeche für das Milliardendefizit<br />

der Invalidenversicherung,<br />

welches man bislang nicht in den<br />

Griff bekommen hat.<br />

Arbeitsassistenz<br />

BERN. Dienstleistungen Dritter,<br />

die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit<br />

nötig sind, sollten besser entschädigt<br />

werden. Damit würden<br />

Menschen mit erheblichen Behinderungen<br />

mehr Chancen auf dem<br />

Arbeitsmarkt erhalten. Dies fordern<br />

verschiedene Behindertenorganisationen.<br />

Neuordnung der Pflegefinanzierung<br />

BERN. Die ständerätliche Kommission<br />

beschäftigt sich im Rahmen<br />

des KVG mit der Finanzierung der<br />

Pflege. Gegen das Modell der Konferenz<br />

der kantonalen Gesundheitsdirektoren<br />

(GDK), bei dem die<br />

Akutpflege in den ersten 30 Tagen<br />

voll bezahlt würde, formiert sich<br />

Widerstand. Unter der Vorgabe, die<br />

Krankenversicherer nicht stärker zu<br />

belasten, ginge nämlich eine derartige<br />

Besserstellung der Akutpf<br />

lege zu Lasten der Langzeitpflege.<br />

Neuer Finanzausgleich<br />

BERN. Die nationalrätliche Spezialkommission<br />

für den NFA behandelt<br />

das Rahmengesetz IFEG. Dieses<br />

soll gewährleisten, dass die bislang<br />

von der IV ausgerichteten Betriebsbeiträge<br />

an Wohnheime und Werkstätten<br />

künftig von den Kantonen<br />

geleistet werden.<br />

• Ist es gerecht, wenn die Blinddarmoperation, die Grippebehandlung oder das Kunstherz von<br />

den Sozialzweigen fast gänzlich bezahlt werden, nicht aber die Pflege Behinderter zu Hause? Wer steht im Mittelpunkt?<br />

• Ist es gerecht, wenn die IV (wie auch Kantone) einem Heim bis zu 300.­ Franken täglich bezahlt;<br />

aber nur einen Bruchteil davon, wenn dieselbe Person zu Hause lebt?<br />

• Widerspricht es dem Gleichstellungsprinzip, erwerbstätige Behinderte und ihre Familien wegen<br />

ihrem erzielten Einkommen zu bestrafen, indem ihnen Unterstützungsleistungen für<br />

behinderungsbedingte Mehrkosten entsprechend gestrichen werden? Behinderte oder Leistungserbringer?


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 6<br />

Herausforderung Integration<br />

Zentrale Aufgabe der Behinderteninstitutionen<br />

ist die Eingliederung. Wenn diese<br />

wie nun mit dem <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> konkret<br />

wird, entwickeln die Einen innovative<br />

Ideen, während Andere besorgt abblocken,<br />

da sie einen Teil ihrer Klientel verlieren.<br />

Sonderschulen, Werkstätten und Heime – sie<br />

alle wollen Behinderten ein selbstbestimmtes<br />

Leben ermöglichen und sie in die Gesellschaft<br />

eingliedern.<br />

Oft geschieht aber genau das Gegenteil. Fremdbestimmung<br />

prägt den Alltag und Institutionen<br />

gleichen Ghettos am Rande der Gesellschaft,<br />

in denen die Behinderten und das<br />

Betreuungspersonal unter sich sind.<br />

Regelungen im Pilotversuch<br />

Der Pilotcharakter bringt es mit sich, dass<br />

nicht alles von Anfang an klar ist, sondern<br />

immer wieder Anpassungen vorgenommen<br />

werden müssen.<br />

Das monatliche <strong>Assistenz</strong>geld besteht aus einer<br />

<strong>Assistenz</strong>pauschale (anstelle der HE) und<br />

einem <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> inkl. einem allfälligen<br />

