PDF (12.3 MB) - Fachbuch-Journal
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Wenden wir uns einer kleinen Bibliothek zu, in der viele<br />
Schätze verborgen sind:<br />
Volker Bannies: Freiberger<br />
Bücherschätze. Andreas<br />
Möller Bibliothek. Aufnahmen<br />
Volkmar Herre / Hrsg.<br />
Förderverein Geschwister-<br />
Scholl-Gymnasium Freiberg<br />
e.V. Beucha/ Markkleeberg:<br />
Sax-Verl., 2012.<br />
144 S.<br />
ISBN 978-3-86729-114-9<br />
€ 29.50<br />
2012 ging eine schlimme<br />
Nachricht durch die Presse:<br />
Die im Stralsunder Stadtarchiv<br />
bewahrte historische<br />
Gymnasialbibliothek der Hansestadt wurde über einen Antiquar<br />
verschleudert. Erst nach großem Protest gelang es, den<br />
Kauf rückgängig zu machen und die noch vorhandenen 5.278<br />
Bücher in den Besitz der Hansestadt zurückzuführen.<br />
2012 ging aber auch eine überaus erfreuliche Nachricht durch<br />
die Presse: Der Förderverein des Geschwister-Scholl-Gymnasiums<br />
Freiberg lud zur Präsentation des Prachtbandes über die<br />
Kostbarkeiten der Andreas-Möller-Bibliothek am 20. November<br />
in das Freiberger Gymnasium.<br />
Das Schicksal von zwei Gymnasialbibliotheken – Verantwortungslosigkeit<br />
auf der einen und Stolz und Verantwortung für<br />
historisch Überliefertes auf der anderen Seite.<br />
Die Freiberger Gymnasialbibliothek, die letzte noch existierende<br />
historische Schulbibliothek Sachsens, 1986 benannt<br />
nach dem Konrektor, Stadtchronisten und Bibliothekar Andreas<br />
Möller (1598–1660), ist eine Schatzkammer des Geistes,<br />
„ein kleines Juwel der deutschen Bibliothekslandschaft“<br />
(S. 7), ein Dorado für Forscher. Sie besitzt Bücherschätze, die<br />
beispielhaft für die Entwicklung der Buchkunst und des Buchdruckes<br />
sind. Die 1565 vollzogene Übernahme des Bestandes<br />
ehemaliger Klosterbibliotheken gilt als Gründungsjahr der Bibliothek.<br />
Damit wird sie zum Spiegelbild von 450 Jahren Bibliotheksgeschichte,<br />
die der Autor Volker Bannies im Spiegel<br />
der Geschichte der Bergstadt Freiberg und seines Gymnasiums<br />
rekapituliert und die der gebürtige Freiberger und heute in<br />
Stralsund ansässige Fotograf und Verleger Volkmar Herre ins<br />
Bild setzt.<br />
Die Bibliothek hat heute einen historischen Bestand von 6.400<br />
Titeln, darunter 301 Handschriften und 535 Inkunabeln. Volker<br />
Bannies beschreibt die Geschichte der Bibliothek und gibt<br />
Erläuterungen zu den exemplarisch in ganzseitigen Abbildungen<br />
vorgestellten Büchern. Dazu gehören die Psalmen Davids<br />
in einer mit vielen farbigen ornamentalen Initialen versehenen<br />
Pergamenthandschrift aus dem 13. Jahrhundert, Eike von<br />
Repgows berühmter Sachsenspiegel als Handschrift auf Papier<br />
aus dem 15. Jahrhundert, verschiedene illustrierte theologische<br />
Werke von Antoninus Florentinus aus dem Verlag Anton<br />
Koberger Nürnberg von 1477–1479, Martin Luthers Summarien<br />
über die Psalmen aus dem Wittenberger Verlag Joseph<br />
Klug von 1535 mit eigenhändig geschriebenen Bemerkungen<br />
des Reformators, ein Brief von Martin Luther an den Kurfürsten<br />
