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RECHT<br />
42 1 I 2013<br />
I.<br />
Das sog. „lange 19. Jahrhundert“ beginnt nicht erst mit dem<br />
Jahr 1801 und endet nicht schon 1900, sondern umfasst den<br />
Zeitraum von der französischen Revolution von 1789 bis zum<br />
Vorabend des Ersten Weltkriegs. Es ist gekennzeichnet durch<br />
zahlreiche Umbrüche in Europa wie auch in anderen Teilen<br />
der Welt. Staaten entstanden und gingen unter. Staats- und<br />
Regierungsformen kamen und gingen. Die Bevölkerungszahlen<br />
wuchsen in bis dahin nicht gekanntem Maße, und die<br />
sozialen Verhältnisse änderten sich rasant.<br />
Dies aufzuarbeiten, ist eine geradezu herkulische Aufgabe.<br />
Um sie zu bewältigen, haben sich zahlreiche deutsche und<br />
ausländische Wissenschaftler zusammengefunden. Die ersten<br />
Früchte ihrer gemeinsamen Bemühungen liegen nun in Gestalt<br />
von zwei voluminösen Bänden vor:<br />
Handbuch der europäischen Verfassungsgeschichte im<br />
19. Jahrhundert – Institutionen und Rechtspraxis im<br />
gesellschaftlichen Wandel<br />
Bd. 1: Um 1800<br />
Hrsg. von Peter Brandt, Martin Kirsch und Arthur<br />
Schlegelmilch unter redaktioneller Mitwirkung von<br />
Werner Daum, Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn<br />
2006, ISBN-10: 3-8012-4140-8. 1224 Seiten, Leinen,<br />
€ 88,-.<br />
Bd. 2: 1815 - 1847<br />
Hrsg. vom Werner Daum unter Mitwirkung von Peter<br />
Brandt, Martin Kirsch und Arthur Schlegelmilch, Verlag<br />
J.H.W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn 2012, ISBN 978-3-<br />
8012-4141-4. 1504 Seiten, Leinen, € 168,-.<br />
Mit diesen beiden Bänden Hand in Hand gehen die beiden<br />
CD-ROMs<br />
Peter Brandt/Martin Kirsch/Arthur Schlegelmilch<br />
(Hrsg.), Quellen zur europäischen Verfassungsgeschichte<br />
im 19. Jahrhundert – Teil 1: Um 1800, Verlag J.H.W.<br />
Dietz Nachf. GmbH, Bonn 2004, ISBN 3-8012-4144.0.<br />
€ 19,80.<br />
Peter Brandt/Werner Daum/Martin Kirsch/Arthur<br />
Schlegelmilch (Hrsg.), Quellen zur europäischen Verfassungsgeschichte<br />
im 19. Jahrhundert – Teil 2: 1815 -<br />
1847. Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn 2010,<br />
ISBN 978-3-8012-4145-2. € 19,80.<br />
II.<br />
Das Gesamtprojekt, das im Auftrag des Historischen Forschungszentrums<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Instituts<br />
für Europäische Verfassungsgeschichte der FernUniversität<br />
Hagen durchgeführt wird. ist auf vier Bände und vier<br />
CD-ROMs angelegt. In dem Beiblatt zur ersten CD-ROM wird<br />
es wie folgt vorgestellt:<br />
„Teil 1 behandelt die Epoche der Französischen Revolution und des<br />
napoleonischen Hegemonialsystems mit je nach Land unterschiedlich<br />
weiten Rückgriffen in die vorrevolutionäre Zeit, die in der Regel von<br />
Varianten der teils stärker absoluten oder vermehrt durch ständische<br />
Herrschaftsformen geprägten Monarchie bestimmt war. Die Quellen<br />
des Teils 2 beziehen sich auf im kontinentalen Bereich ebenfalls klar<br />
abgrenzbare, durch den konfliktreichen Dualismus von Krone und<br />
Kammer geprägte Periode zwischen dem Wiener Kongress 1814/15<br />
und der Revolution von 1848/49, mit deren Beginn Teil 3 einsetzt.<br />
Dieser umfasst Texte, die vom Durchbruch der konstitutionellen Monarchie<br />
im Rahmen einer zunehmend bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft<br />