Zuschlag für die schulische oder berufliche<br />

Eingliederung. Die Behinderten erhalten normalerweise<br />

jeden Monat denselben Betrag <strong>Assistenz</strong>geld<br />

auf ihr Konto überwiesen.<br />

Ausgaben für <strong>Assistenz</strong><br />

Das <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> darf grundsätzlich nur<br />

für Löhne inkl. die zugehörigen Sozialversicherungen<br />

sowie eingekaufte Dienstleistungen<br />

in den einzelnen <strong>Assistenz</strong>bereichen (ATL,<br />

Haushalt, Freizeit, Pflege, Bildung, Arbeit,<br />

Überwachung und Nachtdienst). Nicht als <strong>Assistenz</strong><br />

gelten Therapien, Hilfsmittel ect.<br />

Die <strong>Assistenz</strong>pauschale kann man benutzen<br />

für die Ferienvertretung von Angestellten oder<br />

andere Ausgaben, die im Zusammenhang mit<br />

den <strong>Assistenz</strong>leistungen anfallen (z.B. Spesen).<br />

Rechnungsformular<br />

Monatlich senden die Teilnehmenden der<br />

IV­Stelle das Rechnungsformular ein. Darin<br />

geben sie die Höhe aller belegbaren direkten<br />

<strong>Assistenz</strong>kosten an.<br />

Regierungsprogramm in England<br />

In England hat die Regierung vor einigen Jahren<br />

erkannt, dass Austritte aus Institutionen<br />

mit der notwendigen Unterstützung möglich<br />

sind. Coachs begleiten die Betroffenen und<br />

verhelfen ihnen zu einer besseren Lebensqualität.<br />

Mit dem Direct Payment wurde eine kostengünstige<br />

Alternative zur Betreuung durch<br />

Institutionen geschaffen.<br />

Heim auf neuem Weg<br />

Positives Beispiel in der <strong>Schweiz</strong> ist das Lukashaus<br />

in St. Gallen. Es weist seine Klientel auf<br />

den Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> hin, trainiert<br />

mit ihnen die Führung eines eigenen Haushaltes<br />

und hilft bei der Wohnungssuche. Auf<br />

privatrechtlicher Basis bietet es Behinderten in<br />

der eigenen Wohnung <strong>Assistenz</strong>dienste an.<br />

Die IV­Stellen können jederzeit die zweckmässige<br />

Verwendung des <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong>s überprüfen.<br />

Teilnehmende, die keinen schriftlichen<br />

Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, müssen<br />

einen Einsatzrapport pro AssistentIn führen.<br />

Bei assistenzleistenden Angehörigen, die im<br />

selben Haushalt leben, ist dieser generell vorgeschrieben.<br />

Belege aufbewahren<br />

Arbeitsverträge, Anmeldungen bei der Ausgleichskasse,<br />

Lohnabrechnungen, Abrechnung<br />

der Sozialversicherungsbeiträge, Rechnungen<br />

und Quittungen müssen die Teilnehmenden<br />

bis Ende 2008 aufbewahren.<br />

Keine Schwarzarbeit<br />

Grundsätzlich sind die Sozialversicherungsbeiträge<br />

ordentlich abzurechnen. Die Teilnehmenden<br />

reichen darum bei Stellenantritt die<br />

Versicherungsausweise ihrer AssistentInnen<br />

der zuständigen Ausgleichskasse ein. Dies gilt<br />

auch für Familienangehörige, die über keinen<br />

<strong>Assistenz</strong>vertrag verfügen, für ihre <strong>Assistenz</strong>leistungen<br />