Johann den Beständigen vom 17. August 1529 – mit Ehr-<br />
IM FOKUS: WISSENSCHAFTLICHE SAMMLUNGEN<br />
furcht hat der Rezensent die beiden Luthereditionen während<br />
seiner Freiberger Zeit mehrfach in den Händen gehalten.<br />
Volkmar Herre hat Stadt, Bibliothek und Bücher fotografiert,<br />
er übernahm die Gesamtherstellung und verlegte diesen außergewöhnlichen<br />
Prachtband mit exzellentem Einband und<br />
Schuber. Volker Bannies: „Ihre herrlichen Einbände, prachtvollen<br />
Miniaturen, feingliedrigen Handschriften, meisterhaften<br />
Zweifarbendrucke, besondere Kostbarkeiten und viele Raritäten<br />
laden ein zum Betrachten, Staunen und Studieren.“<br />
(S. 29) Schade, dass die vielen Unterstützer, Beschützer und<br />
Wächter vergangener Zeiten diese Publikation nicht mehr erleben<br />
konnten.<br />
Fazit: Eine große Entdeckung, eine einmalige verlegerische<br />
Leistung, ein Buch für Wissenschaftler, die sich mit dem Mittelalter<br />
und der Frühen Neuzeit und der Geschichte der Pädagogik<br />
beschäftigen und für Regional-, Buch- und Bibliothekshistoriker.<br />
Neben dem Wert für Wissenschaftler ist es ein<br />
wunderbares Geschenk für Bibliophile und Bürger und Freunde<br />
der Stadt Freiberg.<br />
Nun folgen einzelne Themen, zuerst die Sammlung von<br />
Theaterzetteln:<br />
Theater – Zettel –<br />
Sammlungen. Erschließung,<br />
Digitalisierung,<br />
Forschung / Hrsg. Matthias<br />
J. Pernerstorfer. Wien:<br />
Hollitzer Wissenschaftsverlag,<br />
2012. XXIV, 344<br />
S. (Don Juan Archiv Wien.<br />
Bibliographica 1) ISBN<br />
978-3-99012-080-4<br />
€ 39.90<br />
Dem Rezensenten sind in<br />
zwei im fachbuchjournal rezensiertenVeröffentlichungen<br />
zwei Beiträge von Gertrude<br />
Cepl-Kaufmann über den kulturellen Stellenwert von<br />
Theaterzetteln (Flugblätter von der frühen Neuzeit bis zur<br />
Gegenwart als kulturhistorische Quellen und bibliothekarische<br />
Sondermaterialien. Frankfurt am Main, 2010. S. 127-157) und<br />
die Theaterzettel als Erinnerungsträger und Medium kulturwissenschaftlicher<br />
Forschung (Bibliothek und Forschung. Die<br />
Bedeutung von Sammlungen für die Wissenschaft. Frankfurt<br />
am Main, 2011. S. 45-73) in Erinnerung geblieben. Die Autorin<br />
beschäftigt sich darin mit einer in der Wissenschafts-<br />
und Kulturgeschichte gering geschätzten Informationsquelle.<br />
Theater – Zettel – Sammlungen ist das Ergebnis einer<br />
gleichnamigen in Wien 2011 durchgeführten Tagung, eines<br />
Forschungsseminars und der „Wiener Theaterzettel-Initiative“.<br />
Theaterzettel sind kurzfristig produzierte kleinformatige Plakate,<br />
die am Tag der Aufführung eines Theaterstückes in oder<br />
vor der Spielstätte ausgehängt werden. Sie enthalten kurze Informationen<br />
in erster Linie über den Namen des Theaters, das<br />
Datum der Aufführung, den Titel des Stücks und die Namen<br />
der Darsteller. Cepl-Kaufmann nennt sie eine minimalistische<br />
Archivalie (S. 49).<br />
Welchen unvorstellbaren Fundus Theaterzettel für die Forschung<br />
bilden, zeigen u.a. die Sammlungen der Staatsbiblio-<br />
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