6H@A:E>DH - Asklepios
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Medizin & Wissenschaft<br />
Von der Luftfahrt lernen:<br />
Simulatorentraining im Herzkatheterlabor<br />
22 Ärzte aus acht Kliniken probten in Barmbek den Notfall<br />
Bevor ein Pilot zum ersten Mal die volle<br />
Verantwortung für eine Passagiermaschine<br />
übernimmt, hat er den ablauf viele stunden<br />
im simulator trainiert. einen solchen<br />
trainingssimulator gibt es jetzt auch für<br />
die herzkatheterbehandlung. diese Methode<br />
hat sich in der akuttherapie des herzinfarkts<br />
als besonders wirksam erwiesen.<br />
dabei sind manuelles geschick, erfahrung<br />
und stresssichere entscheidungsfähigkeit<br />
oft ähnlich wichtig wie im cockpit.<br />
Zweiundzwanzig Ärzte aus acht<br />
Kliniken haben in einem Fortbildungsworkshop<br />
realitätsnahe Notfallszenarien<br />
im Herzkatheterlabor mit<br />
einem Simulator geprobt. Freilich ohne<br />
dass ein Patient einem tatsächlichen Risiko<br />
durch eine Fehlentscheidung ausgesetzt<br />
worden wäre. In Echtzeit bilden die Simulatoren<br />
per Computer die Körperfunktionen<br />
eines fiktiven Patienten nach: die Atmung,<br />
den Blutkreislauf und sogar die Reaktion<br />
auf Medikamente. Der »Patient«, der äußerlich<br />
einer Schaufensterpuppe ähnelt, ist im<br />
Innenleben nach anatomischem Vorbild geformt.<br />
An typischen Stellen kann der Puls<br />
getastet werden, der Brustkorb bewegt sich<br />
mit den Atemzügen, die ebenso wie die<br />
Herzgeräusche abgehört werden können.<br />
Auch die Augenlid- und Pupillenreflexe<br />
lassen sich simulieren. Die Puppe namens<br />
CATHI kann sogar sprechen: Über ein<br />
Funkmikrofon leiht ihr ein Mitarbeiter des<br />
Trainingsteams seine Stimme und lässt die<br />
Situationen für den Untersuchenden damit<br />
umso realistischer erscheinen.<br />
Das System ist mit einem Röntgensimulator<br />
verknüpft und kann im normalen Katheterlabor<br />
der Klinik eingesetzt werden.<br />
Bei dem Verfahren werden nicht nur die<br />
komplizierten Handgriffe routiniert geübt.<br />
Hier geht es auch darum, Röntgenstrahlen<br />
und Kontrastmittel möglichst sparsam einzusetzen.<br />
Der Computer kann alle Untersuchungsparameter<br />
genau berechnen.<br />
Die teilnehmenden Ärzte im Barmbeker<br />
Krankenhaus wurden vor unterschiedlich<br />
schwere Aufgaben gestellt: vom<br />
Routine-Eingriff bis zum Notfallszenario<br />
1 ASKLEPIOS intern 33/2007<br />
mit oft überraschend auftretenden Komplikationen.<br />
Die Teilnehmer mussten die<br />
Probleme individuell oder im Team aus<br />
Oberarzt, Assistenten, Anästhesist und<br />
dem Pflegepersonal lösen. Nach jedem Rollenspiel<br />
wurde das Notfallszenario genau<br />
analysiert und besprochen, Fehler wurden<br />
erkannt und Verbesserungsvorschläge<br />
erörtert.<br />
Hierbei spielten nicht nur medizinische<br />
Fähigkeiten eine Rolle. Trainiert wurde<br />
auch, wie Stress- und Notfallsituationen<br />
besser bewältigt werden können. Vorbild<br />
waren auch hier die Krisenbewältigungsprogramme<br />
der großen Fluggesellschaften.<br />
Bei Anfall mehrerer Akutpatienten, Überbelegung<br />
der Intensiv- oder Transportkapazitäten<br />
oder fiktiven technischen Pannen<br />
war souveränes Notfallhandeln gefragt.<br />
Im Blickpunkt standen Kommunikation<br />
und Verhalten innerhalb des Teams, auch<br />
unabhängig von medizinischen Aspekten<br />
und der Stellung der Einzelnen in der beruflichen<br />
Hierarchie.<br />
Schnell reagieren, Stress aushalten,<br />
zwischen verschiedenen Optionen medi-<br />
zinischer Akutbehandlung wählen und<br />
trotzdem den Überblick behalten. All das<br />
und der Durchlauf von Situationen, die in<br />
der Praxis risikoreich oder sehr selten sind,<br />
konnte während des Workshops wieder<br />
und wieder geübt und verbessert werden.<br />
Wie der Barmbeker Kursus mit der Teilnahme<br />
vieler bereits interventionell tätiger<br />
Oberärzte gezeigt hat, ist diese Lernmethode<br />
keineswegs auf Anfänger begrenzt.<br />
Anhand quantifizierter Erfolgsparameter<br />
machten alle Teilnehmer des Lehrgangs<br />
hier für ihre tägliche Arbeit in der Klinik<br />
sinnvolle Erfahrungen. Möglicherweise<br />
werden solche Methoden einer simulierten<br />
Operation in Zukunft auch Eingang in<br />
andere Facharzt-Curricula finden.<br />
Katarzyna Berodt, Achim Viertel,<br />
Thomas Twisselmann, Gerian Grönefeld<br />
Weitere Infos:<br />
Simulator-Praxis, Frankfurt:<br />
www.cardioskills.com