Mai - Euroregion Elbe/Labe
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Ausländer werden mit großen Versprechen für Forstarbeiten angelockt. Doch vielen ergeht<br />
es so wie Herrn Tuan: Monatelang setzte er Bäumlinge, bezahlt bekam er nichts. VON<br />
SASCHA MOSTYN<br />
Es ist so (menschlich) kalt im Böhmerwald. Foto: imago<br />
PRAG taz | "Das Schlimmste an der ganzen Sache ist", sagt Herr Tuan, "dass ich mir den<br />
Westen niemals so vorgestellt hätte. Ich dachte, wo Demokratie und Freiheit herrschen,<br />
werden Leute mit Respekt behandelt. Aber die Freiheit, die hier herrscht, ist die Freiheit,<br />
andere zu betrügen."<br />
Herr Tuan sitzt in einem Restaurant im Prager Vietnamesenmarkt "Klein Hanoi". Draußen<br />
scheint die Frühlingssonne auf einen farbenprächtigen Umzug von Vietnamesen aus der<br />
Provinz Phu Tho, aus der auch Herr Tuan stammt. Doch weder die Sonnenstrahlen noch die<br />
bunten Kostüme seiner Heimat scheinen ihm Freude zu bringen. Während sein starker,<br />
schwarzer vietnamesischer Kaffee langsam ins Glas tropft, schaut Herr Tuan traurig auf den<br />
Boden.<br />
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Mitten in Europa, in einer Union, die sich freiheitlich-demokratischen Traditionen<br />
verpflichtet sieht, wurde Herr Tuan im Auftrag des Staates betrogen, belogen und<br />
ausgebeutet. Mit ihm noch weitere rund 1.500 Arbeiter aus fernen Ländern wie Vietnam<br />
oder der Mongolei, aber auch EU-Staaten wie der Slowakei oder Rumänien. Sie wurden<br />
gelockt, von findigen Subunternehmen der staatlichen Firma Lesy CR, der das Monopol über<br />
die tschechischen Wälder obliegt.<br />
Der Trick ist immer der gleiche: Arbeitswillige Ausländer werden von den Subunternehmern<br />
zu Aufforstarbeiten in den staatlichen Wäldern angeheuert. Den versprochenen Lohn und<br />
die Verpflegung sehen sie nie.<br />
Für Waldarbeiten heuert Lesy CR Subunternehmer an, die sich vertraglich verpflichten,<br />
gerodete Waldstücke wieder aufzuforsten. "Der Preis der Arbeit ist aber flexibel. Und da sind<br />
einige darauf gekommen, dass sie am besten verdienen, wenn sie für die Arbeit gar nichts<br />
bezahlen", sagt Stanislav Beranek von Transparency International in Prag.<br />
Gesicht der Forstmafia<br />
Das ist das hässliche Gesicht der Forstmafia, die den tschechischen Wald im Griff hat. "Zehn<br />
Firmen haben für 81 Prozent der öffentlichen Ausschreibungen von Lesy CR den Zuschlag<br />
bekommen", erklärt Beranek. Die größte unter ihnen, die Holding Less a.s., gehört Jan<br />
Micanek, einem ehemaligen Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums, der in den 90ern<br />
seine eigene Wende vom sozialistischen Bürokraten zum tschechischen Waldkönig vollzog.<br />
Das Holz, das die Less a.s. in Tschechien schlägt, verkauft sie auch nach Deutschland und<br />
Österreich. Die lästigen Aufforstarbeiten überlässt Less a.s. - Firmencredo: "Der wichtigste<br />
Teil der Umwelt ist die Anständigkeit des Menschen" – Ausbeuterfirmen, mit klangvollen<br />
Namen wie "Affumicata", hinter der sich ein ehemaliger Polizist und ein verurteilter Betrüger<br />
verstecken.