PDF (12.3 MB) - Fachbuch-Journal
PDF (12.3 MB) - Fachbuch-Journal
PDF (12.3 MB) - Fachbuch-Journal
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
LANDESKUNDE | REISEN<br />
Untersuchungen zur<br />
chinesischen Volkskultur<br />
ALLTAGSKULTUREN CHINAS<br />
UND SEINER NACHBARN 4<br />
Iris Hopf<br />
Uniform in der Kulturrevolution?<br />
Über den Zusammenhang von Schnitttechnik und Ideologie<br />
im China der 1960er und 1970er Jahre<br />
Harrassowitz Verlag<br />
Iris Hopf, Uniform in der Kulturrevolution?<br />
Über den Zusammenhang<br />
von Schnitttechnik und Ideologie im<br />
China der 1960er und 1970er Jahre.<br />
Wiesbaden: Harrassowitz 2011.<br />
ISBN 978-3-447-06545-0. € 38,–<br />
Das chinesische Wirtschaftswunder zu<br />
bestaunen reisen viele nach China, und<br />
doch verbirgt sich den meisten Reisenden,<br />
was hinter den Fassaden verschwindet.<br />
Dabei gibt es zunehmend<br />
Selbstzeugnisse und Studien, Berichte<br />
aus der Arbeitswelt à la Günter Wallraff<br />
und in der Literatur die Verarbeitung<br />
von Traumata in der Vergangenheit,<br />
auch wenn sich die heutige junge Generation<br />
kaum noch dafür interessiert.<br />
Allerdings verändert sich China insbesondere<br />
in den Städten so schnell, dass<br />
oft in kürzester Zeit gewohnte Stadtteile<br />
dem Boden gleichgemacht werden,<br />
um neuen Wohnhäusern oder auch Hotels<br />
und Geschäften zu weichen oder<br />
auch ganz anderen Zwecken zugeführt<br />
zu werden. Da ist es erfreulich, dass<br />
diese Gesellschaft im raschen Umbruch<br />
dokumentiert und verstanden wird, weil<br />
dies für viele von Bedeutung ist, vor<br />
allem auch für Chinesen selbst, die irgendwann<br />
sonst ihren Kindern und Enkeln<br />
kaum mehr erklären können, wie<br />
sie selbst noch China erlebt haben.<br />
Die Untersuchungen zur Volkskultur<br />
in einer von Mareile Flitsch herausgegebenen<br />
Reihe sind hier besonders zu<br />
58 1 I 2013<br />
ALLTAGSKULTUREN CHINAS<br />
UND SEINER NACHBARN 5<br />
Lena Kaufmann<br />
Mala tang –<br />
Alltagsstrategien ländlicher<br />
Migranten in Shanghai<br />
Harrassowitz Verlag<br />
Lena Kaufmann, Mala tang – Alltagsstrategien<br />
ländlicher Migranten in<br />
Shanghai:<br />
Harrassowitz 2011.<br />
ISBN 978-3-447-06522-1. € 24,80<br />
begrüßen. Das Erscheinungsbild der<br />
Kulturrevolution, geprägt durch die<br />
olivgrünen Uniformen („Mao-Anzüge“)<br />
und blaue Baumwollstoffe mit roten<br />
Fahnen, Armbinden und Halstüchern<br />
ist eben auch ein kulturgeschichtliches<br />
Phänomen ersten Ranges. Hier schließt<br />
die Studie von Iris Hopf eine Lücke<br />
und belegt, wie sehr die Kleidung zur<br />
Transformation und Neuformierung der<br />
chinesischen Gesellschaft beigetragen<br />
hat. Iris Hopf relativiert das westliche<br />
Vorurteil, diese Kleidungsmode habe<br />
„den Verlust persönlicher Freiheit“ und<br />
„die Auflösung von Individualität“ bedeutet,<br />
und legt die Widersprüche und<br />
Ambivalenzen im politischen System<br />
jener Zeit dar, als deren Ausdruck die<br />
Kulturrevolution (1966–1976) gesehen<br />
werden muss.<br />
Lena Kaufmann zeigt anhand eines<br />
Nudelimbiss-Geschäftes in Shanghai,<br />
das inzwischen nicht mehr an dem Ort<br />
existiert, an dem die Studie erfolgte,<br />
wie Migranten aus der Provinz, hier aus<br />
Anhui, ein Gericht mit in die Metropole<br />
bringen und dort erfolgreich vermarkten,<br />
wie aber auch die Spannungen<br />
innerhalb der Familie ausgetragen und<br />
Wolfgang Müller, Mingong.<br />
Die Suche nach dem Glück/<br />
The Pursuit of Happiness.<br />
Berlin: Vice Versa Verlag 2012. 175 Seiten,<br />
Hardcover mit Schutzumschlag,<br />
ISBN 978-3-932809-70-5. € 39,90<br />
Rollen eingenommen bzw. verändert<br />
oder verweigert werden. Gerade solche<br />
Mikrostudien stellen die Menschen und<br />
ihre Schicksale in den Mittelpunkt. Wer<br />
heute in China reist oder auch sonst mit<br />
Chinesen Umgang pflegt, ist gut beraten,<br />
solche gedrängten Erfahrungsberichte<br />
und Studien aus volkskundlicher<br />
Perspektive zur Kenntnis zu nehmen.<br />
Dies gilt auch für den protokollierenden<br />
zugewandten Blick des Photographen<br />
Wolfgang Müller, der die sogenannten<br />
„Wanderarbeiter“ mit seiner<br />
Kamera aufgesucht hat. Die Reportage<br />
verschweigt nicht ihren sozialkritischen<br />
Blick, doch ermöglicht dieser „Blick hinter<br />
den Vorhang“, von dem der Verlag<br />
spricht, Einsichten in real gelebtes Leben<br />
und vermittelt zugleich ein Gefühl<br />
von den Mühen wie von den Hoffnungen<br />
der Akteure. So ist es durchaus zutreffend,<br />
das für den Bildband der Titel<br />
„Die Suche nach dem Glück/The Pursuit<br />
of Happiness“ gewählt wurde, in dem<br />
die Portraitierten mit kurzen Statements<br />
selbst zu Wort kommen, zu denen dann<br />
im Anhang des eindrucksvollen Bandes<br />
mit ganzseitigen farbigen Fotographien<br />
noch einige ausführlichere Mitteilungen<br />
zu finden sind. (hsg)