Das Evangelium nach Johannes - Offenbarung.ch

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27.08.2013 Aufrufe

Johannes 4,25—27 65 mit dir rede. Da gab er ihr das lebendige Wasser. Der, der mit solcher Freundlichkeit, Gnade und Vergebung zu ihr gesprochen und sie zurechtgebracht hatte, das war der Christus! das war der, der in Gottes Namen begnadigt und ewig regiert. So war ja mit einem Male auch ihr, der verlorenen Frau, die Freundlichkeit Gottes erschienen! Konnte sie noch dürsten oder je wieder dürsten? War ihr nicht eine Freude geschenkt und eine Kraft verliehen, die nicht mehr zu verlieren war? Der Christus war ihr als Freund genaht. Sicher schaut Johannes, indem er uns Jesu Gespräch mit der Samariterin erzählt, auch auf dasjenige mit Nikodemus zurück. Sie geben, nebeneinander gestellt, ein helles Bild, wie Jesus seine suchende Arbeit an den Menschen tat. Zunächst scheint der hochstehende Meister Israels vor dem zur samaritischen Sekte gehörenden und tief gefallenen Weibe weit im Vorsprung zu sein. Beide kann aber Jesus nur durch einen ernsten Kampf mit ihnen fassen. Ähnliche Schwierigkeiten hindern beide. Dort ist es der Stolz des Theologen: „Wir wissen!", hier der Stolz der Sekte: Wir sind ebenso gut wie ihr! Beide denken an alles andere, nur nicht an den Geist. „Geburt aus Gott" tönt Nikodemus ebenso märchenhaft wie das „lebendige Wasser" der Samariterin. Schließlich überholt jedoch die Frau den Theologen. Dieser geht ergriffen, aber noch nicht überwunden von Jesus weg. Nur den Weg kann ihm Jesus zeigen, auf dem er sich zu ihm hin oder von ihm weg bewegen wird, weif es sich darum handelt, ob er das Licht lieber als die Finsternis hat. Nach derselben heiligen Regel hat Jesus auch die Frau geführt und sie ins Licht gestellt. Während sich aber Niko- . demus noch besinnen muß, ob er kommen will oder nicht, eilt sie zu Jesus hin und ergreift seine Hand, und er reicht sie ihr. Was macht den Unterschied? Die Sünde, Schande und Not der Frau war ihre kranke Liebe, des Nikodemus Sünde, Schande und Not seine kranke Weisheit. Es sind àie beiden mächtigsten Verderber der Menschheit, mit denen Jesus hier ringt. Aus der falschen Weisheit ist jedoch der Rückweg schwerer. Die falsche Liebe macht sinken, tut weh, erzeugt eine brennende Wunde und macht welk. Die falsche Weisheit sieht wie Erhebung, Reichtum, Kraft und Leben aus. Sie erzeugt selbst eine Art Licht, einen blendenden Schein. Die Wendung vom falschen zum wahren licht ist schwerer als die von der Finsternis zum Licht. Was Jesus der Frau gegeben hat, trieb gleich Wirkungen in einem weiteren Kreise hervor. Auf Jesu Seite traten die Jünger dem, was er getan hat, näher; die Frau holt ihrerseits ihre Landsleute herbei. 4,27: Darauf kamen seine Jünger und verwunderten sieb, daß er mit einer Frau redete. Keiner sagte jedodj: Was suchst du, oder warum sprichst du mit ihr? Johannes zeigt auf den tiefen Abstand der Jünger von Jesus hin. Seinen barmherzigen Blick auf die ver-