aber bezahlt werden. Organisationen<br />

(Spitex etc.) und Selbständige sind für die<br />

Abrechnung der Beiträge selber zuständig. Die<br />

AssistentInnen versteuern ihr Einkommen.<br />

Zu bewältigende Hürden<br />

• Was will die behinderte Person?<br />

• Kündigungsfrist der Heime<br />

• Wohnungssuche (rollstuhlgängig)<br />

• Beistand überzeugen / wechseln<br />

• Neuberechnung EL<br />

• Haushaltarbeiten lernen<br />

• Tagesbeschäftigung finden<br />

• <strong>Assistenz</strong> organisieren<br />

• Verträge mit AssistentInnen<br />

• Abrechnung Lohnnebenkosten<br />

• sich über Angebote informieren<br />

• Unsicherheit Projektende<br />

Tipp: Gehen Sie Schritt für Schritt vor,<br />

lassen Sie sich nicht entmutigen und<br />

holen Sie rechtzeitig Unterstützung!<br />

Weiterführende Stellen<br />

Auskünfte zum Arbeitsrecht erteilt das<br />

Sekretariat für Wirtschaft (seco).<br />

Regionale Stützpunkte<br />

PAB. In den Pilotkantonen (BS,<br />

SG, VS) stehen Personen, die zum<br />

Teil selbst auf <strong>Assistenz</strong> angewiesen<br />

sind, für Auskünfte zur Verfügung.<br />

Die Aufgaben der regionalen Stützpunkte<br />

umfassen die Vernetzung<br />

der Teilnehmenden sowie die Beratung<br />

insbesondere rund um die<br />

neue Rolle als ArbeitgeberIn von<br />

persönlichen AssistentInnen. Kontaktadressen<br />

siehe:<br />

www.assistenzbudget.ch<br />

Neue Regelungen<br />

Angehörige<br />

Pro assistenzleistendem Angehörigen,<br />

der im selben Haushalt lebt,<br />

können der IV maximal 5100.­<br />

Franken pro Monat in Rechnung<br />

gestellt werden. Sind diese zusätzlich<br />

erwerbstätig, reduziert sich der<br />

Betrag schrittweise.<br />

Reservenbildung<br />

Die Ausgaben für <strong>Assistenz</strong> dürfen<br />

schwanken. Die Reserve soll aber<br />

nicht höher als ein monatliches <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

sein.<br />

Aufenthalt in einer Heilanstalt<br />

Bei Spitalaufenthalt u.ä. wird das<br />

<strong>Assistenz</strong>geld unter Berücksichtigung<br />

allfälliger Lohnfortzahlungspflichten<br />

proportional gekürzt.


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 7<br />

Ihre Meinung interessiert<br />

Wir freuen uns, wenn Sie auf unserer<br />

Homepage www.fassis.net oder jener zum<br />

Pilotversuch www.assistenzbudget.ch das<br />

Forum beleben oder einen Blog eröffnen.<br />

Haben Sie Tipps zum Weiterreichen, Fragen<br />

oder möchten Sie Ihre Meinung kundtun?<br />

Dann nichts wie los.<br />

«Bis jetzt war ich immer auf EL­Leistungen<br />

angewiesen. Jeden Franken, den ich mehr verdiente<br />

als das EL­Existenzminimum, musste<br />

ich für meine <strong>Assistenz</strong>kosten brauchen. Die<br />

EL wurde also sofort gekürzt. Ich wusste auch<br />

nicht, wie lange die EL meine privat angestellten<br />

<strong>Assistenz</strong>personen noch finanzieren half<br />

­ eine grosse Unsicherheit. Nun ist alles anders:<br />

Ich brauche keine EL mehr und kann<br />

mein Erwerbseinkommen vollständig für<br />

meinen Lebensunterhalt einsetzen ­ ich bin<br />

endlich auch finanziell selbständig! Und die<br />

Unsicherheit ist wenigstens für die Dauer des<br />

Pilotprojektes beseitigt!»<br />

«Ich spüre, wie ich nun neue Energie habe.<br />

Es geht mir besser als jemals zuvor. Endlich<br />

leiste ich auch einen kleinen – eigentlich einen<br />

relativ grossen ­ Beitrag zu den Sozialversicherungen,<br />

ich bin nun ein nicht unbedeutender<br />

Steuerzahler. Besonders stolz bin<br />

ich auf meinen doppelten Beitrag zur IV: Ich<br />

zahle nicht nur für jede/n AssistentIn IV­<br />

Beiträge, sondern indem ich bei diesem<br />

Projekt mitmache und nicht in ein teureres<br />

Heim gehe, erspare ich der IV etwa 1∕3 der<br />

Kosten…»<br />

Impressum<br />

Herausgeberin: <strong>FAssiS</strong> ­ <strong>Fachstelle</strong><br />

<strong>Assistenz</strong> <strong>Schweiz</strong>, Kappelenring 8,<br />

3032 Hinterkappelen<br />

Redaktion: Tel. 026 419 30 06,<br />

Mail fassis@bluewin.ch<br />

Internet www.fassis.net<br />

Zusammenstellung dieser Nummer:<br />

Katharina Kanka<br />

Layout: Sarah Neuhaus/Plasselb<br />

Druck: CricPrint, Fribourg/Freiburg<br />

Auflage: 20 000<br />

Schreiben Sie an: <strong>FAssiS</strong> – <strong>Fachstelle</strong> <strong>Assistenz</strong> <strong>Schweiz</strong>, Redaktion,<br />

