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Volkskrankheit Arthrose –<br />
Fokus: Operation des Hüftgelenks<br />
Interview mit Prof. Dr. med. Joachim Grifka, Direktor der Orthopädischen Klinik<br />
für die Universität Regensburg in Bad Abbach<br />
Prof. Dr. med. Joachim Grifka<br />
Über 170.000 deutsche werden jedes<br />
Jahr mit einem künstlichen hüftgelenk versorgt.<br />
am Klinikum Bad abbach setzen die<br />
Ärzte jährlich 600 künstliche hüftgelenke<br />
ein, tendenz steigend. die arthrose, der<br />
häufigste grund von gelenkbeschwerden,<br />
hat sich zur Volkskrankheit entwickelt.<br />
individuelle faktoren und die alltagsbelastung<br />
– das überbeansprucht die hüftgelenke.<br />
allein in deutschland leiden 15<br />
Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen<br />
gelenkdegeneration.<br />
Wenn andere therapiemöglichkeiten ausgeschöpft<br />
sind, ist das künstliche hüftgelenk<br />
ein segen.<br />
Warum gerade die Hüfte von Arthrose<br />
betroffen ist und was<br />
man dagegen unternehmen<br />
kann, darüber sprachen wir mit Prof. Dr.<br />
med. Joachim Grifka, Direktor der Orthopädischen<br />
Klinik für die Universität Regensburg<br />
in Bad Abbach.<br />
10 ASKLEPIOS intern 33/2007<br />
Welche konservativen Behandlungen der<br />
Hüftarthrose bieten sich an, bevor der Griff<br />
zum Skalpell notwendig wird?<br />
Prof. dr. med. Joachim grifka: Die<br />
Arthrose des Hüftgelenks ist schlechter<br />
konservativ zu behandeln als an anderen<br />
Gelenken. Es geht vor allem darum, die eingetretenen<br />
Beschwerden zu lindern und das<br />
Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.<br />
Im Interesse des Patienten versuchen<br />
wir, eine OP und den Einsatz einer Prothese<br />
solange wie möglich hinauszuzögern.<br />
Ich empfehle meinen Patienten, sich<br />
viel zu bewegen und die Hüften möglichst<br />
wenig Stoßbelastungen oder Dauerbelastungen<br />
auszusetzen. Fahrradfahren, Schwimmen<br />
und Wandern in gutem Schuhwerk sind<br />
Sportarten, die ohne Probleme ausgeführt<br />
werden können. Selbst so einfache Übungen<br />
wie ein Bein »baumeln zu lassen« helfen, die<br />
Gelenkknorpel zu entlasten. Dazu steht man<br />
mit einem Bein auf einer Treppenstufe, das<br />
andere Bein wird frei schwingend bewegt.<br />
Wenn man zusätzlich eine Zugkraft auf das<br />
baumelnde Bein ausüben möchte, kann man<br />
beispielsweise einen schweren Schuh anziehen.<br />
Eine gezielte Krankengymnastik mit<br />
geringer Belastung verbessert die Ernährung<br />
des Knorpels. Massagen oder Wärmeanwendungen<br />
lockern die Muskulatur. Aber Vorsicht:<br />
keine Wärmeanwendungen bei akuter<br />
Reizung des Hüftgelenks!<br />
Wann ist eine Hüftoperation sinnvoll?<br />
Über eine operative Versorgung sollte<br />
immer dann nachgedacht werden, wenn<br />
auch ein ausgeprägter Bewegungsschmerz<br />
vorliegt, die Gehstrecke maßgeblich verkürzt<br />
ist oder gar in der Nacht Schmerzen<br />
auftreten. Bei jedem einzelnen Patienten<br />
prüfen wir die Art und Weise der Implantatversorgung<br />
sehr sorgfältig und<br />
individuell.<br />
Welche modernen Operationsverfahren führen<br />
Sie mit Ihrem Team in Bad Abbach durch?<br />
Für gelenkerhaltende Hüfteingriffe<br />
hat sich in den letzten Jahren die Metho-<br />
de der Arthroskopie entwickelt. Ähnlich<br />
wie am Kniegelenk können wir mit der Arthroskopie<br />
viele Erkrankungen des Hüftgelenks<br />
mittels Schlüssellochchirurgie und<br />
vor allem sehr gewebeschonend operieren.<br />
Typischerweise wird diese Technik heute<br />
bei Verletzungen oder Einklemmungen<br />
der vorderen Gelenklippe angewendet.<br />
Aber auch bei beginnender Hüftarthrose<br />
kann die Indikation zur Arthroskopie gegeben<br />
sein. Ein Vorteil der arthroskopischen<br />
Technik ist, dass wir Orthopäden einen<br />
guten Einblick in die Verhältnisse im Gelenk<br />
bekommen, der genauer ist als jede<br />
Röntgenaufnahme oder Kernspintomografie.<br />
Die Patienten kommen danach wieder<br />
schnell auf die Beine. Diese Methode ist jedoch<br />
nicht bei jedem Krankheitsbild und<br />
jedem Patienten möglich.<br />
Welche Arten von Prothesen gibt es?<br />
Können sie sich mit der Zeit lockern?<br />
Ist ein Implantat notwendig, wird entweder<br />
eine zementfreie oder eine zementierte<br />
Prothese eingesetzt. In deutschen<br />
Operationssälen wird mittlerweile standardmäßig<br />
zementfrei gearbeitet. Die zementfreie<br />
Prothese muss exakt eingesetzt<br />
werden und dann der Knochen an das Implantat<br />
heranwachsen. Älteren Patienten<br />
mit areaktivem Knochen setzen wir zementierte<br />
Prothesen ein. Diese sind sofort stabil<br />
und belastbar. In der modernen Orthopädie<br />
machen zementierte Hüftprothesen<br />
weniger als 10% aller Hüftprothesenoperationen<br />
aus.<br />
Der allgemeine Trend in der Prothesenversorgung<br />
ist der weitgehende Erhalt des<br />
Knochens. In ausgesuchten Fällen können<br />
wir Patienten mit einer Kurzschaftprothese<br />
versorgen. Sie gilt als besonders haltbar<br />
und knochenschonend. Die optimale<br />
Form dieses neuen Gelenkersatzes ist das<br />
Ergebnis langjähriger Forschung in unserer<br />
Klinik.<br />
Der Entwickler dieser Kurzschaftprothese<br />
hat bei mehr als hundert Patienten<br />
individuelle Versorgungen gemacht und