66 Jesus beruft die Samariterin welkende Frau kennen und teilen sie nicht, verstehen es noch nicht, daß er mit derselben Liebe, wie dem Mann, so auch der Frau den lebendigen Trank reicht und auch ihr zur Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit hilft. Sie folgen teils dem überlegenen Gefühl des Mannes, der die Frau unter sich sieht, und werden darin noch bestärkt durch den Ausblick auf das Himmelreich. "Was bedeutet eine Frau für Jesu hohes Ziel, was kann sie zum Werk beitragen, das er auf Erden auszurichten hat? Teils bringt die ängstliche Scheu vor den sündlichen Regungen ihre Verwunderung hervor. Am sichersten wappnet sich nach ihrer Meinung der gegen die Versuchung, der gar nicht mit einer Frau spricht. Je heiliger ein Mann ist, desto weniger Berührung hat er mit der Frau. Sie verstehen Jesu Reinheit noch nicht, der seinen Blick auch auf die Schuld und Not des weiblichen Herzens richtet, selbst unerschütterlich und darum ermächtigt und befähigt, zu tragen, zu helfen, zu verzeihen. Aber auch jetzt, als den Jüngern Jesu Verschiedenheit von ihnen ins Bewußtsein trat, spürten sie die Macht seiner Leitung. Was sie im Herzen hatten, kam nicht auf die Lippen. Sie wagten es nicht, in einer Frage auszusprechen, daß sich ein Zweifel an dem, was er tue, in ihnen regte. Es hielt sie dennoch die Gewißheit: was er tut, ist rein und recht; ist er anders, als wir dachten, so ist er größer, reiner, herrlicher als wir; es steht uns nicht zu, zu fragen, warum er so handle. 4,28—30: Nun ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, ging in die Stadt und sagt den Menschen: Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich tat, ob nicht dieser der Christus sei. Sie gingen aus der Stadt heraus und kamen zu ihm. Daß die Frau, als sie zu den Ihrigen ging, ihren Krug stehen ließ, hat Johannes nicht unbeachtet gelassen. Dieser stehengebliebene Krug war das Wahrzeichen, daß sie etwas erlebt hatte, was ihren Gedanken eine völlig andere Richtung gab und alles zurückdrängte, was sie bisher beschäftigte. Sie lud ihre Landsleute zu Jesus, damit sie prüften, ob er nicht der Christus sei, und der Grund, auf den sie ihre Ladung stellte, war Jesu Blick, der ihr Inneres durchschaut hatte, mit dem er sich an ihr als den Kenner der Herzen und in Gericht und Gnade als den Heiligen bewährt hatte. Es liegt in diesem Bekenntnis zu Jesus eine ernste Aufrichtigkeit, die sein Bußwort angenommen hak Eben noch waren die Jünger in der Stadt; sie haben dort nichts getan als Brote eingehandelt. Daß auch in Samaria Glaube erweckt und die Leute zu Jesus geführt werden könnten, schien ihnen undenkbar. Es war auch für sie unmöglich, da sie das, was die Samariter von ihnen schied, nicht zu überwinden vermochten, weshalb ihr Wort ihnen nur als jüdische Fabel erschienen wäre. Dazu standen sie selbst noch unter dem Druck der Spaltung, und ihre Liebe war noch nicht klar und stark genug, um hier die.Brücke bauen zu kön-

<strong>Johannes</strong> 4,25—27 65<br />

mit dir rede. Da gab er ihr das lebendige Wasser. Der, der mit sol<strong>ch</strong>er Freundli<strong>ch</strong>keit,<br />

Gnade und Vergebung zu ihr gespro<strong>ch</strong>en und sie zure<strong>ch</strong>tgebra<strong>ch</strong>t<br />

hatte, das war der Christus! das war der, der in Gottes Namen begnadigt und<br />

ewig regiert. So war ja mit einem Male au<strong>ch</strong> ihr, der verlorenen Frau, die<br />

Freundli<strong>ch</strong>keit Gottes ers<strong>ch</strong>ienen! Konnte sie no<strong>ch</strong> dürsten oder je wieder dürsten?<br />

War ihr ni<strong>ch</strong>t eine Freude ges<strong>ch</strong>enkt und eine Kraft verliehen, die ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr zu verlieren war? Der Christus war ihr als Freund genaht.<br />