Stäfeliweg 2, 1716 Plaffeien oder fassis@bluewin.ch oder www.fassis.net<br />

Kleininserate und Helferliste<br />

Diese finden Sie ebenfalls auf der Homepage zum Pilotversuch<br />

www.assistenzbudget.ch oder unter www.fassis.net. Ein paar Auszüge<br />

haben wir Ihnen hier zusammengestellt.<br />

Beratung Pilotversuch<br />

Regionaler Stützpunkt BS<br />

bs@fassis.net, Tel. 061 711 52 26<br />

Regionaler Stützpunkt SG<br />

sg@fassis.net, Tel. 052 534 52 26<br />

Regionaler Stützpunkt VS<br />

wallis@fassis.net, Tel. 027 481 48 88<br />

Zweigstelle Romandie romandie@fassis.net,<br />

Tel. 021 653 08 18<br />

Geschäftsstelle SAssiS Stiftung<br />

<strong>Assistenz</strong> <strong>Schweiz</strong>, stiftung@fassis.net,<br />

Tel. 026 419 30 06<br />

Peer Group im ZSL Circa alle<br />

zwei Wochen treffen sich im<br />

Zentrum für Selbstbestimmtes<br />

Leben (ZSL) Zürich Menschen<br />

mit Behinderungen, die sich gemeinsam<br />

auf ein Leben mit persön­licher<br />

<strong>Assistenz</strong> vorbereiten<br />

oder damit gemachte Erfahrungen<br />

austauschen möchten.<br />

Mail zuerich@zslschweiz.ch,<br />

Internet www.zslschweiz.ch<br />

Administratives<br />

Ausgleichskassen Die Adressen<br />

sind jeweils auf der letzten<br />

Seite des Telefonbuchs aufgeführt.<br />

Sie stellen die Sozialversicherungsbeiträge<br />

in Rechnung,<br />

geben die nötigen<br />

Formulare ab und erteilen Auskünfte<br />

im Einzelfall. Internet<br />

www.ahv.ch/Home­D/allgemeines/kassen/kassen.html<br />

Pro Office ist ein professionelles<br />

Büro, in welchem Menschen<br />

mit Behinderungen<br />

arbeiten. Sie übernehmen Lohnabrechnungen<br />

und Buchhaltungen<br />

für Private, Organisationen<br />

und Firmen. Reitschulstrasse 5,<br />

2502 Biel, Tel. 032 323 60 60.<br />

Mail pro_office@gmx.ch<br />

Pensionskasse pro Hier kann<br />

die 2. Säule gemäss BVG für<br />

persönliche AssistentInnen zu<br />

attraktiven Bedingungen abgeschlossen<br />

werden. Hauptsitz<br />

Bahnhofstrasse 4, Postfach 434,<br />

6431 Schwyz, Tel. 041 817 70 10,<br />

dietmar.dambach@pkpro.ch<br />

Wohnungsmarkt<br />

Wir suchen laufend rollstuhlgängige<br />

Wohnungen vorzugsweise<br />

in den Regionen Bern,<br />

Basel, Zürich und St. Gallen.<br />

Ca. 400.­ pro Zimmer. Bei erfolgreichem<br />

Vertragsabschluss<br />

kann unter Umständen eine<br />

Belohnung ausbezahlt werden.<br />

Mail stiftung@fassis.net.<br />

Procap Vermittlung rollstuhlgängiger<br />

Wohnungen, Tel. 062<br />

206 88 55, Mail wohnen@procap.ch,<br />

Internet www.procapwohnen.ch/<br />

<strong>Schweiz</strong>er Immobilienmarkt<br />

Internet www.immobilienag.ch/immobilienmarkt.htm<br />

Ich (im E-Rolli) suche dringend<br />

eine 2­3 Zimmerwohnung<br />

in der Stadt oder näheren<br />

Umgebung Berns. Ebenerdiger<br />

Zugang, Türen min. 70 cm, geräumiges<br />

Bad. Max 1400.­ inkl.<br />

NK. Bitte anrufen bei <strong>FAssiS</strong>.<br />

www.fassis.net<br />

<strong>Assistenz</strong>dienste<br />

Ihr neuer Assistent Zuverlässig<br />

und respektvoll. Welche<br />

behinderte Person aus Bern<br />

möchte mich anstellen? Gutes<br />

Arbeitsklima ist mir wichtig.<br />

Tage­ oder stundenweise Einsätze,<br />

Lohn ist Verhandlungssache.<br />

Bitte melden bei …<br />

Suche Persönliche AssistentIn<br />

für Teilzeitjob. Wenn Sie wissen<br />

möchten, welche Hilfe ich<br />

aufgrund meiner Behinderung<br />

benötige, dann mailen Sie bitte<br />

an fassis@bluewin.ch! Keine<br />

Fachausbildung erforderlich,<br />

aber Zuverlässigkeit nötig!<br />

Sind Sie arbeitslos? Vielleicht<br />

habe ich die richtige Stelle für<br />

Sie. Ich bin blind und suche<br />

vertrauenswürdige Persönlichen<br />

Assistenten für Teilzeit. Infos<br />

unter www. fassis.net.


