PDF (12.3 MB) - Fachbuch-Journal

LANDESKUNDE | REISEN
70 1 I 2013
ich gerne auf so manches Frühstück im Hotel, diese
ungemütlichen Frühstücksräume, das steife Geflüster
am Nebentisch, die komische Stille – schrecklich.
Manchmal verzichte ich tatsächlich und gehe stattdessen
ins nächste Straßencafé.
Über die Abruzzen ist die Auswahl an Reiseführern
überschaubar. Ich kenne außer einem Kunst-
und einem Wanderführer nur ihren Reiseführer.
Deshalb ist diese Frage eher generell: Gibt es klare
Vorteile der von Ihnen im Michael Müller Verlag
publizierten Reiseführer im Vergleich zu denen der
Konkurrenz? Haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal?
Na, das hoffe ich doch, dass der Michael Müller Verlag
ein Alleinstellungsmerkmal hat. Die Autoren können
das persönlich Erlebte hier mehr mit einbringen
als es vielleicht bei der Konkurrenz der Fall ist und in
unseren Büchern ist Platz für die eine oder andere
Bemerkung, die man in anderen Reiseführern nicht
findet. Das gefällt den Lesern, wir bekommen viele
Zuschriften, die sich genau darauf beziehen.
Trotz der blitzsauberen Adriastrände, der mächtigen
Gebirge, der außergewöhnlichen Nationalparks,
der schönen Kirchen und der vielen anderen
bemerkenswerten Highlights, die Sie in Ihrem
Buch geradezu verführerisch beschreiben, ergießen
sich noch immer keine Touristenströme in die Abruzzen.
Woran liegt das?
Ganz ehrlich – ich habe keine Ahnung. Vielleicht, weil
die ganz großen, weltbekannten Sehenswürdigkeiten
fehlen. Es gibt durchaus einige Abruzzen-Liebhaber,
die auch euphorische Leserbriefe schreiben, aber die
große Masse ist das nicht. Die Gegend ist und bleibt
etwas für Entdecker mit Abenteuerlust.
Würden Sie einem ganz besonderen „Menschenschlag“
eine Reise in die Abruzzen ans Herz legen?
Und wem würden Sie von einer solchen Reise eher
abraten?
Die Abruzzen sind wie geschaffen für eine Rundtour
mit dem Auto oder dem Motorrad, auch mit dem
Wohnmobil (Wohnwagen eher nicht, da viele schmale
und kurvige Bergsträßchen). Man kann sich einfach
treiben lassen, die grandiose Landschaft und Natur
genießen und von einem Ort zum anderen fahren.
Fast überall gibt es einladende kleine Hotels auch in
gehobener Kategorie und gute Restaurants, die Leute
sind nett und freuen sich über Gäste. Abraten würde
ich eigentlich niemandem. Wer jung ist und Party machen
will, sollte aber lieber an die Adria küste fahren.
Gibt es einen Ort – oder eine Gegend? – in den
Abruzzen, der Sie ganz besonders beeindruckt hat
und wo es Sie persönlich immer wieder hinzieht?
Absolut gigantisch finde ich das Campo Imperatore
am Gran Sasso und die Bergdörfer rundum. Das Rifugio
della Rocca in Calascio ist ein besonders schöner
Ort, einladend und in herrlicher Landschaft. Auch
kleine Städte wie Sulmona und Orte wie Guardiagrele
in schöner Berglage sind unbedingt einen Besuch
wert.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft? Haben gedruckte
Reiseführer im Online-Zeitalter eine Zukunft?
Ich glaube, wer mit Büchern aufgewachsen ist, wird
beim Buch bleiben und das digitale Angebot eher als
Ergänzung sehen. Bei Leuten, die heute Anfang 20
sind, da weiß das wohl niemand so genau. Manchmal
schlägt das Pendel ja auch zurück und man sehnt sich
nach dem guten alten Buch, in das man hineinkritzeln
kann und das nach ein paar Wochen Gebrauch
„Patina“ angesetzt hat. Diese Entwicklung gibt es ja
gerade bei der Vinyl-Platte. Für die nächsten 20 Jahre
glaube ich jedenfalls an das Buch.