Si<strong>ch</strong>er s<strong>ch</strong>aut <strong>Johannes</strong>, indem er uns Jesu Gesprä<strong>ch</strong> mit der Samariterin erzählt,<br />

au<strong>ch</strong> auf dasjenige mit Nikodemus zurück. Sie geben, nebeneinander gestellt,<br />

ein helles Bild, wie Jesus seine su<strong>ch</strong>ende Arbeit an den Mens<strong>ch</strong>en tat. Zunä<strong>ch</strong>st<br />

s<strong>ch</strong>eint der ho<strong>ch</strong>stehende Meister Israels vor dem zur samaritis<strong>ch</strong>en<br />

Sekte gehörenden und tief gefallenen Weibe weit im Vorsprung zu sein. Beide<br />

kann aber Jesus nur dur<strong>ch</strong> einen ernsten Kampf mit ihnen fassen. Ähnli<strong>ch</strong>e<br />

S<strong>ch</strong>wierigkeiten hindern beide. Dort ist es der Stolz des Theologen: „Wir<br />

wissen!", hier der Stolz der Sekte: Wir sind ebenso gut wie ihr! Beide denken<br />

an alles andere, nur ni<strong>ch</strong>t an den Geist. „Geburt aus Gott" tönt Nikodemus<br />

ebenso mär<strong>ch</strong>enhaft wie das „lebendige Wasser" der Samariterin. S<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong><br />

überholt jedo<strong>ch</strong> die Frau den Theologen. Dieser geht ergriffen, aber no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

überwunden von Jesus weg. Nur den Weg kann ihm Jesus zeigen, auf dem er<br />

si<strong>ch</strong> zu ihm hin oder von ihm weg bewegen wird, weif es si<strong>ch</strong> darum handelt,<br />

ob er das Li<strong>ch</strong>t lieber als die Finsternis hat. Na<strong>ch</strong> derselben heiligen Regel hat<br />

Jesus au<strong>ch</strong> die Frau geführt und sie ins Li<strong>ch</strong>t gestellt. Während si<strong>ch</strong> aber Niko-<br />

. demus no<strong>ch</strong> besinnen muß, ob er kommen will oder ni<strong>ch</strong>t, eilt sie zu Jesus hin<br />

und ergreift seine Hand, und er rei<strong>ch</strong>t sie ihr. Was ma<strong>ch</strong>t den Unters<strong>ch</strong>ied?<br />

Die Sünde, S<strong>ch</strong>ande und Not der Frau war ihre kranke Liebe, des Nikodemus<br />

Sünde, S<strong>ch</strong>ande und Not seine kranke Weisheit. Es sind àie beiden mä<strong>ch</strong>tigsten<br />

Verderber der Mens<strong>ch</strong>heit, mit denen Jesus hier ringt. Aus der fals<strong>ch</strong>en Weisheit<br />

ist jedo<strong>ch</strong> der Rückweg s<strong>ch</strong>werer. Die fals<strong>ch</strong>e Liebe ma<strong>ch</strong>t sinken, tut weh,<br />

erzeugt eine brennende Wunde und ma<strong>ch</strong>t welk. Die fals<strong>ch</strong>e Weisheit sieht<br />

wie Erhebung, Rei<strong>ch</strong>tum, Kraft und Leben aus. Sie erzeugt selbst eine Art<br />

Li<strong>ch</strong>t, einen blendenden S<strong>ch</strong>ein. Die Wendung vom fals<strong>ch</strong>en zum wahren li<strong>ch</strong>t<br />

ist s<strong>ch</strong>werer als die von der Finsternis zum Li<strong>ch</strong>t.<br />

Was Jesus der Frau gegeben hat, trieb glei<strong>ch</strong> Wirkungen in einem weiteren<br />

Kreise hervor. Auf Jesu Seite traten die Jünger dem, was er getan hat, näher;<br />

die Frau holt ihrerseits ihre Landsleute herbei. 4,27: Darauf kamen seine Jünger<br />

und verwunderten sieb, daß er mit einer Frau redete. Keiner sagte jedodj:<br />

Was su<strong>ch</strong>st du, oder warum spri<strong>ch</strong>st du mit ihr? <strong>Johannes</strong> zeigt auf den tiefen<br />

Abstand der Jünger von Jesus hin. Seinen barmherzigen Blick auf die ver-

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