<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> Seite 8<br />

Selbstbestimmung und<br />

Eigenverantwortung<br />

Bundesgesetz über die Invalidenversicherung<br />

(IVG)<br />

Art. 1a Bst. c (Zweck)<br />

Die Leistungen dieses Gesetzes sollen zur<br />

Stärkung der selbstbestimmten und eigenverantwortlichen<br />

Lebensführung der betroffenen<br />

Versicherten beitragen.<br />

Schlussbestimmungen zur 4. IV-Revision,<br />

Bst. b (Pilotversuche zur Stärkung der eigenverantwortlichen<br />

und selbstbestimmten<br />

Lebensführung von Versicherten mit<br />

einem Bedarf an Pflege und Betreuung)<br />

Der Bundesrat veranlasst unverzüglich nach<br />

Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung einen<br />

oder mehrere Pilotversuche, in denen Erfah­<br />

rungen mit Massnahmen gesammelt werden,<br />

die eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte<br />

Lebensführung von Versicherten<br />

mit einem Bedarf an Pflege und Betreuung<br />

stärken. Dabei sollen namentlich die Höhe<br />

der Hilflosenentschädigung nach dem Ausmass<br />

der Hilflosigkeit abgestuft und diese<br />

personenbezogen ausgerichtet werden sowie<br />

die Wahlfreiheit in den zentralen Lebensbereichen<br />

erleichtert werden. Die Entschädigung<br />

soll sich aus einer angemessenen Hilflosenentschädigung<br />

und einem persönlichen<br />

Hilflosenbudget zusammensetzen, das in<br />

einem vernünftigen Verhältnis zu den Heimkosten<br />

steht. Im Übrigen ist Artikel 68quater<br />

Absätze 2­4 anwendbar.<br />

Apéro auf dem Bundesplatz nach dem Beschluss<br />

des Bundesrates, den Pilotversuch<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> durchzuführen<br />

Machen Sie mit werden Sie <strong>Assistenz</strong>pionierIn !<br />

fördern Sie ein <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> !<br />

<strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

Menschen mit erheblichen Behinderungen<br />

fordern mehr persönliche<br />

Entscheidungsfreiheit,<br />

wie sie wohnen und von wem sie<br />

die notwendigen Hilfeleistungen<br />

beziehen wollen. Mit dem <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

soll ein Mittelweg<br />

zwischen professioneller Betreuung<br />

(Heime, Spitex etc.) und<br />

unbezahlter Familienarbeit geschaffen<br />

werden.<br />

Der Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

will die Grundlagen für den<br />

politischen Entscheidungsprozess<br />

liefern, ob und in welchem<br />

Rahmen ein <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong> für<br />

BezügerInnen einer Hilflosenentschädigung<br />

als Alternative<br />

zum herkömmlichen Betreuungssystem<br />

landesweit eingeführt<br />

werden soll.<br />

Informationsmaterialien<br />

• Pilotversuch <strong><strong>Assistenz</strong>budget</strong><br />

• Heimaustritt/-rückkehr<br />

• Selbstdeklaration<br />

• akute Phasen<br />

• Arbeitgebermodell<br />

• Rechte und Pflichten<br />

• Soziale Sicherheit<br />

• Bildung und Arbeit<br />

Wir danken den ParlamentarierInnen, die sich für das <strong>Assistenz</strong>modell aktiv einsetzen: Toni Bortoluzzi (SVP/ZH), Pascale Bruderer (SP/AG),<br />

Eugen David (CVP/SG), Erika Forster (FDP/SG), Maya Graf (G/BL), Silvia Schenker (SP/BS), Jürg Stahl (SVP/ZH)<br />

Statt Altpapier:<br />

Vielen Dank!<br />

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