und der Entstehung neuer nationaler Verfassungsstaaten<br />
zeugen. In Teil 4, der etwa 1870/80 einsetzt und mit dem Ersten<br />
Weltkrieg endet, geht es um den ebenfalls fast den gesamten Kontinent<br />
erfassenden, wenn auch nicht überall zum Ziel gelangenden<br />
Anlauf zur Erweiterung und Transformation der konstitutionellen<br />
Systeme durch Konzentration der wesentlichen politischen Kompetenzen<br />
im Parlament und durch Demokratisierung des Stimmrechts.<br />
Hier wie auch in den vorangegangenen Teilen sind die vielfältigen<br />
Phänomene des Rückbaus und der manipulativen Unterwanderung<br />
der etablierten Verfassungsinstitutionen mit zu berücksichtigen.“<br />
Jeder Band und jede CD-ROM ist auch einzeln beziehbar und<br />
benutzbar. Die CD-ROMs erscheinen jeweils vor dem zugehörigen<br />
Band, in dem dann häufig auf die in der CD-ROM publizierten<br />
Quellentexte verwiesen wird. Die dritte CD-ROM (1848<br />
- 1880) ist für 2013 geplant, die vierte, die den Zeitraum von<br />
1880 bis 1914 umfassen wird, soll 2014 herauskommen.<br />
III.<br />
Die beiden Bände sind im Wesentlichen übereinstimmend aufgebaut.<br />
Sie enthalten jeweils eine umfangreiche Einleitung,<br />
einen Abschnitt „Europäisches Verfassungsdenken um …“ sowie<br />
die Landesberichte. Die Einleitungen setzen sich jeweils<br />
aus mehreren nicht nummerierten Sachartikeln sowie aus von<br />
1 bis 12 durchnummerierten länderübergreifenden Beiträgen<br />
zu den Themen zusammen, die auch in den Länderberichten<br />
abgehandelt werden. Besonders übersichtlich ist das nicht.<br />
In den zwölf durchnummerierten Beiträgen der Einleitung<br />
und den Landesberichten abgehandelt werden folgende Themen:<br />
1. Internationale Beziehungen; 2. Verfassungsstruktur<br />
der zentralen staatlichen Ebene; 3. Wahlrecht und Wahlen;<br />
4. Grundrecht; 5. Verwaltung; 6. Justiz; 7. Militär; 8. Verfassungskultur;<br />
9. Kirche; 10. Bildungswesen; 11. Finanzen;<br />
12. Wirtschafts- und Sozialgesetzgebung/Öffentliche Wohlfahrt.<br />
Unter „Verfassungskultur“ verstehen die Herausgeber<br />
„das vornehmlich durch Mentalität, Symbole und Diskurse geprägte,<br />
auf Norm und Praxis sowie Legitimation und Legalität<br />
verfasster öffentlicher Ordnung abhebende Verhaltens- und<br />
Beziehungsmuster zwischen Herrschenden und Beherrschten“<br />
(Bd. 1 S. 88).<br />
In beiden Bänden finden sich Landesberichte zu folgenden<br />
Staaten: Großbritannien, Frankreich, Italien, die Niederlande,<br />
Schweiz, Polen, Spanien, „Deutschland und das Habsburgerreich“,<br />
Schweden, Dänemark, Norwegen, Russland, das Osmanische<br />
Reich, die rumänischen Fürstentümer sowie Portugal.<br />
Nur im Bd. 2 sind Belgien, Luxemburg, Finnland, Serbien und<br />
Griechenland mit einem eigenen Landesbericht bedacht worden.<br />
Über Europa hinausgehend werfen die vier Herausgeber<br />
gemeinsam (Bd. 1 S. 22 - 34) bzw. Peter Brandt (Bd. 2 S. 11 -<br />
30) einen Blick auch auf die Verfassungsentwicklung in Nordamerika,<br />
die ja erhebliche Auswirkungen auf die europäische<br />
gehabt hat.<br />
Das Kapitel „Deutschland und das Habsburgerreich“, das in<br />
beiden Bänden einen breiten Raum einnimmt, ist in Bd. 1<br />
(S. 640 - 977) weiter unterteilt worden in Das Alte Reich und<br />
der napoleonische Rheinbund (letzterer kommt dabei etwas<br />
zu kurz), Die napoleonischen Modellstaaten (nämlich das Kö-