Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und ... - Familientext.de
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In <strong>de</strong>n USA blickt man auf eine 20-jährige Forschungstradition im Bereich<br />
»high conflict divorce« zurück. 3 Im Fokus stehen geschie<strong>de</strong>ne <strong>und</strong> getrennte<br />
Eltern, die anhalten<strong>de</strong> Konflikte bezüglich Sorgerechts- <strong>und</strong> Umgangsvereinbarungen<br />
haben. Das Konfliktniveau bleibt über längere Zeit hinweg konstant<br />
hoch <strong>und</strong> lässt sich während<strong>de</strong>ssen we<strong>de</strong>r durch gerichtliche noch durch außergerichtliche<br />
Interventionen nachhaltig reduzieren (Kelly 2003).<br />
Neben dieser eher allgemein formulierten Definition gibt es zwei differenziertere<br />
Vorschläge zur Erfassung von Hochkonflikthaftigkeit nach Trennung<br />
<strong>und</strong> Scheidung. Der erste stammt von <strong>de</strong>r amerikanischen Scheidungsfor-<br />
scherin Janet R. Johnston (1999) <strong>und</strong> beinhaltet folgen<strong>de</strong> Charakteristika:<br />
• Die Eltern führen einen kindzentrierten Rechtsstreit über Sorgerecht <strong>und</strong><br />
Umgang. Die gerichtlichen Verfahren wer<strong>de</strong>n häufig wie<strong>de</strong>raufgenommen.<br />
Regelungen, die durch gerichtliche Anordnung o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Interventionen<br />
getroffen wur<strong>de</strong>n, halten die Eltern nicht ein.<br />
• Es bestehen andauern<strong>de</strong> Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen hinsichtlich <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Koordination <strong>de</strong>r Erziehung <strong>de</strong>r gemeinsamen Kin<strong>de</strong>r. Die<br />
Kommunikation zeichnet sich durch offene sowie ver<strong>de</strong>ckte Feindseligkeit<br />
aus, bedingt durch einen hohen Grad an Wut <strong>und</strong> Misstrauen zwischen <strong>de</strong>n<br />
Eltern. Auch emotionaler Missbrauch <strong>de</strong>s ehemaligen Partners durch Demütigungen<br />
<strong>und</strong> Verleumdungen gehört zum Verhaltensrepertoire hochkonflikthafter<br />
Eltern. Insbeson<strong>de</strong>re bei Kontakt wegen Übergabe <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
kommt es zur Anwendung verbaler <strong>und</strong> physischer Gewalt.<br />
• Die Beziehung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zum an<strong>de</strong>ren Elternteil wird nicht respektiert.<br />
Häufig wer<strong>de</strong>n schwere, nicht bewiesene Anschuldigungen über Verhalten<br />
<strong>und</strong> Erziehungspraktiken <strong>de</strong>s ehemaligen Partners gemacht: Vernachlässigung,<br />
Missbrauch <strong>und</strong> Belästigung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, Kin<strong>de</strong>sentführung, häusliche<br />
Gewalt, Suchtverhalten.<br />
• Die gemeinsamen Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Konflikt <strong>mit</strong> einbezogen, ihre<br />
Bedürfnisse geraten aus <strong>de</strong>m Blickfeld <strong>de</strong>r Eltern.<br />
Die Praxis kennt jedoch auch solche <strong>hochkonflikthaften</strong> <strong>Trennungs</strong>- <strong>und</strong><br />
Scheidungseltern, die nicht all diese Kriterien erfüllen. In dieser Hinsicht wäre<br />
eine Definition hilfreich, die zwar mehrere Kriterien berücksichtigt, <strong>de</strong>nnoch<br />
aber die Bandbreite hochkonflikthafter Familien empirisch erfasst. Das Team<br />
von Homrich/Muenzenmeyer-Glover/Blackwell-White (2004) schlägt folgen<strong>de</strong><br />
Anhaltspunkte vor. Hochkonflikthaftigkeit besteht dann, wenn bei wie<strong>de</strong>rholter<br />
Gerichtspräsenz <strong>de</strong>r Eltern:<br />
• <strong>de</strong>ren emotionale Probleme ursächlich erscheinen;<br />
• die ehemaligen Partner unfähig o<strong>de</strong>r nicht willens sind, solche Konflikte<br />
ohne Hilfe <strong>de</strong>s Gerichts zu lösen, die an<strong>de</strong>re Scheidungspaare autonom<br />
regeln;<br />
• die Eltern ihre Kin<strong>de</strong>r in die Paarkonflikte einbeziehen, die Beziehung<br />
zum an<strong>de</strong>ren Elternteil belasten <strong>und</strong> Kin<strong>de</strong>r potenziell emotionale <strong>und</strong> physische<br />
Schä<strong>de</strong>n davon tragen;<br />
• mehrere Versuche gescheitert sind, <strong>de</strong>n Konflikt <strong>mit</strong> herkömmlichen<br />
außergerichtlichen Interventionen (Mediation) zu been<strong>de</strong>n.<br />
3 In Anlehnung an die anglo-amerikanische Forschung ist in folgen<strong>de</strong>r Handreichung nicht, wie es <strong>de</strong>r<br />
Projekttitel »Kin<strong>de</strong>rschutz bei hochstrittiger Elternschaft« vermuten lässt von »Hochstrittigkeit«, son<strong>de</strong>rn<br />
von »Hochkonflikthaftigkeit« die Re<strong>de</strong>.<br />
11 <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>hochkonflikthaften</strong> <strong>Trennungs</strong>- <strong>und</strong> Scheidungsfamilien: Eine Handreichung für die Praxis<br />
2.1